Menschen statt Generationen (eBook)
240 Seiten
Wiley-VCH (Verlag)
978-3-527-85118-8 (ISBN)
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Menschen statt Generationen
Kapitelcheck
Übersicht zu den wichtigsten Kapitelinhalten
Sie erhalten eine Kurzübersicht zu den Generationen mit ihren wichtigsten Merkmalen und Eigenschaften. Das »Pro und Contra« einer generationenbezogenen Führung wird diskutiert.
Ihr Nutzen
Sie reflektieren Ihre Haltung zur generationenbezogenen Führung und prüfen, inwiefern die Alternative des Führungsansatzes »Jenseits der Generationen von Mensch zu Mensch« für Sie von Bedeutung ist.
Vom Sinn und Unsinn der generationenbezogenen Führung
März 2024, Nach-Coronazeit: Ich sitze in der Fahrerkabine meines nun wieder als Coaching- und Businessmobils genutzten Fünftonners, den ich zum Eingang des Konzernsitzes eines börsennotierten Unternehmens lenke. Gleich wird mein Coachee zusteigen, einer der drei Geschäftsführer, mit dem ich gestern ein Blitz- und Intensivcoaching von knapp einer Stunde vereinbart habe. In dem Gespräch soll es um die generationenbezogene Führung gehen, einen Ansatz, der darauf abzielt, die unterschiedlichen Erwartungen, Arbeitsstile und Werte der verschiedenen Generationen in einem Unternehmen zu berücksichtigen.
Das Coaching mit dem Geschäftsführer findet in Hamburg statt. Nennen wir ihn im Folgenden der Einfachheit halber Stefan Müller. Ich fahre mit Stefan Müller an die Elbe – so können wir bei Bedarf aussteigen, an der frischen Luft die Gedanken schweifen lassen. Ich merke, wie der Coachee auftaut, weil das Coaching nicht im Büro oder an einem der üblichen Businessorte stattfindet, wo das Abschalten schwerfällt. Stefan Müller macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. »Herr Hagmaier, ich habe jeden Tag mit sehr unterschiedlichen Mitarbeitenden zu tun. Das fängt an bei der jungen IT-Expertin, die sich mit Künstlicher Intelligenz hervorragend auskennt, aber eine Sprache spricht und Begriffe verwendet, bei denen ich oft passen muss. Ihre Vorbilder sind irgendwelche Influencerinnen und YouTube-Stars. Direkt daneben sitzt der Kollege, der Vertriebschef, der kurz vor der Rente steht. Ein klassischer Workaholic, der sich sehr mit seiner Arbeit identifiziert. Leistungswille und Leistungsbereitschaft schreibt er groß, er blickt auf einen faszinierend steilen Karriereweg zurück. Und mittendrin der knapp 50-jährige Teamleiter, von dem ich weiß, wie wichtig ihm die finanzielle Sicherheit und die Absicherung fürs Alter sind. Er hat schon öfter den Arbeitgeber gewechselt und dabei stets auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance und die Trennung von Privat- und Berufsleben geachtet. Ich versuche, bei meiner Führungsarbeit auf die unterschiedlichen Charaktere einzugehen, die drei gehören ja vollkommen unterschiedlichen Generationen an. Das fällt mir sehr schwer. Haben Sie einen Tipp für mich, wie ich mich verhalten soll?«
Von den Babyboomern bis zur Generation Alpha
Damit wir Klarheit in der Diskussion haben und über eine gemeinsame Grundlage verfügen, verschaffen sich Geschäftsführer Stefan Müller und ich erst einmal einen Überblick: Wovon reden wir überhaupt? Die meisten Wissenschaftler und Forscher sprechen von vier Generationen, denen sie bestimmte Eigenschaften, Werte, Überzeugungen und Einstellungen zuschreiben – wobei uns natürlich vor allem die Aspekte interessieren, die mit der Arbeitswelt in einem Zusammenhang stehen. Diese vier Generationen sind (wobei die Jahreszahlzuordnungen schwanken):
- die Babyboomer, die zwischen 1946 und 1964 geboren sind,
- die Generation X, geboren zwischen 1965 und 1980,
- die Millennials oder die Generation Y, geboren zwischen 1981 und 1996, und
- die Gen Z (Generation Z), geboren zwischen 1997 und 2012.
Hinzu kommt die Generation Alpha, also die seit 2013 geborenen Kinder und Jugendlichen. Sie sind von Geburt an sehr technologieaffin und gelten als bildungshungrig und global vernetzt. Sie wachsen mit Künstlicher Intelligenz auf und stehen mit virtuellen Umgebungen auf Du und Du, erwarten sofortiges Feedback und legen Wert auf Umwelt- und Sozialthemen – soweit wir dies bei so jungen Menschen überhaupt schon sagen können.
