Anti-Aging für die Stimme Gesamtausgabe (eBook)

Ein umfassendes Handbuch für gesunde und glockenreine Stimmen

Elisabeth Bengtson-Opitz, Sophie Opitz (Autoren)

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2023 | 1. Auflage
252 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-90252-7 (ISBN)

Infos

'Anti-Aging für die Stimme' ist ein gesangspädagogisches Konzept, mit dem Ziel, die Stimme lebenslang leistungsfähig zu erhalten. Da wir heute genaue Kenntnisse über den Alterungsprozess des menschlichen Körpers haben, können wir genau beschreiben, wie die Stimme davon betroffen ist. Mit gezieltem Training lässt sich der Alterungsprozess hinauszögern. Ich habe dieses Buch in erster Linie für all die Chorleiter, Chorsänger und andere stimminteressierte Laien geschrieben, die bei mir einen Kurs besucht haben und sich gerne einen schönen Stimmklang erhalten wollen. Nun hat ein Chorleiter meistens nicht das nötige Wissen, wie man den Alterserscheinungen entgegenwirken kann, z.?B. einem übergroßen Vibrato, Kurzatmigkeit oder dem Absinken der Tonhöhe und vielen anderen unerwünschten Missbildungen des Klanges. Wichtig ist an dieser Stelle zu sagen, dass das Altern bereits mit 25 Jahren beginnt, daher richten sich dieses Buch und sein Konzept an eine sehr große Zielgruppe. Das Anti-Aging-Programm basiert auf medizinischen Erkenntnissen, meinem eigenen methodisch-didaktischen Wissen und jahrelangen pädagogischen Erfahrungen in der stimmlichen Arbeit mit Senioren. Nach neun Jahren Anti-Aging-Kursen gibt es eine Reihe positiver Beispiele von Menschen in oben genannter Altersgruppe, deren Stimmqualität sich durch die 'Anti-Aging für die Stimme'-Arbeit wesentlich verbessert hat. In dem Anti-Aging-Programm werden gezielt die Teilfunktionen des Stimmapparates aufs Genauste durchgearbeitet. Ich verzichte bewusst auf viele anatomische Abbildungen des menschlichen Körpers, da es gute medizinische Literatur mit genauer Darstellung aller Körperorgane in Hülle und Fülle gibt (siehe Literaturliste; für Sänger ist das Buch 'Die Sängerstimme' von Wolfram Seidner und Jürgen Wendler besonders empfehlenswert). Ich empfehle jedem Leser, sich einen anatomischen Atlas anzuschauen, damit die körperlichen Zusammenhänge klar sind. Da wir beim Singen den Körper in sehr feiner Weise einsetzen, sollte man wissen, wie gewisse Vorgänge funktionieren. 'Anti-Aging für die Stimme' ist kein Zaubermittel, sondern ein Weg. Es gibt älteren Menschen die Möglichkeit, ihre Stimmqualität zu verbessern. Voraussetzung sind ihr eigenes tägliches Üben und ihre Bereitschaft, lebenslange, festgefahrene Muskelbewegungen zu ändern. Für jüngere Menschen ist dies eine Hilfe, ihre Stimme fit, klangvoll und leistungsfähig zu erhalten. Für den Pädagogen gilt: Genaues Konzept, wissen, wann man was macht und wie, genaue Kontrolle, genaue Korrektur und: wiederholen, wiederholen, wiederholen! Wer sich tiefer für 'Anti-Aging für die Stimme' interessiert, sollte einen Kurs besuchen, da dieses Handbuch nicht zum reinen Selbststudium geschrieben ist.

