Das Antike Israel (eBook)
708 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7693-7168-0 (ISBN)
Der 1957 geborene Autor studierte nach einer kaufmännischen Ausbildung und Abitur am Abendgymnasium in Hamburg Neuere Geschichte, Politische Wissenschaften und Anglistik an der Freien Universität Berlin. Anschließend war er rund 30 Jahre in verschiedenen Managementfunktionen und Consultant, überwiegend im Bereich IT, tätig. Seit einigen Jahren lebt er in seiner Wahlheimat Thailand und leitet dort als Pastor der Evangelischen Gemeinde (www.egpattaya.com) auch das Begegnungszentrum in Pattaya (www.bzpattaya.com).
Kapitel 1: Die Bronzezeit − Das Land vor Israel
Bevor man sich dem komplexen Thema der Geschichte des antiken Israel zuwendet gilt es, eine der beiden grundsätzlich bestehenden Optionen für die Herangehensweise zu wählen. Betrachtet man die Entwicklung aus Sicht der biblischen Chronologie, dann ergibt sich ein eindeutiges Bild. Beginnend mit der Zeit der Patriarchen folgt der Exodus aus der ägyptischen Sklaverei mit anschließender 40 Jahre währender Wüstenwanderung. Es folgt die Eroberung und Landnahme Kanaans durch Josua, die Richterzeit, die vereinigte Monarchie, Trennung in Nord– und Südreich und der finale Untergang beider durch die Assyrer bzw. Babylonier. Die Alternative besteht in der wissenschaftlich fundierten historischen Rekonstruktion, welche auf drei Säulen ruht:
① Historisch–kritische Analyse der biblischen Texte
② Kritische Analyse der archäologischen Erkenntnisse und Befunde
③ Kritische Berücksichtigung der diversen Quellen des altorientalischen Kontextes
Basis dieses Skriptes ist die historisch‐kritische Rekonstruktion unter Berücksichtigung der relevantesten biblischen und außer‐biblischen Quellen.
In welchem Zeitraum liegen die ersten Anfänge des antiken Israel?
Hier bietet sich aus verschiedenen Gründen der Zeitraum der späten Bronzezeit an, der uns sozusagen das Bühnenbild für das antike Israel liefert. Dabei ist besonders die Eroberung Kanaans durch den ägyptischen Pharao der 18. Dynastie im 15. Jahrhundert vC, Thutmosis III.47, zu beachten. Kanaan [, kena‘an] ist die biblisch‐hebräische Fassung eines Namens, der ursprünglich als Gebietsbezeichnung diente und aus dem dann die Gruppenbezeichnung Kanaanäer [ kena‘ani] abgeleitet wurde. Die Etymologie ist trotz vielfältiger Versuche ungeklärt. Der Name ist in variierender Form, in außerbiblischen Quellen schon lange vor der alttestamentlichen Überlieferung bezeugt, wobei er auch im Tanach selbst ausgesprochen vielfältig verwendet wird.
Thutmosis III. begründete eine jahrhundertelange ägyptische Oberhoheit in Kanaan, die bis in die zweite Hälfte des 12. vorchristlichen Jahrhunderts anhielt. Diese historische Phase ist durch die Armana‐Briefe historisch belegt. Bei den Briefen aus dem Amarna‐Archiv handelt es sich um einen umfangreichen Zufallsfund an Tontafeln in akkadischer Keilschrift des Palastarchives des Pharaos Echnaton, aus seiner Residenz Achet‐Aton, dem heutigen Tell el Armana in Ägypten. Jørgen Alexander Knudtzon unterteilte die Amarna–Briefe in zwei Teile: Zuerst die internationale Korrespondenz, danach die Korrespondenz mit den ägyptischen Vasallen. Jene der internationalen Korrespondenz teilte er gegen den Uhrzeigersinn der jeweiligen Reichen zu:
Babylonien (EA 1–14), Assyrien (EA 15–16), Mittani48 (EA 17,19–30), Arzawa49 (EA 31–32), Alasija50 (EA 33–40) und Hethiter‐Reich (EA 41–44). Die zweite und weit größere Gruppe der Briefe teilte er von Norden nach Süden den Vasallen zu. Innerhalb der zugeordneten Gebiete sind sie chronologisch nach paläografischen Kriterien und innerer Logik geordnet. Die Briefe sind in Keilschrift und mit wenigen Ausnahmen im Altbabylonischen, einem Dialekt der akkadischen Sprache, geschrieben, lassen aber auch kanaanäischen Einfluss erkennen. Die Übersetzung der Briefe bereitete ebenso außerordentliche Schwierigkeiten wie die relative und absolute Chronologie. In der frühen Spätbronzezeit war Kanaan durch Bündnisse geprägt, die sich um Städte wie Megiddo und Kadesch konzentrierten. Die Region stand zeitweise unter dem Einfluss des ägyptischen und hethitischen Reiches. Die ägyptische Kontrolle war zwar sporadisch, aber stark genug, um lokale Aufstände und Konflikte zwischen Städten zu unterdrücken, aber nicht stark genug, um die vollständige Herrschaft zu etablieren. In den ägyptischen Gebieten südlich von Byblos lagen die Stadtstaaten nahe beieinander und konnten gut kontrolliert werden. Im Hinterland, nördlich von Byblos bis südlich von Ugarit, zwischen dem Orontes‐Fluss und der levantinischen Küste erstreckte sich ein von bedeutenderen Stadtstaaten freies Gebiet, über das von der Zeit vor den Amarna‐Briefen wenig bekannt ist: Amurru. Das Gebiet wurde unter Thutmosis III. nominell in die ägyptische Hoheit eingeschlossen, die geographische, topographische und politische Situation erschwerte aber vermutlich die Verwaltung dieses Gebiets. Nordkanaan und Teile Nordsyriens fielen in dieser Zeit unter assyrische Herrschaft. Thutmosis III. und Amenophis II51. behielten die ägyptische Autorität in Kanaan aufrecht und sorgten durch militärische Präsenz für Loyalität. Sie sahen sich jedoch Herausforderungen durch die Apiru gegenüber, einer sozialen Klasse und nicht einer ethnischen Gruppe, zu der verschiedene Elemente wie Hurriter52, Semiten53, Kassiten54 und Luwier55 gehörten. Händler und Reisende liefen seit jeher Gefahr, von gesetzlosen Gruppierungen angegriffen und ausgeraubt zu werden. Sie waren leichte Beute für Halbnomaden, die sich in den dortigen Wäldern und Bergen aufhielten und so ohne Vorwarnung über ihre Opfer herfallen und ohne groß Spuren zu hinterlassen, wieder verschwinden konnten. Offenbar vergrößerten sich die
Apiru 56, indem sich ihnen immer mehr Menschen und kleinere Gruppierungen anschlossen, entweder freiwillig oder durch Einschüchterung. Mit Einsetzen der Amarna‐Korrespondenz, trat ihr Anführer Abdi‐ Aschirta bereits als richtiggehender warlord in Erscheinung. Als Herr eines nicht als Stadtstaat organisierten Gebietes gilt Abdi‐Aschirta damit als Prototyp eines solchen Apiru–Führers.
