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Future Fridays - Warum wir das Schulfach Zukunft brauchen -  Olaf-Axel Burow

Future Fridays - Warum wir das Schulfach Zukunft brauchen (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
112 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-25877-9 (ISBN)
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Die aktuelle Protestbewegung »Fridays for Future« zeigt: Schule ist zu stark in der Vergangenheit verhaftet und vernachlässigt das Thema Zukunft. Die Schüler_innen werden mit zukunftsbedrohenden Themen wie Klimawandel oder soziale Ungleichheit alleingelassen. Dabei reicht es nicht mehr aus, altes Wissen zur Lösung der Probleme von Morgen zu vermitteln; Lernen für die Zukunft bedarf vielmehr neuer Lehr- und Lernformate. In diesem Buch ruft Olaf-Axel Burow dazu auf, Schüler_innen zu Gestalter_innen ihrer Zukunft zu machen, ihre Freude daran zu wecken und sie zu projektorientierten Teamlerner_innen zu machen. Mit dem Schulfach Zukunft als erstem Schritt und dem Future Friday als Ziel können offene, unverschulte Räume für kreatives Gestalten geschaffen werden. Räume, in denen die Schüler_innen die Chance haben, selbstbestimmt an Projekten der Zukunftsgestaltung zu arbeiten. Aus dem Inhalt: 1. Die zukunftsblinde Gesellschaft 2. Das Versagen der Politik 3. Die Antiquiertheit der Schule 4. Der notwendige Abschied vom Brockhausdenken 5. Fridays for Future - Streiken für die Zukunft 6. Das Schulfach Zukunft - ein erster Schritt 7. Future Friday: Lehrer_innen und Schüler_innen werden Zukunftsgestalter - Future Designer Den großen Test zur Zukunftsfähigkeit Ihrer Schule finden Sie in den Online-Materialien.

1.Die zukunftsblinde Gesellschaft


Die Mehrzahl der Experten ist sich einig: Unsere Lage ist dramatisch. Die Menschheit ist dabei, die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Beginnend bei der sich erneut zuspitzenden Gefahr durch unkontrollierte atomare Aufrüstung, über den ungebremst voranschreitenden Klimawandel begleitet von einem nie gekannten Artensterben aufgrund einer ressourcenübernutzenden Landwirtschaft bis hin zum wachsenden Gegensatz zwischen Arm und Reich und der daraus resultierenden ungelösten Migrationsfrage stehen wir vor sich zuspitzenden Problemlagen, die sich gegenseitig verstärken und in ihrer Wechselwirkung existentiell bedrohlich sind.

Anders als in früheren Zeiten, als große Teil der Menschheit – wie im Ersten und Zweiten Weltkrieg – sich unwissend in eine Katastrophe stürzten, tragen wir heute sehenden Auges mehr oder minder aktiv zu einem absehbaren Desaster bei, sind wir doch in Zeiten des Internet umfassend informiert. »Wir haben es nicht gewusst« – Diese Ausrede, gilt nicht mehr! Denn anders als im letzten Jahrhundert verfügen wir über das nötige Wissen und die technischen Möglichkeiten zur Vermeidung der Katastrophe. Die Frage entsteht: Warum steuern wir nicht um?

Ob es sich um die dringend gebotene Abrüstung, die Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes, die Entwicklung einer ökologisch verantwortbaren Landwirtschaft, die Einführung nachhaltiger Produktionsweisen oder die Weiterentwicklung unserer Demokratie zu einem zukunftstauglichen Modell der Beteiligung und der gerechten Verteilung am erwirtschafteten Reichtum handelt – fast nirgendwo ist der ernsthafte Wille zum Umsteuern erkennbar. Im Gegenteil: Die Rüstungshaushalte wachsen ungebremst und ein amerikanischer Präsident setzt uns Europäer sogar unter Druck, die Spirale weiterzutreiben. Die Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes wird in die Ferne verschoben und sofort wirksame Maßnahmen werden als unrealistisch denunziert, obwohl ein Weiter-So über kurz oder lang die Problemlagen verschärft und mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Abgrund führt. Mehr noch: Klimaskeptiker und Klimaleugner erfreuen sich eines wachsenden Zuspruchs, der durch populistische Politiker noch befeuert wird.

Die Information beispielsweise, dass bis zu 70 Prozent des Insektenbestandes verschwunden sind, löst keine panischen Reaktionen aus, obwohl diese Erkenntnis jeder Autofahrer täglich an seiner blitzblanken Frontscheibe bestätigt sieht. Statt aktiv vorsorgenden Umweltschutz zu betreiben, belügt und betrügt eine ausschließlich am Gewinn orientierte verantwortungslose Managergarde autovernarrte Konsumenten, die immer häufiger spritschluckende SUVs bevorzugen, etwa um ihre Kinder zur Schule zu fahren, von denen ein beachtlicher Teil aufgrund von Fehlernährung und Bewegungsmangel unter Übergewicht leidet. Und anstatt über neue Mobilitätskonzepte nachzudenken, wird das Heil in noch größeren und schwereren Elektrofahrzeugen gesehen, denn aufgrund des Gewichtes der Batterien lohnen sich Kleinwagen kaum noch. Über die Umweltschäden durch den Abbau der benötigten Grundstoffe und durch die energie- sowie materialintensiven Herstellungsprozesse denkt kaum jemand nach. Auch dass, wie jüngst zu lesen war, ein Amerikaner durchschnittlich 74000 (!) Mikropartikel aus Plastikrückständen in seinem Körper aufweist, scheint kaum jemanden zu beunruhigen.

