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Das geheime Tagebuch (eBook)

Europa 1937
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
DVB Verlag
978-3-903244-20-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das geheime Tagebuch -  John F. Kennedy,  Kirk LeMoyne Billings
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John F. Kennedy reiste als junger Mann dreimal nach Nazi-Deutschland: 1937 als Student, in einer Zeit trügerischer Ruhe; 1939 als Botschaftersohn, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs; und 1945 als Reporter, während der Potsdamer Konferenz. Seine Aufzeichnungen hat Kennedy selbst nie veröffentlicht. Sie zeigen, wie ein ausländischer Beobachter die deutsche Diktatur wahrnehmen konnte - unmittelbar, vor Ort, ohne nachträgliche Bearbeitung. Im Rückblick erkennen wir blinde Flecken und Fehleinschätzungen, aber auch Einsichten von großer Aktualität, etwa zu Populismus und Propaganda. Auf seinen deutschen Reisen beschäftigten Kennedy die entscheidenden Fragen seiner späteren Präsidentschaft: Wie funktioniert eine Diktatur? Wie ist einem alternativen Gesellschaftsentwurf zu begegnen? Und wie lässt sich ein drohender Krieg abwenden? Kennedys Europa- und Russland-Politik und auch seine berühmte Berliner Rede von 1963 ('Ich bin ein Berliner') sind vor diesem Hintergrund zu verstehen. Neben zahlreichen neuen Archivfotos enthält dieser Band Kennedys vollständiges Tagebuch seiner Europareise von 1937 sowie als Pendant dazu das bislang noch nie veröffentlichte Reisetagebuch von Lem Billings, der als enger Freund und Reisebegleiter des späteren US-Präsidenten die Grand Tour der beiden Studenten aus seiner Sicht dokumentierte.

John Fitzgerald Kennedy, meist kurz John F. Kennedy, später häufig nur nach seinen Initialen JFK genannt, war als Politiker der Demokratischen Partei von 1961 bis 1963 der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. In seine Amtszeit während der Hochphase des Kalten Krieges fielen historische Ereignisse wie die Invasion in der Schweinebucht, die Kubakrise, der Bau der Berliner Mauer, der Beginn der bemannten Raumfahrt, die Eskalation des Vietnamkriegs sowie die Zeit des zivilen Ungehorsams der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Wegen seines vergleichsweise geringen Alters und seines Charismas verkörperte er als Präsident für viele die Hoffnung auf eine grundlegende Erneuerung der USA. Die Hintergründe seiner Ermordung 1963 sind bis heute in der Öffentlichkeit umstritten. Als junger Mann reiste Kennedy dreimal nach Nazi-Deutschland. Seine privaten Aufzeichnungen über diese Reisen wurden zeitlebens nie veröffentlicht. Nun liegen Sie erstmals zusammen mit dem bislang unveröffentlichten Reisetagebuchs Lem Billings in deutscher Übersetzung vor.

1.–7. Juli 1937

SS Washington

Sehr ruhige Überfahrt. Ziemlich langweilig die ersten Tage, dann jedoch ein paar Mädels aufgespürt – allen voran Ann Reed. Cocktails mit dem Kapitän getrunken, der Sir Thomas Lipton und somit Grandpa kannte. Am interessantesten waren General Hill und seine ziemlich geheimnisvolle Tochter. Er war Kongressabgeordneter, sie hätte alles Mögliche sein können. Der Kellner mit seinen Zuckerserviermaschinen ist ein ziemliches Problem. Aufgeblieben, um Irland zu sehen. Ankunft in Le Havre, zunächst Mont Saint-Michel angesteuert, dann nach Rouen gefahren.

7. Juli 1937 – Mittwoch

Rouen und Beauvais

Die Kathedrale von Rouen höchst eindrucksvoll. Wir kamen dort an, nachdem wir auf dem Weg nach Mont Saint-Michel kehrtgemacht hatten. Nach dem Mittagessen in Rouen fuhren wir weiter nach Beauvais, wo uns Höhe und Größe der Kathedrale tief beeindruckten. Übernachtung in einem kleinen Gasthof, wo wir zum ersten Mal den französischen Atem abbekamen. Abends auf ein Volksfest gegangen und dann ins Bett.

8. Juli 1937 – Donnerstag

Reims

Um 12 Uhr aufgestanden, Briefe geschrieben, Mittag gegessen, nach einigen Schwierigkeiten unser Geld bekommen und die Medikamente gegen Billings' »mal d'estomac«. Dann nach Soissons – den Chemin des Dames gesehen, eines der berühmten Schlachtfelder des Krieges. Auch die zerbombte Kathedrale angeschaut. Weiter nach Reims, dort die Kathedrale besichtigt und ins Hotel Majesty (1.00 [$] für das Doppelzimmer). Mein Französisch wird etwas besser, und Billings' Atem wird französisch. Früh ins Bett. Man scheint allgemein anzunehmen, dass es keinen neuen Krieg geben wird.

