Wissenskrieger - von Big Data zu Brain Data (eBook)
208 Seiten
REDLINE Verlag
978-3-96267-456-4 (ISBN)
Edgar K. Geffroy ist Unternehmer, Wirtschaftsredner und Bestsellerautor. Mit 30 Jahren Berufserfahrung als Unternehmensberater zählt er heute zu den erfolgreichsten Referenten und Vordenkern in Deutschland. Der Erfinder des Clienting setzt immer wieder neue Maßstäbe im Bereich Kundenorientierung und Veränderung durch den digitalen Wandel. Im Redline Verlag sind von ihm unter anderem Das Einzige, was stört ist der Kunde und Herzenssache Mitarbeiter erschienen.
Edgar K. Geffroy ist Unternehmer, Wirtschaftsredner und Bestsellerautor. Mit 30 Jahren Berufserfahrung als Unternehmensberater zählt er heute zu den erfolgreichsten Referenten und Vordenkern in Deutschland. Der Erfinder des Clienting setzt immer wieder neue Maßstäbe im Bereich Kundenorientierung und Veränderung durch den digitalen Wandel. Im Redline Verlag sind von ihm unter anderem Das Einzige, was stört ist der Kunde und Herzenssache Mitarbeiter erschienen.
KAPITEL 5
DIE SILICON-VALLEYSTRATEGIE
... und wie ein kleines Tal den Rest der Welt erobert hat
Silicon Valley. Das ist Mythos und Machtzentrum zugleich. Von hier aus startet die Technologiebranche jeden Tag aufs Neue Angriffe auf das Wirtschaftsestablishment, und keine Branche bleibt verschont. Es wird Zeit, sich zu wehren.
Ein kleines Tal in Kalifornien bringt dem Rest der Welt das neue Einmaleins der Wirtschaft bei. Und das bereits seit den Kindheitstagen des Internets. Doch erst die letzten zehn Jahre haben gezeigt, wozu die geballten Kräfte der Informationstechnologie tatsächlich fähig sind: Sie verändern die Welt nach ihren eigenen Spielregeln, und sie verändern nicht nur die Businesswelt, sondern insbesondere die Welt eines jeden Einzelnen. Zuerst lehrten die Flip-Flop-Träger den Anzügen der Wall Street das Fürchten: Westküste gegen Ostküste hieß es bereits vor vielen Jahren. Heute weiß längst auch der Rest der Welt, dass eine App mehr Begehrlichkeiten bei Kunden wecken kann als eine über Jahrhunderte etablierte Dienstleistung. Die Macht der Finanzwelt bröckelt dabei genauso schnell wie die Aktienkurse alteingesessener Medienunternehmen.
Doch mit Macht verhält es sich so wie mit Geld: Sie geht nicht verloren. Sie gehört nur jemand anderem. Existenzängste gab es schon immer, doch sie greifen heute immer mehr um sich: Amazon erfand den Büchermarkt neu und ließ Buchhändler auf der ganzen Welt verzweifeln — und anschließend hat dasselbe Unternehmen die ganze Welt der Kaufhäuser und Einzelhändler ins Visier genommen; die Taxifahrer auf allen Erdteilen wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Programmierkünstler von Uber; und Airbnb zeigt nicht nur der Generation Y, wie man das Wort Ferienwohnung völlig neu definiert. Und wie Apples Servicefachkraft »Siri« das Urgestein Fernsehen mit Netflix-ähnlichen Produkten noch älter aussehen lässt, konnten wir auf der letzten Apple Keynote bereits erahnen. Den Untergang des Fernsehens, wie wir es kennen, wird uns YouTube in ein paar Jahren nur noch im Zeitraffer präsentieren können. Wie sieht aktuell die Gegenwehr aus? Die meisten halten die Hände vor die Augen und ducken sich in der Hoffnung, dass ihre Urzeit-Branche nicht ins Visier der kalifornischen App-Programmierer rückt. Sie hoffen, dass kein Risikokapitalgeber das Potenzial eines 20-Jährigen mit verrückt klingenden Ideen erkennt und ihn mit mehrstelligen Millionenbeträgen füttert. Das Prinzip Hoffnung war allerdings schon immer ein schwaches Schwert, denn in der modernen Wirtschaftswelt ist Hoffnung ein Synonym für Passivität. Oder man tut das, was viele Großunternehmen und Wirtschaftsjournalisten seit Jahren machen: Man entsendet Delegationen von kompetenten Fachkräften nach San Francisco mit dem unmöglichen Auftrag, den Geist des Silicon Valley zu inhalieren und das Geheimnis der neuen Generation zu lüften. Mehr schlecht als recht wird dann versucht, das vermeintliche Erfolgsprinzip mit hauseigenen Mitteln zu kopieren. Der große Fehler ist offensichtlich: Man möchte auf einen Zug aufspringen, den man selbst nicht lenken kann. Mit an Bord: die Hoffnung, dass man von denen, die Richtung und Tempo bestimmen, geduldet wird.