Zu den Nebenfolgen eines expansiven Kapitalismus gehört auch, dass ca. 30 Prozent der britischen Kinder in bitterster Armut aufwachsen. Und warum stört es kaum jemanden, dass ein Oxfam-Bericht aus dem Jahr 2017 zu dem Schluss kommt, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung 50,8 Prozent des weltweiten Vermögens besitzt – und damit mehr als die restlichen 99 Prozent zusammen? Gegen die Gier von Eliten und Großkonzernen, die – statt ihre ungeheuren Ressourcen in die Gestaltung einer zukunftsfähigen Gesellschaft zu investieren – weiter auf Vermehrung ihres überzogenen Reichtums – auch durch asoziale Steuervermeidungspraktiken – setzen, scheint kein Kraut gewachsen zu sein.

Es ließen sich ohne Mühe eine Vielzahl weiterer Indikatoren für eine völlig aus dem Ruder gelaufene Gesellschaft anführen, Indikatoren, die man – jeden Tag – der Presse oder wissenschaftlichen Studien entnehmen kann. Doch angesichts der Nachrichtenexplosion in den sozialen Netzwerken ist der Qualitätsjournalismus auf dem Rückzug, so dass sich Fake News und Verschwörungstheorien immer stärker ausbreiten.

Kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsdefizit


Hier zeigt sich: Auch wenn Klimaleugner die Fakten anzweifeln, mangelt es denen, die sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen, nicht an Informationen oder Wissen, wie man annehmen könnte. Unsere Unfähigkeit, einen zukunftsfähigen Lebensstil zu entwickeln, basiert weniger auf einem Erkenntnis-, sondern mehr auf einem Umsetzungsdefizit.

Ja, in vielen Bereichen der Gesellschaft leiden wir an einer Transformationslücke, d. h. an der Schwierigkeit, erkanntes Wissen in entsprechendes Handeln umzusetzen. Würden uns Bewohner eines anderen Planeten aus der Ferne betrachten, kämen sie unweigerlich zu der Einsicht, dass es sich um eine zukunftsblinde Gesellschaft von Lemmingen handelt, die sehenden Auges auf einen Abgrund zusteuert, obwohl er doch – für alle, die es wissen wollen – sichtbar jeden Tag näher rückt. Was ist die Ursache dieser Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln?

Wissen ist keine Kompetenz


Wir alle, die wir durch traditionelle Bildungseinrichtungen gegangen sind, leiden an einer bislang zu wenig beachteten Fehleinschätzung: der Überbewertung von Wissen. Die Erlösung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit durch die Kenntnisnahme der zur Verfügung stehenden Informationen reicht nämlich längst nicht mehr aus. Wer etwa Hans Roslings (2018) ausgezeichnete Zusammenstellung statistischer Daten zur Lage der Welt mit dem programmatischen Titel »Factfullness« durchgearbeitet hat, ist deshalb noch lange nicht handlungsfähig, auch wenn man zusätzlich auf seiner Seite gapminder.org orientierende Grafiken findet, die ein klares Bild der Weltlage vermitteln. Doch Information allein hilft nicht und die Konzentration weiter Teile der Presse auf Katastrophenmeldungen klärt nicht auf, sondern erzeugt ein Gefühl der Hilflosigkeit, weswegen die Medienwissenschaftlerin Maren Urner (2019) gegen die »digitale Vermüllung unserer Hirne« einen »Schluss mit dem täglichen Weltuntergang« fordert. Die Erziehung zur Umsetzungsunfähigkeit bzw. zur »erlernten Hilflosigkeit« (Seligman 2012) verstärken wir zudem ungewollt in der Art und Weise, wie wir informieren und unterrichten. So setzen Universitäten und Schulen, die sich wohlgemerkt im Anschluss an das Zeitalter der Aufklärung und die industrielle Revolution herausgebildet haben, bis heute zu sehr auf die akademisch-kognitiv orientierte, nach abgegrenzten Fächern ausgerichtete, beziehungslose Vermittlung von Fachwissen, das normiert abgeprüft wird und in die Berechtigung zum Studium und zur Weiterbildung sowie zur Ausübung von Berufen mündet.

Der grundlegende Irrtum traditioneller Bildungseinrichtungen besteht in der Idee, dass die Vermittlung von Wissen für die Entwicklung von Kompetenz ausreicht. Doch Wissen ist keine Kompetenz! Wir alle kennen Experten aus unterschiedlichsten Bereichen, die unglaublich viel wissen, aber sich sowohl im Alltag wie auch bei komplexen Herausforderungen als erstaunlich inkompetent erweisen. Das Handeln vieler Akteure aus Politik und Wirtschaft im Umweltbereich liefert dafür eindrückliche Beispiele.

Kompetent ist man nur, wenn man Wissen, Haltung und Handlung mit Metalernen verbinden kann. Bankmanager, um ein Beispiel zu geben, die fast alles über den Finanzmarkt wissen, haben massiv versagt, weil sie einseitig renditeorientiert vorgingen und ihren ahnungslosen Kunden zweifelhafte Produkte verkauften. Dies konnten sie tun, weil sie offenbar weder über gemeinwesenorientierte Werte noch die entsprechenden Haltungen verfügten. Darüber hinaus konnten sie ihr Handeln nicht in komplexe Zusammenhänge einer dynamisch sich entwickelnden Weltgesellschaft einbringen, die zum Überleben nachhaltige Lösungen benötigt. Dieses begrenzte Scheuklappendenken nach dem Mehr-desselben-Prinzip von Spezialisten, die einseitig orientierte Ziele verfolgen konnte man auch in der Dieselaffäre erleben: Auto-Experten, die ungeheuer viel über Fahrzeugtechnologien wussten, waren ...

Erscheint lt. Verlag 11.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-407-25877-1 / 3407258771
ISBN-13 978-3-407-25877-9 / 9783407258779
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