Abschied zu zweit?! (eBook)
452 Seiten
tredition (Verlag)
9783347558014 (ISBN)
Anhang
Unser Stammbaum
Meine Eltern
Meine Eltern waren Kriegskinder. Sie haben in jungen Jahren Schlimmes erlebt. Die Geschichte ihres Kennenlernens hat uns meine Mutter mehrfach erzählt. Im alten Ballhaus in Berlin war meine Mutter mit ihrer Freundin zum Tanz. Männer waren nach dem Krieg Mangelware. Meine Mutter sah einen gutaussehenden Mann in einem dunklen Anzug, der ihr gefiel. Mein Vater dachte: die oder keine, schenkte ihr aber zunächst wenig Aufmerksamkeit. Geheiratet haben sie dann 1947. Meine Schwester, am 15. Oktober 1949 geboren, war das erste Resultat ihrer Liebe. Anderthalb Jahre später kam ich auf die Welt.
Das Hochzeitsbild meiner Eltern
Magdalena | Ilse + Georg | Alma Hans + Erika | Schuh Opa | Erna | … | Martha + schwarze Opa | … | Bruno | Opa Ewald Hintere Reihe nicht mehr bekannt.
Standesamt Prenzlauer Berg von groß Berlin 1947
Emil, der schwarze Opa | Ilse und Georg | Franz, der Schuh Opa
Meine Eltern August 1994
Berlin
‚Ich bin ein Berliner‘ kann nicht nur John F Kennedy sagen, sondern auch ich, sogar ein waschechter.
Allerdings bin ich ein waschechter Berliner. In Berlin am 22. April 1950 geboren, habe ich die erste Erinnerung an den Aufstand 1953. Wir wohnten am Prenzlauer Berg. Meine Mutter arbeitete in der Telefonzentrale im roten Rathaus. Ich kann mich noch an die lauten Gesänge und Parolen erinnern und habe auch die Erinnerung noch an einen Panzer, der auf einer Treppe am Alexanderplatz stand. Um dem Geschehen aus dem Weg zu gehen, liefen mein Vater und ich einen kleinen Weg zu unserer Wohnung. Da ich nicht schnell genug laufen konnte, nahm mich mein Vater kurzum auf die Schultern.
Verhältnismäßig ging es meinen Eltern in der DDR gut. Jedoch wurde der Druck auf die Bevölkerung immer größer. Die Unzufriedenheit auch bei meinen Eltern wuchs und wurde durch die Tatsache, dass meine Schwester bei der Einschulung in die FDJ eintreten sollte, immer größer. Noch waren meine Schwester und ich im Kindergarten untergebracht, in einem katholischen Kinderhort.
Ich erinnere mich auch noch an einen Sturm In Berlin. Meine Mutter brachte uns vor ihrer Arbeit immer in den Kindergarten. An diesem Morgen pfiff der Wind sehr heftig durch die Straßen. An der Ecke unserer Straße flog die Mütze weg. Als meine Mutter mich losließ, wurde auch ich fasst weggeblasen und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Meine Mutter entschloss sich, mich bei den Nachbarn zu lassen und mit meiner Schwester allein die Straße zu begehen. Ich habe danach oft über den großen Sturm gesprochen. Eine weitere Erinnerung habe ich an einen Vorfall, der sich an der Metzgerei gegenüber ereignete.
Wir standen draußen am Schaufenster und schnitten Grimassen zu den Kindern, die mit ihrer Mutter in der Metzgerei waren. Die Mutter stürmte plötzlich heraus und gab uns eine Ohrfeige. Dies sah mein Vater aus dem 4. Stock unserer Wohnung. Er kam augenblicklich heruntergestürzt und nahm uns in Schutz vor der Frau. Es gab ein heftiges Wortgefecht.
Auch kann ich mich noch an die Lieferung von Meter langen Eisstangen für unseren unten im Haus praktizierenden Gemüsehändler erinnern. Es war reines Wassereis zum Kühlen der Lebensmittel. Beim Entladen fielen kleine Eisbrocken herunter, die wir mit Begeisterung lutschten.
Als meine Eltern beschlossen die Flucht zu ergreifen, war das eine brisante Angelegenheit. Keiner durfte wissen, dass sie nach West-Berlin flüchten wollten. Meine Eltern wären sofort in Untersuchungshaft gekommen. Die Grenze selbst war jedoch noch offen und man konnte mit einer Genehmigung nach Westberlin gehen. Da ich noch zu klein war und vieles ausplauderte, haben meine Eltern mich über die geplante Flucht nicht informiert. Meine Schwester, die anderthalb Jahre älter war als ich, war informiert. Oft transportierte sie einige Dinge wie Wäsche in ihrem Puppenwagen versteckt über die Grenze. So schmuggelten meine Eltern so einiges nach West-Berlin zu Verwandten. Ich habe mich im Kindergarten dennoch einmal wie folgt geäußert: „Ich glaube meine Eltern wollen abhauen“. Die Ordens- und Kindergarten Schwester hatte daraufhin meine Eltern angesprochen, die aber diese Absicht verneinten und meinten, ich hätte da was ganz falsch aufgefasst. Zur Tarnung, um nicht aufzufallen, haben meine Eltern eine Renovierung der Wohnung vorgetäuscht und die Fenster mit Farbe markiert. Auch die Nachbarn, zu denen meine Eltern ein sehr gutes Verhältnis hatten, haben sie nicht informiert, da sie nach der Flucht mit Sicherheit verhört worden wären. Irgendwann, Anfang 1955, blieben wir dann in West-Berlin. Dort kamen wir in ein Übergangslager. Insbesondere meine Mutter wurde mehrfach zu Gesprächen eingeladen, da sie im Osten an einer wichtigen Stelle gearbeitet hatte. Auf eigene Initiative sind wir dann von Westberlin in die Bundesrepublik nach Hamburg geflogen. Unser Ziel war Wahlstedt, ein kleiner Ort in Schleswig-Holstein. Dorthin hatte es meine Tante Lotte nach dem Krieg verschlagen. In ihrer Wohnung fanden wir zunächst eine Bleibe. Als gefragter Werkzeugmacher hat mein Vater sehr schnell eine Anstellung bei der Firma Terrot gefunden.
