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Ecco homo - Band 237 in der gelben Buchreihe - bei Jürgen Ruszkowski (eBook)

Band 237 in der gelben Buchreihe
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
146 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
9783754997451 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ecco homo  -  Band 237 in der gelben Buchreihe - bei Jürgen Ruszkowski -  Friedrich Nietzsche
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Der 1844 geborene Autor Friedrich Nietzsche entstammt einem Pfarrhaus. Er philosophiert in diesem Buch nach einem Vorwort über folgende Themen: Warum ich so weise bin - Warum ich so klug bin - Warum ich so gute Bücher schreibe - Die Geburt der Tragödie - Die Unzeitgemäßen - Menschliches, allzu Menschliches - Morgenröte - Gedanken über die Moral - Die fröhliche Wissenschaft - Also sprach Zarathustra - ein Buch für alle und keinen - Jenseits von Gut und Böse - Vorspiel einer Philosophie der Zukunft - Genealogie der Moral - eine Streitschrift - Götzen-Dämmerung - wie man mit dem Hammer philosophiert - Der Fall Wagner - ein Musikanten-Problem - Warum ich ein Schicksal bin. Mit vielen Bildern und Zusatzinformationen wird dieser Band neu herausgegeben von Jürgen Ruszkowski. - Rezession: Ich bin immer wieder begeistert von der 'Gelben Buchreihe'. Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeit-Epochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!

Friedrich Nietzsche wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen geboren. Er stammt väterlicher- und mütterlicherseits von Pastoren ab. Er studierte von 1864-1865 klassische Philologie in Bonn und Leipzig. Mit 25 Jahren wurde er außerordentlicher Professor der klassischen Philologie in Basel.  1889 brach seine Geisteskrankheit vollends aus, er kam in die Irrenanstalt in Basel. Er lebte seit 1897 in Weimar (in geistiger Umnachtung), wo er am 25. August 1900 starb.

Friedrich Nietzsche wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen geboren. Er stammt väterlicher- und mütterlicherseits von Pastoren ab. Er studierte von 1864-1865 klassische Philologie in Bonn und Leipzig. Mit 25 Jahren wurde er außerordentlicher Professor der klassischen Philologie in Basel.  1889 brach seine Geisteskrankheit vollends aus, er kam in die Irrenanstalt in Basel. Er lebte seit 1897 in Weimar (in geistiger Umnachtung), wo er am 25. August 1900 starb.

Warum ich so weise bin


Warum ich so weise bin

1

Das Glück meines Daseins, seine Einzigkeit vielleicht, liegt in seinem Verhängnis: ich bin, um es in Rätselform auszudrücken, als mein Vater bereits gestorben, als meine Mutter lebe ich noch und werde alt. Diese doppelte Herkunft, gleichsam aus der obersten und der untersten Sprosse an der Leiter des Lebens, dekadent zugleich und Anfang – dies, wenn irgendetwas, erklärt jene Neutralität, jene Freiheit von Partei im Verhältnis zum Gesamtproblem des Lebens, die mich vielleicht auszeichnet. Ich habe für die Zeichen von Aufgang und Niedergang eine feinere Witterung als je ein Mensch gehabt hat, ich bin der Lehrer par excellence hierfür, – ich kenne beides, ich bin beides. – Mein Vater starb mit sechsunddreißig Jahren: er war zart, liebenswürdig und morbid, wie ein nur zum Vorübergehen bestimmtes Wesen, – eher eine gütige Erinnerung an das Leben, als das Leben selbst. Im gleichen Jahr, wo sein Leben abwärts ging, ging auch das meine abwärts: im sechsunddreißigsten Lebensjahr kam ich auf den niedrigsten Punkt meiner Vitalität, – ich lebte noch, doch ohne drei Schritt weit vor mich zu sehen. Damals – es war 1879 – legte ich meine Basler Professur nieder, lebte den Sommer über wie ein Schatten in St. Moritz und den nächsten Winter, den sonnenärmsten meines Lebens, als Schatten in Naumburg. Dies war mein Minimum: „Der Wanderer und sein Schatten“ entstand währenddessen. Unzweifelhaft, ich verstand mich damals auf Schatten ... Im Winter darauf, meinem ersten Genueser Winter, brachte jene Versüßung und Vergeistigung, die mit einer extremen Armut an Blut und Muskel beinahe bedingt ist, die „Morgenröte“ hervor. Die vollkommene Helle und Heiterkeit, selbst Exuberanz (Üppigkeit, Überfluss, Überschwänglichkeit) des Geistes, welche das genannte Werk wiederspiegelt, verträgt sich bei mir nicht nur mit der tiefsten physiologischen Schwäche, sondern sogar mit einem Exzess von Schmerzgefühl. Mitten in Martern, die ein ununterbrochener dreitägiger Gehirn-Schmerz samt mühseligem Schleimerbrechen mit sich bringt, – besaß ich eine Dialektiker-Klarheit par excellence und dachte Dinge sehr kaltblütig durch, zu denen ich in gesünderen Verhältnissen nicht Kletterer, nicht raffiniert, nicht kalt genug bin. Meine Leser wissen vielleicht, in wie fern ich Dialektik als Dekadenz-Symptom betrachte, zum Beispiel im allerberühmtesten Fall: im Fall des Sokrates. – Alle krankhaften Störungen des Intellekts, selbst jene Halbbetäubung, die das Fieber im Gefolge hat, sind mir bis heute gänzlich fremde Dinge geblieben, über deren Natur und Häufigkeit ich mich erst auf gelehrtem Weg zu unterrichten hatte. Mein Blut läuft langsam. Niemand hat je an mir Fieber konstatieren können. Ein Arzt, der mich länger als Nervenkranken behandelte, sagte schließlich: „nein! an Ihren Nerven liegt's nicht, ich selber bin nur nervös.“ Schlechterdings unnachweisbar irgendeine lokale Entartung; kein organisch bedingtes Magenleiden, wie sehr auch immer, als Folge der Gesamterschöpfung, die tiefste Schwäche des gastrischen Systems.

