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Hautkrebs oder Lakritze -  Niels Andrew

Hautkrebs oder Lakritze (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
282 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-6951-3968-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
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Ein dunkler Fleck auf der Haut. Vielleicht ist es nur Lakritze, denkt er, ein sarkastischer Versuch, die Angst zu verdrängen. Doch es ist Hautkrebs. Diese ironische Selbsttäuschung gibt dem Buch seinen ungewöhnlichen Titel. Sie zeigt, wie schwer es ist, eine lebensverändernde Diagnose zu akzeptieren und wie Humor manchmal das Einzige ist, was bleibt, um das Unfassbare ertragen zu können. Hautkrebs oder Lakritze ist mehr als ein Erfahrungsbericht. Es ist ein schonungslos ehrlicher, zugleich hoffnungsvoller Weg durch die Diagnose Hautkrebs, durch Operationen, Arztgespräche, Therapie und Reha. Der Autor beschreibt nicht nur die medizinischen Stationen, sondern auch die inneren Kämpfe: Ängste, Zweifel, Momente der Verzweiflung und die kleinen Augenblicke, die neue Kraft geben. Dieses Buch richtet sich an alle, die selbst betroffen sind, an Angehörige, die ihre Lieben verstehen wollen, und an Menschen, die Mut aus echten Geschichten schöpfen. Es verbindet persönliche Erlebnisse mit einem klaren Blick auf die Realität und zeigt, dass Stärke manchmal bedeutet, auch Schwäche zuzulassen.

Mit Hautkrebs oder Lakritze legt Niels Andrew ein bewegendes und zugleich ungewöhnlich ehrliches Buch vor. Der Autor beschreibt seinen Weg durch Diagnose, Behandlung und Reha, mit all den Ängsten, Schmerzen und Hoffnungen, die damit verbunden sind. Der Titel verweist auf einen Moment der Verdrängung und des Sarkasmus: Als der dunkle Fleck auf der Haut auftaucht, denkt er zunächst, es könne etwas Harmloses sein, vielleicht ein Überbleibsel von Lakritze. Diese ironische Selbsttäuschung macht deutlich, wie schwer es ist, eine lebensverändernde Diagnose anzunehmen. Gerade in dieser Mischung aus Schonungslosigkeit und schwarzem Humor liegt die Kraft des Buches. Es zeigt, dass man der Krankheit nicht nur mit Medizin, sondern auch mit Mut, Ehrlichkeit und manchmal mit einem Schuss Sarkasmus begegnen kann. Hautkrebs oder Lakritze ist ein Buch für Betroffene, Angehörige und alle, die verstehen wollen, wie man trotz einer Diagnose den Glauben an das Leben nicht verliert.

Kapitel 1:


Der schwarze Fleck

Es begann mit einem Bein. Genauer gesagt: mit meinem linken Oberschenkel. Der war bislang weitgehend unauffällig gewesen – weder besonders ästhetisch noch besonders interessant. Ein Stück Fleisch eben, zwischen Knie und Hüfte, das seinen Dienst tat und ansonsten kein großes Aufsehen erregte. Doch an jenem Dienstagmorgen, der sich ohnehin anfühlte wie ein Montag mit Verspätung, entdeckte ich etwas. Etwas, das da nicht hingehörte. Und was mich bis heute verfolgt: der schwarze Fleck.

Ich war gerade dabei, mich mit knirschenden Gelenken und der gewohnten Morgenlaune in meine Boxershorts zu wuchten – ein Prozess, der in meinem Alter ungefähr so elegant ist wie ein Nilpferd im Ballettunterricht – als ich ihn sah. Ich hätte fast das Gleichgewicht verloren. Kein Scherz. Da war dieser dunkle Punkt, rund, etwa so groß wie eine alte 1-Cent-Münze, also gut anderthalb Zentimeter im Durchmesser. Tiefschwarz. Mit leicht ausgefranstem Rand. Und das Schlimmste: Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, ihn jemals zuvor gesehen zu haben.

„Ursula! Komm mal!“, rief ich nach meiner Frau, während ich mit heruntergelassener Hose im Schlafzimmer stand, als hätte ich gerade die nächste Evolutionsstufe eines Hautproblems entdeckt. Sie kam mit ihrer typischen Mischung aus mütterlicher Geduld und unterschwelligem Spott ins Schlafzimmer gestapft. Ursula ist das, was man eine patente Frau nennt. Handfest, unerschütterlich, mit einem Blick, der dir klarmacht, dass du als Mann bestenfalls das zweitwichtigste Säugetier im Haushalt bist – gleich nach dem Hund.

