Erfolgreich vor Gericht (eBook)
268 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-5468-7 (ISBN)
Der Autor praktiziert als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Zürich. Bevor er 2000 das Anwaltspatent erlangt hat, war er als Gerichtsschreiber an einem zürcherischen Bezirksgericht tätig und studierte in Zürich und Chicago Rechtswissenschaft.
3. Parteien und Anwälte
3.1 Parteien
Kläger und Beklagter
Die Parteien im Zivilprozess nennt man Kläger und Beklagter. Im summarischen Verfahren (siehe 7. Kapitel) ist auch von Gesuchsteller und Gesuchsgegner die Rede. Bei einer Scheidung auf gemeinsames Begehren spricht man bei beiden Parteien nur von Gesuchstellern. Bei Rechtsmitteln spricht man dann von Berufungskläger und Berufungsbeklagtem bzw. von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner. Sprechen Sie in einem Zivilprozess nie vom „Angeklagten“, denn dieser Begriff gehört ins Strafprozessrecht.
Als Parteien können natürliche oder juristische Personen (AG, GmbH, Genossenschaft, Stiftung, Verein) auftreten. Juristische Personen werden im Prozess durch ihre Organe vertreten (z.B. Gesellschafter, Verwaltungsrat, Geschäftsführer etc.).
Bestimmungen im materiellen Recht (ZGB und OR) sehen vor, dass z.B. Auch Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften und Stockwerkeigentümergemeinschaften als Parteien auftreten können, obwohl diese eigentlich keine eigene Rechtspersönlichkeit haben.
Es ist sehr wichtig vor Einleitung eines Prozesses sicherzustellen, dass auch die richtige Partei eingeklagt wird. Klagt man nämlich die falsche Partei ein, wird die Klage vom Gericht kostenpflichtig abgewiesen (= fehlende Passivlegitimation). Selbstverständlich muss auch die richtige Person klagen, d.h. die Person, welcher die eingeklagten Rechte auch zustehen. Klagt die falsche Person, kommt es ebenfalls zur kostenpflichtigen Abweisung der Klage (= fehlende Aktivlegitimation).
Die ZPO sieht in Art. 73 ff. auch die mögliche Beteiligung von Dritten im Prozess vor (Intervention, Streitverkündung). Dies ist relativ selten und wird in diesem Buch daher nicht abgehandelt.
Mehrere Parteien
Es ist möglich, dass sowohl auf der Kläger- als auch auf der Beklagtenseite mehrere Personen auftreten. Man spricht dann von Streitgenossen bzw. einer Streitgenossenschaft (Art. 70 ff. ZPO).
Beispiele
- Ein solidarisch haftendes Ehepaar
- mehrere Miterben bei einer Erbteilung
- Mitglieder einer Stockwerkeigentümergemeinschaft
- Mitglieder einer Wohngemeinschaft, welche den Mietvertrag gemeinsam unterschrieben haben
- Gesellschaften, welche sich in einem Konsortium (einfache Gesellschaft) zusammengeschlossen haben
Verbandsklagen
In bestimmten, vom Gesetz genannten Fällen ist es möglich, dass ein Verband in eigenem Namen für seine Mitglieder klagen kann (Art. 89 ZPO). Man spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten „Verbandsklagen“. Beispiele:
- Gewerkschaften können sich für ihre Mitglieder wehren, wenn das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann vom Arbeitgeber verletzt wurde.
- Nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb haben Berufs- und Wirtschaftsverbände sowie Konsumentenschutzorganisationen ein Recht zur Verbandsklage.
Sammelklagen
Sammelklagen, wie wir sie aus den USA kennen, gibt es in der Schweiz noch nicht. Ist eine Vielzahl von Personen geschädigt (z.B. durch ein fehlerhaftes Produkt oder Medikament), muss nach geltendem Recht grundsätzlich jede Person ihre Rechtsansprüche individuell vor Gericht geltend machen. Eine Bündelung der Interessen und Ressourcen ist nur sehr begrenzt möglich (indem sich beispielsweise die betroffenen Parteien alle vom gleichen Anwalt vertreten lassen).
Dem würde mit einem Sammelklagerecht Abhilfe geschaffen. Der Bundesrat hat 2018 im Rahmen einer Überarbeitung der ZPO die Einführung eines solchen Rechts auch in der Schweiz vorgeschlagen. Es zeigte sich jedoch, dass die Frage stark umstritten ist, weshalb der Bundesrat entschieden hat, die Sammelklage auszuklammern. Diese wird nun erst wieder sehr viel später aufs politische Parkett kommen. Ob das Sammelklagerecht eines Tages eingeführt wird, ist derzeit noch völlig offen.
Der Dieselgate-Skandal
Der Dieselgate-Skandal, der im September 2015 öffentlich bekannt wurde, drehte sich um betrügerische Praktiken von Volkswagen und einigen seiner Tochterunternehmen im Zusammenhang mit der Manipulation von Abgaswerten bei Diesel-Fahrzeugen. VW hatte eine Software in die Motorsteuerung seiner Dieselautos eingebaut, die erkannte, wenn das Fahrzeug auf einem Prüfstand getestet wurde, und dann die Abgasreinigung aktiviert oder optimiert. Im normalen Fahrbetrieb wurden jedoch wesentlich höhere Schadstoffemissionen erzeugt, als die gesetzlichen Vorschriften erlaubten. Rund elf Millionen Fahrzeuge weltweit waren von dieser Manipulation betroffen. Der Skandal führte zu erheblichen finanziellen Verlusten für VW, juristischen Auseinandersetzungen, Rückrufen und einem Vertrauensverlust der Konsumenten in die Automobilindustrie.
