Finanzielles Rechnungswesen in der Schweiz (eBook)
418 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-039947-1 (ISBN)
Marco Gehrig lehrt in den Bereichen finanzielles und betriebliches Rechnungswesen, betriebswirtschaftlicher Steuerlehre und Unternehmensfinanzierung an der OST, Ostschweizer Fachhochschule, in St. Gallen. Er ist zudem Vertreter in Verwaltungsräten bei Schweizer Gesellschaften. Marcus Hauser lehrt dort in den Fachgebieten Accounting, Controlling und Finance mit Schwerpunkt in der Unternehmensbewertung. Zudem ist er Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen und war zuvor bei der UBS AG in verschiedenen leitenden Funktionen tätig. Wilfried Lux ist Professor für Rechnungswesen und Controlling und führt regelmässig angewandte Forschungsprojekte durch. Er leitet das Kompetenzzentrum für Accounting & Corporate Finance.
3.1Grundlagen
Das finanzielle Rechnungswesen bildet die Grundlage für die Berichterstattung an die externen Anspruchsgruppen, um die beschriebenen Informationsbedürfnisse zu bedienen. Der Einzelabschluss nach dem Rechnungslegungsrecht besteht nach OR 958 II daher aus den folgenden Bestandteilen:
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Bilanz: Sie zeigt das Vermögen (Vermögenswerte, Investitionen) und die Verbindlichkeiten (Schulden bzw. Kapital gegenüber Fremd- und Eigenkapitalgebern, Finanzierung) des Unternehmens.
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Erfolgsrechnung: Sie zeigt den Erfolg (Gewinn bzw. Verlust) und die Ertragskraft eines Unternehmens.
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Anhang: Er erklärt und ergänzt die Bilanz und die Erfolgsrechnung, was aus diesen Bestandteilen nicht ersichtlich ist oder als Information im Anhang verlangt wird.
Sofern ein Unternehmen ordentlich geprüft werden muss, sind zusätzlich folgende Bestandteile nach OR 961 zu erstellen:
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Geldflussrechnung: Sie zeigt auf, wie sich die flüssigen Mittel während des Jahres verändert haben, indem die Herkunft und Verwendung der flüssigen Mittel dargestellt werden (Cashflows).
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Lagebericht: Der Lagebericht erläutert verbal, wie sich das Geschäftsjahr entwickelt hat und bietet einen Ausblick für das laufende, kommende Geschäftsjahr.
3.2Bilanz
Die Bilanz zeigt auf der einen Seite die Vermögenswerte4 und auf der anderen Seite die Verbindlichkeiten und das Eigenkapital5 eines Unternehmens zum Bilanzstichtag auf. Sie ist eine Zeitpunktrechnung, da sie zum Bilanzstichtag die Bestände der einzelnen Konten aufzeigt, d.h. was ein Unternehmen an Vermögenswerten (Investitionen) besitzt und wie das Unternehmen mit Fremd- und Eigenkapital finanziert ist. Bei der Passivseite der Bilanz wird auch von Mittelherkunft (»Woher kommt das Kapital?« = Finanzierung) gesprochen, bei der Aktivseite von Mittelverwendung (»Wie wird das Kapital verwendet?« = Investitionen). Die Darstellung 5 zeigt die grobe Struktur einer Bilanz.
Dar. 5:Bilanzstruktur
Die Vermögenswerte gliedern sich weiter in Umlauf- und Anlagevermögen. Das Umlaufvermögen umfasst alle Vermögenswerte, die innerhalb eines Jahres einmal oder mehrmals in flüssige Mittel umgewandelt werden. Alle übrigen Vermögenswerte sind als Anlagevermögen zu qualifizieren. Das Anlagevermögen ist daher das langfristige Vermögen des Unternehmens, welches in der Regel während eines Jahres nicht in flüssige Mittel umgewandelt wird.6 Die Abgrenzung ist mit Blick auf das Geschäftsmodell und die Branchenlogik zu betrachten.
Beispiel Abgrenzung von Vorräten
Bei einer Bäckerei gehören die Vorräte zum Umlaufvermögen, da diese innerhalb eines Jahres regelmässig in flüssige Mittel umgewandelt bzw. verkauft werden. Bei einem Juwelier können Vorräte in Form von Edelmetallen auch zu den Finanzanlagen des Anlagevermögens gezählt werden, sofern diese langfristig gehalten werden.
Die Passiven lassen sich in Fremd- und Eigenkapital unterteilen. Das Fremdkapital wiederum wird in kurzfristige und langfristige Verbindlichkeiten aufgegliedert. Es stellt die Verbindlichkeiten gegenüber Dritten dar, die nicht Eigentümer des Unternehmens – sprich Eigenkapitalgeber – sind. Das Eigenkapital ist die Verbindlichkeit des Unternehmens gegenüber den Eigenkapitalgebern.
Das Eigenkapital wird auch als Nettovermögen bezeichnet. Es stellt die Differenz zwischen den Vermögenswerten (Aktiven) und dem Fremdkapital dar. Das Nettoumlaufvermögen wiederum berechnet sich aus der Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigem Fremdkapital und wird auch als Net Working Capital bezeichnet.
