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Sünde - Der Fluch der Maria Magdalena (eBook)

Historischer Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-3819-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sünde - Der Fluch der Maria Magdalena - Julia Kröhn
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Das Gemälde wird einen Skandal auslösen. Das ist die letzte Nachricht des Restaurators Tano Faresi an die junge Kunsthistorikerin Ricarda. Bevor sie mehr darüber erfahren kann, ist er tot. Steht sein Tod mit dem Gemälde in Verbindung? Und handelt es sich wirklich um Caravaggios Santa Maria Maddalena? Ricarda begibt sich zusammen mit dem Benediktiner Elias und dem Fotografen Maurizio auf Spurensuche in Rom. Hinweise liefern ihr dabei alte Schriften mit Erinnerungen einer römischen Kurtisane, die Faresi Ricarda kurz vor seinem Tod anvertraut hat. Ihnen wird bald klar, dass Faresi mit seiner Vermutung recht gehabt hat ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.




<p>Julia Kröhn wurde 1975 in Linz an der Donau geboren. Heute lebt die Fernsehjournalistin und Autorin in Frankfurt am Main. Sie veröffentlicht unter verschiedenen Pseudonymen sehr erfolgreich Kinder-, Fantasy- und Historische Romane. Unter dem Pseudonym Carla Federico erhielt die Bestsellerautorin im Jahr 2010 den internationalen Buchpreis CORINE für ihren Roman <i><strong>Im Land der Feuerblume</strong></i>.</p> <p>Besuchen Sie die Autorin unter www.juliakroehn.de im Internet.</p>

2


Aus den Lebenserinnerungen der Kurtisane Isis de Luna Emilia Romagna und Rom, 1595

Der Geruch des Todes ist süß, aber sein Anblick so schwarz wie die Pestbeulen, die das Antlitz meiner Schwester Graziosa entstellten. Sie war die Schönere von uns beiden, die Mutigere, die Lebendigere; sie hatte dichtes Haar, honigbraun und voll sonnigem Glanz – doch nun verfaulte sie, und Ratten nagten an ihren bläulichen Zehen. Ich jagte sie fort – entsetzt, dass sie sich an dem verderbenden Leib meiner Schwester vergingen, und erleichtert, dass noch etwas in diesem Raum lebte. Denn außer mir waren alle tot.

Ein fahrender Händler hatte die Pest mit ihren schwarzen Beulen, dem üblen Gestank, den vertrockneten Kehlen, den unmenschlichen Schreien gebracht. »Ihr hättet ihm niemals das Tor öffnen dürfen«, klagte Serafina, meine Amme, ehe sie sich niederlegte, um zu sterben.

»Wer hätte es ahnen können«, gab meine Mutter zurück, weinerlich und verzagt und dennoch selbst in der Todesstunde nicht bereit, von ihrem Recht zu lassen, das Leben bunter und fröhlicher zu färben, als mein Vater es ihr zugestand.

Der Händler hatte Stoffe verkauft – Atlas, Samt und Seide. Mit einem dieser edlen Tücher – von denen er behauptete, sie stammten aus dem fernen Morgenland, meine Amme Serafina aber wusste, dass sie gewiss nicht weit von hier in Umbrien gewebt worden waren – lag meine Mutter zugedeckt, als ich sie fand. Ihr Gesicht war nicht zerfressen wie das von Graziosa, sondern bleich und eingefallen wie geschmolzenes Wachs. Aber sie stank so süß, wie es alle meine Lieben getan hatten, die ich zu beklagen hatte.

Mein Hals war ausgedörrt vom Fieber. Tagelang hatte es mich in seinen roten Fängen gehalten, mir vorgegaukelt, die Welt um mich wäre ein verlockendes Paradies voll saftiger Früchte. Ich griff danach, sie zu ernten, zu kosten, zu trinken. Doch als ich ins Leere tastend die Augen aufschlug, gewahrte ich, dass in meinem Gemach nichts wuchs, was Leben versprach, und dass die Süße der Äpfel aus dem Traum nichts weiter war als der Geruch der Verwesung. Tagelang musste ich den Tod meiner Familie verschlafen haben – gebeugt von einer Krankheit, aber nicht von ihr bezwungen. Mein Fieber hatte nicht der Pest gehört und sich geschlagen gegeben, kaum dass mein junger Körper sich dagegen wehrte. Letzterer war rein geblieben von den schwarzen Beulen, die an den anderen als Erste zum klebrigen Leichnam zerronnen.

