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Waldmehrung für Klimaschutz -  Justus Eberl,  Florian Born,  Philipp Korbmacher,  Oliver Klein,  Carl-Christian Meyer,  Moritz Freiherr

Waldmehrung für Klimaschutz (eBook)

Abschlussbericht des Forschungsvorhabens 'KlimaWald Los 2 Biodiversitätsfördernde Waldmehrung'
eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
234 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-6951-4859-2 (ISBN)
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(CHF 29,95)
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Die natürlichen Kohlenstoffsenken sind aktuell die einzig wirksamen Möglichkeiten, um der Atmosphäre Kohlenstoff zu entziehen. Diese Klimaschutzleistung ist daher für die Erreichung des Ziels der Klimaneutralität unverzichtbar. Dazu ist sowohl die Sicherung als auch die Steigerung der Senkenleistungen des Landnutzungs-, Landnutzungsänderungs- und Forstsektors (LULUCF) erforderlich. Angesichts einer Vielzahl von begrenzenden Faktoren in der bestehenden Landnutzung ist auch die Mehrung der Waldfläche dazu eine entscheidende Komponente. Die Neuanlage von Wald ermöglicht darüber hinaus zahlreiche Co-Benefits für andere Gemeinwohlleistungen. Im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz untersuchte eine interdisziplinäre Forschungsgruppe Möglichkeiten, Hemmnisse und Fördermöglichkeiten für eine Waldmehrung, die dem Klimaschutz und der Förderung der Biodiversität dient. Dazu wurde der rechtliche, ökonomische und ökologische Rahmen und die Einstellung von Praktikern zur Waldmehrung analysiert. Die im Rahmen des Vorhabens durchgeführten rechtswissenschaftlichen, ökonomischen, ökologischen und ökosystemmodellierenden Untersuchungen konnten Wege zur Lösung der Waldmehrungsproblematik aufzeigen und Potentiale beziffern. Die juristische Untersuchung zeigt Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Genehmigungsvorbehalts der Erstaufforstungsgenehmigung auf. Die ökonomische Untersuchung identifiziert Rahmenwerte, um Landnutzern attraktive Anreize für die Entwicklung von Wald auf Offenland zu bieten. Auch die Klimaschutzwirkungen verschiedener Waldmehrungsmöglichkeiten wurden modelliert. Im Ergebnis dieser Teiluntersuchungen wird die Möglichkeit einer Neuwaldbildung beschrieben, die auch ohne waldrechtliche Genehmigung v.a. unter Rückgriff auf gestützte natürliche Prozesse biodiversitätsreiche Neuwälder ermöglicht. Die Untersuchung schließt mit dem Vorschlag einer konkreten Förderrichtlinie für potentielle Fördermittelgeber ab, die europa- und bundesrechtlichen, insb. beihilferechtlichen Ansprüchen genügt.

Justus Eberl studierte Rechts- und Forstwissenschaften in Freiburg im Breisgau, Buenos Aires und Göttingen. Promotion am Lehrstuhl für Forstpolitik und Forstliche Ressourcenökonomie der TU Dresden in Tharandt. Vorbereitungsdienst und Zweite Juristische Staatsprüfung in Niedersachsen. Seit 2022 Professor für Forstpolitik und Umweltrecht an der Fachhochschule Erfurt.

4 Bundesrechtlicher Rahmen

Im Folgenden wird der bundesrechtliche Rahmen dargestellt, welcher bei einer Erstaufforstung einzuhalten ist.

Die Zentralvorschrift für die Neuanlage von Wald stellt § 10 BWaldG dar. Dieser ist vom Umfang und Inhalt her äußert knappgehalten worden. So heißt es in § 10 Abs. 1 Satz 1 BWaldG lediglich, „die Erstaufforstung von Flächen bedarf der Genehmigung (…)“. Weitere Konkretisierungen, wie Mindestgröße oder Einschränkungen hinsichtlich der Art der Flächen nennt § 10 BWaldG nicht. So unkompliziert, wie § 10 Abs. 1 Satz 1 BWaldG formuliert ist, stellt sich die Situation allerdings nicht dar. Da eine Erstaufforstung ihrem Wesen nach eine auf menschliches Handeln beziehungsweise Tun gerichtete Maßnahme ist, verwundert es nicht, dass mit der Neuanlage von Wald zwangsläufig Landnutzungsinteressen kollidieren. Berücksichtigung finden diese kollidierenden Interessen nicht nur in den Versagungsgründen gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 BWaldG, sondern auch in den Regelungen zum Naturschutz, der Raumordnung oder dem Grundstücksverkehr. So setzt sich der für Waldmehrung relevante Rechtsrahmen auf Bundesebene aus dem Bundeswaldgesetz17 (BWaldG), dem Bundesnaturschutzgesetz, den Belangen der Raumordnung und der Landschaftspflege und Aspekten des Grundstückverkehrsrecht zusammen.