Auch das Augenleiden, dem Blindwerden zeitweilig sich gefährlich annähernd, nur Folge, nicht ursächlich: so dass mit jeder Zunahme an Lebenskraft auch die Sehkraft wieder zugenommen hat. – Eine lange, allzulange Reihe von Jahren bedeutet bei mir Genesung, – sie bedeutet leider auch zugleich Rückfall, Verfall, Periodik einer Art Dekadenz. Brauche ich, nach alledem, zu sagen, dass ich in Fragen der Dekadenz erfahren bin? Ich habe sie vorwärts und rückwärts buchstabiert. Selbst jene Filigran-Kunst des Greifens und Begreifens überhaupt, jene Finger für Nuancen, jene Psychologie des „Um-die-Ecke-sehens“ und was sonst mir eignet, ward damals erst erlernt, ist das eigentliche Geschenk jener Zeit, in der alles sich bei mir verfeinerte, die Beobachtung selbst wie alle Organe der Beobachtung. Von der Kranken-Optik aus nach gesünderen Begriffen und Werten, und wiederum umgekehrt aus der Fülle und Selbstgewissheit des reichen Lebens hinuntersehen in die heimliche Arbeit des Dekadenz-Instinkts – das war meine längste Übung, meine eigentliche Erfahrung, wenn irgend worin wurde ich darin Meister. Ich habe es jetzt in der Hand, ich habe die Hand dafür, Perspektiven umzustellen: erster Grund, weshalb für mich allein vielleicht eine „Umwertung der Werte“ überhaupt möglich ist.

2

Abgerechnet nämlich, dass ich ein Dekadent bin, bin ich auch dessen Gegensatz. Mein Beweis dafür ist, unter anderem, dass ich instinktiv gegen die schlimmen Zustände immer die rechten Mittel wählte: während der Dekadent an sich immer die ihm nachteiligen Mittel wählt. Als summa summarum war ich gesund, als Winkel, als Spezialität war ich dekadent. Jene Energie zur absoluten Vereinsamung und Herauslösung aus gewohnten Verhältnissen, der Zwang gegen mich, mich nicht mehr besorgen, bedienen, beärzteln zu lassen – das verrät die unbedingte Instinkt-Gewissheit darüber, was damals vor allem not tat. Ich nahm mich selbst in die Hand, ich machte mich selbst wieder gesund: die Bedingung dazu – jeder Physiologe wird das zugeben – ist, dass man im Grunde gesund ist. Ein typisch morbides Wesen kann nicht gesund werden, noch weniger sich selbst gesund machen; für einen typisch Gesunden kann umgekehrt Kranksein sogar ein energisches Stimulans zum Leben, zum Mehr-leben sein. So in der Tat erscheint mir jetzt jene lange Krankheits-Zeit: ich entdeckte das Leben gleichsam neu, mich selber eingerechnet, ich schmeckte alle guten und selbst kleinen Dinge, wie sie Andere nicht leicht schmecken könnten, – ich machte aus meinem Willen zur Gesundheit, zum Leben, meine Philosophie ... Denn man gebe acht darauf: die Jahre meiner niedrigsten Vitalität waren es, wo ich aufhörte, Pessimist zu sein: der Instinkt der Selbst-Wiederherstellung verbot mir eine Philosophie der Armut und Entmutigung ... Und woran erkennt man im Grunde die Wohlgeratenheit! Dass ein wohlgeratener Mensch unsern Sinnen wohltut: dass er aus einem Holz geschnitzt ist, das hart, zart und wohlriechend zugleich ist. Ihm schmeckt nur, was ihm zuträglich ist; sein Gefallen, seine Lust hört auf, wo das Maß des Zuträglichen überschritten wird. Er errät Heilmittel gegen Schädigungen, er nützt schlimme Zufälle zu seinem Vorteil aus; was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker. Er sammelt instinktiv aus allem, was er sieht, hört, erlebt, seine Summe: er ist ein auswählendes Prinzip, er lässt viel durchfallen. Er ist immer in seiner Gesellschaft, ob er mit Büchern, Menschen oder Landschaften verkehrt: er ehrt, indem er wählt, indem er zulässt, indem er vertraut. Er reagiert auf alle Art Reize langsam, mit jener Langsamkeit, die eine lange Vorsicht und ein gewollter Stolz ihm angezüchtet haben, – er prüft den Reiz, der herankommt, er ist fern davon, ihm entgegenzugehen. Er glaubt weder an „Unglück“, noch an „Schuld“: er wird fertig, mit sich, mit anderen, er weiß zu vergessen, – er ist stark genug, dass ihm alles zum Besten gereichen muss. – Wohlan, ich bin das Gegenstück eines dekadent: denn ich beschrieb eben mich.