Ein Beispiel soll die Hilflosigkeit auf unserer Seite verdeutlichen: Volkswagen beschäftigt 600.000 Mitarbeiter; mit der Daimler AG und den anderen großen deutschen Automobilherstellern bringen wir es auf über eine Million. Zählt man jetzt noch die internationale Garde der Automobilkonzerne wie General Motors, Fiat, Ford, PSA und Toyota hinzu, tummeln sich weit über drei Millionen kompetente Mitarbeiter in der Branche, die seit Erfindung des Automobils im vorletzten Jahrhundert ständig wächst. Doch welches Unternehmen gilt heute als das innovativste in der automobilen Welt? Es ist ein unscheinbarer Zwerg: Tesla Motors, 2003 gegründet und mit nur 70.000 Mitarbeitern extrem beweglich. Alle großen Automobilhersteller nutzen heute das Know-how eines Unternehmens, das Ingenieurskunst völlig neu definiert, denn es ist das erste Unternehmen der Branche, das sich zum Ziel gesetzt hat, Solarenergie und Emissionsfreiheit nicht nur technisch umzusetzen, sondern diese Technologie auch für den Durchschnittskonsumenten erschwinglich zu machen. Dieser kleine Unterschied ist es, der von Kunden auf Dauer belohnt wird, rückt es doch ihn selbst in den Mittelpunkt unternehmerischer Aktivitäten.
Und genau das ist des Pudels Kern in der Businesswelt: Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die Menschen wirklich benötigen und die sie sich auch wirklich leisten können. Produkte, die auch tatsächlich funktionieren und dadurch Interessenten erst zu Kunden machen. Produkte, die jeder braucht, selbst wenn man noch gar nicht weiß, dass es diese Produkte gibt. Etwas, was man nicht herbeisehnt, weil man bisher ja eigentlich auch gut auskam, ohne es zu besitzen. Produkte, die man aber aus dem Regal reißt, weil man sie haben will, sobald man ihren Nutzen erkannt hat. Kommt Ihnen das bekannt vor? Auch in Deutschland hat die Generation Y — Macher, die erkannt haben, was der Markt vielleicht brauchen könnte — Produkte entwickelt, die neue Märkte überhaupt erst entstehen ließen. Und das in einer Zeit, als sich die meisten ängstlich fragten, wie es denn überhaupt weitergehen soll. Was auf Unternehmerseite nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und Europa entstanden ist, verdient noch heute Respekt, denn es hat vieles, was jetzt aus dem Silicon Valley zu uns herüberschwappt, erst möglich gemacht. Doch die heutige Generation hat noch nicht verstanden, dass nur Weiterentwicklung die Wirtschaft am Leben erhält — und gleichzeitig neues Leben schafft. Stattdessen sind wir ein Land von Vermögensverwaltern geworden, die an der Börse das über Jahrzehnte erschaffene Vermögen zu vermehren suchen. Doch der Niedergang ganzer Sparten ist vorprogrammiert — im wahrsten Sinne des Wortes. Lehman Brothers war 2008 ein Warnzeichen — allerdings eines, das bereits vergessen wurde. Es folgte eine Zeit, in der Banken sich nicht mehr gegenseitig vertrauten, und die Auswirkungen dieses Desasters beeinflussen noch heute die Finanzmärkte.
