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Furcht und Elend des Dritten Reiches (eBook)

27 Szenen. Mit Materialien

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1., Neuausgabe
192 Seiten
Suhrkamp Verlag
9783518784792 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Furcht und Elend des Dritten Reiches - Bertolt Brecht
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27 Momentaufnahmen aus dem Alltag des Nationalsozialismus

Ein Ehepaar, das fürchtet, von seinem kleinen Sohn denunziert zu werden; eine jüdische Frau, die ihren Mann verlässt, weil die Gesellschaft ihn wegen ihr ausgrenzt, ein Paar, das die Verhaftung ihres Nachbarn mit anhört, den es verraten hat ... In Furcht und Elend des Dritten Reiches erzählt Bertolt Brecht, wie ein diktatorisches System in alle Gesellschaftsschichten und Lebensbereiche der Menschen eindringt und Furcht und Misstrauen verbreitet. Der ursprüngliche Titel Deutschland - ein Greuelmärchen zeigt, in welche Tradition Brecht dieses Stück eingereiht wissen wollte. Er sah die Verhältnisse im »Reich« mit dem scharfen Blick der Emigranten und beschrieb sie mit knapper, realistischer Genauigkeit. Die siebenundzwanzig Szenen des Stücks zeichnen das Bild des Faschismus und der ihn konstituierenden Mentalität.

Der Anhang dieser schön gestalteten, preiswerten Neuausgabe von Furcht und Elend des Dritten Reiches enthält drei weitere Szenen sowie eine Zeittafel zum Autor Bertolt Brecht.



<p>Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren und starb am 14. August 1956 in Berlin. Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Sein Studium musste er allerdings bereits im Jahr 1918 unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde. Bereits während seines Studiums begann Brecht Theaterstücke zu schreiben. Ab 1922 arbeitete er als Dramaturg an den Münchener Kammerspielen. Von 1924 bis 1926 war er Regisseur an Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. 1933 verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA. Neben Dramen schrieb Brecht auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. 1948 kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod als Autor und Regisseur tätig war.</p>

3
Das Kreidekreuz

Es kommen die SA-Leute

Sie spüren wie eine Meute

Hinter ihren Brüdern her.

Sie legen sie den fetten Bonzen zu Füßen

Und heben die Hände und grüßen.

Die Hände sind blutig und leer.

Eine Herrschaftsküche. Der SA-Mann, die Köchin, das Dienstmädchen, der Chauffeur.

das dienstmädchen Hast du wirklich nur eine halbe Stunde Zeit?

der sa-mann Nachtübung!

die köchin Was übt ihr denn da immer?

der sa-mann Das ist Dienstgeheimnis!

die köchin Ist es eine Razzia?

der sa-mann Ja, das möchten Sie wissen! Aber von mir erfährt keiner was. Aus dem Brunnen fischen Sie nichts raus.

das dienstmädchen Und du mußt noch raus bis Reinickendorf?

der sa-mann Reinickendorf oder Rummelsburg und vielleicht ist es auch Lichterfelde, wie?

das dienstmädchenetwas verwirrt: Willst du nicht etwas essen, bevor du losgehst?

der sa-mann Eh ich mich schlagen lasse: immer ran mit der Gullasch-Kanone!

Die Köchin bringt ein Tablett.

der sa-mann Ja, ausgeplaudert wird nicht! Immer den Gegner überraschen! Immer von einer Seite kommen, wo er kein Wölkchen sieht. Sehen Sie sich mal den Führer an, wenn der einen Coup vorbereitet! Undurchdringlich! Da wissen Sie gar nichts vorher. Vielleicht weiß er es selber nicht mal vorher. Und dann kommt's schlagartig. Die tollsten Sachen. Das ist es, was uns so gefürchtet macht. Er hat sich die Serviette umgebunden. Messer und Gabel erhoben, erkundigt er sich: Kann die Herrschaft nicht hereingeschneit kommen, Anna? Daß ich dann dasitze, das Maul voll Remouladensauce. Sagt übertrieben, wie mit vollem Mund: Heil Hitler!

das dienstmädchen Nein, da klingeln sie zuerst nach dem Wagen an, nicht, Herr Francke?

der chauffeur Wie beliebt? Ja, jawohl!

Der SA-Mann beginnt beruhigt, sich mit dem Tablett zu beschäftigen.

das dienstmädchenneben ihm sitzend: Bist du nicht müde?

der sa-mann Kolossal.

das dienstmädchen Aber Freitag hast du doch frei?

der sa-mannnickt: Wenn nichts dazwischenkommt.

das dienstmädchen Du, die Reparatur von der Uhr hat vier Mark fünfzig gekostet.

der sa-mann Unverschämt.

das dienstmädchen Die ganze Uhr hat nur zwölf Mark gekostet.

der sa-mann Ist der Ladenschwengel von der Drogerie immer noch zudringlich?

das dienstmädchen Ach Gott.

der sa-mann Du brauchst es mir nur zu sagen.

das dienstmädchen Ich sage dir doch alles. Hast du die neuen Stiefel an?

der sa-mannlustlos: Ja. Warum?

das dienstmädchen Minna, haben Sie die neuen Stiefel von Theo schon gesehen?

die köchin Nein.

das dienstmädchen Zeig doch mal, Theo! Die kriegen sie jetzt.