„Was schreist du denn so?“, fragte sie, während sie sich die Brille aufsetzte. Ich zeigte auf meinen Oberschenkel.

„Guck dir das mal an. Das war gestern noch nicht da, oder?“

Sie beugte sich runter, betrachtete den Fleck mit dieser Ernsthaftigkeit, die sie sonst nur bei der Steuererklärung zeigt, und sagte schließlich: „Na, das sieht ja hübsch unappetitlich aus.“

„Das hilft mir jetzt auch nicht weiter“, knurrte ich.

„Du gehst zum Arzt.“

„Ach komm, das ist doch wahrscheinlich nur… ein Altersfleck. Oder eine Pigmentstörung. Oder ich bin mit dem Knie gegen was Dunkles gelaufen.“

„Mit dem Oberschenkel?“

„Vielleicht hab ich im Schlaf geträumt, ich wär eine Fledermaus. Keine Ahnung.“

Ursula ließ sich nicht beirren. Innerhalb von zehn Minuten hatte sie einen Termin beim Hausarzt organisiert. Natürlich nicht heute – nein, in einer Woche. Das ist bei uns auf dem Land praktisch eine Notfallbehandlung. Ich hätte ihr am liebsten gesagt, dass ich bestimmt auch ohne ärztliche Hilfe klarkomme – aber leider war ich zu beschäftigt damit, heimlich Google zu konsultieren. Und sagen wir so: Wenn man „schwarzer Fleck Haut plötzlich“ in die Suchmaschine eingibt, dann bekommt man ungefähr 7 Millionen Gründe, um panisch die letzte Ölung zu beantragen.

Ich klickte mich durch Artikel mit Titeln wie

„Schwarzer Hautkrebs – der lautlose Killer“

oder

„Wenn der Tod einen Punkt macht“.

Die Fotos dazu sahen aus wie etwas, das man normalerweise nur in Zombie-Filmen oder sehr schlechten Küchen findet. Mein Fleck sah noch nicht so aus. Aber Google wäre nicht Google, wenn es mich nicht überzeugt hätte, dass ich in spätestens drei Wochen ein Fall für den Bestatter bin.

Ursula hingegen blieb ruhig. Wie immer. Sie kochte mir Tee – was bei uns bedeutet, dass ich krank bin oder mich aufführe wie ein Vierjähriger mit Kopfweh. Wahrscheinlich beides. Sie redete nicht viel. Sie beobachtete. Und ich wusste: Sobald sie diesen Ton annimmt, ist es vorbei mit Ausreden.

Ich versuchte, Friedrich zu ignorieren. Ja – ich hatte ihm inzwischen einen Namen gegeben. Friedrich klang seriös. Unaufgeregt. Nach jemandem, der Steuerberater ist, aber heimlich Heavy Metal hört. Ein guter Name für etwas, das in mir lebte, aber hoffentlich kein Eigenleben entwickelte. Doch je mehr ich ihn ansah, desto mehr schien Friedrich mir sagen zu wollen:

Ich bleib. Ich bin gekommen, um zu siegen.

Die Tage bis zum Arztbesuch zogen sich wie Kaugummi auf Teppich. Ich begann, mit Friedrich zu reden. Manchmal scherzhaft, manchmal warnend. Ich sagte Sachen wie: „Hör mal, Friedrich, wir hatten keinen Mietvertrag.“ Oder: „Wenn du weiterwächst, kriegst du einen eigenen Kalender.“ Ich versuchte, es mit Humor zu nehmen – was in etwa so funktionierte wie Lachyoga bei Zahnschmerzen.

Natürlich hatte ich in der Zwischenzeit jede Menge Theorien. Vielleicht war es ein eingewachsener Haarfollikel. Vielleicht ein winziger Alien, der durch meine Haut atmet. Oder ein Stück Lakritz, das sich festgesetzt hatte. Aber all diese Theorien halfen nicht gegen den schleichenden Gedanken:

Was, wenn es doch Krebs ist?

Ich sagte nichts – weder zu Ursula noch zu den Kindern, die gerade mit dem üblichen Desinteresse an allem außer WLAN durch die Gegend schlurften. Aber innerlich begann ich, Listen zu machen. Dinge, die ich noch tun wollte. Dinge, die ich bereute. Menschen, denen ich sagen sollte, dass ich sie mag. Und mindestens zwei, denen ich eine reinhauen wollte, bevor ich ging.