Ich übergab mich neben meiner toten Mutter. Es war nicht viel, da ich über Tage nichts gegessen hatte. Ich wagte nicht, sie zu berühren, sondern zog lediglich das edle Tuch über ihr Gesicht, hastete weiter – und stolperte schließlich weinend über den Leichnam meiner Amme Serafina. Sie hatte mich genährt und großgezogen und mir oftmals die Geschichte ihres Lebens erzählt, das nun nicht nur vergangen, sondern stinkend verrottet war.

Lange vor dieser Stunde, da ich es schmerzlich selbst erfahren musste, hatte sie bereits behauptet, der Tod sei süß. Vierzehnjährig war sie verheiratet worden, der Bräutigam zwölf und die Mitgift knapp bemessen. Sie war überzeugt davon, dass die Schwiegermutter sie würde vergiften wollen, kaum dass die Summe aufgebraucht wäre, und spuckte, wann immer es ans Essen ging, bittere Bissen aus. Sie war sich gewiss, dass Gift bitter schmecken müsse. Überhaupt aß sie nicht viel, sondern wurde mager und blieb es ihr Leben lang. Ein einziges Mal nur überkam sie beim Anblick von frischem Marzipan, das süß auf der Zunge zerging, echter Hunger. Sie konnte sich nicht erinnern, je freimütiger, gieriger und selbstverständlicher gegessen zu haben – beruhigt von der Gewissheit, dass Gift bitter sein müsse, dieser Speise aber nichts Bitteres anhaftete. Kaum hatte sie den letzten Bissen geschluckt, begannen die Krämpfe. Sie fühlte sie im Magen und über die Wirbelsäule hochsteigen, ihr den kalten Schweiß aus der Stirn pressen, den Gaumen durch Speichel und Sodbrennen verätzen. Sie dachte, dass sie sterben müsse, und zugleich, dass sie nicht allein den Weg in die dunkle Unterwelt antreten wolle. Sollte der Schwiegermutter der gemeine Mord gelingen, so wollte sie sich mit letzter Kraft dafür rächen.

Darum lächelte sie lieblich und ohne Anzeichen des Elends und reichte, mit letzter Kraft, dem kindlichen Gatten, der sie stets schweigend anglotzte, vom Marzipan. »Esst, mein Guter«, forderte sie ihn auf. »Esst!«

Sie überlebte, er nicht.

Als sie nach einwöchigem Kampf um Leben und Tod als Witwe erwachte, stellte sie sich ohnmächtig und schlafend und flüchtete später in der Nacht, indem sie aus dem Schlafgemach sprang. Das Hinken ob des darob verknacksten Knöchels blieb ihr wie die Magerkeit und der Ekel vor süßem Essen. Um sich das solcherart schwer erkämpfte Leben auch weiter zu sichern, gab sie ihre Ehre auf, wurde die Geliebte meines Vaters, als der noch nicht verheiratet war, und trug fortan mit gleicher Regelmäßigkeit seine Kinder aus, wie sie diese begrub. Keines der ersten fünf blieb länger als wenige Wochen am Leben. Als sie das sechste gebar, war sie nicht mehr seine Geliebte. Mein Vater hatte geheiratet, auf der Schwelle zu seinem Hochzeitsgemach entschieden, von nun an ein tugendhafter Christ zu sein, und von Serafina verlangt, dass sie es ihm gleichtäte – der Tatsache gewiss, dass dieses letzte ihrer Kinder so wenig überleben würde wie all die anderen und kein sichtbares Zeichen bliebe, das meine Mutter an das kränkende Verhältnis erinnern würde. Serafina rechnete ebenso damit. Umso erstaunter waren beide, dass ich zwei Monate vor meiner eigenen Geburt eine Schwester bekam, die lebte. Sie hieß Graziosa, sorgte dafür, dass Serafina genug Milch hatte, um auch mich zu nähren – und war nun tot, lag reglos da mit von der Pest zerfressenem Gesicht und süßlich riechend wie der Tod.

