Kriegserlebnisse an der Ostfront (eBook)
80 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-4285-6 (ISBN)
Das Kriegstagebuch von Wilhelm Schweizer
01. Juni 1941
Pfingsten 1941. Schon um 7 Uhr ruft der U. v. D. (Unteroffizier vom Dienst) mit lautem Organ: Aufstehen! Das ist uns am heiligen Pfingstfeiertag doch etwas zu früh. Aber es hilft nichts, denn Langschläfer müssen die Unteroffizierstube sauber machen. Also raus, gewaschen und Kaffee getrunken. Um 8 Uhr erinnert uns der U. v. D., daß wir unsere Waffen reinigen sollen. Das gefällt uns auch nicht so ganz - aber Befehl ist Befehl. Zwei Stunden lang Waffen reinigen am schönen Pfingstmorgen!
Der restliche Morgen wird dann noch ausgefüllt mit Briefe schreiben. Der Koch hat sich für diesen Tag ganz besonders angestrengt: Es gibt einen richtigen Festtagsbraten, dazu Kartoffeln, grüne Bohnen, grünen Salat und zum Nachtisch noch Pudding mit Himbeersoße – oh, wie das schmeckt.
Pfingsten 1941 muß ich also in einem kleinen Dorf in Polen, in KSIAZ WIELKI verbringen. Aber in zwei Jahren fern von der Heimat habe ich gelernt, schöne Sonn- und Feiertage alleine oder mit den Kameraden zu feiern. Zu zweit gehen wir hinaus auf einen Hügel, wo kein Mensch hinkommt, ziehen unsere dicken Soldatenkleider aus und lassen uns von der warmen Frühlingssonne bräunen. Oh wie schön ist es doch, so ganz abseits mit sich selber allein zu sein. Da denke ich an mein liebes Mädel in der Heimat, an die Pfingsttage 1939 und 1940, an mein liebes Mütterlein, das sich so viel Sorgen macht um uns, an meinen Vater, an meine beiden kleineren Geschwister und an meine Brüder, die auch irgendwo in der Welt draußen stehen und Pfingsten genau so feiern wie ich. Nach einigen Stunden Sonnenbad brachen wir auf, gehen noch zum Teich und plätschern im köstlichen Nass. Bald darauf geht es heim, denn um 19 Uhr steigt ein Fußballspiel Stab NZ (Nachrichten-Zentrale) gegen die 2. Kompanie. Also wir stärken uns und hinauf geht´s in den Schloßgarten von KIAZ WIELKI, wo wir die tapfere Mannschaft vom Stab NZ anfeuern. Aber auch die andere Mannschaft hält sich tapfer und nach hartem Kampf gewinnt schließlich die 2. Kompanie mit 2 : 3! Abends gibt´s natürlich Bier. Unsere Stube wurde manchmal zu einer kleinen Wirtschaft. Auch nach diesem heißen Tag ist viel Betrieb. So gegen 23.30 Uhr, als das Faß leer war, geht´s ins Bett.
02. Juni 1941
Am Pfingstmontag geht´s wieder um 7 Uhr aus den Federn. Um 8 Uhr müssen wir draußen auf dem Flur unsere Waffen zur Durchsicht auflegen. Und dann geht`s aber gleich hinaus an den Teich. Ein Bad wird genommen, dann in die Sonne gelegt. Schließlich treibt mich der Hunger heim. Und auch heute hat sich der Koch angestrengt, es gibt Rhabarber. Wie gut das ist! Wie selten kommt uns Soldaten ein solcher Leckerbissen zugute. Nach dem Essen geht es wieder hinaus an´s Wasser, denn wer weiß wie lange wir so was noch haben. Erst als es kühl wird ziehen wir uns an und gehen nach Hause. Nun sind die Pfingstfeiertage vorbei und sie waren sehr schön.