Der SA-Mann, kauend, streckt sein Bein zur Besichtigung aus.

das dienstmädchen Schön, nicht?

Der SA-Mann schaut suchend herum.

die köchin Fehlt was?

der sa-mann Bißchen trocken.

das dienstmädchen Willst du Bier haben? Ich hol dir. Sie läuft hinaus.

die köchin Die würde sich ja die Beine aus dem Leib rennen für Sie, Herr Theo!

der sa-mann Ja, so was muß klappen bei mir. Schlagartig.

die köchin Ihr Männer könnt euch viel zuviel erlauben.

der sa-mann Das Weib will das. Da die Köchin einen schweren Kessel aufnimmt: Was rackern Sie sich denn da ab? Lassen Sie mal, das ist meine Sache. Er schleppt ihr den Kessel.

die köchin Das ist gut von Ihnen. Sie finden auch jedesmal was, was Sie mir abnehmen können. So gefällig ist nicht jeder. Mit einem Blick auf den Chauffeur.

der sa-mann Quatschen Sie keine Opern. Das tun wir gerne. Es klopft am Kücheneingang.

die köchin Das ist mein Bruder. Der bringt die Radiolampe. Sie läßt ihren Bruder, einen Arbeiter, ein.

die köchin Mein Bruder.

der sa-mann und der chauffeur Heil Hitler!

Der Arbeiter murmelt etwas, was zur Not »Heil Hitler« geheißen haben kann.

die köchin Hast du die Lampe?

der arbeiter Ja.

die köchin Willst du sie gleich einschrauben?

Die beiden gehen hinaus.

der sa-mann Was ist denn das für einer?

der chauffeur Arbeitslos.

der sa-mann Kommt der öfter?

der chauffeurzuckt die Achseln: Ich bin ja selten da.

der sa-mann Na, die Dicke ist ja treu wie Gold im nationalen Sinne.

der chauffeur Absolut.

der sa-mann Aber deswegen kann der Bruder immer noch ganz was anderes sein.

der chauffeur Haben Sie da einen bestimmten Verdacht?

der sa-mann Ich? Nein. Nie! Ich hab nie Verdacht. Wissen Sie, Verdacht, das ist schon gradsogut wie Gewißheit. Und dann setzt es auch schon was.

der chauffeurmurmelt: Schlagartig.

der sa-mann So ist es. Zurückgelehnt, ein Auge geschlossen: Haben Sie verstanden, was der dahermurmelte? Er macht den Gruß des Arbeiters nach. Kann »Heil Hitler« geheißen haben. Muß nicht. Die Brüder hab ich schon gern.

Er lacht schallend. Die Köchin und der Arbeiter kommen zurück. Sie stellt ihm etwas zum Essen hin.

die köchin Mein Bruder ist so geschickt mit dem Radio. Dabei macht er sich gar nichts draus, Radio zu hören. Wenn ich Zeit hätte, würde ich immer andrehen. Zum Arbeiter: Und Zeit hast du doch im Überfluß, Franz.

der sa-mann Tatsächlich? Sie haben ein Radio und drehen das Ding nicht an?

der arbeiter Mal Musik.

die köchin Dabei hat er sich rein aus nichts den feinsten Apparat zusammengebastelt.

der sa-mann Wieviel Röhren haben Sie denn?

der arbeiterihn herausfordernd anstarrend: Vier.

der sa-mann Na, die Geschmäcker sind eben verschieden. Zum Chauffeur: Nicht?

der chauffeur Wie beliebt? Ja, natürlich.

Das Dienstmädchen kommt mit dem Bier.

das dienstmädchen Eisgekühlt!

der sa-mannlegt freundlich seine Hand auf die ihre: Mädchen, du bist ja ganz außer Puste. So hättest du nicht laufen müssen, ich hätte doch auch warten können.

Sie schenkt ihm aus der Flasche ein.

das dienstmädchen Macht nichts. Gibt dem Arbeiter die Hand. Haben Sie die Lampe gebracht? Aber setzen Sie sich doch ein bißchen. Sie sind doch wieder den ganzen Weg reingelaufen. Zum SA-Mann: Er wohnt in...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte aktuelles Buch • Alltagsereignisse • Bücher Neuerscheinung • Das Leben der Herrenrasse • Denunziation • Deutschland • Deutschland — ein Greuelmärchen • Die Angst • Die Deutsche Heerschau • Diktatur • Drittes Reich • Episches Theater • Faschismus • Geschichte • Geschichte 1933-1938 • Gestentafel • Misstrauen • Mitteleuropa • Montage • Nationalsozialismus • Neuerscheinung 2025 • neues Buch • Schullektüre • ST 5504 • ST5504 • Staatsterror • suhrkamp taschenbuch 5504 • Terror • Theaterstück • The Private Life of the Master Race • Widerstand
ISBN-13 9783518784792 / 9783518784792
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