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Sprachbildung in Maßnahmen der beruflichen Integration (eBook)

Praxisorientierte Qualitätsstandards und Weiterbildungskonzepte für die berufsqualifizierende Sprachförderung
eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
319 Seiten
Narr Francke Attempto (Verlag)
978-3-381-12383-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sprachbildung in Maßnahmen der beruflichen Integration -  Hilke Lindner-Matthiesen
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Migrantinnen und Migranten, die sich in arbeitsmarktfördernden Maßnahmen auf einen Berufseinstieg vorbereiten, werden dort auch sprachlich gefördert. Trotz ihres hohen Umfangs erfährt diese integrierte berufsqualifizierende Sprachbildung als eigenes Format bisher wenig Aufmerksamkeit. Vor dem Hintergrund, dass die berufliche Integration von Zugewanderten häufig durch unzureichende berufssprachliche Kompetenzen verzögert wird oder sogar daran scheitert, werden in diesem Band Formate und Rahmenbedingungen des berufsqualifizierenden DaZ-Unterrichts evaluiert. Nicht nur Methoden der Sprachlehrforschung, sondern auch die Perspektiven der Forschung zum Erwachsenenbildungsbereich und zur Wirksamkeit von Weiterbildung werden berücksichtigt. Zu geringe Finanzierung, individuelle Konzepte der Bildungsträger und Unterricht durch Quereinsteiger erweisen sich als Schalthebel für die Qualität der Sprachförderung. Daraus abgeleitete praxisorientierte Qualitätsstandards und Konzepte der Weiterbildung für DaZ-Lehrpersonen wurden erprobt und evaluiert.

Dr. Hilke Lindner-Matthiesen arbeitet und forscht zur Vermittlung von Berufssprache und zur Wirksamkeit von Weiterbildung.

Dr. Hilke Lindner-Matthiesen arbeitet und forscht zur Vermittlung von Berufssprache und zur Wirksamkeit von Weiterbildung.

1 Einleitung und Fragestellung
2 Wissenschaftlicher Hintergrund
3 Forschungsdesign und methodisches Konzept
4 Studie zur Sprachförderung in arbeitsmarktfördernden Maßnahmen
5 Entwicklung von Qualitätsstandards und Weiterbildungskonzept
6 Ergebnisse der Pilotprojekte
7 Diskussion
8 Fazit und Ausblick

Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungen

9 Literatur
10 Anhang

1Einleitung und Fragestellung


Unterricht in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) für Migrantinnen und Migranten erfolgt überwiegend in Form der öffentlich intensiv wahrgenommenen Integrationskurse (Schuller et al. 2011; Rother 2021; Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung 2022). Die berufsqualifizierende Fortführung dieses alltagsorientierten Basisunterrichts findet daneben auch im Verborgenen eines bislang weniger beachteten Segments statt: als Sprachförderung in arbeitsmarktfördernden Maßnahmen des quartären Bildungsbereichs. Obwohl berufsbezogener Sprachunterricht umfangreich erforscht wird (Efing 2015c; Efing und Kiefer 2018; Roche et al. 2018; Roche und Hochleitner 2020; Roche 2021), findet seine Realisierung als eigenes Format im System der Arbeitsmarktförderung weniger Aufmerksamkeit. Vor dem Hintergrund, dass die berufliche Integration von Zugewanderten häufig durch unzureichende Sprachkenntnisse verzögert wird oder sogar daran scheitert (Brussig et al. 2022), wird in dieser Arbeit ermittelt, wie und unter welchen Bedingungen der berufsbezogene DaZ-Unterricht in diesen Maßnahmen stattfindet und wie seine Qualität weiterentwickelt werden kann.

Damit Lernende erfolgreich berufssprachliche Kompetenzen erwerben, muss nicht nur ein zielführendes didaktisches Konzept berücksichtigt werden. Entscheidend sind auch Lehrpersonen, die dafür qualifiziert sind, ein solches Konzept adäquat im Unterricht umzusetzen, außerdem Rahmenbedingungen, die die Umsetzung ermöglichen (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Voraussetzungen für eine gelingende berufsqualifizierende Sprachförderung

Im Sinne eines Change-Managements (Führing 2021, S. 74–93) ist zunächst ein Verständnis für Akteure und Prozesse im System der Arbeitsmarktförderung erforderlich. System wird hier in einer allgemeinen Definition als ein Modell verstanden, mit dem ausgewählte Merkmale der Akteure und Elemente der Arbeitsmarktförderung und ihre Interaktionen gedanklich abgebildet werden (Ropohl 2012, S. 52–56). Daher werden in dieser Arbeit zusätzlich zu der zentralen Perspektive der Sprachlehr- und -lernforschung Modelle der empirischen Bildungsforschung zum Erwachsenenbildungsbereich und Ergebnisse der Forschung zur Wirksamkeit der Weiterbildung von Lehrenden einbezogen. An der Schnittstelle dieser Ansätze sollen Erkenntnisse zur Entwicklung und Implementierung von Qualitätsstandards und zu einem Weiterbildungskonzept für DaZ-Lehrpersonen in der Arbeitsmarktförderung führen.