Beispiel Berechnung Nettovermögen und Nettoumlaufvermögen
Die Huber AG zeigt in der Bilanz ein Umlaufvermögen von CHF 2 Mio. und ein Anlagevermögen von CHF 3 Mio. Das Eigenkapital beträgt CHF 4 Mio. Das Fremdkapital besteht zu CHF 0.25 Mio. aus kurzfristigem Fremdkapital bzw. zu CHF 0.75 Mio. aus langfristigem Fremdkapital.
Das Nettovermögen entspricht dem Eigenkapital von CHF 4 Mio. Das Nettoumlaufvermögen hingegen beläuft sich auf CHF 1.75 Mio. (CHF 2 Mio. − CHF 0.25 Mio.).
Die Bilanz lässt Rückschüsse auf das Geschäftsmodell zu:
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Ein Produktionsunternehmen (verarbeitendes Gewerbe und Industrie) beispielsweise zeichnet sich durch ein hohes Anlagevermögen (z.B. Produktionsanlagen) und hohe Vorratsbestände aus.
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Ein Handelsunternehmen weist in der Regel einen sehr hohen Bestand an Vorräten und ein geringeres Anlagevermögen aus, da ein solches Unternehmen weniger in langfristiges Anlagevermögen investiert.
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Ein Dienstleistungsunternehmen besitzt oft ein hohes Umlaufvermögen, aber eher geringes Anlagevermögen und verfügt in der Regel über einen hohen Bestand an angefangenen Arbeiten.
Um Transparenz zu schaffen, schreibt das Rechnungslegungsrecht eine Mindestgliederung für die Bilanz vor. Das Umlaufvermögen muss nach OR 959a I Ziff. 1 in folgende Positionen in nachfolgender Reihenfolge dargestellt werden:
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Flüssige Mittel, kurzfristig gehaltene Aktiva mit einem Börsenkurs (handelbare Wertpapiere) (► Kap. 12)
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Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (► Kap. 13)
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Übrige kurzfristige Forderungen (► Kap. 14)
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Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen (► Kap. 17 und 18)
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Aktive Rechnungsabgrenzungen (► Kap. 19)
In der Praxis werden die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auch als Debitoren bezeichnet.
Beispiel Umlaufvermögen Bergbahnen Adelboden AG
| BILANZ per | 31. Mai 2019 | 31. Mai 2018 |
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| CHF | CHF |
| AKTIVEN |
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| UMLAUFVERMÖGEN |
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| Flüssige Mittel | 4’537’223 | 3’824’537 |
| Forderungen aus Lieferungen und Leistungen | 420’832 | 151’380 |
| Übrige kurzfristige Forderungen | 1’533’000 | 756’334 |
| Vorräte | 351’470 | 312’742 |
| Aktive Rechnungsabgrenzungen | 307’721 | 342’094 |
| TOTAL UMLAUFVERMÖGEN | 7’150’247 | 5’387’086 |
Die Bergbahn Adelboden AG weist ein Umlaufvermögen von rund CHF 7.2 Mio. auf, wobei dieses gegenüber dem Vorjahr hauptsächlich aufgrund der höheren Flüssigen Mittel und der übrigen kurzfristigen Forderungen zugenommen hat. Die Vorjahre werden dargelegt, um einen Vergleich zu erhalten.
Das Anlagevermögen muss nach OR 959a I Ziff. 2 folgende Positionen umfassen:
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Finanzanlagen (► Kap. 20)
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Beteiligungen (► Kap. 21)
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Sachanlagen (► Kap. 22)
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Immaterielle Werte (► Kap. 23)
-
Nicht einbezahltes Grund-, Gesellschafter- oder Stiftungskapital
Das Anlagevermögen umfasst die Vermögenswerte, die langfristig gebunden sind und entsprechend ihrer unterschiedlichen Nutzung abgeschrieben werden können. Das nicht einbezahlte Grund-, Gesellschafter- oder Stiftungskapital stellt eine Forderung des Unternehmens gegenüber seinen Anteilseignern dar.
Beispiel Anlagevermögen Bergbahnen Adelboden AG
| ANLAGEVERMÖGEN |
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| Finanzanlagen | 25’213 | 15’211 |
| Beteiligungen | 55’500 | 55’500 |
| Sachanlagen | 36’483’540 | 39’673’176 |
| Immaterielle Anlagen | 39’917 |
|
| TOTAL ANLAGEVERMÖGEN | 36’604’171 | 39’743’887 |
| TOTAL AKTIVEN | 43’754’417 | 45’130’973 |
Die Bergbahn Adelboden AG ist ein Unternehmen, das Dienstleistungen im Sommer- und Wintersport anbietet (Transport und Gastronomie). Entsprechend ist zu erwarten, dass die Sachanlagen die wesentliche Position im Anlagevermögen darstellen. Da im Jahr 2019 weniger investiert wurde, haben die Sachanlagen aufgrund der Abschreibungen leicht abgenommen. Weiter verfügt das...
| Erscheint lt. Verlag | 4.6.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Rechnungswesen / Bilanzen |
| Schlagworte | Buchführung • Finanzmanagement • Gewinn- und Verlustrechnung • Jahresabschluss |
| ISBN-10 | 3-17-039947-0 / 3170399470 |
| ISBN-13 | 978-3-17-039947-1 / 9783170399471 |
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