In der nachfolgenden Untersuchung wird als erstes dieser Rechtsrahmen dargestellt und erläutert. Eingangs wird der Untersuchungsgegenstand der „Erstaufforstung“ anhand des Waldbegriffs des BWaldG und dessen Anwendungsbereichs eingegrenzt, um sodann das Genehmigungsverfahren gem. § 10 BWaldG zu erläutern. An dieser Stelle wird der Schwerpunkt insbesondere auf diejenigen Aspekte gelegt, die in der Regel für oder gegen eine Genehmigung sprechen. Ziel ist es herauszufinden, ob das Genehmigungsverfahren zu einer zügigen Bewilligung von Erstaufforstungsgenehmigungen beitragen kann, oder ob Anpassungsbedarfe bestehen. Für den letzteren Fall werden abschließend Anpassungsvorschläge erarbeitet.

4.1 Waldbegriff und Anwendungsbereich der Erstaufforstungsgenehmigung

Aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang der Norm wird deutlich, dass vom Anwendungsbereich einer Erstaufforstung im Sinne des § 10 BWaldG nur diejenigen Flächen umfasst sein können, welche durch zielgerichtete menschliche Maßnahmen mit Forstpflanzen bestockt wurden (Endres 2022).

4.1.1 Inhalt und Reichweite des Waldbegriffs

Im Zuge einer Erstaufforstung wird eine Nicht-Wald-Fläche zu Wald, mit der Folge, dass die Fläche, die ursprünglich nicht dem Anwendungsbereich des BWaldG unterlag, nunmehr von diesem umfasst wird. Der Zeitpunkt, ab dem die Erstaufforstungsfläche als Wald im Sinne des BWaldG darstellt, ist nicht ohne weiteres bestimmbar. § 10 BWaldG schweigt zu dieser Frage, sodass es im Bundesrecht an normativen Anknüpfungspunkten fehlt. In den Ländern bestehen tlw. Regelungen, so bspw. in Niedersachsen, wo gem. § 2 Abs. (3) S. 2 NWaldLG geregelt ist, dass von Wald auszugehen ist, wenn die Fläche nach der Erstaufforstung bei der erwarteten Entwicklung Waldbinnenklima bilden wird. Eine Übersicht über die landesrechtlichen Regelungen zur Entstehung von Wald aus Sukzession oder nach Erstaufforstung findet sich in Anhang I. Soweit solche partikularrechtlichen Regelungen nicht vorliegen, wird in der Literatur für die Bundesebene und Länder ohne Regelungen aber bestritten, dass es auf solche zu erwartenden Entwicklungen oder eine bestimmte „Flächenausstattung“ ankommt (Endres 2022). Daher muss die Frage nachfolgend einer genaueren Untersuchung zugeführt werden.

4.1.2 Rechtsprechung und Literatur

Abgelehnt wird in der Rechtsprechung und Literatur, dass die Fläche mit Erteilung der Genehmigung zur Erstaufforstung die Waldeigenschaft besitzt (Endres 2022; Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim, Beschl. v. 26.05.2015 – 5 S 1417/14). Begründet wird dies damit, dass mit Vorliegen der Genehmigung nicht garantiert ist, dass die Aufforstung auch tatsächlich erfolgt. Der VGH Mannheim geht noch einen Schritt weiter und merkt an, dass selbst nach einer erfolgreichen Anpflanzung noch nicht zwangsläufig von der Waldeigenschaft auszugehen ist. Denn die Waldeigenschaft einer Fläche ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen. Stellt man nun auf das Anpflanzen ab, ist nicht sichergestellt, dass die Pflanzen auch wirklich anwachsen und Wald in tatsächlicher Hinsicht entsteht (so auch Endres 2022). Auch der Wortlaut des § 10 BWaldG lässt keine Rückschlüsse zu, dass die Waldeigenschaft einer Fläche mit Erteilung der Genehmigung vorliegen soll.

4.1.3 Gesetzessystematik

Den Stimmen aus der Literatur und Rechtsprechung ist zuzustimmen. Die Annahme, dass mit Erteilung der Genehmigung die Waldeigenschaft der betreffenden Fläche vorläge, überschreitet nicht nur die Wortlautgrenze des § 10 BWaldG, sondern steht auch im Widerspruch zum System des BWaldG.