Berufsqualifizierende Sprachförderung im quartären Bildungsbereich

Mit 320.000 ausländischen Teilnehmenden allein im Jahr 2020 (Bundesagentur für Arbeit (BA) 2020) sind Bildungsmaßnahmen des quartären Bildungsbereichs nicht nur an der beruflichen, sondern auch an der berufssprachlichen Integration von Migranten umfangreich beteiligt. Der Ausdruck „quartärer Bildungsbereich“ (hier synonym verwendet mit „Erwachsenenbildungsbereich“) entstand im Zusammenhang mit der Bildungsreform der 1970-er Jahre, mit ihm sollte eine Gleichwertigkeit mit dem öffentlichen Bildungsbereich manifestiert werden (Faulstich et al. 1991, S. 18, S. 486; Nuissl 2018; Schrader 2018, S. 43). Die dort erfolgende berufsqualifizierende Sprachbildung und Sprachförderung erfüllt neben den Integrations- und DeuFöV-Kursen im Prozess der beruflichen Integration eine wichtige Funktion (Daase 2012, S. 20–21; Baumann und Becker-Mrotzek 2014; Beckmann-Schulz und Laxczkowiak 2018, S. 53–58).

Arbeitsmarktfördernde Maßnahmen als Instrumente der Arbeitsmarktpolitik bereiten Langzeitarbeitslose und Menschen mit Unterstützungsbedarf (Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) 2021) auf ihre Rückkehr oder den Eintritt in das Erwerbsleben vor. Diese Maßnahmen werden von Bildungsträgern, vielfach auf der Basis öffentlicher Ausschreibungen, individuell gestaltet. Nehmen Migrantinnen und Migranten daran teil, entsteht der Bedarf einer integrierten Sprachförderung. Die durchführenden Einrichtungen, Bildungsträger des quartären Bildungsbereichs, sind traditionell im Schwerpunkt Experten für Berufs- und Sozialpädagogik (Riedl 2017, S. 17–19; Schrader 2018, S. 35), nicht aber für Sprachbildung. Mit Zugewanderten als wachsender Zielgruppe in ihren Bildungsmaßnahmen sind sie mit einer anspruchsvollen Aufgabe konfrontiert. Nicht nur müssen Menschen geschult werden, die durch entfernte Bildungs- und Ausbildungssysteme geprägt sind und zum Teil wenig oder gar keine Schulbildung mitbringen (Brussig et al. 2022). Diese müssen überdies (berufs-)sprachlich gefördert und im Prozess ihrer sozialen wie auch kulturellen Integration unterstützt werden. Die Feststellung der „Expertise im Auftrag des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration für das Jahresgutachten 2017“ gilt damit auch für die berufsqualifizierende Sprachförderung:

„Die Zuwanderung jugendlicher Flüchtlinge seit 2014 war in ihrer Größenordnung zu unvorhersehbar, als dass ihr Bedarf an beruflicher Integration einfach en passant in den vorhandenen Ausbildungsvorbereitungseinrichtungen hätte gedeckt werden können. Die Ausbildungs-, vor allem aber die Ausbildungsvorbereitungsinstitutionen waren gefordert, Angebote für die spezifischen Bedürfnisse von Schutz- und Asylsuchenden in beträchtlichem Umfang mehr oder weniger aus dem Boden zu stampfen“ (Baethge und Seeber 2016; siehe auch Efing 2015a).

