Im digitalen Ökosystem (eBook)
192 Seiten
REDLINE Verlag
9783962672607 (ISBN)
Harald A. Summa ist Gründer und Geschäftsführer des eco-Verband der Internetwirtschaft, des mit über 1100 Mitgliedsunternehmen größten Zusammenschlusses der Internetwirtschaft in Europa. Seit 1996 leitet er den weltweit größten und von ihm mitbegründeten Internetknoten DE-CIX in Frankfurt am Main. 2018 wurde er von dem hessischen Ministerpräsidenten in den Rat für Digitalethik berufen.
Harald A. Summa ist Gründer und Geschäftsführer des eco-Verband der Internetwirtschaft, des mit über 1100 Mitgliedsunternehmen größten Zusammenschlusses der Internetwirtschaft in Europa. Seit 1996 leitet er den weltweit größten und von ihm mitbegründeten Internetknoten DE-CIX in Frankfurt am Main. 2018 wurde er von dem hessischen Ministerpräsidenten in den Rat für Digitalethik berufen.
Zuversicht: Warum sie nicht nur
nützlich ist, sondern auch
machbar
Zapfenunterwäsche und die natürliche Ordnung der Dinge
Douglas Adams, der vor allem für seine Science-Fiction-Reihe Per Anhalter durch die Galaxis bekannte Schriftsteller, hatte in »Lachs im Zweifel« sinngemäß Folgendes über Technologie zu sagen: Alles, was bei deiner Geburt in der Welt ist, ist normal. Alles, was in deiner Jugend erfunden wird, ist aufregend und ermöglicht dir vielleicht eine klasse Karriere. Alles, was danach kommt, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge.
Adams wusste genau, wovon er sprach. Er war einer der Science-Fiction-Autoren, für die Science mindestens genauso wichtig ist wie Fiction. Er kannte sich aus mit Technologie und mit Menschen, die Technologie nutzen. Obwohl viel zu früh gestorben, wurde Adams alt genug, um die Anfänge einiger aufregender und revolutionärer neuer Technologien mitzuerleben, darunter manche, die er in seinen Geschichten selbst visionär erfunden und beschrieben hatte. Adams Einfluss unter Techies war groß, die Entwickler des Übersetzungsprogramms Babel Fish huldigten dem Kultautor schon im Namen. Das war clever und trug sicherlich mehr zur Beliebtheit des Dienstes bei als die Qualität der Übersetzungen. An die erinnern Sie sich heute, wenn überhaupt, wahrscheinlich eher wegen ihrer unfreiwilligen Komik.
»Im Verlauf des Flirtings mit ihm, hob sie ihre Jacke in der Rückseite an und zeigte ihm die Brücken ihrer Zapfenunterwäsche, die über ihr Hosen ausdehnten«, lautete nach Frank Patalong von Spiegel Online der Bericht einer »Internierten« im »ovalen Büro«, übersetzt von Babel Fish anno 1998.8 Seither ist viel passiert. Automatisierte Übersetzungen sind heute sehr viel brauchbarer. Wer im Oktober 2017 die oben übersetzte Passage des im Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton wichtigen Starr-Reports von Google Translate übersetzen ließ, bekam dieses Ergebnis: »Während sie mit ihm flirtete, hob sie ihre Jacke im Rücken und zeigte ihm die Riemen ihrer Tanga-Unterwäsche, die sich über ihre Hose erstreckten.«
Automatische Übersetzungen sind nicht nur zuverlässiger geworden, sie werden auch immer bequemer zu bedienen, sie erfordern immer weniger Interaktion und werden dadurch immer weniger als umständlich empfunden. Sie werden dem Babelfisch von Adams, der im Ohr des Anwenders lebend heute vielleicht als »Living Wearable« vermarktet würde und imstande war, alle Sprachen des Universums simultan zu dolmetschen, immer ähnlicher. Das hat Folgen, nicht nur für diejenigen, die mit, sondern auch für die, die an solchen Programmen arbeiten. Und das sind nicht nur IT-Experten. Jaron Lanier schreibt in Wem gehört die Zukunft?, dass einer Automatisierung immer sehr viel menschliche Fleißarbeit vorausgeht und dass Übersetzungsprogramme lange mit Beispielsätzen gefüttert werden mussten, bevor sie verständlich wurden. Lanier bemängelt, dass die menschliche Arbeit bereits während der Einarbeitung der Programme nicht ausreichend honoriert wird, vor allem aber, dass die vielen Helfer an der Wertschöpfung nicht mehr teilnehmen, sobald das Programm eigenständig arbeitet. Wie mit solchen Voraussetzungen umzugehen ist, gehört mit zu der Frage nach einer guten digitalen Zukunft. Lanier schlägt vor, Menschen für das Produzieren von Daten zu entlohnen und das nicht nur bei Vorgängen wie dem Übersetzen, die an den klassischen Begriff von Arbeit anschließen, sondern beispielsweise auch für das Bereitstellen von Inhalten auf Social-Media-Plattformen.9 Ein ziemlich grundlegender Eingriff in die »natürliche Ordnung« der sozialen Medien.
