Mitteldeutsche Orgelhefte (eBook)
152 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-6951-4961-2 (ISBN)
Johannes Richter wurde 1998 geboren und studierte Kirchenmusik in Halle (Saale). Während des Studiums wandte er sich der intensiven Erforschung der mitteldeutschen Orgellandschaft zu, deren Ergebnisse hier nun erstmals publiziert werden.
4. Die Orgeln des Stadtgebietes und ihre Geschichte
Im Stadtgebiet Querfurt existieren derzeit 16 Orgeln, die aus unterschiedlichen Epochen stammen. Fünf Orgeln stammen ganz (Weißenschirmbach, Spielberg) oder teilweise (Landgrafroda, Leimbach, Ziegelroda) aus der Barockzeit, also dem 18. Jahrhundert. Der überwiegende Anteil des Orgelbestandes wurde im 19. und frühen 20. Jahrhundert, also in der Romantik, errichtet: Dieser Epoche sind neun Orgeln zuzuordnen (Gatterstädt, Grockstädt, Liederstädt, Lodersleben, Niederschmon, Oberschmon, Querfurt Stadtkirche, Querfurt Geistkirche, Vitzenburg). Aus der Zeit der Moderne sind zwei Instrumente vorhanden (Burgkirche Querfurt, St. Salvator Querfurt). Eine statistische Aufstellung hinsichtlich der Herkunft der einzelnen Orgeln gestaltet sich schwieriger, da einige Instrumente (Landgrafroda, Leimbach, Ziegelroda) vom Pfeifenbestand her sehr heterogen sind und daher keiner Werkstatt ausschließlich zugeordnet werden können.12 Den größten Anteil beanspruchen die Firmen Wäldner (Halle) und Rühmann (Zörbig) mit je zwei Instrumenten für sich. August Apel (Querfurt) ist ebenfalls mit zwei Instrumenten vertreten. Die restlichen zehn Orgeln stammen aus zehn unterschiedlichen Werkstätten aus nah und fern: Friedrich Gerhardt (Merseburg), R. Knauf&Sohn (Bleicherode), Friedrich Löbling (Erfurt), Christoph Mocker (Roßleben), Johann Christoph Mocker (Roßleben), Julius Heinrich Papenius (Stolberg), E.F.Walcker&Cie. (Ludwigsburg), Georg Franz Ratzmann (Ohrdruf), Christian Friedrich Schafberg (Querfurt) und Alexander Schuke Orgelbau (Potsdam) sind mit je einer Orgel in der Orgellandschaft um Querfurt vertreten.
Hinsichtlich des Zustandes lässt sich in diesem vielfältigen und wertvollen Bestand ein durchwachsenes Bild zeichnen. Nur fünf Orgeln (die Instrumente der Kernstadt Querfurt und die Orgel in Ziegelroda) sind vollumfänglich spielbar. Weitere vier Orgeln (Gatterstädt, Leimbach, Oberschmon, Weißenschirmbach) sind nur teilweise und mit Ausfällen spielbar. Gänzlich unspielbar sind sieben Instrumente (Grockstädt, Landgrafroda, Liederstädt, Lodersleben, Niederschmon, Spielberg, Vitzenburg), wobei die Orgel in Vitzenburg wohl als verloren gelten muss. Die Kirche von Kleineichstädt besitzt keine Orgel (mehr). Gleiches gilt für die Friedhofskapelle in Querfurt, deren Orgel in naher Zukunft in der Dorfkirche St. Ulrich in Hornburg (Gemeinde Seegebiet Mansfelder Land) aufgestellt werden soll.