Prof. Elisabeth Bengtson-Opitz wurde in Göteborg, Schweden geboren. Ein Sprachenstudium an der Universität ihrer Heimatstadt schloss sie mit dem Phil. Staatsexamen in den Fächern Englisch, Deutsch und Spanisch ab. Da die Liebe zu Musik und Gesang doch sehr stark war studierte sie anschließend Gesang und Gesangsmethodik an der Hochschule für Musik in Freiburg. Sie schloss die Studien ab mit Diplomen in Gesangspädagogik und Oper-und Konzertgesang. Danach folgten Engagements an verschiedenen Bühnen in Süddeutschland und Italien. Liedgesang wurde ihr zweites Standbein und sie erarbeitete ein Repertoire von 500 Liedern in 10 Sprachen, die sie mit dem amerikanischen Pianisten James Adams in vielen Ländern aufführte. Tournees führte sie nach Schweden, Deutschland, Österreich, Italien, Mittel-und Südamerika. 1988 wurde sie zu Professorin für Gesang und Gesangsmethodik an der Berliner Hochschule der Künste (nunmehr Universität der Künste) ernannt. 1993 wurde sie an die Hamburger Hochschule für Musik und Theater in dieselbe Position berufen. Es war im Rahmen des Methodikseminars an der Hamburger Musikhochschule, dass sie das gesangspädagogische Programm 'Anti-Aging für die Stimme' entwickelte. Es kamen immer mehr ältere Menschen als Probanden in das Seminar, und sie merkte, dass die Studierenden völlig hilflos waren im Umgang mit älteren Stimmen. Viele ältere Chorsänger bekommen Stimmprobleme und sind sehr unglücklich darüber. Wenn man lebenslang im Chor gesungen hat will man das gern auch im Alter tun. Das 'Anti-Aging'-Programm ist leicht zu lernen und der Erfolg ist schon nach 6 Wochen spürbar, hörbar UND MESSBAR! Es gab einige Jahre eine enge Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Eppendorf in Hamburg. Hier wurden die Stimmen der älteren Sänger untersucht und analysiert vor dem A-A-Kurs und danach. Die Verbesserung war verblüffend! Alte Sopranistinnen hatten wieder ihre hohen Cs, brüchige Tenöre sangen wieder stabile Töne, mulmige, unsaubere Bässe sangen wieder präzise usw. Da ihre Tochter Sophie Opitz promovierte Sportwissenschaftlerin ist entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter. Die Tochter stellte die Bewegungsübungen zusammen und die Mutter die stimmlichen Übungen! Die körperliche Kondition ist außerordentlich wichtig für eine gesunde, wohlklingende Stimme.

Textauszug

II THEORIE

II.1 GRUNDLAGEN

Wie alles im Körper altert, altern natürlich auch die für unsere Stimme verantwortlichen Organe. Da Muskeln und Gewebe an Elastizität und Spannfähigkeit verlieren, verschlechtert sich der Allgemeinzustand der Stimme. Zu den typischen Altersveränderungen gehören:

 vermindertes Luftvolumen

 verminderte Tonhaltedauer

 Intonationsschwierigkeiten (Dieses kann durch schlechteres Hörvermögen bedingt sein, die gewöhnlichste Ursache ist jedoch das Abschlaffen von Muskeln und Gewebe.)

 Schwierigkeiten mit der Höhe – die Stimme sinkt ab. (Völlig logisch, denn gute oder schlechte Höhe ist eine Frage der Spannfähigkeit der Stimmlippen, und wenn die Spannfähigkeit durch Elastizitätsverlust abnimmt, wird die Höhe problematisch.) Oft sagt der Chorleiter, die Sopranistin soll nunmehr im Alt mitsingen, was sehr schwierig sein kann, wenn die ganze stimmliche Identität an die Sopranlage gebunden ist!

 Verlust der Geläufigkeit, schnelle Tonfolgen machen Schwierigkeiten. Oft entwickelt sich ein Hang zum schleppenden Tempo.

