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Wir Wale (eBook)

Die Welt der Meeressäuger durch ihre Augen: Wie sie leben, lieben, lernen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
620 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-30338-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wir Wale - Fabian Ritter
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Eine neue und einzigartige Perspektive: die Welt der Wale durch die Augen der Wale sehen und begreifen. Dazu die Lebensgeschichte eines Grönlandwals von 1799 bis heute: Wie er aufwächst und lebt, was sich in seiner und unserer Welt der letzten 200 Jahre verändert hat − Aufwendig gestaltet und liebevoll ausgestattet mit Zeichnungen und zahlreichen Farbfotografien des Autors

Als Säugetiere, die ihr gesamtes Leben im Meer verbringen, sind Wale und Delfine uns ähnlicher, als vielen bewusst ist. Der leidenschaftliche Walforscher und Meeresschützer Fabian Ritter wagt mit seinem Buch einen Perspektivwechsel, der uns die faszinierenden Meeressäuger − gestützt auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse − so nahe bringt wie nie zuvor: Erzählt aus ihrer Sicht, erfahren wir, wie Wale und Delfine ihre Mitwelt wahrnehmen, welche Bedeutung Licht und Schall haben, wie sie kommunizieren, spielen, lieben, Sex haben, Freude und Trauer zeigen. Zu welchen geistigen Leistungen sie fähig sind, wie sie in Gemeinschaften Wissen weitergeben und Kultur entwickeln. Auch wie sie auf uns Menschen reagieren. Wir tauchen ein in eine unglaublich reiche Welt, die wir gewollt oder ungewollt bedrohen.

Mit der faszinierenden Lebensgeschichte eines Grönlandwals, der 1799 geboren wurde und bis heute lebt. Mit zahlreichen Fotografien des Autors.

Fabian Ritter, geboren 1967, machte mit dem Biologiestudium in Bremen seine Begeisterung für Wale und Delfine zum Beruf. Er war 1998 Mitgründer des gemeinnützigen Vereins M.E.E.R., dessen Vorsitzender und wissenschaftlicher Leiter er bis heute ist. Seit 2003 ist er Mitglied im Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission (IWC) und leitete zehn Jahre den Bereich Meeresschutz bei Whale and Dolphin Conservation (WDC), der weltweit führenden Organisation zum Schutz von Walen und Delfinen. Er setzt sich mit Kampagnen-, Gremien- und politischer Arbeit sowie öffentlicher Bildung auf vielfältige Weise für den Schutz des Ozeans und seiner Bewohner ein. Fabian Ritter hält regelmäßig Vorträge und leitet Workshops und Seminare. Er lebt in Berlin und in der Uckermark.

Lebensraum Ozean


Schwerelos


Ihr Menschen scheint zur Fortbewegung stets einen festen Boden zu benötigen. Selbst auf dem Wasser – da bringt Ihr ihn Euch mit. Bei uns verhält es sich ganz anders. Euch trägt die Erde, uns trägt der Ozean. So erleben wir Wale die Welt. Wir sind groß, aber wir fühlen uns nicht schwer. Das Gewicht behindert uns nicht, es löst sich gleichsam im Meer auf, wird freundlicherweise in Schwerelosigkeit verwandelt. Nur deswegen konnten wir überhaupt die gewaltige Körpermasse erreichen, die einige von uns haben. Ohne große Anstrengung gleiten wir durchs Wasser, drehen uns, kreisen, schlagen Haken, bewegen uns auf und ab – tanzen! Nicht unbeholfen, sondern grazil und anmutig.

Schwerkraft spielt für uns keine große Rolle. Sie zieht uns nicht in die Tiefe. Im Gegenteil, uns treibt es nach oben, zur Wasseroberfläche. Sollten wir also von Leichtkraft sprechen? Sicher, ab einer Tiefe von ein paar Körperlängen sinken wir von allein weiter nach unten. Doch können wir dieser Kraft ganz einfach widerstehen, mit ein paar Flukenschlägen geht es mühelos wieder nach oben.[1]

Nur über der Wasseroberfläche wirkt die Schwerkraft auf uns. Kaum, dass wir unsere Körper mit Schwung gen Himmel werfen, fallen wir auch schon laut klatschend wieder zurück. Was für ein herrliches Gefühl! Ein wunderbares Spiel mit der Schwerkraft, ermöglicht durch die Leichtkraft.

Wir spüren unser Gewicht also ausschließlich über der Oberfläche: wenn wir ein Neugeborenes nach der Geburt dorthin stupsen. Wenn ein verletzter oder kranker Artgenosse Unterstützung benötigt und wir ihn über Wasser halten. Oder wenn wir spielen, etwa mit einem Stück Treibgut. Oder unsere Beute in die Luft schleudern. Und, tragischerweise, wenn wir stranden. Aber davon soll vorerst nicht die Rede sein …

Was tun, wenn wir unser Gewicht spüren wollen? Springen!