Der Orgelbau in der Stadt Querfurt hat eine lange Geschichte, die durch regional tätige Orgelbauer wie Benjamin Flinzer (19. Jahrhundert, Lebensdaten unbekannt), Wilhelm Hellermann, August Apel, M.A. Krause, Julius Heinrich Papenius, K. Rothe (Lebensdaten unbekannt, 19. Jahrhundert)13 oder Christian Friedrich Schafberg (um 1780 - um 1860?)14 geprägt wird. Dennoch hat die Orgel als Instrument in Querfurt eine lange Tradition, die - soweit uns bekannt ist - auf die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückgeht und die Stadtpfarrkirche St. Lamperti betrifft: Sie erhielt bereits 1560 eine erste Orgel. Hinweise auf den Namen des Orgelbauers oder die Beschaffenheit der Orgel waren bislang nicht aufzufinden15.
Da Querfurt damals Teil der kursächsischen Lande war, prägten die Orgelbauer dieses Territoriums bis ins 19. Jahrhundert hinein den Orgelbau in der Region. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass die ersten eine Orgel betreffenden Nachrichten aus der wohlhabenden Pfarr- und Ratskirche der Kernstadt und aus der Burgkirche Querfurt stammen. Die Anschaffung einer Orgel war damals ein durchaus auch repräsentativen Zwecken dienendes Unterfangen und war deswegen vornehmlich wohlhabenden Stadt- oder Residenzkirchen vorbehalten.16
Vor 1560 war die Orgel in Querfurt nicht gebraucht worden. Die Stadtchronik spricht davon, dass es weder Orgeln noch „Orgelisten“17 [sic!] gebraucht hätte.
Die 1560 errichtete Orgel ging 1655 durch den Brand der Kirche verloren und wurde erst 1693 durch ein der Kirche angemessenes Instrument ersetzt. Auch die Burgkirche besaß bereits im 17. Jahrhundert eine Orgel, wie der Erdeborner Pfarrer Heine berichtet: „[…] Nach dem Wiederaufbau der Kirche behalf man sich zunächst mit einem kleinen Positiv, welches später unter Bewilligung des Herzogs mit der Orgel in der Schloßkirche vertauscht wurde.“18 Diese Orgel aus der Schlosskirche muss also vor dem zweiten Stadtbrand 1678, der auch dieses Instrument zerstörte, errichtet worden sein. Nach dem zweiten Wiederaufbau innerhalb eines Jahrhunderts behalt man sich zunächst mit einem kleinen Positiv. Erst 1693 erklang wieder ein angemessenes Orgelwerk in der Stadtkirche: Der in Apolda (damals Herzogtum Sachsen-Gotha) ansässige Orgelbauer Peter Herold errichtete ein mit 21 Registern auf zwei Manualen und Pedal großzügig bemessenes Instrument. Herold war damals ein durchaus angesehener Orgelbauer, der in der ländlichen Region um Querfurt mit weiteren Arbeiten betraut wurde. 1696 versah er die wenige Kilometer östlich von Querfurt liegende Nemsdorfer Kirche mit einer achtstimmigen Orgel, 1698 ist Herold dann in Unterteutschenthal - circa 20 Kilometer nordöstlich gelegen - mit einem sechsstimmigen (?) Instrument nachweisbar. Man darf wohl annehmen, dass die Querfurter Orgel, die abgesehen von einigen Veränderungen bis zum letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ihren Dienst tat, ihm durch ihre Qualität die Arbeiten im weiteren Umkreis eintrug. Die anderen Kirchen und Kapellen der Stadt (Kirche St. Cyriakus am Freimarkt, Kapelle St. Wolfgang auf dem Lederberg, Kapelle St. Brun zwischen Stadtkirche und Burg, Kapelle St. Brun auf der Eselswiese, Kapelle St. Brun in Thaldorf, Karmeliterkloster, Benediktinerkloster Marienzelle, Kapellen St. Johannis und St. Georg der beiden Hospitale - heute Geistpromenade) haben wohl nie Orgeln besessen.19
Die früheste Nachricht über eine Orgel im ländlichen Raum um Querfurt entstammt ebenfalls dem 16. Jahrhundert und betrifft die Kirche von Gatterstädt (St. Georgi). Ihr erstes Instrument stammt vermutlich aus der selben Hand wie die erste Orgel der Stadtkirche zu Querfurt und wurde um 1565 auf Betreiben des damaligen Pfarrers Martinus Bornerius angeschafft.20 1597 soll dieses Instrument einen Nachfolger bekommen haben, der bis ins 19. Jahrhundert im Gebrauch war.21
Ihr vermutlich erstes Instrument ist sogar noch 13 Jahre älter als die Herold-Orgel in der Querfurter Stadtkirche und stammt aus dem Jahr 1680. Ihr Erbauer ist zwar nicht bekannt, wohl aber die Tatsache, dass das Instrument für den großen Raum zu klein bemessen war: Über die Orgel wurde berichtet, dass sie seit ihrer Erbauung „wenig getaugt hatte und nicht imstande war, den Gesang einer so zahlreichen Gemeinde zu regieren […]“22.
