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491 Tage (eBook)

In den Tunneln der Hamas | Das erste Memoir einer befreiten israelischen Geisel | Deutsche Ausgabe von »Hostage«

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1., Deutsche Erstausgabe
200 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-78708-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

491 Tage - Eli Sharabi
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Am 7. Oktober 2023 stürmten Hamas-Terroristen den Kibbuz Be'eri und zerstörten sein Leben. Vor den Augen seiner Frau Lianne und den beiden Töchtern Noiya und Yahel barfuß aus der Haustür gezerrt, stürzte Eli Sharabi bald darauf in die erstickende Dunkelheit in den Tunneln der Hamas. Während über ihm der Krieg tobte, verbrachte er 491 Tage in Gefangenschaft. Immer in der Hoffnung, dass er seine Familie irgendwann wiedersieht. Seine Geschichte handelt von Hunger und Schmerz, von Sehnsucht, Einsamkeit und einer Hilflosigkeit, die die Seele zu zerstören droht. Gleichzeitig ist es eine Geschichte, die auf einzigartige Weise von der menschlichen Stärke zeugt: sich immer und immer wieder auf die Seite des Lebens zu schlagen.

In dem ersten Memoire einer befreiten israelischen Geisel legt Eli Sharabi ein wahrhaft berührendes Zeugnis ab. Für die Menschlichkeit, die Erinnerung und das Überleben. 491 Tage wird so zu einem Buch, das man nie mehr vergisst.



Eli Sharabi überlebte nach seiner Entführung am 7. Oktober 2023 491 Tage in Gefangenschaft der Hamas. Seitdem setzt er sich weltweit für die Hilfe und Unterstützung der Opfer der Hamas-Entführungen ein, trifft Staats- und Regierungschefs, hält Reden vor den Vereinten Nationen und erzählt seine Geschichte vor Publikum auf der ganzen Welt. Eli Sharabi wurde in Tel Aviv als Sohn eines jemenitischen Vaters und einer marokkanischen Mutter geboren, zog als Teenager in den Kibbuz Be'eri und heiratete später Lianne, eine Britin, mit der er zwei Töchter bekam, Noiya und Yahel, sechzehn und dreizehn Jahre alt.

1


Fünf Terroristen dringen in unser Haus ein, die Waffen im Anschlag. Wir tragen Schlafanzüge – sie Uniformen, Schutzhelme und Kalaschnikows. Sie haben uns gefunden: mich, meine Frau Lianne, unsere wunderschönen Töchter Noiya und Yahel. Und unsere Hündin. Wir befinden uns in unserem Schutzraum, einem verstärkten Zimmer in unserem Haus, das uns vor Raketenangriffen schützen soll – nicht vor Eindringlingen wie diesen. Die Hündin bellt in ihrer Bedrängnis. Sie mag keine Fremden. Die Schüsse der Terroristen folgen dem Gebell, der Lärm ihrer Salven hallt von den Wänden wider. Es ist ohrenbetäubend. Lianne und ich werfen uns schützend auf die Mädchen, vergewissern uns, dass sie unverletzt sind. Schreien die Terroristen an, sie sollen aufhören. Wir flehen sie an. Habt keine Angst, erwidern sie auf Arabisch und verlangen, dass wir ihnen unsere Handys geben.

Ich schaue meinen Töchtern in die Augen. Noiya ist sechzehn Jahre alt. Yahel erst dreizehn. Ich versuche, ihnen Mut zuzusprechen, erzähle ihnen, dass alles gut wird. Sie schreien nicht. Sie weinen nicht. Sie sagen kein Wort. Sie sind vor Angst wie versteinert.

Niemals werde ich das Entsetzen in ihren Augen vergessen.

Ich weiß, dass alle sagen, es habe um 6.29 Uhr begonnen.

Ich erinnere mich nicht an 6.29 Uhr.

Ich erinnere, dass das Handy meiner Frau wie verrückt piept und uns alle am Schabbatmorgen aufweckt. Am jüdischen Feiertag Simchat Tora. Am 7. Oktober 2023.

