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Die Kurve (eBook)

Thriller | Gangsterroman meets Coming-of-age-Story

(Autor)

Thomas Wörtche (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2025 | 1., Originalausgabe
275 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-78244-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kurve - Dirk Schmidt
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(CHF 4,85)
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Carl regelt alles - solange man ihn bezahlt.

Er lebt zurückgezogen, mit Meerblick, edlem Whiskey und einem Arsenal an Prepaid-Handys. Wenn es darum geht, Probleme zu lösen, die andere nicht mal aussprechen wollen, ist Carl die erste Adresse. Unsichtbar, aber allgegenwärtig, lenkt er ein Netzwerk aus Profis, Abhängigen, Opportunisten und Verlorenen - jeder käuflich, jeder ersetzbar. Carl verkauft keine Produkte. Er verkauft Lösungen. Und Loyalität ist das einzige Zahlungsmittel, das er nicht verhandelt.

Doch als sich Risse im System zeigen - ein Job geht schief, ein Mädchen beginnt zu zweifeln, ein Auftragnehmer denkt zu viel - wird klar: Auch Carl kann nicht alles.



Dirk Schmidt, geboren 1964, studierte nach dem Abitur Geschichte, Germanistik und Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Einer frühen Phase als Drehbuchautor folgten Jahrzehnte als Texter und Kreativdirektor in verschiedenen Werbeagenturen. Erste Arbeiten für den Rundfunk bereits während des Studiums, erstes Kriminalhörspiel 1993, Debütroman <em>Letzte Nacht in Queens</em> 2003. Seit 2011 verantwortlich für den WDR Radio-<em>Tatort</em> rund um die »Task Force Hamm«, der Kult geworden ist.

Ridley.


Ridley schaut aus dem Fenster und braucht einen Moment. Er mag die großen Hotels amerikanischer Provenienz. Man bleibt anonym, und es gibt keine Überraschungen. Mailand, Madrid, Marrakesch, Moskau – kein Unterschied. Das Bett ist entweder links oder rechts, und das war es schon mit den Unwägbarkeiten. Das hat etwas für sich. Wenn man immer genau weiß, was einen erwartet.

Frankfurt. Ridley ist in Frankfurt. Zeit, es für heute gut sein zu lassen, wenn man einen Moment braucht, um zu wissen, wo man ist. Der Blick aus dem Fenster ist durchaus beeindruckend und sicher nichts für Menschen mit Höhenangst. In der Mitte der raumbreiten Glasfläche ist ein schmales Klappfenster eingelassen. Ridley steigt auf die Fensterbank und schafft es, das Fenster zu öffnen, frische Luft zu atmen und die Zigarette anzustecken. Ein dünner nackter Mann, der wie eine Fliege am Glas klebt und durch ein Klappfenster raucht. Tief unter ihm die Stadt, über ihm die Sterne und ein paar Funken in der kühlen Nachtluft. Es ist weiß Gott leichter, sich im Badezimmer eine Line nach der anderen zu ziehen, als eine lausige Zigarette zu rauchen. Ridley hört das Klappern der Badezimmertür, bläst aus und lässt die Zigarette fallen. Sie hat sich umgezogen. Sie trägt jetzt Rot. Pumps, Strümpfe, Strumpfhalter, String, BH, alles rot. Rotes Nylon, rote Spitze und der weiße Fleck unter ihrer Nase. Ridley weiß, dass sie lügt. Er hat sie schniefen gehört, und er sieht den weißen Fleck, aber wenn er gleich ins Bad geht, wird kein Stäubchen Koks fehlen.

»Was machst du da?«, fragt sie.