Die meisten mir bekannten Personen über 35 finden den technischen Fortschritt gar nicht mal so übel. Das mag an meiner persönlichen Filterblase liegen. Oder daran, dass, wer heute 35 ist, schon das ein oder andere Mal erleben durfte, wie sich eine neue Ordnung als gar nicht so übel herausstellte. Douglas Adams würde das, wenn er heute auf die Welt zurückkäme, ähnlich sehen. Er fände die heutige Technologie im Großen und Ganzen ganz okay. Da bin ich mir ziemlich sicher. Warum? Weil er es selbst gesagt hat und zwar in dem Zitat von eben. Ich habe es nämlich, wie die meisten, die es verwenden, mitten im Satz abgeschnitten. Vollständig zitiert kommt Adams auf eine gänzlich andere, deutlich optimistischere Pointe: Alles was danach kommt, sei so lange gegen die natürliche Ordnung der Welt, bis wir uns daran gewöhnt hätten und es schließlich doch ganz okay fänden.
Der schwere Weg der kommenden Generationen zur Kompetenzgesellschaft
Von den vielen Gründen, warum deutsche Schulen Computer nur zögerlich einsetzen, ärgert mich einer besonders: Wenn Computer in erster Linie als hochgerüstete Taschenrechner wahrgenommen werden oder gar als Spickzettel 4.0. »Was soll nur aus unseren Schülern werden, wenn wir im Unterricht immer mehr auf digitale Medien setzen?«, lautet eine Sorge, die ich oft höre. Ich frage dann gerne zurück: »Was soll nur aus ihnen werden, wenn wir das nicht tun?«
Ich vermute, die Technikskepsis in den Schulen (damit meine ich übrigens explizit auch die Elternschaft) hängt mit unserem Selbstverständnis als Wissensgesellschaft zusammen. Der Begriff Wissensgesellschaft gefällt mir nämlich auch nicht. In einer Wissensgesellschaft, so klingt das für mich, ist die Eintrittskarte für Partizipation und Erfolg die Ressource »Wissen«.
Befindet sich in Ihrer Nähe eine gut sortierte Bibliothek, dann werfen Sie doch einmal einen Blick in das Große vollständige Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und Künste, von Experten kurz »der Zedler« genannt: 68 Bände, 33 Wissensbereiche, rund 284.000 Einträge. Fertiggestellt wurde das Universallexikon 1754, die Arbeit hatte mehr als 20 Jahre gedauert.10
Seitdem hat niemand mehr versucht, alles aufzuschreiben, was man wissen kann. Auch nicht bei Wikipedia, wo, sehr zum Ärger vieler hoffnungsvoller Neuautoren, die Mehrzahl der neu angelegten Artikel umgehend wieder gelöscht wird, meistens wegen mangelnder Relevanz. Dennoch könnte ein mit dem Zugriff auf Wikipedia und Google ausgestatteter Laie einem ohne Hilfsmittel antretenden Experten wohl einigermaßen Paroli bieten. Beim Aufsagen von Fakten. Wobei niemand bei klarem Verstand auf die Idee käme, einen solchen Wettbewerb auszurichten, geschweige denn die Ergebnisse für brauchbar zu halten. Weil wir nämlich alle wissen, dass es nicht der Zugriff auf Wissen allein ist, der den Könner vom NichtKönner unterscheidet. Was den Könner vom Nicht-Könner unterscheidet, ist das, was der mit dem Wissen anfängt. Es ist sein Maß an Kompetenz. Und Kompetenz ist so viel mehr als Wissen.