Lianne hatte eine App heruntergeladen, die jedes Mal, wenn es Raketenalarm in der Nähe gab, ein Warnsignal auslöste. Ich mochte diese App nicht besonders. Ständig versetzte sie das ganze Haus in Panik. Aber Lianne bestand darauf. Und heute weckt uns diese App. Lianne springt aus dem Bett, um Noiya zu wecken, die im oberen Stockwerk schläft, ich wecke Yahel, sie schläft im Erdgeschoss, so wie wir. Lianne beruhigt Noiya, ich Yahel. Es gibt Raketenbeschuss aus Gaza, erklären wir ihnen. Sie wissen, was nun folgt. Immer, wenn das passiert, eilen wir alle – ich, Lianne, Noiya, Yahel und unsere Hündin – in Yahels Zimmer, das auch unser Schutzraum ist. Niemand gerät in Panik. Das ist nicht unser erstes Rodeo. Wir kennen den Ablauf zur Genüge. Unser Haus im Kibbuz Be’eri liegt keine fünf Kilometer von Gaza entfernt. Auch wenn die Raketen nicht über dem Kibbuz runterkommen, können wir jedes Mal beobachten, wie der Iron Dome sie abfängt.

Wie sind die Detonationen gewohnt.

Im Schutzraum schalten wir den Fernseher an, und langsam begreifen wir: Dieses Mal passiert hier etwas weitaus Größeres. Der Raketenalarm beschränkt sich nicht auf den westlichen Negev, nicht auf die Städte und Dörfer entlang der Grenze zu Gaza – das hier ist gravierender. Und trotzdem, immer noch kein Grund zur Panik. Als die Sirenen kurz aussetzen, verlasse ich den Schutzraum, um Lianne und den Mädchen Tee zu kochen. Wie man es von jemandem erwarten darf, der in England aufgewachsen ist, hat Lianne unsere Töchter zu Teeliebhaberinnen erzogen. Ein Morgen, der nicht mit einer Tasse englischem Frühstückstee beginnt, ist nicht vorstellbar. Das ist Tradition bei uns. Ich kehre mit einer Kanne Tee in den Schutzraum zurück, und während wir die Sirenen draußen hören (sie haben wieder eingesetzt), trinken wir Tee und schauen Nachrichten im Fernsehen.

Und dann – sehen wir es. Im Fernsehen werden Bilder von maskierten, bewaffneten Männern auf weißen Toyota-Pick-ups gezeigt, die durch die Straßen von Sderot fahren. Die Stadt ist keine zwanzig Kilometer von uns entfernt. Mir steht der Mund offen. Etwas nie Dagewesenes passiert hier gerade.

Unser lokales Sicherheitsteam fängt an, uns per WhatsApp auf dem Laufenden zu halten. Zunächst warnen sie, es sei möglich, dass Terroristen in den Kibbuz eingedrungen sind. Dann ist es Fakt: Terroristen sind im Kibbuz.

Ungefähr zeitgleich werden auch die ersten Bilder von einem Angriff in der Nähe des Kibbuz Re’im übertragen, nur wenige Kilometer von uns entfernt. Es wird berichtet, dass ein Rave, der dort über Nacht stattfand, das Nova-Festival, sich rasch in ein Blutbad verwandelt hat, als Terroristen auf offenem Feld eine wilde Schießerei eröffneten. Wir sehen völlig chaotische Szenen, junge Männer und Frauen, die blutüberströmt und in Panik durch Weizenfelder rennen. Ich versuche Lianne und die Mädchen zu beruhigen. »Selbst wenn Terroristen in den Kibbuz eingedrungen sind«, versichere ich ihnen, »werden es nicht mehr als zwei oder drei sein.«

Weitere Nachrichten erreichen uns, und meine Einschätzung wirkt zunehmend absurd. Nicht nur in Re’im oder Sderot oder Be’eri – auch in Ofakim befinden sich bewaffnete Kämpfer, auf dem Weg nach Netivot, in jedem Kibbuz in der näheren Umgebung. Immer mehr Informationen erreichen uns und die Mädchen über unsere diversen WhatsApp-Gruppen. Das Sicherheitsteam warnt über WhatsApp: Sie sind auf Terroristen gestoßen. Es gibt Verletzte.

Wenn es Verletzte gibt, dann steht die Sache nicht gut.

Meldungen strömen herein. Bing. Bing. Bing. Wir kleben an unseren Telefonen, mit jedem Update wird das Bild düsterer, noch beklemmender. Die Nachrichten in unseren Gruppen-Chats – vom Kibbuz, der Elterngruppe, der Jugendgruppe, Freunden – sind schlicht nicht vorstellbar. Sie haben meine Mama erschossen!, schreibt eine von Yahels Klassenkameradinnen, ein dreizehnjähriges Mädchen, das nur ein paar Hundert Meter entfernt von uns wohnt.