9. Juli 1937 – Freitag

Reims, Château Thierry und Paris

Gegen 10 Uhr aufgestanden. Die Kathedrale besichtigt und dann raus zum französischen Fort de la Pompelle – Schauplatz einiger der schlimmsten Schlachten des Krieges. Dann Mittagessen und Besichtigung der ChampagnerKellereien von Pompernay in den alten gallischen Kreidehöhlen. Sehr freundlicher Umgang. Unterhaltung mit dem Geschäftsführer bei einer Flasche Champagner aufs Haus. Wie es aussieht, mögen sie Roosevelt, aber seine Regierungsform würde in einem Land wie Frankreich nicht funktionieren, wo es anscheinend an der Fähigkeit mangelt, ein Problem als Ganzes zu betrachten. Blum mögen sie nicht, weil er ihnen ihr Geld wegnimmt und es anderen gibt. Das ist für einen Franzosen très mauvais. Allgemein glaubt man wohl, dass es in naher Zukunft keinen Krieg geben wird und dass Frankreich nur allzu gut auf Deutschland vorbereitet ist. Obendrein ist fraglich, ob das Bündnis zwischen Deutschland und Italien Bestand hat. Wir fuhren weiter zum Château Thierry und nahmen unterwegs zwei französische Offiziere mit. Kamen gegen acht in Paris an. Versehentlich auf Französisch einen der Offiziere zum Abendessen eingeladen, konnten ihn aber überreden, einen Teil der Rechnung zu übernehmen. Nach einigem Suchen schließlich ein recht günstiges Zimmer für die Nacht gefunden (35 Francs).

10. Juli 1937 – Samstag

Paris

Um 13 Uhr aufgewacht. Neue Unterkunft für 40 Francs gefunden. Haben uns jetzt angewöhnt, das Auto um die Ecke zu parken, damit es nicht so teuer wird. Ließen die Scheinwerfer reparieren und wurden erneut übers Ohr gehauen. Diese Franzosen versuchen bei jeder Gelegenheit, einen zu betrügen. Notre-Dame besichtigt und Paris angeschaut. Am Abend ins Moulin Rouge und ins Café des Artistes gegangen und einigen berühmten französischen Künstlern begegnet. Billings wollte früh zu Hause sein, kam aber nicht.

11. Juli 1937 – Sonntag

Paris

In die Kirche gegangen und dann, nach dem Mittagessen, raus nach Fontainebleau gefahren. Sehr interessant – aber nicht ganz das, was wir erwartet hatten, da alles sehr künstlich wirkt. Ziemlich überlaufen. Kennzeichen des Franzosen ist sein kohliger Mundgeruch und die Tatsache, dass es keine Badewannen gibt. Sei's drum, haben Kaugummi an die Fische verfüttert und gingen nach der Rückfahrt ins Kino und dann ins Bett. Tue mich mit den Eiern schwer, da etwas mit dem Herd nicht stimmt und man sie auf sechs Minuten bestellen muss.

12. Juli 1937 – Montag

Paris

Montagmorgen zu American Express gegangen und Pourtalis, Iselin ausfindig gemacht und endlich wieder Kontakt mit Ann Reed aufgenommen. War ein mieser Tag, darum nachmittags im Kino »The Good Earth« [»Die gute Erde«] angeschaut.

13. Juli 1937 – Dienstag

Paris

Früh aufgestanden und nach Notre-Dame gegangen, um Kardinal Pacelli zu hören. Unglaublich voll, aber ich hängte mich an eine Amtsperson und konnte so einen guten Platz dicht am Altar ergattern. Sehr beeindruckende Zeremonie, die drei Stunden dauerte. Billings musste hinten in der Kirche ausharren. Mittagessen mit C. Offie, Bullitts Sekretär, und dann Ausflug nach Versailles, was sehr beeindruckend war. Fanden die Stallungen und wurden öffentlich angebrüllt. Abends Ann Reed zu Maurice Chevalier ausgeführt, erinnerte mich stark an das Old Howard. Ein bisschen herumgelaufen und dann ins Bett.

14. Juli 1937 – Mittwoch

Paris

Lang geschlafen und nachmittags die Weltausstellung besucht. Ziemlich enttäuschend, aber die Flugzeuge waren ein voller Erfolg. Abendessen mit Pourtalis, Iselin, Ann Semler etc. und dann den Menschenmengen zugesehen, wie sie auf den Straßen den 14. Juli feierten. Jonas in Harry's Bar getroffen und noch hier und dort reingeschaut. Alles scheint sich vor allem darum zu drehen, Champagner zu bestellen. Sehr unterhaltsamer Abend.

15. Juli 1937 – Donnerstag

Paris

Morgens rüber zu American Express gegangen und Bruce Lerner getroffen, der jetzt Schnurrbart trägt. Mittagessen mit Billings' Freunden aus Princeton, was recht interessant, aber teuer war. Nachmittags schnell durch den Louvre, den ich schon kannte. Abends noch einen Film geschaut und dann ins Bett gegangen. Einiges gelernt, wenngleich meine Kenntnisse ziemlich lückenhaft sind. Habe beschlossen, Gunthers »Inside Europe« zu lesen.

