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Aggression und Gewalt am Arbeitsplatz (eBook)

Entstehung, Umgang und Prävention

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 2. aktualisierte und überarbeitete Auflage 2024
240 Seiten
Haufe (Verlag)
978-3-648-17622-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aggression und Gewalt am Arbeitsplatz - Holger Pressel
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Holger Pressel beschreibt die Grundlagen des Phänomens Gewalt am Arbeitsplatz. Dabei geht er auch auf die vielen Gesichter von Gewalt ein - von psychischer Gewalt über sexuelle Belästigung und Stalking bis hin zu körperlichen Angriffen und Amoklauf. Sein Buch erklärt die spezifischen Ursachen und bietet mögliche Erklärungsansätze. Vor allem aber zeigt es, dass und wie mit geeigneten Maßnahmen zur Prävention Betriebe die Zahl der Fälle von Gewalt am Arbeitsplatz erheblich reduzieren und zugleich die Sicherheit der Beschäftigten erhöhen können. Inhalte: - Typologie von Gewalt am Arbeitsplatz - Formen und Ausmaß von Gewalt am Arbeitsplatz - Entstehung von Gewalt am Arbeitsplatz - Folgen von Gewalt - Rechtliche Rahmenbedingungen der Gewaltprävention - Bestandteile eines umfassenden Präventions- und Sicherheitskonzepts - Prävention von und Handeln in Gewaltsituationen Neu in der 2. Auflage: - Komplett überarbeitet - Aktualisierung Praxisbeispiele Die digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren Büchern Jetzt nutzen auf mybookplus.de.

Dr. Holger Pressel ist Leiter der Stabsstelle Politik, Verbände & Gremienmanagement bei der AOK Baden-Württemberg. Nebenberuflich ist er Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen.

Holger Pressel Dr. Holger Pressel ist Leiter der Stabsstelle Politik, Verbände & Gremienmanagement bei der AOK Baden-Württemberg. Nebenberuflich ist er Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen.

Einleitung: Gewaltprävention lohnt sich!


Konflikte zwischen Menschen sind nicht ungewöhnlich und auch nicht immer schlimm. Vielmehr ist es völlig normal, dass Menschen auch in der Arbeitswelt gelegentlich unterschiedlicher Auffassung sind und unterschiedliche Interessen verfolgen. Zu unterscheiden sind dabei Sach- bzw. Aufgaben- von Beziehungskonflikten. Auch wenn Meinungsverschiedenheiten nicht immer zu Konflikten führen, so sind Konflikte sowohl zwischen Beschäftigten innerhalb eines Betriebs als auch zwischen Beschäftigten und betriebsexternen Personen wie etwa Kunden oder Patienten weit verbreitet. Konflikte zu negieren ist keine geeignete Strategie, zumal gut und frühzeitig gelöste Konflikte das Potenzial für kreative Lösungen haben. Es ist allemal besser, Konflikte proaktiv und schnell anzugehen als sie unter den Teppich zu kehren. Nicht gelöste Konflikte können weitreichenden Folgen haben und bis hin zu Aggressionen und Gewalt führen. Insbesondere gilt dies für Konflikte auf der Beziehungsebene.

Gewalt in der Arbeitswelt ist ein weites Feld mit zahlreichen Facetten: Die Begrifflichkeit »Gewalt am Arbeitsplatz« wird von der Internationalen Arbeitsorganisation, International Labour Organisation (ILO), definiert als Vorkommnisse, bei denen ­Beschäftigte im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen werden. Im Rahmen einer Konferenz aus Anlass ihres hundertjährigen ­Jubiläums hat die ILO im Juni 2019 neben einer Erklärung zur Zukunft der Arbeit auch ein neues Übereinkommen zur Beendigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt verabschiedet. Das Übereinkommen betont, dass Gewalt und Belästigungen in der Arbeitswelt eine Menschenrechtsverletzung und eine Bedrohung für die Chancengleichheit darstellen. Gewalt und Belästigung im Sinne des ILO-Übereinkommens 190 wird definiert »als eine Bandbreite von inakzeptablen Verhaltensweisen und Praktiken oder deren Androhung, die darauf abzielen, zur Folge haben oder wahrscheinlich zur Folge haben, physischen, psychischen, sexuellen oder wirtschaftlichen Schaden zu verursachen« (ILO 2019). Der Text weist die ILO-Mitgliedsstaaten darauf hin, dass sie eine große Verantwortung dafür haben, ein Umfeld von Nulltoleranz gegenüber Gewalt und Belästigung zu fördern.

