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Smiley (eBook)

Ein John le Carré Roman
eBook Download: EPUB
2025
368 Seiten
Ullstein eBooks (Verlag)
9783843735810 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Smiley -  Nick Harkaway
Systemvoraussetzungen
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(CHF 19,50)
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Brillante Neuerfindung eines Welterfolgs aus der Zeit des Kalten Krieges
Nach seiner Niederlage an der Berliner Mauer hat George Smiley den britischen Geheimdienst verlassen. Das westliche Agentennetz liegt am Boden. Da läuft ein russischer Spion zu den Briten über, unter höchst ungewöhnlichen Umständen. Und der Mann, den er eigentlich in London töten sollte, ist verschwunden. Smiley lässt sich nicht lange bitten und übernimmt die Befragung einer Kollegin des Verschwundenen. Doch Moskaus Schatten sind länger geworden, und schon bald verfolgt Smiley wider besseres Wissen den Doppelspion, der für seine Niederlage an der Berliner Mauer verantwortlich war. Doch der ist ihm wie es scheint immer einen Schritt voraus.

John le Carré wurde 1931 in Poole, Dorset geboren. Nach einer kurzen Zeit als Lehrkraft in Eton schloss er sich dem britischen Geheimdienst an. 1963 veröffentlichte er Der Spion, der aus der Kälte kam. Der Roman wurde ein Welterfolg und legte den Grundstein für sein Leben als Schriftsteller. Die Veröffentlichung von Tinker, Tailor, Soldier, Spy markiert den nächsten Höhepunkt seiner Karriere. Seine Figur des Gentleman-Spions George Smiley ist legendär. Nach Ende des Kalten Krieges schrieb John le Carré über große internationale Themen wie Waffenhandel, die Machenschaften der Pharmaindustrie und den Kampf gegen den Terror. Der in Deutschland hochgeschätzte Autor wurde mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. John le Carré verstarb am 12. Dezember 2020. johnlecarre.com

Nick Harkaway wurde 1972 in Cornwall geboren. Sein Debüt The Gone-Away World erschien 2009 in England. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in London.

Peter Torberg, geboren 1958 in Dortmund, studierte in Münster und in Milwaukee, Wisconsin. Zu den von ihm übersetzten Autoren gehören u.a. Paul Auster, William Golding, David Peace, Daniel Woodrell und Oscar Wilde.

Voller Spannung und Intrigen. SMILEY ist Hommage und mitreißender Thriller zugleich.« – The Economist

2


Für Smiley war die Erfahrung, in den Circus zurückzukehren, wie der Versuch, sich selbst zu ertränken. Als er an diesem Nachmittag die St Martin’s Lane in Richtung seines alten Büros entlangkam, war das, als würde er sich auf ein unauslotbares Meer hinauswagen. In den vergangenen Monaten hatte er in der hell erleuchteten Welt gelebt, hatte deren Werte und Konventionen verfochten und die einfachen Freuden anderer Männer genossen. Er war in die Jermyn Street gegangen und hatte sich einen Mantel gekauft, weil er ihm gefallen hatte, nicht weil er aussah wie jeder andere Mantel an all den anderen Mitreisenden. Beim Essengehen hatte er denkwürdige Bestellungen aufgegeben und um kleine Änderungen gebeten, die nach seinem Geschmack waren, Kleinigkeiten, die keine Mühen machten, an die sich aber die Kellner bei anderer Gelegenheit erinnern könnten, also auch der Oberkellner, und die mit Namen und Mitspeisenden verbunden werden könnten. Smiley hatte mit Taxifahrern gestritten, Fremden mit dem Einkauf geholfen, Wegbeschreibungen gegeben und sich ganz allgemein erlaubt, in den alltäglichen Abläufen des Lebens erkannt und bemerkt zu werden. Im Gegenzug hatte er damit aufgehört, auf die kleinen, beiläufigen Handlungen anderer zu achten; so hätte er einem vor zehn Tagen nicht sagen können, ob der Mann, der in einem Buchladen in Cecil Court stöberte, sich für Ovid oder Euklid oder die Geschichte des englischen Krickets interessierte oder einfach nur die Zeit bis zu einer Verabredung totschlug.

