Sehnsucht bei flacher Atmung (eBook)
408 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-92226-6 (ISBN)
Paul Kaufmann ist ausgebildeter Naturwissenschaftler, Jahrgang 1970 und Autor der Romanwelt Kap Kishon. Im Fokus der Romane, Erzählungen und Essays stehen neben dem Umgang mit der Männlichkeit, die Themen Depression und Sexualität. Explizit nimmt der Autor eine männliche Position ein, betrachtet die männlichen Perspektiven auf die Welt und stellt sich gegen männlichkeitsfeindliche Weltbilder. Es braucht starke Männer und starke Frauen, damit gelingen kann, was gelingen soll. Paul lebt polyamor, ist seit über zehn Jahren aktiver Teil der heterosexuellen Fetischszene und beschäftigt sich mit dem Wesen der Sexualität, mit Beziehungsformen und dem Werbungsverhalten von Mann und Frau. Seine erotischen Erzählungen spielen in Kap Kishon, einer fiktionalen Landschaft, in der es mehr gesellschaftlichen Spielraum für Sexualität gibt als in der leider sehr nüchternen Wirklichkeit. In diesen Erzählungen, Romanen und Essays spielt Sexualität eine große Rolle, wird uneingeschränkt gezeigt, beschrieben und ausgelebt, gerne mit Augenzwinkern, aber das Ziel ist der erotische Lesegenuss.
Paul Kaufmann ist ausgebildeter Naturwissenschaftler, Jahrgang 1970 und Autor der Romanwelt Kap Kishon. Im Fokus der Romane, Erzählungen und Essays stehen neben dem Umgang mit der Männlichkeit, die Themen Depression und Sexualität. Explizit nimmt der Autor eine männliche Position ein, betrachtet die männlichen Perspektiven auf die Welt und stellt sich gegen männlichkeitsfeindliche Weltbilder. Es braucht starke Männer und starke Frauen, damit gelingen kann, was gelingen soll. Paul lebt polyamor, ist seit über zehn Jahren aktiver Teil der heterosexuellen Fetischszene und beschäftigt sich mit dem Wesen der Sexualität, mit Beziehungsformen und dem Werbungsverhalten von Mann und Frau. Seine erotischen Erzählungen spielen in Kap Kishon, einer fiktionalen Landschaft, in der es mehr gesellschaftlichen Spielraum für Sexualität gibt als in der leider sehr nüchternen Wirklichkeit. In diesen Erzählungen, Romanen und Essays spielt Sexualität eine große Rolle, wird uneingeschränkt gezeigt, beschrieben und ausgelebt, gerne mit Augenzwinkern, aber das Ziel ist der erotische Lesegenuss.
Vorwort
Etwa zwanzig Prozent des Tages möchte ich nicht mehr leben. Das ist ein Erfolg. Früher war es schlimmer. Früher war es immer.
Und ehrlich gesagt erschrecke ich: Ja, es sind zwanzig Prozent, verdammt, so viel ist es. Jetzt, wo ich dieses Buch schreibe, bemerke ich es.
Guten Tag lieber Leser und liebe Leserin. Mein Name ist Paul Kaufmann. Ich werde morgen zweiundfünfzig Jahre alt und bin depressiv. Schon immer depressiv. Mein ganzes Leben lang, aber nicht immer gleichförmig, nicht immer wirklich schlimm. Nicht immer zwanzig Prozent oder mehr so schlimm so sehr. Aber mehr Depression war auch schon. Viel mehr.
Depression kann innerhalb eines Lebens sehr verschieden sein. Ich schreibe hier davon. Wenn euch dieser Sumpf, dieser Treibsand, diese Stimmung interessiert, dann seid mutig. Ich schreibe, wie es ist und für mich war; wie es gekommen ist, was ich denke über Depression.
Ich berichte von innen. Es sind Innenansichten eines Depressiven. Es ist Privates öffentlich. Ich will zeigen, wie es ist, ein Beispiel ausplaudern ganz intim, damit mein Kampf nicht ganz so sinnlos ist. Dieses Spiel mit dem endlosen Remis geht schon so lange. Nie ist es Sieg.
Und keine Angst: Depression ist nicht ansteckend, zumindest nicht auf diesem Weg. Zuweilen kann sie sogar witzig sein. Von außen, nur von außen betrachtet kann sie das.
Aber, so richtig spritzig kann das Buch nicht werden, oder doch? Ich versuche es trotzdem. Niemand erwartet hier ein Feuerwerk des Frohsinns, denn das Depressive ist das Gegenteil. Depressive sind Energielöcher und scheinen mut- und kraftlos.