Ausbau des berufsbezogenen Sprachunterrichts

Impulse für den Ausbau eines spezifisch berufsbezogenen Sprachunterrichts neben der Sprachbildung für alltagsorientierte Kompetenzen gingen von der steigenden Migration und der Flüchtlingszuwanderung seit Ende der 1990-er Jahre aus. Gleichzeitig wuchsen Fachkräftemangel und der daraus entstehende Bedarf an Sprachbildung und Sprachförderung. Heute finden sich neben einem umfangreichen Unterrichtsangebot auch Programme der Bundesländer für die Schulung von Lehrkräften in Schulen (Roche und Terrasi-Haufe 2017; Terrasi-Haufe und Börsel 2017) sowie eine zunehmend breite Palette an Sprachlehrwerken für berufssprachlichen Unterricht in Deutsch als Zweitsprache. Die große Anzahl zugewanderter Jugendlicher stellte außerdem die Berufsschulen vor die Aufgabe einer verstärkten berufssprachlichen Förderung (Efing 2015a; Roche und Terrasi-Haufe 2016). Im Schuljahr 2019/2020 besuchten allein in Bayern mehr als 40.000 zugewanderte Jugendliche eine bayerische Berufsschule (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2020, S. 9).

Qualifizierung der DaZ-Lehrpersonen

Mit der starken Zunahme alltagsorientierter sowie berufsbezogener und berufsqualifizierender Sprachbildung und Sprachförderung geht ein entsprechend hoher Bedarf an Lehrpersonen für Deutsch als Zweitsprache einher (Terrasi-Haufe und Börsel 2017; Riemer 2018). Da dieser Bedarf allein mit ausgebildeten DaZ-Fachkräften nicht gedeckt werden kann, kommen in den Sprachkursen des quartären Bildungsbereichs in großer Zahl Quereinsteiger mit unterschiedlichen Qualifizierungen zum Einsatz (Riemer 2018, S. 139).

Da von den fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen der DaZ-Lehrkräfte der Lernerfolg in entscheidendem Maß abhängt (ebd.; Roche 2020, S. 13–35), kommt ihrer passgenauen und wirksamen Weiterbildung eine wichtige Funktion zu. Dabei haben sich traditionell seminardidaktisch gestaltete Formate der Lehrerfortbildung häufig als nicht wirksam im Hinblick auf den Transfer gelernter Inhalte erwiesen (Renkl 1996; Hascher 2014; Lipowsky und Rzejak 2018). Forschung zur Wirksamkeit der Weiterbildung von Lehrkräften findet international in der Regel mit ausgebildeten Lehrkräften öffentlicher Schulsysteme statt. Mit Blick auf Erfolgsfaktoren zeigen Studien mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen ermutigende Trends hinsichtlich der Wirksamkeit der untersuchten Fortbildungen (Hattie 2013; Lipowsky 2014). Die vorliegende Arbeit präsentiert eine entsprechende Studie mit Lehrpersonen außerhalb des öffentlichen Schulsystems.

Didaktische Konzepte für berufsbezogenen Sprachunterricht

Ziel des berufssprachlichen Unterrichts ist die Bewältigung von Anforderungen der verschiedenen Ebenen von Fachsprachen (Göpferich 1995, S. 124; Drumm 2018b), also sprachlicher Kompetenzen, die in Ausbildung und Beruf benötigt werden (Roche 2017; Terrasi-Haufe und Börsel 2017). Als richtungsweisend hat sich dafür das wissenschaftlich fundierte und evaluierte didaktische Konzept „Berufssprache Deutsch“ erwiesen (Roche und Hochleitner 2020; Roche und Finkbohner 2021). Es ermöglicht mit einem handlungsorientierten Ansatz die Integration beruflicher und sprachlicher Kompetenzen und ist damit auch als didaktischer Paradigmenwechsel (Roche 2012) gegenüber instruktionistischen oder beliebig zusammengestellten Methoden zu bezeichnen (Szerszén 2015, S. 55; Beckmann-Schulz und Laxczkowiak 2018, S. 57).

In den Berufsschulen in Bayern wurde „Berufssprache Deutsch“ deshalb bereits seit 2010 als Unterrichtsprinzip erprobt, später intensiviert mit dem steigenden Bedarf durch die Flüchtlingskrise, um die „berufssprachlich-kommunikativen Kompetenzen zielorientiert im fachlichen sowie allgemeinbildenden Unterricht [zu fördern]“ (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (ISB) 2022). In diesem Zusammenhang entstanden in einem Gemeinschaftsangebot der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) der Studiengang „Sprache-Kommunikation-Deutsch“ (SKD) für Studierende und Lehrkräfte der Berufsschulen und die Lehrbuchserie „Berufsdeutsch“ im Cornelsen-Verlag...

Erscheint lt. Verlag 3.3.2025
Reihe/Serie Kommunizieren im Beruf
Verlagsort Tübingen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte berufssprachliche Kompetenzen • Berufsvorbereitung • Deutsch als Fremdsprach • Integration • Migration • Sprachunterricht
ISBN-10 3-381-12383-1 / 3381123831
ISBN-13 978-3-381-12383-4 / 9783381123834
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