Anstatt uns darum zu sorgen, dass via Computer unkontrolliert Wissen in die Klassenzimmer einzieht, sollten wir uns daher lieber darauf konzentrieren, den Schülern die zukunftsweisenden Kompetenzen zu vermitteln, damit sie das verfügbare Wissen sinnvoll anwenden können.
Wie kann das gelingen?
Die Nutzung von Computern einfach freizugeben, wäre ein ebenso hilfloser Ansatz wie Verbote und Einschränkungen. Praktikable Lösungen sind rar, Erfahrungswerte sind rarer, und wer von mir erwartet, eine schnelle Lösung aufgezeigt zu bekommen, den muss ich leider enttäuschen. Eine umfassende und kluge Lösung ist mir derzeit nicht bekannt. Wie könnte sie auch, befinden wir uns doch mitten im Umbruch von der, aus meiner Sicht überholten, Wissensgesellschaft in die zukunftsfähige Kompetenzgesellschaft. Wir stecken nicht unbedingt im 18. Jahrhundert fest, aber im 21. Jahrhundert sind wir auch noch nicht richtig angekommen.
Ich habe aber Vorschläge. Einer davon lautet: Wir sollten den nachfolgenden Generationen den Weg in die Kompetenzgesellschaft nicht dadurch erschweren, dass wir an den überholten Vorstellungen einer Wissensgesellschaft festhalten. Der allererste Schritt dazu wäre es, dass wir den freien Zugang zum Wissen dieser Welt für jeden, immer und überall nicht als Problem betrachten, sondern als Errungenschaft.
Ist Technologie »alright really«? Auch ich habe viel mit Technologie zu tun und mit Menschen, die Technologie verwenden. Die Texte, mit denen ich normalerweise arbeite, sind jedoch deutlich trockener als Science Fiction. Viele davon sind Studien, Analysen und Prognosen. An der Entstehung einiger solcher Texte bin ich regelmäßig selbst beteiligt. Es sollte mir daher leichtfallen, an dieser Stelle ein, zwei davon zu zitieren und Ihnen einige ausgewählte Zahlen vorzulegen. Es sollte mir leichtfallen, Ihnen damit den Beweis zu erbringen, dass Technologie nicht nur eigentlich ganz okay ist, sondern dass Technologie unser Leben in der jüngsten Vergangenheit sehr viel lebenswerter...
| Erscheint lt. Verlag | 12.7.2020 |
|---|---|
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Wirtschaft |
| Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management | |
| Schlagworte | Agilität • Arbeitnehmer • Bestseller • Community • Daten • DE-CIX • Digitales Zeitalter • digitale Transformation • Digitalisierung • Eco • Effizienz • Elon Musk • Erfolg • Ethik • Fähigkeit • Führungskraft • Harald Summa • Im digitalen Ökosystem • Innovation • Integrität • Internet • Internetknoten • Internetwirtschaft • Karriere • Kompetenz • Kooperation • Kultur • Kulturwissenschaft • Management • Moral • Moralphilosophie • Networking • Networking Tools • Netzwerk • Ökosystem • Organisation • Philosophie • redline verlag • Resilienz • Ressource • Souveränität • Team • Teamwork • Technik • Unternehmen • Unternehmensführung • Unternehmenskultur • unternehmen strategie • Vernetzung • Voraussicht • Wirtschaft • Wissenschaft • Zukunft • Zuversicht |
| ISBN-13 | 9783962672607 / 9783962672607 |
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