Die nächste bekannte Nachricht stammt aus der Schlosskirche Vitzenburg. Der in Halle (Saale) geborene, ab 1707 als Bürger von Schleiz bezeichnete Orgelbauer David Märker (auch: Merker) errichtete 1717/1718 eine einmanualige Orgel. Wie die auf dem Rittergut Schloss Vitzenburg ansässige Familie von Heßler dazu kam, die Dienste eines in Schleiz ansässigen Orgelmachers in Anspruch zu nehmen, entzieht sich der Kenntnis des Autors. Unmittelbare Bezüge zwischen der Adelsfamilie und der Stadt Schleiz ließen sich nicht herstellen.
Im zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts siedelte sich in Roßleben bei Artern ein Orgelbauer an, der für sich in Anspruch nehmen darf, viele Kirchen um Querfurt herum mit einer ersten Orgel versehen zu haben. Johann Christoph Mocker wurde 1689 in Langenstein bei Halberstadt (Harz) als Sohn des Halberstädter Hoforgelbauers Johann Christoph Mockert geboren.23 Sein Handwerk erlernte er bei Johann Georg Papenius in Stolberg, in dessen Werkstatt er noch 1719 als Geselle tätig war. 24 Mocker brachte also möglicherweise die Einflüsse seines Lehrmeisters mit in die Querfurter Region. Sein erstes Instrument errichtete er in Weißenschirmbach - handelte es sich bei dem damals siebenstimmigen Instrument um sein Gesellen- bzw. Meisterstück? Neben Weißenschirmbach versah er auch die Kirche von Landgrafroda mit einer Orgel und durfte sich in der Nachfolge seines Lehrmeisters als hochfürstl. u. Weißenfel. privileg: Orgelbauer25 bezeichnen. Vermutlich hatte er diesen Titel schon 1732 erworben.26 Er starb 1753 in Roßleben. Sein Sohn Christoph Mocker (um 1720 - um 1790) erreichte den Ruhm seines Vaters nicht, obwohl seine erhaltene Arbeit in Spielberg als „vortrefflich geraten“ und er selbst als „geschickt“, aber „saumselig“ beschrieben wurde. Die Orgel in Spielberg ist sein einziges erhaltenes Zeugnis, danach erlosch die über lange Jahre aktive Werkstatt in Roßleben. Insgesamt brachte das 18. Jahrhunderts einen wahren Aufschwung im Orgelbau, zumal die Orgel mittlerweile fester Bestandteil der gottesdienstlichen Musik geworden war. Ein Orgelbau folgte dem Nächsten: Leimbach (1724), Grockstädt (1733), Niederschmon (1737/38), Landgrafroda (1745), Burgkirche Querfurt (1716) und Spielberg (vermutlich 18. Jahrhundert, 1786 als...
| Erscheint lt. Verlag | 12.11.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Kunst / Musik / Theater ► Musik |
| ISBN-10 | 3-6951-4961-2 / 3695149612 |
| ISBN-13 | 978-3-6951-4961-2 / 9783695149612 |
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