Das Bundeskabinett hat im Dezember 2022 den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erarbeiteten Gesetzesentwurf »Gesetz zur Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt zur Ratifikation des Übereinkommens Nr. 190 der ILO« beschlossen. Das Gesetz wurde am 30. Mai 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet. Deutschland zählt damit zu den ersten Ländern innerhalb der Europäischen Union, die das Übereinkommen der ILO ratifiziert und in nationales Recht umgesetzt hat.

Zunehmende Verrohung der Gesellschaft

Die Gewalt in der Arbeitswelt ist auch ein Ausdruck der oft genannten Verrohung der Gesellschaft, von der Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Medien immer sprechen, wenn sie außergewöhnlich aggressive Ereignisse kommentieren müssen.

Blockade einer Fähre mit Vizekanzler Robert Habeck an Bord

Im Januar 2024 wollte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach einem Kurzurlaub mit der Fähre von einer Insel zurückkehren und im Fährhafen Schlüttsiel aussteigen. Dort warteten wegen der geplanten Sparmaßnahmen aufgebrachte Landwirte auf den Politiker. Mehr als 100 Demonstranten blockierten die Ankunft des Ministers und Vizekanzlers an der Anlegestelle.

Die Bundesregierung reagierte am Folgetag auf den Vorfall. »Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein«, schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf der Plattform X, vormals Twitter.

In einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk am 23. März 2019 betonte der Psychologe Prof. Dr. Dieter Frey, dass es für diese Verrohung mehrere Ursachen gibt: Er nannte in diesem Zusammenhang die Verunsicherung vieler Menschen als Folge der zahlreichen Veränderungen, die in der Welt passieren. Die entsprechenden Stichworte lauten Globalisierung, Digitalisierung, aber auch Migration. Durch diese Veränderungen fühlen sich einige Menschen bedroht mit der Folge, dass sie sich Sündenböcke als Ventil für ihre Frustrationen suchen. Auch das Internet und die sozialen Medien spielen für diese Verrohung eine wesentliche Rolle: Dort ist die Sprache viel aggressiver als in der persönlichen Kommunikation. Entsprechend sinkt die Hemmschwelle, auch im realen Leben Gewalt anzuwenden.

Auf die auch in der Mitte der Gesellschaft weit verbreitete Ablehnung von Veränderungen wies bereits Dirk Kurbjuweit, seit Mai 2023 Chefredakteur des Spiegel, im Oktober 2010 in seinem viel beachteten Essay »Der Wutbürger – Stuttgart 21 und die Sarrazin-Debatte: Warum die Deutschen derzeit so viel protestieren« hin: Die Vielzahl an sehr heftigen Protesten, an denen auch viele ältere Menschen des bürgerlichen Spek­trums – die sogenannten Wutbürger – teilnahmen, erklärte Dirk Kurbjuweit mit der Ablehnung von Wandel: Der Wutbürger »fühlt sich ausgebeutet, ausgenutzt, bedroht. Ihn ärgert das andere, das Neue. Er will, dass alles so bleibt, wie es war« (Kurbjuweit 2010).

Nach Einschätzung von Dieter Frey spielen auch die Nachwirkungen des Wertewandels – weg von Pflichtgefühl hin zu Selbstverwirklichung – für die Erklärung der Verrohung von Teilen der Gesellschaft eine wesentliche Rolle. Bei nicht wenigen Menschen lautet das Lebensmotto: »Ich lasse mich nicht einschränken, jetzt komme ich, ich habe Vorrang!«