03. Juni 1941
Es ist verlautet, daß unsere Tage in KSIAZ WIELKI gezählt sind. Dienstplan für heute: Fertigmachen der Fahrzeuge. Ich mache in dem Kleinfunkwagen dem ich zugeteilt bin, was da zu tun ist. Um 16 Uhr ist „Offiziersuntericht“ angesetzt.
Leutnant Liebtrau erklärt uns, um was es in der kommenden Zeit geht. Rußland wolle, wenn Deutschland im Kampf mit England gebunden ist, uns überfallen und auf diese Weise den Bolschewismus in Europa verbreiten und deshalb wird die kampferprobte Wehrmacht ihre siegreiche Fahnen in den Osten tragen. Wir selber glaubten bisher immer, daß wir in den Irak marschieren würden, um dort den Engländern entgegenzutreten. Aber nun wissen wir worum es geht und wofür wir marschieren werden.
04. Juni 1941
Das ist ein harter Tag der uns viel Schweiß kostet. Alles wird verladen, das Revier wird sauber gemacht. Bis 20 Uhr hatten wir zu tun und dann gingen wir vier - Erwin, Herbert, Fritz und ich - noch mal an den Teich, plätscherten zum letzten Mal in diesem Teich und kühlten uns ab von dem Schweiß des Tages. Auf dem Rückweg gingen wir nochmals durch die Dorfstraße, dann legten wir uns schlafen in der Dorfschule von KSIAZ WIELKI.
05. Juni 1941
Wecken um 3.30 Uhr! Das restliche Gepäck wird verladen. Um 04.15 fährt der Stab-NZ los und sammelt sich auf der Straße KRAKAU - KIELCE. Hinter uns fahren die drei Kompanien auf. Um 5 Uhr fahren wir weiter, zunächst auf einer schönen Teerstrasse in Richtung WODISLAW - KENSCHIAOW - JASIONE, dann aber geht es auf furchtbaren Staubstrassen weiter nach KNIE - SCHMIELNEK - SZYDLOW - IWANESKA - OPATOR - OVICJALOW.
Ich glaube, wir sahen nach dieser Fahrt eher wie Müller aus und nicht wie Soldaten. In einem schönen Gutshof unter blühenden Kastanienbäumen stellten wir unsere Fahrzeuge unter. Nachdem wir unser Mittagessen zu uns genommen hatten, gingen wir an ein kleines Bächlein, das im Tal von ORICJALON dahinfloß, um uns wieder zu waschen. Hier durch diese Gegend zieht sich das LISSAYORA Gebirge, das eigentlich nur ein Hügelland ist. Am Abend bauen wir uns ein Zelt, in dem sich´s recht gut schläft.
06. Juni 1941
Der Vormittag geht mit verschiedenen Arbeiten in der Küche herum, mit Holz sägen und spalten. Am Nachmittag haben wir frei und wir gehen wieder an das Bächlein im stillen Tal. Am Abend singen wir unter blühenden Kastanienbäumen - inmitten unseres Feldquartieres - Lieder von der Heimat, von der Jugend, vom Wandern, usw. Nach diesem schönen Abend legen wir uns wieder in unser Zelt und schlafen ganz schnell ein.
07. Juni 1941
Um 3 Uhr stehen wir auf. Es ist gut, daß es geregnet hat, denn heute geht es wieder auf Fahrt und da haben wir wenigsten Ruhe vor dem schlimmen Staub. Um 4 Uhr fahren wir los und zwar von OVICJALOW über OPATOV. Aber unterwegs setzt plötzlich unser Motor aus und unser Wagen fährt scharf rechts ran. Der Unteroffizier hängt die Ausfallflagge heraus. „August was ist los“ - das war meine erste Frage an unseren Fahrer.
Die Benzinpumpe arbeitet nicht mehr, die Membrane ist kaputt. Sofort geht es an die Arbeit. Das defekte Teil wird herausgenommen und schon kommt, nachdem die Kompanien vorbeigefahren sind, die vielgerühmte I-Staffel (Instandsetzungs-Staffel). Das defekte Teil wird ersetzt und weiter geht die Fahrt nach STODILO - OZAROW und über die WEICHSEL nach ANNAPOL - GOSCIERADOW - ORPECIN - KRSNNIK - BÜDCYN.