Dann kam der Tag des Arztbesuchs. Ursula bestand darauf, mitzukommen – „damit du keinen Quatsch erzählst“. Ich protestierte. Verlor. Wie immer. Im Wartezimmer saßen vier Rentner, eine übermotivierte Arzthelferin und ich – mit einem Fleck auf dem Oberschenkel und dem Gefühl, dass Friedrich gerade die Hauptrolle in einem Drama über Vergänglichkeit spielte.

Der Wartebereich beim Hausarzt roch wie immer nach einer Mischung aus Desinfektionsmittel, alten Zeitschriften und dieser undefinierbaren Mischung aus Krankheit und Rentnermantel. Ich saß zwischen zwei Damen, die aussahen, als hätten sie sich hier bereits letztes Jahr im Dezember hingesetzt und seitdem still durchgehalten. Ursula hatte mir die Anmeldung abgenommen – wahrscheinlich, damit ich nicht noch beim Namen stottere oder aus Versehen sage, ich sei „wegen eines psychosozial bedingten Hautunfalls“ hier.

Nach 35 Minuten und fünfmaligem Umblättern in einer Zeitschrift von 2018, in der es noch Hoffnung auf die Rückkehr der Wählscheibe gab, wurde ich aufgerufen. Dr. Kellner, mein langjähriger Hausarzt, begrüßte mich mit einem Lächeln, das irgendwo zwischen müde und professionell pendelte. Er war ein ruhiger Mann Mitte sechzig, dessen Körperhaltung immer ein bisschen so wirkte, als würde er gleich zum Nachmittagsschläfchen übergehen.

„Na, was haben wir denn heute?“, fragte er, während ich mich schon mal geistig darauf vorbereitete, mein Bein zu entblößen, was in einer engen Kabine mit Neonlicht grundsätzlich mehr Demut erforderte als eine Steuerprüfung.

„Ich hab da was am Bein. Ist mir letzte Woche aufgefallen“, murmelte ich. „So ein schwarzer Fleck.“

„Mhm“, machte er, und forderte mich auf, mich auf die Liege zu legen. Ich zog also die Hose hoch, was bei einer Jeans ab fünfzig zu einem kleinen olympischen Kraftakt wird, und präsentierte dem Arzt mein linkes Bein wie ein Kellner ein zu teures Steak: „Da, bitte sehr, genießen Sie den Anblick.“

Er beugte sich runter, rückte seine Brille zurecht, und stieß ein kleines „Aha“ aus. Ein harmloses „Aha“. Kein Aha! mit Ausrufezeichen. Kein „Oh je.“ Kein „Hm, das sieht aber…“ – einfach nur „Aha“, wie jemand, der in einem Kreuzworträtsel plötzlich das Wort „Roggenbrot“ erkennt.

Er musterte den Fleck mit geübtem Blick, nahm ein kleines Lupen-Dings aus der Schublade – ein Gerät, das aussah wie ein Spielzeugmikroskop für Erwachsene – und brummte zufrieden.

„Also ich würde sagen, zu 99 % ist das ein ganz normaler Altersfleck“, sagte er.

Ich war kurz versucht, Friedrich direkt auf Facebook als offiziellen Altersfleck zu posten. Mit Geburtsdatum und einer kleinen Lebensgeschichte:

Wurde entdeckt zwischen dem zweiten Kaffee und dem Ziehen im unteren Rücken – hat sich seitdem friedlich auf dem Oberschenkel eingenistet.

„Nichts Auffälliges an der Form, die Ränder sind gleichmäßig, die Farbe ist homogen“, sagte der Doktor weiter, während er schon die Akte wieder zuklappte.

Ich war schon halb in der Bewegung, die Hose wieder runterzuziehen, als Ursula sich räusperte. Das gefürchtete „Ehefrauenräuspern“. Wenn man das hört, weiß man: Gleich gibt’s kein Entkommen.

„Und was ist mit dem einen Prozent?“, fragte sie.

Dr. Kellner hob den Blick. „Nun ja, bei Hautveränderungen ist es immer gut, wachsam zu bleiben. Aber ehrlich gesagt: Ich sehe keinen Anlass zur Sorge.“

„Trotzdem. Ich hätte gerne, dass ein Dermatologe sich das anschaut.“

„Aber Ursula, er sagt doch, es ist ein Altersfleck!“ warf...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-6951-3968-4 / 3695139684
ISBN-13 978-3-6951-3968-2 / 9783695139682
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