Wahlstedt
Von Berlin kommend war Wahlstedt ein kleines Nest, ein kleiner Ort mit zweieinhalbtausend Einwohner und nun unsere neue Heimat. Ich sehe noch den Feldweg zu der Wohnung unserer Tante, die in einem Häuserblock im Dachgeschoß wohnte. Dort zogen wir zunächst ein. Auf Dauer war die Wohnung mit 40 qm viel zu klein für 7 Personen. Nach circa 6 Monaten konnten wir eine eigene Wohnung in demselben Häuserblock beziehen. Eine Wohnung mit 45 Quadratmeter, die zu damaligen Zeit keine Heizung hatte. In der 3 Zimmer, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer für meine Eltern und ein winziges Kinderzimmer gab es nur eine Heizmöglichkeit, ein Ofen im Wohnzimmer, der mit Holz befeuert wurde. In den Wintermonaten froren die einfachverglasten Fenster innen oft cm-dick zu und es war bitterkalt. In unser Kinderzimmer passte lediglich eine Couch ein kleiner Tisch und ein Schrank. Meine Schwester und ich mussten uns nachts die Couch teilen. Jeder lag mit seinen Füßen am Kopf des anderen. Das erste was meine Eltern anschafften war ein Ölofen für das Wohnzimmer, der bei Dauer Heizung auch das Kinderzimmer leicht wärmte. Etwas später wurde ein Elektroofen für das Kinderzimmer angeschafft. In unserem Zimmer stand ein Aquarium. Oft saß ich stundenlang davor und beobachtete die Fische. Als weitere Haustiere lebten eine Katze, ein Wellensittich und ein Goldhamster bei uns. Unsere Kindheit war kindgerecht und glücklich.
Mein Schulfreund
Als ich in der 6. Klasse war, kam ein neuer Schüler mit einem kleinen Handicap in die Klasse. Er hatte schwache Beinmuskeln und konnte nicht immer am Sportunterricht teilnehmen. Wie sich später herausstellte, hatte er Muskelschwund. Sein Name war Claus-Peter.
Zu ihm entwickelte sich eine enge Freundschaft. Auch unsere Eltern hatten sich kennengelernt. Wir trafen uns mehrmals in der Woche und fast regelmäßig an den Wochenenden. Oft ging ich direkt nach der Schule mit zu ihm nachhause. Die Eltern waren betuchter als die meinen und schlossen mich in ihre Aktivitäten mit ein. Nachdem sie ein großes Haus gebaut hatten mit einer Bar im Keller, nutzten wir diese auch für Partys. In dem Alter waren wir noch sehr schüchtern. Küssen ja, ansonsten war es wie in einer Tanzschule. Als Jugendliche haben wir aber doch so manches ausgefressen.
Mein Rücken Claus-Peter
The Early-Birds
Animiert durch die Beatles sparten wir auf Musikinstrumente, um eine Band zu gründen. Die Besetzung der Band bestand aus Claus-Peter Engel Lead-Gitarre, ich Rhythmus-Gitarre, Bernd Köhler Bass, Heinz-Uwe Engel Schlagzeug und meine Schwester Ilona als Sängerin. Später wurde meine Schwester wegen ihrer Schwangerschaft von Wolfgang, Spitzname Wölly, abgelöst. Der Name unserer Band wurde ‚The Early.Birds‘. Die Garage bei Engels stand uns als Übungsraum zur Verfügung. Als wir ausreichend Beat-Stücke eingeübt hatten, traten wir zusammen mit der Schülerband der Oberschule auf.
Bald hatten wir ein ausreichendes Repertoire für Alleinauftritte. Das Management übernahm Claus-Peters Vater. Wir schafften es bis ins Vorprogramm der Lords, die sehr bekannt waren. Auch in Hamburg traten wir mehrfach auf. Mit meinem Umzug nach Kiel löste sich die Band dann in der Folgezeit auf.
Meine Ausbildung
Mit 17 begann ich meine Ausbildung als Radio- und Fernsehtechniker in der kardiologischen Abteilung der Kinderklinik Kiel; eine Stiftung des VW Werks.
Es war eine außergewöhnlich interessante und spezielle Tätigkeit, dauerte dreieinhalb Jahre und hat mir in meinem Wissen in der Elektronik und in der Entwicklung von elektronischen Geräten sehr gutgetan. Hier wurde der Grundstein für mein späteres berufliches Leben gelegt. Ich wohnte in einem Lehrlingsheim und war nur sporadisch an den Wochenenden zuhause. Ein Auto besaß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Lehre in...
| Erscheint lt. Verlag | 28.3.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Freundschaft • Lebensende • Liebe • Recht auf Selbstbestimmung • Umgang mit dem Lebensende |
| ISBN-13 | 9783347558014 / 9783347558014 |
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