Von den südlichen Vasallen aus der Region des heutigen Palästina existiert kein so umfangreiches Einzelkorpus wie jenes von Abdi‐Aschirta. Deshalb lassen sich nur begrenzt politische Entwicklungen ausmachen. Hauptthema sind auch hier die Konflikte zwischen den Vasallen. So versucht beispielsweise Labaju von Schechem57 sein Herrschaftsgebiet auszudehnen. Sein Hauptgegner dabei war Biridija von Megiddo. Die Ägypter bedienten sich offensichtlich einer »Teile‐und‐Herrsche‐Taktik«, was zahlreiche Briefe belegen, in denen sich die Fürsten der jeweiligen Stadtstaaten gegenseitig beschuldigten. Offenbar wurde Labaju wegen seiner eigenmächtigen Raub‐ und Feldzüge bestraft. Dieser beteuert aber seine Unschuld und sein Unwissen von diesen Machenschaften:
„Der König hat betreffs (der Auslieferung) meines Sohnes Botschaft gesandt. Ich wusste nicht, dass mein Sohn mit den Hapiru-Männern herumzieht.“ (EA 254) Der Brief zeigt aber auch, dass die Vasallen durchaus mit den Apiru kooperierten, wenn es ihnen gerade gelegen erschien. Nachdem der ägyptische König seine regulären Truppen aus unbekannten Gründen von Megiddo abgezogen hatte und dort eine Seuche ausgebrochen war, schreibt Biridija von Megiddo, dass seine Stadt von Labaju von Sichem belagert werde. Die Ägypter verlangen offen‐ sichtlich die Auslieferung Labajus, doch dieser wird erschlagen, bevor es so weit kommt. Der Pharao macht Biridija für den Tod Labajus verantwortlich. Dieser schiebt die Schuld Surata von Akko zu, der ihn in einem Hinterhalt erschlagen habe. Schuwardata von Gath beschwert sich beim König über Abdi‐Hepa von Jerusalem, dass er ähnlich wie Labaju, eigenmächtig sein Territorium vergrößere: „Labaju, der unsere Städte wegzunehmen pflegte, ist tot; und nun ist ˁAbdi-Ḫeba ein zweiter Labaju! [Und] er nimmt unsere Städte weg.“ (EA 280) Abdi‐Hepa wiederum beteuert seine Unschuld und beschwert sich seinerseits über die Söhne des Labaju, die zusammen mit Milkilu von Gezer und den 'Apiru‐ Banden eine gewaltsame Expansionspolitik betrieben. (EA 287)
Besonders wichtig ist das Verständnis einer dimorphen Situation im späten bronzezeitlichen Kanaan. In der Schefela schefela jehudah], der »Niederung Judäas«, dem Hügelland zwischen dem Bergland Judäas und der Scharonebene, gab es zahlreiche, kleine Stadtstaaten mit entsprechender, dichter Population. Das Har Jehuda „Bergland Judäas“, ist Teil einer Mittelgebirgskette vom Gilboa im Norden bis zum Ramon im Süden. In Nord‐Süd‐Folge besteht die Kette aus dem Gilboa, durch das Tal Dothan [דותן עמק‚ Emek Dotan] getrennt vom anschließenden Bergland von Samarien [ harei ha-Schomron]‚ gefolgt vom Judäischen Bergland, fortgesetzt von den Bergen des Negev [ harei ha-Negev], die in Halbmondform südwestwärts verlaufen bis zum Gipfel Ramon (1.037 m) und in Ausläufern auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel enden.
In den Highlands war die Situation eine völlig andere. Dort gab es einige, wesentlich grössere Stadtstaaten wie Jerusalem, Sichem oder Hazor, welche über weite Teile Galiläas herrschten.
Diese Gegend war weniger besiedelt und...
| Erscheint lt. Verlag | 22.1.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte |
| ISBN-10 | 3-7693-7168-2 / 3769371682 |
| ISBN-13 | 978-3-7693-7168-0 / 9783769371680 |
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