Die Wahrheit tritt ans Licht: Dutzende Terroristen sind in den Kibbuz eingedrungen. Sie gehen von Tür zu Tür, stürmen die Häuser, brechen in die Schutzräume ein. Stehlen sogar Autos. Von der israelischen Armee ist weit und breit nichts zu sehen.

Wenn sie Autos stehlen, können sie auch Menschen nach Gaza verschleppen.

Gaza ist direkt nebenan, gleich hinter dem Zaun.

Wo bleibt die Armee, um uns zu beschützen?!

Als Lianne ihrer Familie in England schreibt, verständigen wir uns wortlos, nur über Blicke. Sie hält ihr Telefon hoch, um mir Nachrichten zu zeigen, die sie erhält. Terroristen sind gerade bei diesem Mann ins Haus eingebrochen, bei jener Frau gewaltsam eingedrungen. Wir wohnen in einem Kibbuz, einer kleinen, kollektiv organisierten Siedlung. Jeder kennt jeden. Ich weiß, wo jedes einzelne Haus steht, weiß genau, wie viele Menschen dort leben, wer sie sind.

Ich schleiche aus dem Schutzraum, sperre die Eingangstür zu und schließe alles, was sich schließen lässt: Fensterläden, Türen, Fenster. Wir hören dumpfe Schläge, dann ein Kratzen. Die Terroristen versuchen, durch die Fensterläden einzudringen. Ich schließe die Tür des Schutzraums und halte die Klinke fest. Wie bei fast allen Schutzräumen in privaten Wohnhäusern in Israel lässt sich die Tür nicht von innen verschließen. Diese Räume sind so konzipiert, dass sie vor Raketenangriffen schützen, nicht vor Eindringlingen. Jedenfalls gelingt es den Terroristen nicht, in unser Haus einzubrechen, und sie ziehen weiter, zur nächsten Tür. Ich lasse die Tür des Schutzraums erst wieder los, als ich sicher bin, dass sie weg sind. Wir hoffen, dass es das war, dass sie weitergezogen sind. Aus den hereinströmenden Nachrichten erfahren wir, dass die Terroristen Molotowcocktails in die Häuser unserer Nachbarn werfen, sie in Brand setzen, während sich die verängstigten Familien darin verbarrikadieren. Wir beschließen, keinen Widerstand zu leisten oder uns zur Wehr zu setzen, wenn die Terroristen zurückkommen sollten. Wir hoffen, so die Mädchen zu schützen und verhindern zu können, dass die Terroristen auf uns schießen.

Es ist jetzt 10.45 Uhr. Normalerweise würden wir um diese Uhrzeit, an einem Schabbatmorgen, zusammensitzen und als Familie gemeinsam essen. Manchmal essen wir jachnun, dann wieder kocht Lianne schakschuka. Aber es ist kein solcher Samstag. Wir sitzen seit mehr als vier Stunden im Schutzraum fest.

Klirr. Das war das Fenster im Treppenhaus. Mit seinem Blick auf die umgebenden Felder ist es das einzige Fenster im ganzen Haus ohne Fensterläden. Ich höre, wie ein Terrorist hindurchklettert und dann zur Eingangstür geht, um sie für die anderen zu öffnen. Die Terroristen stürmen das Haus und sind nur Sekunden später am Schutzraum.

Die Tür geht auf. Sie zerren uns heraus. Das Wohnzimmer ist noch voller Luftballons von...

Erscheint lt. Verlag 26.11.2025
Übersetzer Ursula Kömen
Sprache deutsch
Original-Titel Hostage
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 7. Oktober 2023 • aktuelles Buch • Anschlag • Benjamin Netanjahu • Bring them home now • Bücher Neuerscheinung • Entführung • Familie • Fundamentalismus • Gaza • Gazastreifen • Gaza-Streifen • Gefangenschaft • Geisel • Geiselbefreiung • Geiselnahme • HAMAS • hostage • Hostage deutsch • (Hostage) חטוף deutsch • Israel • Juden • Kibbuz Be’eri • Krieg • Massaker • Memoire • Naher Osten • Nahost-Konflikt • Neuerscheinung 2025 • neues Buch • nova-Festival • Operation Eiserne Schwerter • Palästina • Qassam-Brigaden • Resilienz • Sella Meir • Tatsachenbericht • Terror • Terror-Angriff • Terrorismus • Terroristen • Überleben • Verbrechen gegen die Menschlichkeit • Verlust • Zeugnis • חטוף (Hostage) deutsch
ISBN-10 3-518-78708-X / 351878708X
ISBN-13 978-3-518-78708-3 / 9783518787083
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