Stressfrei und gelassen (eBook)
144 Seiten
Verlag Herder
978-3-451-81463-1 (ISBN)
Uli Bott ist Diplom-Pädagogin, Familiencoach und Autorin mehrerer Bücher. Gemeinsam mit Ihrem Mann unterstützt sie Eltern und pädagogische Fachkräfte Bernd Bott den Alltag mit Kindern #gemeckerfrei und würdevoll zu gestalten. Ihr Ziel ist es, die Welt für Kinder schöner zu machen, denn jedes Kind sollte die Chance haben, voller Liebe aufzuwachsen.
Uli Bott ist Diplom-Pädagogin, Familiencoach und Autorin mehrerer Bücher. Gemeinsam mit Ihrem Mann unterstützt sie Eltern und pädagogische Fachkräfte Bernd Bott den Alltag mit Kindern #gemeckerfrei und würdevoll zu gestalten. Ihr Ziel ist es, die Welt für Kinder schöner zu machen, denn jedes Kind sollte die Chance haben, voller Liebe aufzuwachsen.
2.Der eigenen Intuition vertrauen – neue Sichtweisen zulassen
Im Folgenden beschäftigen wir uns mit der pädagogische Haltung – dem zweiten Aspekt des Dreiklangs. Oft ist es nicht die Arbeit an sich, die den Alltag anstrengend macht. Vielmehr sind es Unklarheiten in der gemeinsamen Zielsetzung und ein fehlendes fachliches Fundament. Ausgehend von der bedürfnisorientierten Pädagogik werden wir versuchen, eine fachliche Haltung zu entwickeln, die Sie entspannt und froh werden lässt.
Durch neue Sichtweisen, verbunden mit der Bereitschaft zum Perspektivwechsel, entsteht Raum für die individuellen Begabungen und Talente jedes einzelnen Kindes. Wenn der Alltag konsequent an den Bedürfnissen der Kinder ausgerichtet wird, entwickelt sich eine wohlwollende und unterstützende Atmosphäre in der Kita, die auch den Erwachsenen guttut.
2.1Beziehungslust statt Förderfrust
Und dann muss man ja auch noch Zeit haben,
einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen!
Astrid Lindgren
Wie werden Kinder fit für ihr weiteres Leben, und was brauchen sie, um sich zu kompetenten Erwachsenen entwickeln zu können? Und wie lernen Kinder? Aus einem eigenen inneren Antrieb heraus oder durch Interventionen der Erwachsenen? Das sind Fragen, die in den letzten Jahren in den Kitas intensiv diskutiert werden. Je nach pädagogischem Ansatz orientiert sich die tägliche Arbeit eher an den Stärken oder an den Schwächen der einzelnen Kinder. In der Folge nehmen sich Erzieherinnen und Erzieher auch eher als Beobachter und Begleiter oder als Förderer und Lehrende wahr. Durch die Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Beziehungsarbeit werden Möglichkeiten für einen entspannteren Arbeitsalltag aufgezeigt. Dann gilt: Beziehungslust statt Förderfrust!
Kindheit früher – Kindheit heute
Kinder heute haben viel weniger unverplante Zeit als früher. Sie verbringen einen Großteil des Tages in Kita oder Schule, und anschließend stehen Kurse wie Ballett, Klavier oder Englisch an. Hat ein Kind mal einen Nachmittag frei, wird es häufig nach komplizierter Terminabsprache zu einem Freund gefahren, um dort für einen begrenzten Zeitraum zu spielen. Die heutigen Kinder müssen sehr früh lernen zu funktionieren. Um in der eng getakteten Welt der Erwachsenen bestehen zu können, wird von ihnen viel Anpassung erwartet. Die individuellen Bedürfnisse der Kinder bekommen entsprechend weniger Raum. Kindheit heute ist weitgehend geprägt vom Zeitdruck der Erwachsenen.