Ich floh die Kemenate der Frauen, betend, dass die schrecklichen Beulen nicht auch die Männer befallen hätten. Unmöglich! Sie waren doch stark – mein Vater und meine drei jüngeren Brüder!

Munter liefen die Ratten über die Gänge und scherten sich weder um mein Gekreische noch um meine Fußtritte. Sie rochen an meinen Zehen, aber bissen nicht daran. Mein Schweiß war zu salzig und meine Haut zu hart und hornig – gewiss gab es ein delikateres Mahl zu ernagen. Tränenblind stolperte ich ihnen nach, fand verdorbenes Wasser in einem Krug und schüttete es in mich hinein. Ich weiß nicht genau, ob es Wasser war. Vielleicht war es Pisse. Der Tod schien mit dünnen Fäden ein Netz um mich zu weben. Mich ängstigte die dunkle Spinne, die irgendwo darin hockte und mich verspeisen wollte. Zögernd nur öffnete ich die Türe zu meiner Brüder Kammer. Es war dunkel und still, und ihre Schatten regten sich so wenig wie die Leiber. Baldassare, der nach meinem Vater benannt worden war, war tot. Giovanni, der seinen Namen von dem großen Medici erhalten hatte, dem mein Vater lange Jahre gedient hatte, lag starr wie eine in Marmor gehauene Statue. Anselmo, der dritte schließlich, hockte zwar halb aufgerichtet, aber ebenso bar des erhofften Lebenszeichens. Ihm war vorherbestimmt gewesen, Priester zu werden, und wäre es nach meiner Mutter gegangen, dann gewiss auch Kardinal. Sie wollte hoch hinaus in allem. Dass sie mein Vater zur Gattin nahm, wiewohl er von Adel war, sie jedoch nicht, deuchte sie als großer Gewinn. Sie vergaß darob, dass das Leben an seiner Seite viel langweiliger war als das derbe bäuerliche, das sie von den Eltern kannte. Sie vergaß es bis auf die wenigen Stunden, wenn ein Tuchhändler kam und Stoffe brachte und von einer Welt kündete, die großartig und riesig und beängstigend und erstaunlich und wunderbar war – und die sie niemals sehen würde, weil mein Vater sie, kaum dass er ihr in den höheren Stand verholfen hatte, von all dem, was sie jemals fröhlich gestimmt hatte, weggesperrt hatte.

»Vater!«, gellte ich durch die leeren Gänge. »Vater!«

Mich hatte er nie weggesperrt vom Leben. Es war nicht vonnöten gewesen, denn ich hatte nie nach draußen gewollt wie meine Halbschwester Graziosa. Hungrig hatte sie stets auf das Burgtor gestiert und alle Geschichten gefressen, die man ihr von den großen Städten erzählt hatte – Florenz, Padua, Neapel. Vor allem aber Rom.

»Denk dir, Isotta«, hatte sie zu mir gesagt. »Einmal möchte ich dort sein.«

»Lieber Gott!«, hatte ich ängstlich ausgestoßen. »Ich hingegen nie und nimmer.«

Es genügte mir, das ferne Meer aus jener sicheren Welt zu erahnen, die uns der Vater gebaut hatte. Es genügte mir, an seiner Seite in die Kapelle zu treten und die Wandfresken zu bestaunen, welche zeigten, wie Christus, unser Herr, sich als Geringster seiner Brüder gab und den Jüngern die Füße wusch – in der Woche, ehe sein Leiden begann.

Mein Vater belog mich und schrieb die Fresken dem großen Giotto zu. »Er war der Größte seiner Zeit«, sagte er. »Ich habe Werke von ihm in Arezzo und Assisi...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Bilder • Blut • Caravaggio • Carla Federico • Engelsblut • Gemälde • Historischer Thriller • Im Land der Feuerblume • Krimis • Künstler • Kurtisane • Malerei • Mörder • Psychothriller • Seele • Spannung • Thriller • Tod • zeitebenen
ISBN-10 3-7517-3819-3 / 3751738193
ISBN-13 978-3-7517-3819-4 / 9783751738194
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