»Willst du auch eine Zigarette rauchen? Das ist allerdings eine ziemliche Turnerei. Die berechnen 500 Euro, wenn es hier nach Rauch riecht. Cleaning Fee

»Alles zu seiner Zeit.« Sie schaut ihm in die Augen. »Ich brauch’ es noch mal. Jetzt.«

Ridley springt von der Fensterbank. Kurze Zeit später ist er steif, und kurze Zeit später tropft Spucke von seinem Schwanz. Kurze Zeit später presst sie ihre Schenkel so hart an seinen Kopf, dass seine Ohren schmerzen, kurze Zeit später kniet sie auf dem Bett, die Hände ausgestreckt an der Wand und der zerrissene Slip neben dem Kopfkissen. »Ja«, schreit sie. »Ja … besorg’s mir«, schreit sie. Kurz darauf klingelt das Handy. »Sad sweet dreamer, it’s just one of those things you put down to experience«, spielt das Handy. Ridley verliert seinen Rhythmus. »Hör jetzt nicht auf«, schreit sie, »verdammte Scheiße, besorg es mir.« Und dann: »Ja … Ja … Ja … Ja! …« Schweiß glitzert auf ihrem Rücken. »Sad sweet dreamer, it’s just « Ridley rutscht auf den Knien über das Bett und sucht sein Handy.

»Ich muss da ran.«

Sie lässt sich rücklings auf das Bett fallen, atmet kurz aus und spricht ohne eine Spur von Erregung.

»Ist dein Geld.«

Ridley hat das Handy gefunden. Er nimmt den Anruf an. Mit einem kurzen »Ja«.

Am anderen Ende ist Carl.

»Ja, was?«

Ridley begreift den Ernst der Lage.

»Also …«

Carl unterbricht ihn.

»Erstens, ich störe gerade, weil du beschlossen hast, alle, aber auch wirklich alle deine Sünden zu beichten, und die Nacht wird noch lang. Zweitens: Du lässt dich gerade – nach wie lange? … drei, vier, Jahren Abstinenz? – mal wieder von der guten, alten Nadel streicheln, und der braune Zucker kocht gerade so schön blubbernd auf dem Löffel. Oder du hast die Glückssträhne deines Lebens und gerade alles gesetzt, was du auf deinem Konto bei der Kreissparkasse liegen hast … aber wenn du noch einmal meine Nummer auf dem Display siehst und dich so meldest, dann schneide ich dir die Ohren ab und stopfe sie dir in den Hals.«

Ridley versucht es mit einer schwachen Entschuldigung.

»Du wechselst deine Nummer andauernd.«

»Willst du mich wie ein Arschloch aussehen lassen?«, fragt Carl.

Sie ist jetzt aufgestanden und fischt einen neuen Slip aus ihrem Rollkoffer. Schwarze Seide.

»Es tut mir leid«, sagt Ridley.

»Du willst Vergebung?«

»Bitte«, sagt Ridley.

»Mal sehen«, sagt Carl und legt auf.

Carl legt das Telefon zur Seite. Sein Schreibtisch ist fast leer. Nur der Laptop, die Fernbedienung für die Klimaanlage und das Glas. Er öffnet den Vorhang und wirft einen kurzen Blick auf die Wand aus Waschbeton, keine fünf Meter vor seinem Fenster. Von irgendwo oben fällt Licht auf die Wand. Seit dem letzten Regen schimmert es grün zwischen den Riefen des Betons. Vielleicht Moos. Oder Flechten. Carl schließt den Vorhang wieder, nimmt das Glas und macht sich auf den Weg in die Küche. Ein Drücken auf den Spender in der Kühlschranktür, und gestoßenes Eis fällt in das Glas. Carl nimmt einen Teelöffel Eis und schüttet den Rest in die Spüle. Dann greift er zu einer Glaspipette, streift das Eis am Rand ab und stößt ein wenig davon in die Öffnung. Er hatte den Suntory kurz in den Kühlschrank gestellt und nimmt jetzt die Flasche wieder heraus. Zwei Zentiliter Suntory und dazu eins, zwei, drei, vier, fünf Tropfen Eiswasser. Carl steckt seine Nase tief ins Glas und beschließt, das Ganze noch atmen zu lassen. Er greift zum Telefon.