Als er sich nun der vertrauten Tür näherte, stellte er fest, dass er sich wieder in dem Verfolgungswahn erging, der sein früheres Leben so beherrscht hatte. Er machte sein Fortkommen von der Art und den Bewegungen der ihn umgebenden Fußgänger abhängig und entwickelte dabei lächerliche Regeln. An der Litchfield Street bog er rechts ab, weil der Mann vor ihm braune Lederschuhe trug, dann bog er nach dem White Swan links ab, weil er von einem Radfahrer überholt worden war. Dann überquerte er die Straße, nachdem er eine gerade Zahl an Fußgängern gezählt hatte, bevor er zum Seven Dials Market abbog, um dort einen Besuch abzustatten. Oberflächlich betrachtet gab es nur sechs Uhren; Control machte sich einen Spaß daraus, neue Agenten hinauszuschicken, um das siebte Zifferblatt zu suchen, und sie dann nach Sarratt zurückzuschicken, wenn ihnen das nicht gelang.

Dieser verschlungene Pfad erlaubte es ihm, seine eigene Spur mehrmals zu kreuzen und so den Weg zurückzuschauen, den er gekommen war, um zu sehen, ob ihn jemand verfolgte – trotz seiner eigenen wiederholten Beteuerungen, dass man dies bei einem ordentlich durchgeführten Einsatz niemals konnte. Die Angewohnheit wieder aufzunehmen war leicht, doch das darunterliegende Verständnis, dass es nirgendwo, nicht in London oder Paris oder Washington, wirklich sicher war, erforderte von ihm einen Willensakt. An der Ecke zur Tower Street hatte er das Gefühl, dort zu stehen und nach oben zur Wasseroberfläche zu schauen, wo die Sonne blass über schwarzen Wolken schien, doch noch hatte er nicht eingeatmet und sein Leben hier unten wieder begonnen. Der Schatten im Eingang war nur ein Mann, der das Messing putzte, und die Frau, die sich beeilte, wollte nur den Bus erwischen, nicht seine Aufmerksamkeit auf sich lenken, damit ein Verbündeter ihn von hinten angreifen konnte. Der Junge, der dort gebeugt und allein ging, war nur ein Junge auf dem Weg zurück in sein Viertel, und der Bettler an der Ecke schlief nachts unter einer Brücke und musste niemandem Bericht erstatten. Und die leichten, sicheren Schritte neben ihm waren nur die flüchtige Erinnerung an einen Freund, nichts weiter.

Mit gebotener Aufmerksamkeit prüfte er jedes einzelne Detail, bis all die Bedrohungen, auf die es verweisen mochte, in seinem Kopf wieder Gestalt angenommen hatten, doch selbst diese waren nur die Vorhut trickreicherer, unsichtbarer Feinde. Die Vorstellung von steter Gefahr war ein Wahnsinn, mit dem Männer in seinem Beruf zu leben hatten und den sie gleichzeitig beiseiteschieben mussten. Die Wahrheit war noch komplexer: Die Welt konnte sich von einem Augenblick zum nächsten von Hell und Freundlich in Kalt und Feindlich verwandeln, und der Überlebenstrick bestand darin, diesen Augenblick früh zu erkennen und nicht erst, wenn es zu spät war. Diese Fähigkeit hatte Smiley mal besessen, konnte sich ihrer aber nicht sicher sein, solange er sie nicht auf die Probe stellte. Als er den Circus erreichte, lebte er wieder in Furcht, wie schon die drei Jahrzehnte zuvor.

Er lehnte sich gegen die Tür, um sie aufzudrücken, und war überrascht, wie leicht sie nachgab. Er fragte sich, ob sie wohl die Angeln gesäubert hätten oder ob er stärker oder nur schwerer geworden sei.

Blinzelnd stand er auf der anderen Seite der Tür, im hellen Licht des Circus-Foyers, und stellte abrupt fest, dass er keine Ahnung hatte, wohin er gehen sollte. Ganz mechanisch hatte er die Sicherheitskontrolle genommen, hatte den Marinesoldaten Scanlon am Schreibtisch gegrüßt und stand nun einsam auf der verlassenen Insel seiner eigenen Gewohnheiten. Ihm gehörte kein Büro, und kein Büro erwartete ihn. Die Haupttreppe hinauf, nahm er an, zu seinem alten Zimmer, doch als er sich in diese Richtung wandte und seinen Fuß auf die erste Stufe setzen wollte, überkam ihn eine nahezu animalische Verbocktheit. Irgendwo dort oben hatte Control ihn vor sechs Monaten angewiesen, den letzten Akt der Operation Windfall zu veranlassen. Smiley erinnerte sich an den Augenblick, nahm hin, dass er der Vergangenheit angehörte, und wusste, dass dieser Augenblick in keinerlei tiefer gehender Bedeutung noch auf ihn wartete. Der knorrigen Weigerung seines Körpers war das egal. Dann spürte er jemanden in dem toten Winkel hinter sich, dann neben sich, dann auf den Stufen, die er mit der Leichtigkeit eines Alpinisten nahm, der nichts auf von Menschen gemachte Treppen gab. Smiley kannte das Tempo dieser Schritte. Er kannte den Rhythmus der Atemzüge bei jedem Schritt hinauf und wusste vor allem, dass dieser Mann gar nicht hier war. Alec Leamas war in Berlin auf eine Mauer gestoßen, die er nicht hatte überwinden können.