Diese sicher nicht abschließende Mischung von Faktoren führt dazu, dass eine beunruhigend große Anzahl von Menschen nicht bereit ist, in belastenden und frustrierenden Situationen respektvoll zu bleiben, sondern relativ schnell ausrastet. Beobachten kann man dieses Ausrasten beispielsweise dann, wenn selbst Rettungskräfte, Feuerwehrmänner, Polizistinnen und Polizisten sowie Beschäftigte in Krankenhäusern und Arztpraxen bei ihrer Arbeit beleidigt, bedroht oder sogar körperlich angegriffen werden. Einen Eindruck von dem Ausmaß der Gewalt gegenüber Feuerwehrkräften gibt eine im Dezember 2023 vorgestellte Befragung von über 6.500 Mitarbeitenden der freiwilligen Feuerwehren: Demnach sind Gewalterfahrungen für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige Alltag. Rund die Hälfte der Befragten gab an, in den vergangenen zwei Jahren im Einsatz Gewalt erlebt zu haben. Dabei dominiert verbale Gewalt in Form von Beleidigungen oder Bedrohungen – in Worten und mit Gesten. Bei Einsätzen im Straßenverkehr berichtete mehr als ein Drittel der Befragten, dass ihnen mit Anfahren gedroht wurde. Immerhin rund 14 Prozent der Befragten haben sogar rückgemeldet, dass sie in den letzten zwei Jahren mit Feuerwerkskörpern beworfen wurden – und zwar nicht nur zu Silvester.1

Angesichts zahlreicher und im Zeitverlauf auch zunehmender Angriffe auf Feuerwehrleute, Rettungskräfte sowie Polizistinnen und Polizisten fordern Politik und Verbände ein härteres Durchgreifen. »Es braucht mehr Respekt vor anderen und konsequentes Bestrafen derjenigen, die sich nicht an die Spielregeln halten. […] hinter jeder Uniform steckt ein Mensch«, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, nannte solche Taten einen Angriff gegen den Staat und forderte von der Gesellschaft mehr Respekt gegenüber Einsatzkräften. »Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die das tun, auch mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden. Da hapert es noch«, sagte er im dpa-Gespräch.2

Bei einer im Juni 2023 im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes vom Forschungs­institut forsa durchgeführten Befragung von über 2.000 Menschen vertraten 80 Prozent der Befragten die Meinung, dass die Gesellschaft zunehmend verrohe und der Umgang der Menschen untereinander rücksichtsloser und brutaler werde. Diese Einschätzung findet sich bei Ost- und Westdeutschen sowie bei Männern und Frauen in ähnlichem Maße (forsa 2023).

Der Eindruck, dass der Umgang der Menschen miteinander zunehmend brutaler wird, wird von aktuellen Zahlen – aus ganz unterschiedlichen Bereichen – bestätigt:

Bei der Gewaltkriminalität gab es nach zuvor rückläufigen Fallzahlen von 2021 auf 2022 einen Anstieg von 20 Prozent. Dieser Anstieg lag im statistisch erwartbaren Rahmen, da während der Pandemie die Kriminalität zurückging – vor allem, weil die Menschen mehr zu Hause blieben. Allerdings – und dies ist der eigentlich besorgniserregende Trend – gab es im ersten Halbjahr 2023 einen weiteren Anstieg von 17 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres. Dieser erneute Anstieg von Gewaltdelikten ist nach den Ausführungen des BKA-Präsidenten nicht mit Nachholeffekten nach den pandemiebedingten Rückgängen erklärbar. Vielmehr scheint der langfristige Abwärtstrend beendet zu sein.3

Auch im Bereich des Jugend- und des Amateurfußballs lässt sich eine Zunahme von Gewalt erkennen. Auswertungen der Tübinger Kriminologin Thaya Vester, die auch Mitglied der Expertengruppe »Fair play – gegen Gewalt und Diskriminierung« des Deutschen Fußballbundes ist, zeigen, dass die Anzahl von Spielabbrüchen als Folge sehr starker Gewalt seit...

Erscheint lt. Verlag 28.3.2024
Reihe/Serie Haufe Fachbuch
Haufe Fachbuch
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Aggression • Arbeitsplatz • Arbeitsschutz • Belastung • BEM • BetrieblichesGesundheitsmanagement • BGM • Eskalation • Gesundheitsmanagement • Gewaltdeeskalation • Gewaltereignis • Gewaltprävention • HR • metoo • Personal • Personalführung • Pressel • Problem • Psychisch • sexuelleGewalt • Tabu • Tabuthema • Unternehmenskommunikation
ISBN-10 3-648-17622-6 / 3648176226
ISBN-13 978-3-648-17622-1 / 9783648176221
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