Den Babyboomern hingegen werden die Merkmale »loyal«, »diszipliniert« und »arbeitsethisch stark« zugeschrieben. Sie legen Wert auf Stabilität, bevorzugen die persönliche Kommunikation und streben nach langfristigem Erfolg. Ein Babyboomer schätzt es, wenn sich seine Führungskraft regelmäßig Zeit für persönliche Gespräche nimmt, seine langjährige Erfahrung anerkennt und diese auch nutzen und einsetzen möchte. Weil die Babyboomer – Stand jetzt, im Jahr 2025 – sich oft bereits in Rente oder in Pension befinden, spielen sie bei der Frage, wie sie sich unter generationenbezogenen Kriterien zielorientiert führen lassen, eine immer geringfügigere Rolle. Besonderes Interesse kommt hingegen den Generationen X, Y und Z zu. Der Grund liegt auf der Hand: Deren Vertreter machen einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung aus, weswegen sich viele Bücher und Artikel sowie Beiträge im Internet mit der Frage beschäftigen, wie sich die Mitglieder dieser Generationen am besten motivieren und führen lassen.1
Die Generation X (1965 – 1980)
Die Generation X wird auch die »Generation Golf« genannt und gilt als eher pessimistische und oft auch orientierungslose Generation. Prägende Erfahrungen waren hohe Arbeitslosenquoten, Wirtschaftskrisen und ein großer Wettbewerbsdruck in der Wirtschaft. Kein Wunder also, dass für sie die Arbeit nicht mehr den größten Stellenwert einnimmt. Wichtig ist der Generation Golf vor allem ihre Unabhängigkeit. Sie gelten als pragmatisch und technologieaffin, weil sie mit Computern und Videospielen aufgewachsen sind. Der Umgang mit der Digitalisierung fällt ihnen allerdings oft schwer. Sie achten auf die Work-Life-Balance und bevorzugen flexible Arbeitszeiten, auch, um ihr Arbeits- und ihr Privatleben zu harmonisieren. Autoritäten treten sie skeptisch entgegen.
Für das Arbeitsleben gilt, dass die Generation X flexibel arbeiten will und die Betreuung eigenständiger Projekte bevorzugt. Sie braucht genügend Freiraum, um kreativ zu sein. Als wichtige Werte gelten Unabhängigkeit, Individualismus und Sinnsuche.
Nehmen Sie sich Zeit zur Selbstreflexion
Greifen Sie zu Ihrem Reflexions-Notizbuch:
- Kennen Sie einen typischen Vertreter der Generation X? Wie sind Sie bisher mit ihm umgegangen?
- Kennen Sie Menschen, die diesem Vertreter der Generation Golf ähneln, aber einer anderen Generation entstammen? Falls ja: Woran liegt das?
Die Generation Y (1981 – 1996)
Die Millennials sind bereits Kinder der Digitalisierung und des Internets, gelten jedoch noch nicht als Digital Natives, immerhin aber als technologisch versiert. Sie sind teamorientiert und legen Wert auf moralisch, ethisch und ökologisch legitimierte Verhaltensweisen. Ihre Werteorientierung führt dazu, dass sie ständig alles hinterfragen und anzweifeln, natürlich auch in der Arbeitswelt. Darum trägt diese Generation auch den Namen »Why«, also »Warum?«.
Die konsumkritischen Ypsiloner stellen die Frage nach dem Sinn und Zweck ihrer Arbeit, interessieren und engagieren sich für umweltbezogene und sozialpolitische Themen und bevorzugen kollaborative Umgebungen, die ein gemeinsames Arbeiten im Team ermöglichen. Zudem sind sie sehr an ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung interessiert. Sie fordern regelmäßiges Feedback ein und arbeiten gern in Projekten, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Als entscheidende Werte gelten Teamwork, Achtsamkeit, Optimismus und Gegenwartsbezug.
Von ihren Arbeitgebern erwarten die Ypsiloner vor allem eine gute Arbeitsatmosphäre und die Möglichkeit, Arbeit und Freizeit sowie Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Es folgen die langfristige Sicherheit des Arbeitsplatzes und gute Führung.
Während die Generation X unter hohen Arbeitslosenzahlen litt, durften sich die Millennials über die Anfänge des War for Talents freuen – auf dem Arbeitsmarkt hatten sie bei der Jobsuche oft die Qual der Wahl.
Übrigens: Während ich diese Zeilen schreibe, scheint eine neue Studie zu belegen, wie unsinnig es ist, in Generationenschubladen zu denken. Galten die Millennials bisher als Idealisten, denen ein Job mit Sinn, der Spaß macht, besonders wichtig sei, heißt es nun: »Laut dem People at Work, für den das ADP Research Institute mehr als 35 000 Beschäftigte weltweit befragt hat, haben junge Menschen inzwischen andere Prioritäten. Nur 26 Prozent der 25- bis 34-jährigen Personen nannten in der Studie die Freude an der täglichen Arbeit als wichtigen Entscheidungsfaktor bei der Wahl ihres Jobs. Bei den 18- bis 24-Jährigen, also bei der Generation Z, ist der Wert mit 28 Prozent nur geringfügig höher.«2 Das ist ein deutlicher Hinweis auf die Unzulässigkeit jener Generationenschubladen, die den Generationen stereotype...
| Erscheint lt. Verlag | 24.4.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
| ISBN-10 | 3-527-85118-6 / 3527851186 |
| ISBN-13 | 978-3-527-85118-8 / 9783527851188 |
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