Im Zuge des Dieselgate-Skandals wurden in verschiedenen Ländern Sammelklagen gegen VW und andere beteiligte Unternehmen eingereicht. Die Kläger in diesen Sammelklagen argumentierten in der Regel, dass sie durch den Kauf von betroffenen Fahrzeugen finanziellen Schaden erlitten hätten, da die Autos aufgrund der Manipulationen einen geringeren Wiederverkaufswert hatten und möglicherweise auch höhere Betriebskosten verursachten. In vielen Fällen kam es daraufhin zu Vergleichen, d.h. die Sammelkläger erhielten finanzielle Entschädigungen.
Ein solches Vorgehen war in der Schweiz nicht möglich. Die Stiftung für Konsumentenschutz versuchte zwar, im Namen von mehreren Klägern am Handelsgericht des Kantons Zürich eine Klage anzustrengen, was jedoch aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage für eine Sammelklage scheiterte.
3.2 Rechtsanwälte
Ausbildung
Die Zulassung, als Rechtsanwalt tätig zu sein (= Anwaltspatent), erhält nur, wer folgende Voraussetzungen erfüllt (Art. 7 und 8 BGFA):
- ein abgeschlossenes Rechtsstudium,
- ein absolviertes Praktikum am Gericht oder in einer Anwaltskanzlei,
- Bestehen der staatlichen Anwaltsprüfung
- tadelloser Leumund
- keine Verlustscheine
Die Anwaltsprüfung wird nicht an einer Universität abgelegt sondern in der Regel vor dem obersten Gericht des jeweiligen Kantons.
In gewissen Kantonen werden Anwälte auch Fürsprecher oder Advokaten genannt. Diese Berufsbezeichnungen sind gleichwertig. In gewissen Kantonen können Anwälte auch als Notare tätig sein und damit Beurkundungen und Beglaubigungen vornehmen.
Nicht mit einem Anwalt zu verwechseln sind folgende Personen:
- Rechtsagenten, welche in einigen Kantonen (namentlich St. Gallen) bestehen. Ein Rechtsagent muss nicht studiert haben und darf nur in einfacheren Verfahren vor Gericht auftreten.
- Substituten sind Mitarbeiter in einer Anwaltskanzlei, welche Recht studiert haben und dort ein Praktikum absolvieren, nach dessen Abschluss sie die Anwaltsprüfung absolvieren können.
- Als Juristen bezeichnet man Berufsleute mit abgeschlossenem Rechtsstudium aber ohne Anwaltspatent. Wer Recht studiert hat, ist somit nicht automatisch auch Rechtsanwalt.
Anwaltsgeheimnis
Ein Rechtsanwalt ist zeitlich unbegrenzt und gegenüber jedermann ans Anwaltsgeheimnis (auch Berufsgeheimnis genannt) gebunden (Art. 13 BGFA). Sie können sich einem Anwalt daher bedingungslos anvertrauen. Ein Anwalt darf ohne Zustimmung seines Klienten keine Informationen preisgeben, auch nicht gegenüber Behörden. Das Anwaltsgeheimnis ist so streng gefasst, dass ein Anwalt nicht einmal darüber Auskunft geben darf, ob überhaupt ein Mandat mit einer bestimmten Person besteht oder nicht. Wenn ein Anwalt offenes Honorar von seinem Klienten eintreiben muss, muss er diesen in der Regel zuerst auffordern, ihn vom Anwaltsgeheimnis zu entbinden. Weigert sich der Klient, kann sich der Anwalt von der Aufsichtsbehörde vom Anwaltsgeheimnis entbinden lassen, damit er seine Honorarforderung auf dem Rechtsweg durchsetzen kann.
Eine Verletzung des Anwaltsgeheimnisses wird streng geahndet und kann nach Art. 320 StGB mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Anwaltsregister und Aufsicht
Anwälte haben in den meisten Verfahren das Monopol, vor Gericht als Rechtsvertreter aufzutreten (Anwaltsmonopol, Art. 68 Abs. 2 ZPO). Treuhänder und Juristen von Rechtsschutzversicherungen dürfen beispielsweise nicht als Parteivertreter vor Gericht auftreten. Anwälte unterliegen dafür aber einer strengen Aufsicht. In jedem Kanton gibt es eine Aufsichtsbehörde (Art. 14 BGFA), welche einen Anwalt sanktionieren kann, der gegen die Berufsregeln (siehe nächsten Abschnitt) verstossen hat. Im schlimmsten Fall droht eine Sperre oder sogar der Entzug des Anwaltspatents (Art. 17 BGFA). Dem Monopol unterliegt aber nur das Auftreten vor Gericht. Nicht monopolisiert ist die Rechtsberatung, welche auch von Nicht-Anwälten erbracht werden kann.
Damit ein Anwalt vor Gericht auftreten kann, muss er im kantonalen Anwaltsregister eingetragen sein. Dieses Register ist öffentlich. Schweizer Anwälte dürfen grundsätzlich vor allen Schweizer Gerichten auftreten. Die Tätigkeit eines Anwalts ist somit nicht auf den Kanton...
| Erscheint lt. Verlag | 6.11.2024 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Recht / Steuern ► Allgemeines / Lexika |
| Recht / Steuern ► Privatrecht / Bürgerliches Recht | |
| Schlagworte | Gericht • Prozessführung • Recht • Zivilprozess • Zivilprozessrecht |
| ISBN-10 | 3-7583-5468-4 / 3758354684 |
| ISBN-13 | 978-3-7583-5468-7 / 9783758354687 |
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