Was bereits der erste Irrtum ist. So sind viele Depressive sehr lustig und witzig und voller Energie. In Sachen Humor sind sie besonders gut, denn so tarnen sie ihre Depression. Sie sind extrem gut darin!
Kaum ein Zirkusclown, der nicht in Behandlung ist. Kaum ein Komiker, der den schwarzen Hund nicht kennt. Die Lustigsten, sind die Traurigsten.
Der Humor, gerne auch Zynismus, ist eine Abwehrreaktion, eine Art Übersprunghandlung aus ewiger Trauer und sie funktioniert einstweilen ganz gut. Es gibt dümmere Strategien.
Ich bin ein Beispiel für Depression mit Humor. In Gesellschaft kann ich extrem witzig sein, die Menschen blendend unterhalten über Stunden und ein Zentrum der Energie sein. Aber … das täuscht. Das ist nur die eine, die offizielle Seite, das, was andere sehen. In mir ist es nur selten so.
Heute, Februar 2023 stehe ich im Schnitt zwanzig Prozent des Tages unter vollem Angriff depressiver Stimmung. Voll bedeutet: beinahe Lähmung. Kaum bewegen kann ich mich dann. Klare Gedanken sind nicht möglich, zehn Minuten später aber ist alles anders und weicht zurück. Es gibt ein System im Tagesverlauf, trotzdem ist jeder Tag anders und manchmal fällt das System aus. Es geht dir gut und du weißt nicht warum.
Zum Tag gehört auch die Nacht, also der Schlaf. Es hört nicht auf, nur weil du schläfst. Im Gegenteil füttert der Schlaf die Depression, denn sie sind einander wesensverwandt.
Vielen Menschen ergeht es so wie mir. Verdeckte Depression. Du merkst es ihnen nicht an, wenn du vor ihnen stehst. Nicht einfach so. Nur, wenn es ganz schlimm ist, wenn du ein geschultes Auge hast, diese besonderen Bewegungen kennst, diese winzigen, verräterischen Muster, dann ja, dann ist es erkennbar.
Depression hat viele Gesichter.
Bei mir: Es ist eine Stimmung. Sie vergeht, kehrt aber immer wieder zurück und ist unberechenbar und ein sehr tiefes Loch. Es schwankt und ist verschieden tief. Nicht alle Tage sind gleich, mal ist es mehr, mal weniger.
Und jedes Mal, denkst du, nein, weißt du, dass es kein Ende nehmen wird. Es ist jedes Mal immer wieder neu endlos. Scheinbar. Angeblich. Unvorstellbar ist das für einen Nichtdepressiven, ist aber so.
„Das muss er doch irgendwann verstehen, es geht doch vorbei!“, will man den Depressiven anschreien, und schütteln und wecken, aber nein. Eben nicht! Das ist ja die Folter der Depression! Es ist jedes Mal endlos und für alle Zeit. Für immer! Jedes Mal ist es neu komplett hoffnungslos.
Das klingt gefährlich – nicht, dass der Paul sich noch umbringt! – aber nein, so ist es bei mir nicht. Das gibt es, aber nicht bei mir. Ich bin nicht suizidal, nie gewesen. Ich bin anders depressiv.
Glaubt mir, es gab Phasen, da habe ich es mir gewünscht. Ich habe mir gewünscht, suizidal zu sein, damit die Sache vorbei ist. Das sind perverse Gedanken für Nichtdepressive, für Depressive ist es logisch und hält am Leben. Meine Depression ist zu stark und zu schwach für Suizid. Beides gleichzeitig. Depressive Logik ist ein wenig merkwürdig, ihr werdet sehen.
Meine Depression ist nicht spektakulär, oder ein großer Schmerz wie ein Speer, der in mir steckt. Nein, es ist viel schlimmer. Wenn sie ist, ist alles beiläufig verzweifelt. Es lohnt sich nicht, ein Finale „Suizid“ zu starten. Nein, wenn es so ist wie bei mir, dann möchtest du zwischendurch, dass dein Leben aufhört, einfach ausläuft, die Sache erledigt, versickert, damit endlich, endlich, endlich Ende ist. Und für diese drei „endlich“ fehlt dir schon die Kraft.
Eine halbe Stunde später ist alles wieder gut und die Sonne scheint. Da ist nur noch eine Ahnung, wie böse dir vor einunddreißig Minuten noch war. Da ist noch so ein Rest, so eine Schwere in der Lunge, die Schultern sind noch hart und verkrampft, da muss etwas gewesen sein. Aber … hey, es geht aufwärts, wo ist das Problem? War da etwas, fragst du dich und weißt ganz genau, was da war. Du willst es nur vergessen und tust so als ob.