3

Ich betrachte es als ein großes Vorrecht, einen solchen Vater gehabt zu haben: die Bauern, vor denen er predigte – denn er war, nachdem er einige Jahre am Altenburger Hof gelebt hatte, die letzten Jahre Prediger – sagten, so müsse wohl ein Engel aussehen. – Und hiermit berühre ich die Frage der Rasse. Ich bin ein polnischer Edelmann pur sang, dem auch nicht ein Tropfen schlechtes Blut beigemischt ist, am wenigsten deutsches. Wenn ich den tiefsten Gegensatz zu mir suche, die unausrechenbare Gemeinheit der Instinkte, so finde ich immer meine Mutter und Schwester, – mit solcher Kanaille mich verwandt zu glauben, wäre eine Lästerung auf meine Göttlichkeit. Die Behandlung, die ich von Seiten meiner Mutter und Schwester erfahre, bis auf diesen Augenblick, flößt mir ein unsägliches Grauen ein: hier arbeitet eine vollkommene Höllenmaschine, mit unfehlbarer Sicherheit über den Augenblick, wo man mich blutig verwunden kann – in meinen höchsten Augenblicken, ... denn da fehlt jede Kraft, sich gegen giftiges Gewürm zu wehren ... Die physiologische Kontiguität ermöglicht eine solche Disharmonia praestabilita. ... Aber ich bekenne, dass der tiefste Einwand gegen die „ewige Wiederkunft“, mein eigentlich abgründlicher Gedanke, immer Mutter und Schwester sind. – Aber auch als Pole bin ich ein ungeheurer Atavismus. Man würde Jahrhunderte zurückzugehen haben, um diese vornehmste Rasse, die es auf Erden gab, in dem Maß instinktrein zu finden, wie ich sie darstelle. Ich habe gegen alles, was heute Noblesse heißt, ein souveränes Gefühl von Distinktion, – ich würde dem jungen deutschen Kaiser nicht die Ehre zugestehen, mein Kutscher zu sein. Es gibt einen einzigen Fall, wo ich meinesgleichen anerkenne; ich bekenne es mit tiefer Dankbarkeit.

Cosima Wagner

Frau Cosima Wagner ist bei Weitem die vornehmste Natur; und, damit ich kein Wort zu wenig sage, sage ich, dass Richard Wagner der mir bei Weitem verwandteste Mann war...

Richard Wagner, * 22. Mai 1813 – † 13. Februar 1833

(Siehe Band 231 in dieser gelben Buchreihe!)

Der Rest ist Schweigen ... Alle herrschenden Begriffe über Verwandtschafts-Grade sind ein physiologischer Widersinn, der nicht überboten werden kann. Der Papst treibt heute noch Handel mit diesem Widersinn. Man ist am wenigsten mit seinen Eltern verwandt: es wäre das äußerste Zeichen von Gemeinheit, seinen Eltern verwandt zu sein. Die...

Erscheint lt. Verlag 21.6.2023
Reihe/Serie gelbe Buchreihe
gelbe Buchreihe
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 1844-1900 • Antichrist • Autor • Büche • Christentum • Moral • Nietzsche • Philosophie • Richard_Wagne • Zarathustra
ISBN-13 9783754997451 / 9783754997451
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