 Brüchigkeit

 verringerte dynamische Möglichkeiten

 die Registerübergänge treten stark hervor und können erhebliche Unannehmlichkeiten verursachen

 Frauenstimmen können schrill werden

 Männerstimmen können grell werden

 zu großes Vibrato

Jeder, der sich mit stimmlicher Arbeit beschäftigt, sollte sich über die Funktionsweise der Stimme genau informieren. Nach welchen Gesetzmäßigkeiten funktioniert sie? Denn natürlich gibt es Regelkreise, biologische Funktionskreise, nach welchen die Stimme funktioniert. Die Stimmwissenschaft hat dank des medizinischen Fortschrittes der letzten 40 bis 50 Jahre die Funktionsweise der Stimme sehr genau erforschen und beschreiben können. Man weiß um die Zusammenhänge. Dadurch kann man die verschiedenen Gesangstechniken wissenschaftlich untersuchen und überprüfen. Im Lichte der wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen sich viele althergebrachte gesangspädagogische Empfehlungen und Praktiken als sinnlos, gegen die Natur oder sogar gesundheitsschädigend.

Die drei Funktionskreise, die wir beim Singen benutzen und geschmeidig koordinieren, sind:

1. Funktionskreis Atmung,

2. Funktionskreis Stimmerzeugung (Phonation) und

3. Funktionskreis Artikulation und Resonanz.

Schematische Darstellung
der Stimm- und Sprechorgane und ihrer Funktion

Abb. 1: Der „Blasebalg“

Generator – Atembereich (umfasst den gesamten Rumpf) wichtigste Teile:

 Lungen

 Zwerchfell

 Zwischenrippenmuskulatur

 Bauchmuskulatur, vor allem der gerade Bauchmuskel

 Rückenmuskulatur

 Beckenbodenmuskulatur

Der Atem liefert den „Stoff“, woraus der Ton besteht. Singen ist ein Spiel mit der Luft, Singen ist Kommunikation mit Hilfe der Luft.

Vibrator – Phonatorischer Bereich (klangerzeugender Bereich)

 Der Kehlkopf mit den vibrierenden Stimmlippen.

Hier wird Luft in Klang umgewandelt. Der „Primärton“ entsteht.

Resonator – Bereich für Artikulation und Resonanz

(klangformender Bereich)

Die Ansatzräume (früher: Ansatzrohr):

 Mundhöhle

 Nasenhöhle (nur bei nasalen Lauten)

 Nasenrachenraum

 Schlund

 Rachen

Hier entstehen die Sprachlaute; der im Kehlkopf entstandene Klang wird geformt und verstärkt. Der „Sekundärton“ strömt aus dem Mund heraus. Jeder der genannten Funktionskreise ist an sich ein geschlossenes System mit einer anderen Primärfunktion als Singen. Die Koordination der drei ergibt den Gesang. Über die Atmung schreibt z. B. Golenhofen in seinem Buch „Physiologie heute“:

„Mit der Regulation der Atmung werden zwei große Ziele verfolgt:

1. die Versorgung des Organismus’ mit Sauerstoff sicherzustellen,

2. den Säure-Basen-Haushalt des Körpers zu regulieren …

Darüber hinaus hat die Atmung Dienstleistungen zum Sprechen und Singen zu erbringen.“ (GOHLENHOFEN 2000, S. 293)

Dienstleistungen!

Wenn man an der Atmung arbeitet, greift man also in lebenswichtige Funktionen ein!

Die stimmliche Arbeit konzentriert sich hauptsächlich auf die Funktionskreise 1 und 3. Das bedeutet, dass man oberhalb und unterhalb der Klangquelle (der Stimmlippen) arbeitet. Man kann bei älteren Laien an den Stimmlippen direkt nicht arbeiten. Die Aufforderungen „Presse deine Stimmlippen nicht so fest aneinander!“, „Lass doch die Stimmlippen sich lockerer schließen!“ würden ein verständnisloses Lächeln hervorrufen, und niemand könnte die Anweisungen ausführen.

Die ganze Registerarbeit (die Arbeit an geschmeidigen Übergängen zwischen Brust- und Kopfstimme) betrifft den Kehlkopf und die Stimmlippen, also den Funktionskreis 2. Es ist aber sinnlos, hier arbeiten zu wollen, bevor man eine gute, fundierte Arbeit in den Funktionskreisen 1 und 3 geleistet hat. Damit eine erfolgreiche Registerarbeit geleistet und die lästige Brüchigkeit in den Übergangslagen beseitigt werden kann, muss eine gute Atemführung und eine lockere, präzise Artikulation erarbeitet worden sein.