»Wer war das?«, fragt sie.

»War wichtig.«

Sie steht vor dem Hotelschreibtisch und streckt ihm ihren Hintern entgegen. Schwarze Seide. Ridley blickt an ihr vorbei und bemerkt, dass sie ihr Handy checkt. Sie muss sich etwas bücken. Sie scheint kurzsichtig zu sein.

»War das dein Boss?«, fragt sie.

»Ja, mein Boss.«

Ridley geht ins Bad. Irgendwann wird Carl wieder anrufen, und er weiß nicht, ob er ohne ein bisschen Pulver den Anruf durchsteht. Sie blickt ihm nach und streckt sich wieder. Dann fährt sie sich durchs Haar, und Ridley bekommt eine Gänsehaut. Im Bad schaut er in den Spiegel. Mein Boss? Einem Boss kann man die Meinung sagen. Oder kündigen. Einen Boss kann man loswerden. Carl kann man nicht loswerden. Ridley kennt jedenfalls niemanden, der es geschafft hätte. Er legt sich eine Line, und dann verlässt ihn der Mut. Wer weiß, was noch kommt? Er merkt, dass er pinkeln muss.

»Ich brauche noch einen Moment.«

»Ist dein Geld.«

Ridley geht zurück ins Zimmer. Ja, es ist sein Geld, und es ist nicht wenig. Und er bezahlt es nicht nur für ihren Körper und die unglaubliche Art, wie sie das mit seinem Schwanz macht, was sie mit seinem Schwanz macht, sondern auch für die Illusion.

»Das mit dem Geld hast du bereits erwähnt. Ich weiß, dass ich dich bezahle. Ich weiß, dass du nur …«

Sie unterbricht ihn. Mit einer leichten Schärfe in der Stimme.

»Hey! Überleg dir gut, was du jetzt sagst.«

»Du bist …« Ridley muss nachdenken. »Warte, ich hab’s gleich. Du bist … mein Mädchen für alles.«

Sie steht direkt vor ihm und nimmt die Arme hinter den Kopf. Ihre Brüste richten sich auf, und Ridley blickt auf zwei kleine, harte Nippel. Vielleicht sollte man die Heizung etwas hochdrehen. Immerhin – sie lächelt.

»Du kannst mich nennen, wie du willst. Aber Mädchen für alles ist sogar ganz schön. Bisschen altmodisch, aber was soll’s.«

Ridley geht pinkeln und ruft aus dem Bad.

»Mein Mädchen für alles. Und ich … bin Carls.«

Sie folgt ihm und bleibt in der Tür stehen.

»Du tust alles, was der Typ dir sagt?«

»Ich tue alles, was Carl mir sagt.«

»Zum Beispiel?«

Wann war das? Am 17. August. Ist das ein gutes Beispiel? Und wenn ja, kann er ihr das erzählen? Ist das nicht das älteste Klischee von allen? Die Typen, die im Bett Staatsgeheimnisse und sonst was ausplaudern? In eine Honigfalle tappen.

»Sagen wir es mal anders. Carl gibt mir Jobs. Kleine und große. Selten legale. Und das macht es so lukrativ, dass ich Geld für Koks und Mädchen für alles habe. Reicht das?«

»Klar. Reicht völlig.«

Sie stellt sich den Stuhl vor die Fensterbank und steigt hoch. Sie muss auf den Zehenspitzen stehen, aber es gelingt ihr, die Zigarette aus dem Spalt zu bugsieren. Kurz bevor sie die Zigarette anzündet, dreht sie sich um und steigt wieder runter. Sie zieht ihren Slip aus, schenkt Ridley ein Augenzwinkern und klettert wieder hoch.

»Wennschon, dennschon.«

...

Erscheint lt. Verlag 18.3.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
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ISBN-10 3-518-78244-4 / 3518782444
ISBN-13 978-3-518-78244-6 / 9783518782446
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