In der Depression bist du irgendwie am falschen Ort. Hundert Meter weiter wäre es viel schöner. Du kannst es sehen, die anderen stehen im Schönen, im Licht und der Sonne. Sie machen nicht viel anders als du und sie haben Spaß. Du nicht. Du hast dies hier gewählt und wählst jeden Tag neu. Es ist ein bisschen deine Schuld, denkst du, was sehr deprimierend ist. So schließt sich der Kreis.
Etwa zwanzig Prozent des Tages ist das so mit voller Wucht. Meine Welt steht auf „Hoffnungslos“, den Rest des Tages ist weniger. Manchmal nichts davon.
Heute Morgen auf der Couch habe ich mich entschieden, dieses Buch zu schreiben, und wundere mich. Es ist ein spontaner Gedanke und er liegt so nah. Warum bin ich nicht schon längst darauf gekommen?
Das ist doch ein nettes, kleines Projekt und für mich kein Problem. Drei Vorteile habe ich auf meiner Seite:
Erstens: Ich bin Autor. Schreiben ist mein Beruf. Das macht es leicht.
Zweitens habe ich – und ich weiß weder warum noch bilde ich mir etwas darauf ein – schon immer eine gewisse Klarheit in mir. Schon als Kind und Jugendlicher war ich mir relativ bewusst, was in mir und an mir passiert. Relativ! Relativ ist noch immer nicht viel, das bedeutet nicht echtes Bewusstsein. Doch ich habe schon in jungen Jahren an den Rändern erfasst, was mit mir passiert. Vieles war „sehenden Auges“, und so fällt es mir heute leicht, davon zu berichten; womit wir zu dem „Drittens“ kommen:
Drittens habe ich sehr viel verstanden. Ich weiß, was passiert ist. Ich weiß, warum ich meine Depression habe. Ich weiß, was die Ursachen sind, ich weiß, was ich tun muss, wenn sie sich anschleicht. All das habe ich mir erarbeitet in all den Jahren. Ich behaupte, ich habe meine Depression verstanden. Ja, viele Therapeuten und Professionelle lachen dazu und behaupten, ne das gehe nicht. Ich behaupte doch, im groben kann man seine Depression verstehen. Es ist sehr viel Arbeit, es dauert, es kostet viel, aber es ist möglich. Ich verstehe, wie es funktioniert, und ich verstehe warum. Okay, einige Details begreife ich bis heute nicht.
Ich habe sogar Abwehrstrategien, die hin und wieder funktionieren.
Dies ist ein sehr persönliches, ja gar rigoroses Buch. Ich berichte, wie es bei mir ist. Es sind meine privaten Erfahrungen. Ich hoffe, es langweilt nicht, es ist ja meins, meine Geschichte. Aber ich habe die Hoffnung, mit schonungsloser Ehrlichkeit andere Betroffene zu erreichen. Und wenn ich nur einen erreiche, dann ist es dieses Büchlein wert. Dann wäre sein Gefühl, – „Du bist nicht allein“, – mein Lohn.
Jeder der Depression erlebt, wird andere Erfahrungen haben. Es gibt so viele Formen, so viele Arten, so viele Varianten.
Zudem ist Depression nie isoliert. Sie tritt immer vergemeinschaftet auf mit anderen psychischen Schwierigkeiten. Oft sind die nicht bewusst und werden es nie, aber es ist so. Depression ist ein Symptom, nicht die Ursache. Es mag einzelne Ausnahmen geben, aber bei mir und der Mehrheit meiner Depressions-Kollegen ist es nur Symptom. „Nur“ ist untertrieben, dieses „Nur“ treibt viele in den Tod.
Ich für meinen Teil kenne die Ursachen. Ich weiß ganz genau, was der Ursprung ist, woher es kommt bis ins Detail. Ich weiß sogar, wie ich die Ursache beseitigen könnte. Nur kann ich das leider nicht.
Jede Depression hat eine Geschichte, eine Vorgeschichte. Das kann die Genetik sein, oder anteilig die Genetik sein. Es gibt eine Depressions-Disposition erblich angelegt bei vielen. Da sind ein paar...
| Erscheint lt. Verlag | 1.8.2023 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Technik | |
| Schlagworte | Bewusstsein • Depression • Depressionserfahrung • Depression überwinden • Leben mit Depression • Lebenslüge • Psychopharmaka • Psychotherapie • Therapie • Trauer und Verlust • Unterbewusstsein |
| ISBN-10 | 3-347-92226-3 / 3347922263 |
| ISBN-13 | 978-3-347-92226-6 / 9783347922266 |
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