Eine schlechte Atemführung, z. B. Hochatmung (Schlüsselbeinatmung – die Luft wird nur in den oberen Brustraum eingesogen, die Schultern heben sich), führt dazu, dass die Stimmlippen von unten zu hohen Luftdruck bekommen, sie können nicht frei schwingen. Eine flache, ineffektive Artikulation mit schlechter Ausnutzung der Resonanz in den Ansatzräumen bewirkt eine Einengung von oben, die Stimmlippen können auch hier nicht frei schwingen.

Durch eine gute Atmung und durch eine gute Artikulation ermöglicht man es den Stimmlippen, optimal zu arbeiten, einen schönen Klang zu produzieren. Das bedeutet Arbeit an der Atmung und an den Ansatzräumen.

Die Arbeit an der Atmung ist eine Lebensaufgabe! Jeder, der Freude am Singen hat, sollte sich täglich zehn Minuten gönnen, die er mit Atemarbeit verbringt. Der Atem ist unsere Lebensquelle. Unser Leben beginnt mit einer Einatmung (die sofort zu dem ersten Schrei – Ausatmung – führt) und hört mit einer Ausatmung –„dem letzten Seufzer“ – auf. Ein Mensch macht etwa 27000 Atemzüge in 24 Stunden. Ziemlich viel! Ein guter Grund, möglichst „gut“ zu atmen.

Was ist denn gutes Atmen?

„Gut atmen“ bedeutet, dass der Körper in so guter Kondition ist, elastisch und geschmeidig, dass der Atemvorgang in der Weise ablaufen kann, wie er von Natur aus vorgesehen ist.

Von Natur aus sieht der Atemvorgang so aus:

Einatmung:

 Luft strömt ein (durch Mund oder Nase oder beide);

 das Zwerchfell senkt sich, genauer gesagt: Die Zwerchfellkuppeln flachen ab;

 die Lungenflügel füllen sich mit Luft, dadurch hebt sich der Brustkorb und dehnt sich in alle Richtungen aus: nach vorne, nach hinten, seitlich;

 die äußere Zwischenrippenmuskulatur ist aktiv bei der Dehnung,

 das Absenken des Zwerchfells bewirkt, dass der Bauch sich vorwölbt;

 der gerade Bauchmuskel entspannt sich, gibt nach;

 die Beckenbodenmuskulatur ist aktiv.

Ausatmung:

 Luft strömt aus;

 das Zwerchfell steigt;

 die Lungenflügel verlieren an Luftvolumen, werden kleiner;

 die innere Zwischenrippenmuskulatur ist aktiv und zieht den Brustraum zusammen;

 das Steigen des Zwerchfells bewirkt, dass der Bauch einsinkt;

 der gerade Bauchmuskel kontrahiert;

 die Beckenbodenmuskulatur ist aktiv.

Der Atemvorgang ist ein Wechselspiel zwischen dem Zwerchfell (Einatmung) und dem geraden Bauchmuskel (Ausatmung). Die Zwischenrippenmuskulatur, die Beckenbodenmuskulatur und andere Muskelgruppen arbeiten aktiv mit. Als Folge schlechter körperlicher Kondition (durch zu wenig Bewegung), ist die Mitarbeit des geraden Bauchmuskels heutzutage bei den meisten Menschen zu gering. Dadurch entsteht die starke Tendenz zur Hochatmung.

Es beteiligen sich noch viel mehr Muskeln an dem Atemvorgang. Wir werden...

Produkt-Details

• Erscheint lt. Verlag: 13.3.2023
• Verlagsort: Ahrensburg
• Sprache: deutsch
• Themenwelt: Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität
• Themenwelt: Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Familie / Erziehung
• Themenwelt: Sozialwissenschaften ► Pädagogik
• Themenwelt: Technik
• Schlagworte: Chor • Chorgesang • Gesang • Gesangsbildung • Stimmbildung • Stimmtraining
• ISBN-10: 3-347-90252-1 / 3347902521
• ISBN-13: 978-3-347-90252-7 / 9783347902527