Dienstagmorgen um 7 Uhr in Deutschland
Die dreijährige Lena wird geweckt. Eigentlich würde sie lieber noch schlafen, aber die Eltern müssen zur Arbeit. Na gut, sie lässt sich anziehen. Am liebsten mag sie die rosa Hose, die dummerweise gerade in der Wäsche ist. Dann muss sie halt doch die alte blaue Hose anziehen. Anschließend möchte Lena mit ihrer Puppe spielen, soll aber stattdessen frühstücken. Sie hätte gerne ein Marmeladenbrot, bekommt aber Müsli, weil das viel gesünder ist. Lena möchte ausprobieren, ob die Haferflocken auf den Bananen schwimmen, doch dafür ist keine Zeit.
In der Kita will Lena zuerst Erzieherin Tina begrüßen, aber die ist noch nicht da. Dann macht sie sich auf in den Turnraum, leider ist der noch geschlossen. Lena will jetzt mit Max spielen, doch der spielt mit Nicole. Als Lena endlich im Bauraum ein Spiel, das ihr zusagt, gefunden hat, klingelt die Glocke: Sie muss zum Morgenkreis. Gerade als sie Spaß am Singen hat, weil sie das Lied mag, endet der Kreis …
Früher war nicht alles gut oder besser, natürlich nicht. Das will ich auch gar nicht behaupten. Doch frage ich Eltern, Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrkräfte in meinen Seminaren, an welche Kindheitserlebnisse sie sich gerne und mit Freude zurückerinnern, bekomme ich immer wieder dieselben Antworten: Am schönsten war es, mit anderen Kindern gemeinsam im Viertel, im Wald, im Hof, in der Natur unterwegs zu sein. Nach dem Mittagessen los und abends wieder nach Hause; selbstbestimmt, autark und ohne Aufsicht durch Erwachsene. Aufgrund der klaren Regeln, wann man wieder zuhause sein musste, bestanden Freiheit und Geborgenheit zugleich. Raum für Erfahrungen, um Fehler zu machen, selbst Lösungen zu finden, gab es genug. Allein die Erinnerung an solche Kindheitserlebnisse zaubert den allermeisten Erwachsenen ein Lächeln ins Gesicht. Wie ist das bei Ihnen?
Kindheitserinnerungen
Nehmen Sie sich bitte ein paar Minuten Zeit und tauchen Sie ein in
Ihre eigenen Kindheitserinnerungen. Was hat Sie selbstbewusst und stark werden lassen?
Im Spannungsfeld zwischen Geborgenheit und Freiheit
Das Bemerkenswerte an den Kindheitserinnerungen vieler Erwachsener ist das gleichzeitige Erleben von Geborgenheit und Freiheit. Menschen wollen sich zugehörig und verbunden fühlen und sich zugleich als eigenständige Individuen mit ihren ganz eigenen Bedürfnissen wahrnehmen können.
Dieses Zusammenspiel von Autonomie und Verbundenheit lässt sich anhand des Werte- und Entwicklungsquadrats von Friedemann Schulz von Thun (2007) erklären. In unserem Beispiel bilden die beiden Werte Autonomie und Verbundenheit das Gegensatzpaar. Damit jeder Wert seine positive Wirkung entfalten kann, müssen beide in Balance sein. Schulz von Thun konnte verdeutlichen, dass Menschen, die den Wert in der Grafik oben rechts (hier: Verbundenheit) intensiv ausleben, sozusagen allergisch gegen den Wert unten links (hier: Egoismus) sind. Weil sie diesen Wert in jedem Fall vermeiden möchten, machen sie den Wert oben rechts für sich immer größer. Dadurch rutscht dieser in die Übertreibung ab.
Verbundenheit im Übermaß führt dann zur Selbstaufgabe. In der Folge besteht die Gefahr eines Burn-out oder es kommt zu einer unbewussten, sogenannten Übersprungsreaktion. Dann wird die Person ganz automatisch – um selbst überleben zu können – eine egoistische Ader entwickeln. Und sie landet unbeabsichtigt genau dort, wo sie nie hinwollte: im Egoismus.