16. Juli 1937 – Freitag

Paris

Früh aufgestanden, nach einigem Fluchen, dann zu Napoleons Grab und durch den Invalidendom, der sehr interessant ist. Weiter zur Weltausstellung und auf den Eiffelturm raufgefahren, nachdem ich Billings endlich davon überzeugt hatte, dass das zu Fuß einen ziemlich langen Aufstieg bedeutet hätte. Nachmittags zur Conciergerie, in der Marie Antoinette gefangen gehalten wurde. Ziemlicher Gegensatz zu Versailles. Ging abends nochmal mit Ann Reed ins Kino, und Billings ging nach Hause.

17. Juli 1937 – Samstag

Paris, Chartres, Orléans

Endlich bereit, aus Paris abzureisen, nachdem wir unsere Fahrkarte für die President Harding, die, wie alle meinten, fürchterlich sein soll und neun Tage braucht, für die Washington umgetauscht haben. Werde dadurch zwei Tage zu spät ins Football Camp kommen, wobei es ohnehin so aussieht, als ob ich nicht spielen werde. Haben Jonas bei A. E. getroffen und sind dann nach Chartres aufgebrochen. Zwischenstopp in Versailles, um das Trianon zu besichtigen, wo wir sahen, was Marie Antoinette unter »einfachem Leben« verstand. Weiter nach Chartres – sehr beeindruckende Fenster, und abends fuhren wir nach Orléans, wo wir gegen 22 Uhr ankamen. – Mächtig Ärger im [Hotel] Montana.

18. Juli 1937 – Sonntag

Orléans, Chambord, Amboise

Gottesdienst in einer Kathedrale besucht und ein wenig herumgelaufen. Unglaublich, wie klein diese Stadt ist. Frankreich ist wirklich eine recht primitive Nation. Das Château von Chambord besichtigt, toller Anblick. Ein Jagdschloss mit Platz für 2000 Menschen. Das Dach ist angelegt wie ein Dorf – von Franz I. erbaut. Billings verlor sein Notizbuch und fing an zu jammern, konnte es aber mit Hilfe einer jungen Französin wiederfinden. Ein paar Engländer mitgenommen – einer von ihnen, Ward, ging aufs Trinity College in Cambridge. Er sagte, wir sollten seine »Witterung aufnehmen«, was zu diesem Zeitpunkt nicht schwer gewesen wäre. Roosevelt hielt er für den besten »Diktator«. In der Loire gebadet, die eine ganz schön starke Strömung hat, und dann weitergefahren. Besichtigten das Château in Blois und übernachteten in Amboise, um uns auch dort das Château anzusehen. Erinnerten uns an den Wachhund auf dem amerikanischen Ehrenfriedhof bei Château Thierry und beschlossen, in dieser Nacht lieber nicht hineinzugehen. Waren auf einem Volksfest und haben unseren Hund gewonnen. (Mutters Geburtstag.) Allee in Blois eindrucksvoll.

19. Juli 1937 – Montag

Amboise, Chenonceau, Angoulême

Nach dem Frühstück im Bett gegen zehn Uhr aufgestanden und das Château [Amboise] besichtigt, eine wirklich ungeheuer beeindruckende Festung. Sehr hohe Mauern, im Innern aber schön. Die Mauer der Verschwörer gesehen, an der 1500 gehängt wurden, und auch die Stelle, wo sich Karl VIII. den Kopf stieß und starb. Schließlich wurden wir vor die Tür gesetzt, dann weiter zum Schloss von Chenonceau, das im Wasser erbaut wurde und ebenfalls sehr beeindruckend ist. Hat uns von allen am besten gefallen. Fuhren durch nach Angoulême, über Tours und Poitiers, beide Städte wie ausgestorben, und übernachteten für 10 Francs pro Person.

20. Juli 1937 – Dienstag

Angoulême nach St. Jean-de-Luz

Abfahrt gegen elf Uhr. Gegen vierzehn Uhr zum Mittagessen eingekehrt. Hatten die üblichen Schwierigkeiten, unsere Reiseschecks einzulösen. Europa ist bei weitem nicht so touristenfreundlich, wie wir erwartet hatten. Sehr beeindruckt von den kleinen Bauernhöfen, an denen wir vorbeifuhren. Amerika weiß gar nicht, wie glücklich es sich schätzen kann. Die Menschen hier sind mit sehr wenig zufrieden, und sie haben auch nur sehr wenig, es ist also wirklich ein sehr...

Erscheint lt. Verlag 10.11.2021
Nachwort Oliver Lubrich
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte 1937 • Biographie • Europa • geheimes Tagebuch • Grand Tour • JFK • John F. Kennedy • Lem Billings • Nazi-Deutschland • NS • Reisebericht • Road Trip • Tagebücher • USA • US-Präsident
ISBN-10 3-903244-20-1 / 3903244201
ISBN-13 978-3-903244-20-7 / 9783903244207
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