Die letzte Etappe war eine ganz furchtbare Straße und wenn wir uns nicht festgehalten hätten, dann wäre wohl keiner mehr auf dem Wagen gewesen. Alles was nicht niet- und nagelfest war flog weg. Um 20 Uhr waren wir an Ort und Stelle. Ich vertrieb mir die Zeit mit Schreiben und Radiohören am T - Empfänger. Am Abend legten wir uns zu dritt schlafen auf dem Wagen. Als wir so gerade am Einschlafen waren, da machte sich August, unser Fahrer, einen Spaß mit uns. Er fuhr mit uns durch´s Gelände und schleppte irgend ein Fahrzeug an, das im Dreck steckengeblieben war.
08. Juni 1941
Wecken um 5 Uhr! Auf schöner Straße geht´s um 6 Uhr auf Fahrt von BUCYN über KRASNIK - WILKOLAT - DUCA - LUBLIN nach RUDNIK. Um 9 Uhr erreichten wir unseren Bestimmungsort. Hier liegen wir wiederum auf einem Gutshof. Es wäre hier schön, wenn.... ja, wenn nicht die bösen Schnaken hier wären, die immer danach trachten, uns zu stechen, wo sie nur können. Am Nachmittag wird uns erlaubt bis 20 Uhr in die Stadt zu gehen. Da waren wir natürlich alle dabei. Als erstes suchten wir uns ein wenig zu erfrischen. Zum ersten Mal in diesem Jahr gab es Eis, im Hotel Europa in LUBLIN. Das war doch wieder Mal was anderes! Dann sahen wir uns die Großstadt, ohne Straßenbahn, etwas genauer an. Man findet viele große und neue Bauten und es könnte vom Aussehen her eine deutsche Stadt sein. Anders sieht es allerdings im Ghetto aus. Es ist das ältere Stadtviertel. Zu Hunderten und aber Hunderten prominieren hier die jüdischen Einwohner, denn sie dürfen nicht in die eigentliche Stadt. Im Kampf um die Kathedrale wurde hier ein Teil der Stadt zerstört.
Das, was wir Soldaten hier im Osten sehen, das kann sich kein Mensch vorstellen. Der größte Aufmarsch der Wehrmacht vollzieht sich in diesen Tagen hier im Osten. Tag für Tag rollen auf den Vormarschstrassen, die für jeden anderen Verkehr gesperrt sind, Kolonnen der motorisierten Truppen heran. Panzer, schwere Artillerie, Panzerjäger, Nachrichtenabteilungen, Bodenpersonal der Luftwaffe, usw. In der Nacht macht sich die Infanterie und die bespannten Truppen auf den Marsch. Kilometerweit sind in den Wäldern die Benzinfässer aufgestapelt. Überall wo wir fahren, sehen wir Soldaten am Waldrand, auf Gutshöfen, usw. Überall stehen Zelte und Millionen von Soldaten erleben diese Zeit genau so wie ich.
09. Juni 1941
Wecken um 7 Uhr. Um 8 Uhr treten wir an zum Kartoffelschälen. Der Nachmittag ist frei - ich schreibe Briefe, höre Radio, usw. Sonst gibt es im Osten nichts Neues.
10. Juni 1941
Um 3.54 Uhr werde ich in meinem Zelt geweckt. Ich muß von 4 - 7 Uhr Wache schieben. Es ist schon Tag draußen,...
| Erscheint lt. Verlag | 20.11.2019 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
| Schlagworte | 6.Armee • Kampf um Kiew • Kriegsbericht • Ostfront • Russlandfeldzug • Soldaten • Ukraine |
| ISBN-10 | 3-7504-4285-1 / 3750442851 |
| ISBN-13 | 978-3-7504-4285-6 / 9783750442856 |
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