Im BWaldG gibt es keinen Tatbestand, nachdem mit Erteilung einer Genehmigung die Waldeigenschaft einer Fläche begründet oder beendet ist. Auch § 9 BWaldG verhält sich nicht zu der Frage, wann im Rahmen einer genehmigten Waldumwandlung die Waldeigenschaft der Fläche endet. Es ist systemwidrig anzunehmen, dass die Waldeigenschaft einer Fläche mit Erteilung der Genehmigung zur Umwandlung endet, selbst wenn die betreffende Fläche noch mit Bäumen bestockt ist und damit faktisch Wald darstellt. Diesen Aspekt greifen auch einige Landeswaldgesetze auf, nach denen eine Umwandlung nur für einen bestimmten Zeitraum genehmigt werden darf. Es ist widersprüchlich, wenn für den Geltungszeitraum der Genehmigung die Fläche nicht als Wald im Sinne des Gesetzes gilt, die Umwandlung dann aber nicht durchgeführt wird. Dann gilt die Fläche, wenn die Genehmigung nicht genutzt wurde, wieder als Wald. Ein solches Vorgehen erscheint nicht nur unnötig kompliziert, sondern macht das Bewirtschaften des Waldes für den Genehmigungszeitraum im Zweifel sogar unmöglich, da die Fläche in dieser Zeit nicht mehr dem Anwendungsbereich des BWaldG unterliegt. Ein solches Ergebnis kann nicht gewollt sein.

Zudem hat sich der Gesetzgeber in der Vergangenheit bewusst dazu entschieden die Waldeigenschaft einer Fläche von den tatsächlichen Verhältnissen und nicht von einem hoheitlichen Akt abhängig zu machen. Aus den Gesetzgebungsmaterialien und einem Vergleich mit den Vorgängergesetzen des BWaldG geht hervor, dass der Gesetzgeber die Waldeigenschaft nicht von einem Hoheitsakt oder von subjektiven Kriterien abhängig machen wollte, sondern ausschließlich die tatsächlichen Verhältnisse im Blick hatte. Ausschlaggebend für die Entwicklung des objektiven Waldbegriff war neben einer veränderten Wahrnehmung des Waldes nicht nur als Wirtschafts-, sondern auch als Erholungs- und Schutzwald für die Bevölkerung und die Natur, das Bestreben die Waldeigenschaft an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Der Walddefinition des § 2 Abs. 1 S. 1 BWaldG liegt, vereinfacht gesagt, der Gedanke zu Grunde, dass Wald unabhängig von seiner subjektiven Bestimmung oder eines Hoheitsaktes vorliegt.18 Ob dem Grunde nach Wald vorliegt, ist zunächst eine Frage der faktischen Verhältnisse und diesem Umstand trägt das BWaldG mit seiner Legaldefinition Rechnung.

Deswegen ist der Ansatzpunt, dass die Waldeigenschaft einer Erstaufforstungsfläche mit der Genehmigung gegeben ist, systemwidrig und stünde im Widerspruch zur Walddefinition des § 2 Abs. 1 S. 1 BWaldG. Dasselbe gilt demnach auch für die Idee eines Waldkatasters oder die amtliche Feststellung der Waldeigenschaft durch einen Verwaltungsakt.

4.1.4 Walddefinition nach § 2 Abs. 1 BWaldG

In Ermangelung von Spezialregelungen ist für die Bestimmung des Zeitpunkts und der Beurteilung, ab wann eine Erstaufforstungsfläche Wald im Sinne des BWaldG darstellt auf die allgemeine Walddefinition des § 2 Abs. 1 BWaldG abzustellen.

Wald liegt gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BWaldG auf jeder mit Forstpflanzen bestockten Grundfläche vor. Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der Fläche macht § 2 Abs. 1 BWaldG nicht. Für die Waldeigenschaft allein maßgeblich ist daher der Umstand, dass die Fläche „bestockt“ ist (Endres 2022). Dies legt schon der Wortlaut nahe, der mit der Formulierung „bestockte Grundfläche“ auf objektiv nachprüf- und nachvollziehbare Verhältnisse abstellt. Ergänzt werden diese objektiven Kriterien aus S. 2 durch funktionale Erwägungen der Waldnutzung. Denn gem. S. 2 gehören auch unbestockte Flächen zum Wald, wenn sie zu seiner Nutzung in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Zwar dienen die meisten der in S. 2 genannten Flächen der Waldbewirtschaftung, es sind jedoch auch solche Flächen genannt, die auf Schutz- und Erholungsleistungen abzielen. Daher haben die Landeswaldgesetze diesen, bereits dem BWaldG immanenten Gedanken aufgegriffen, und die Walddefinition des BWaldG um Aspekte der Waldökologie (Waldbinnenklima) oder der Waldfunktionen ergänzt (dazu unten...

Erscheint lt. Verlag 24.10.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-6951-4859-4 / 3695148594
ISBN-13 978-3-6951-4859-2 / 9783695148592
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