Es wird Zeit umzudenken. Wir müssen uns vor Augen halten, wie viele der vorgenannten Unternehmen Wissen bereits heute als zentralen Rohstoff einsetzen. Wir müssen in die Zukunft investieren, und dazu muss sich erst einmal das Bankensystem neu erfinden, denn eine Investitionsbereitschaft, wie sie die Venture Capitalists der Westküste zelebrieren, ist Voraussetzung für Wachstum. Allerdings kann niemand von einem klassischen Banker am Point of Sale erwarten, dass er hohe Beträge in Dinge investiert, von denen er nicht den Hauch einer Ahnung hat. Angeborene Zurückhaltung lässt sich nur überwinden, wenn Banken Berater einstellen, die mit der Materie vertraut sind, sie neutral bewerten und dann im Sinne von Gründer und Bank eine Empfehlung aussprechen — und am Ende auf Erfolgsbasis entlohnt werden. Oder wenn die Rücklagen der großen Kapitalgesellschaften für Risikoinvestitionen genutzt werden.
Es gibt viele Möglichkeiten, Antworten auf das Silicon Valley zu geben. Wer diese Möglichkeiten zuerst erkennt und nutzt, wird am Ende zu den wenigen Gewinnern gehören. In meinen Augen sollte es bei alldem nicht darum gehen, zu versuchen, das Silicon Valley zu kopieren. Schließlich ist es aus dem Freigeist und der Mentalität einer völlig anderen Kultur entstanden. Wir hingegen sind seit jeher Weltmeister im analytischen Aufgreifen von Ideen, denn wir haben schon immer gewusst, dass Ideen allein nicht ausreichen. Die Umsetzung einer Idee ist es doch erst, die Bälle ins Rollen bringt. Computer zum Beispiel: Die gab es bereits lange vor Steve Jobs, Bill Gates und Michael Dell, doch welche Namen aus der Pionierzeit — außer diesen dreien — fallen einem heute noch ein? Lange bevor Thomas Alva Edison die Glühbirne mit einem Klick zum Erleuchten brachte, hatten bereits zahlreiche Tüftler funktionierende Prototypen entwickelt. Doch Edison war der Erste, der die Häuser auch mit der notwendigen Infrastruktur, sprich: Stromleitungen, versorgte. Erst damit war der Erfolgsweg für die Elektrizität geebnet. Und der Name Edison ist folglich der einzige aus der Welt der Glühbirnen, der nicht vergessen wurde. Und genauso ist es noch heute: Man muss nicht nur Technologien, sondern auch Plattformen bereitstellen. Erst dann wird diese Technologie auch nutzbar. Am Ende sind es die Plattformen, die das große Geld machen und immer mehr Arbeitsplätze schaffen. Das sind längst alles wissensbasierte Unternehmen. Siehe eBay. Siehe Facebook. Siehe Amazon.
Doch bei aller Angst und Euphorie gilt: Auch im Silicon Valley ist nicht alles Gold, was glänzt. Über viele Jahre zusammengetragene Zahlen belegen es: Von zehn bahnbrechenden Ideen, die mit den Millionen der Risikokapitalgeber gefüttert werden, verhungern am Ende neun. Ideen und Menschen können scheitern, hüben und drüben. Der Unterschied des Erfolgs liegt in der Reaktion: Wer hierzulande scheitert, liegt für immer am Boden. Auf den Verlierer sind 1.000 Zeigefinger gerichtet, die bereits vorher wussten, dass die Idee überhaupt nicht funktionieren kann. Im Silicon Valley hingegen genießt der Verlierer den Respekt derer, die wissen, dass allein der Versuch bereits das war, was die 1.000 Zeigefinger sich nie getraut hätten. Und die Risikokapitalgeber, die ihr Geld verloren haben, dürsten bereits nach der nächsten Idee des Gescheiterten, die vielleicht eines Tages den ganz großen Wurf verspricht. Die nächste Suchmaschine. Die nächste Dropbox. Oder das Gerät, das aus Smartphones und ebenso smarten Watches Geschichte machen wird. Der Kunde von heute, der digitale Kunde, hat gar nicht so viel mehr Kaufkraft als der analoge Kunde der Nachkriegszeit. Es ist das Internet, das...
| Erscheint lt. Verlag | 19.6.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
| Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Wirtschaft | |
| Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management | |
| Schlagworte | Arbeitskräftemangel • Big Data • Digitalisierung • Erfolg • Fachkräfte • Führung • Geschäftsmodell • Knowledge Economy • Kunde • Kundenservice • Silicon Valley • superbrain • Wissen • Wissensgesellschaft |
| ISBN-10 | 3-96267-456-X / 396267456X |
| ISBN-13 | 978-3-96267-456-4 / 9783962674564 |
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