»Mr. Smiley, Sir?« Ein junger Mann schaute hinter einer Trennwand hervor, eine brutal in die Eingangshalle hineingezwängte Verschanzung, deren Kunstholzpaneele nichts dazu beitrugen, diesen Eindruck abzumildern. »Ich bin Glenn, Sir. Bitte hier entlang.« Glenn war klein, mit dem Gehabe eines Mannes aus der zweiten Reihe des Empires.

»Ich glaube nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind«, meinte Smiley.

»Ähm, nein, Sir«, sagte Glenn. »Ich bin neu.« Er hatte sich eine blassgrüne Dokumententasche unter den Arm geklemmt, und er hielt sie, während er sprach, fest, als würde sie ihn beruhigen. »Wir haben einen Tisch für Sie im Wintergarten bereitgestellt, Sir, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich weiß, es ist nur für kurze Zeit.«

Der Wintergarten war ein lang gezogener Anbau, halb Nissenhütte, halb Verschlag, in dem es nach Teeröl roch; er überdachte das, was früher mal ein kleiner, ungeliebter Garten hinter dem Circus gewesen war. Genutzt wurde er für den Überhang an Personal, wenn ein Teil des Hauptgebäudes gewartet oder renoviert werden musste, und es war dort bekanntermaßen trostlos.

»Danke«, sagte Smiley. »Ich kenne den Weg. Würden Sie bitte die Haushaltung um zwei, drei weitere Lampen bitten?«

»Sehr gern, Sir.«

»Control ist beschäftigt, nehme ich an.«

»Ja, Sir. Es dauert nicht lang, hat man mir gesagt.«

»Dann bitte noch ein paar Sitzkissen, wenn möglich«, sagte Smiley und trat hinaus in den Bedienstetenflur, ohne noch auf Antwort zu warten.

Der Flur führte an der Rückseite der Bankabteilung vorbei und über drei linoleumbelegte Stufen einen Absatz tiefer. Der Boden am unteren Ende war mit dunkelgrünem Kunstfilz ausgelegt, der, wie er sich erinnerte, auch an Flughäfen verwendet wurde. Er war strapazierfähig und machte beim Gehen ein leises, unangenehmes Geräusch, als würde er einen anzischen. Vier moderne Schreibtische, blasses Furnier, das sich bereits vom Holz löste, standen entlang der Außenwand, sodass jeder, der sie benutzte, mit dem Rücken zum Circus saß und die Wärme spüren konnte, die durch die Ziegelmauer drang. Smiley wählte den Tisch am weitesten von der Tür entfernt und hängte seinen Mantel wie ein Schuljunge an den Haken daneben. Der Tisch war leer, bis auf das Haustelefon und eine Hartglasplatte. In der Schublade lagen ein Blatt Papier und eine neue Schachtel weicher Bleistifte. Während Smiley wartete, spitzte er einen der Bleistifte mit seinem Federmesser an und ließ die Späne auf den Tisch fallen.

Kurze Zeit später kehrte Glenn mit zwei Schreibtischlampen, die er wie zwei tote Fasane hielt, und den Zeitungen des Tages zurück. Hinter ihm folgte jemand aus den unteren Rängen der Haushaltung mit zwei Sitzkissen in büßerbraunem Hanf.

»Tee, Sir?«, fragte Glenn.

Smiley nickte und legte die Zeitungen vor sich auf den leeren Schreibtisch.

In seiner Winterstarre hatte Smiley Nachrichten gemieden, sie enthüllten eh nur Dinge, die er nicht mehr begreifen und über die er nicht nachdenken wollte. Es lag nicht mehr...

Erscheint lt. Verlag 30.5.2025
Co-Autor John Le Carré
Übersetzer Peter Torberg
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agent • Agententhriller • Berlin • Bestseller • Doppelagent • John le Carré • Kalter Krieg • Kriminalroman • London • Spannung • Spion • Spionageroman
ISBN-13 9783843735810 / 9783843735810
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