Heute kein Platz an der Sonne
Es ist Frühling, und die Erzieherin, Frau M., sehnt sich nach Sonne und Wärme. Heute hat sie einen randvollen Tag vor sich: Der nächste Elternsprechtag muss vorbereitet, das bevorstehende Schulkindertreffen organisiert werden, und dann gibt es noch ein neues Eingewöhnungskind, das am liebsten den ganzen Tag mit ihr zusammen sein möchte. Es ist ihr langer Tag, und um 12 Uhr hat Frau M. Mittagspause. Schon den ganzen Vormittag freut sie sich darauf, denn das Wetter ist herrlich.
Doch die Zeit reicht hinten und vorne nicht, sodass am Mittag noch lange nicht alles erledigt ist, was bis dahin eigentlich fertig sein sollte. Frau M. beschließt, einen Teil ihrer Pause abzuzwacken und noch schnell ein paar wichtige Dinge zu erledigen. Und es kommt, wie es kommen muss: Die gesamte Mittagspause ist im Flug vorbei. In der Sonne ist Frau M. gar nicht gesessen. Gerade, dass sie es geschafft hat, im Laufschritt noch ein paar Mal in ihr mitgebrachtes Brot zu beißen.
Wenn so etwas manchmal passiert, ist es menschlich und ganz normal. Nur wer immer wieder, fast gewohnheitsmäßig, seine eigenen Bedürfnisse hintenanstellt, gerät aus der Balance. Wir vergessen uns selbst und verausgaben uns inderFürsorgefürandere. In der Folge wird das dazu führen, dass wir irgend- wann mit großem Nachdruck für unsere Bedürfnisse einstehen – auf eine Art und Weise, die wir an uns selbst gar nicht mögen. Vielleicht kennen Sie das? Das berühmte Fass läuft plötzlich über, und Sie reagieren weitaus gereizter, als Sie eigentlich wollten. Ein Beispiel dafür ist eine Mutter, die zu ihren Kindern – wie aus heiterem Himmel – sagt: „Macht doch euren Mist allein! Ich bin doch nicht eure Putzfrau!“
Wie können wir diesen Kreislauf durchbrechen? So paradox es klingt: Indem wir unseren individuellen Bedürfnissen mehr Raum geben, vermeiden wir ein Abdriften in den Egoismus. Nur wer auch gut für sich selbst sorgt, kann auf diese Weise die beiden Werte Autonomie und Verbundenheit wieder ins Gleichgewicht bringen, wodurch Lebensfreude und Begeisterung zurückkehren. Trauen Sie sich, Ihren eigenen Bedürfnissen in kleinen Schritten mehr Raum zu geben. Auch Erwachsene dürfen Bedürfnisse haben. Sie könnten zum Beispiel einmal Nein sagen, wo Sie früher mit Ja geantwortet haben. Oder Sie erkennen sich selbst gegenüber an, wie viel Sie in den letzten Jahren für andere geleistet haben. Es geht in keinem Fall darum, Ihr Leben von heute auf morgen umzukrempeln. Viel eher können Sie darauf vertrauen, dass viele kleine Schritte dauerhaft und mit Leichtigkeit zum Ziel führen. Räumen Sie auf mit dem Missverständnis, dass für sich selbst zu sorgen egoistisch ist. Nach und nach werden Sie merken, wie Ihre Kräfte zurückkehren und Sie entspannter im Alltag sind.
Je entspannter die pädagogischen Fachkräfte sind, desto entspannter sind auch die Kinder. Das bedeutet: Je besser Sie für sich selbst sorgen und so die Balance zwischen Autonomie und Verbundenheit halten, umso wohltuender ist die Atmosphäre in der Kita.
Weiter gilt: Durch den Wandel der Kindheit (siehe Seite...
| Erscheint lt. Verlag | 14.7.2017 |
|---|---|
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Pädagogik ► Vorschulpädagogik |
| Schlagworte | Arbeitsalltag • Erzieher • Erzieherin • Gelassenheit • Kindergarten • Kindertageseinrichtung • Professionalisierung • Stressbewältigung |
| ISBN-10 | 3-451-81463-3 / 3451814633 |
| ISBN-13 | 978-3-451-81463-1 / 9783451814631 |
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