Von Bewegung und Rhythmus


Das Leben im Meer bietet die Möglichkeit, sich frei in alle Richtungen zu bewegen. Auf, ab, nach rechts, links – und alles dazwischen. Wir leben in einer drei-, vier-, multidimensionalen Welt. Die Fortbewegung in einem räumlich so offenen Feld ist der von Vögeln nicht unähnlich. Die gleiten durch die Luft wie wir durchs Wasser: Sie sind flink, flexibel und legen in kurzer Zeit große Strecken zurück. Vögel sind fast immer unterwegs. So ist das bei uns auch. Wir halten nur still, wenn wir ruhen. Oder wenn wir unsere berühmten Gesänge ertönen lassen: Dann stehen wir reglos im Wasser, sind ganz konzentriert, ganz Gesang. Abgesehen von diesen Ausnahmen sind wir Wale praktisch immer in Bewegung.

Unsere körperliche Gestalt entwickelte sich über Millionen von Jahren im Einklang mit dem Meer. Wir Wale und Delfine sind die Form gewordene größtmögliche Annäherung an das Element, welches uns umgibt. Unsere Art der Fortbewegung braucht wenig Energie, weil wir dem Wasser nur wenig Widerstand bieten.[2] Unsere Schwimmbewegungen sind gleichsam Schwingung, so fließend wie das Wasser: Wellen gehen durch unseren Körper. Wer im Wasser lebt, muss so werden wie Wasser. Die Form bestimmt die Bewegung. Das gilt für uns wie für alle anderen Wesen der Meere: Fische, Robben, Seekühe, Meeresschildkröten.

Unsere Bewegungen sind so fließend wie das Meer selbst

Wir leben nicht im Meer, wir sind das Meer. Das eine bedingt das andere. Das eine bewegt das andere.

Unsere Umwelt, wir wollen sie lieber unsere Mitwelt nennen, ändert sich immerzu. Alles ist Bewegung, es herrscht ein Fließen ohnegleichen. Selbst die Meeresoberfläche als unsere wichtigste räumliche Bezugsfläche ist fast immer in Aufruhr. Nichts ist beständig: Temperatur, Färbung und Trübung des Wassers, sein Geschmack, sein Salzgehalt und die Schichtung, seine Strömungen und die Anwesenheit von kleinen oder großen Lebewesen – Mitwesen. Die Veränderlichkeit des Lebensraumes macht es notwendig, dass wir selbst genauso flexibel sind. Wir nutzen den Raum so dynamisch, wie es das Meer vorgibt. Wasser bewegt sich, mäandriert, wirbelt, steigt auf, fällt in die Tiefe. Wir schwimmen-schwingen, immer zwischen unten und oben pendelnd. Wir bewegen das Wasser, und das Wasser bewegt uns. Wir tanzen.

Tatsächlich ist die Welt für uns Takt, Frequenz, Rhythmus – im Kleinen wie im Großen. Das Licht folgt dem Rhythmus der Sonne. Die Wellen folgen dem Rhythmus des Windes. Gezeiten und Strömungen folgen dem Rhythmus des Mondes. Viele Wesen des Meeres, so auch wir, bewegen sich im Gleichklang mit den Mondphasen.[3] Die Temperaturen folgen dem Rhythmus der Jahreszeiten. Der jahreszeitliche Takt hat Einfluss auf unsere Streifzüge und Wanderungen.

Tiefseefische, Kalmare und Kleinkrebse bewegen sich im Rhythmus von Tag und Nacht. Steigen nachts in Richtung Oberfläche – manchmal mehrere Hundert Meter! –, sinken tags wieder hinab: Die größte Massenbewegung von Lebewesen im Ozean, und sie findet zweimal täglich statt! Dagegen verblassen sogar die gigantischen Sardinenschwärme, die – ihrem eigenen Rhythmus folgend – jedes Jahr zur selben Zeit auftreten, um das Meer zum Brodeln zu bringen.

Unsere Lieder und Gesänge folgen ebenfalls einem eigenen Takt. Blauwale senden höchst gleichmäßige Impulse aus und halten den Rhythmus über viele Stunden ganz exakt. Finnwale verwenden ihr eigenes, typisches Gleichmaß. Der Gesang von Buckel- und Grönlandwalen ist außerordentlich komplex und reich strukturiert. So unterscheiden sich alle Wale voneinander, und so (er)kennen wir uns gegenseitig akustisch. Jeder Wal weiß auf Anhieb, wen er hört, wenn er einen anderen hört.

Auch innerhalb von Körpern pulsiert es. Herzen pochen, Lungen weiten sich beim Ein- und Ausatmen. Flossen schlagen, die Leiber von Krebsen zucken, und Mäuler öffnen und schließen sich immerfort im Takt des Lebens. Die Qualle stülpt sich nach außen und ist im nächsten Moment wieder ganz bei sich. So strebt sie durch die Welt. Die Qualle bleibt ihrem Pulsieren treu, auch wenn sie von der Strömung fortgetragen wird. Sie kann nicht anders, als sie selbst sein – und gibt sich gleichzeitig einer Kraft hin, die viel größer ist als sie selbst.

Landschaften unter Wasser


Der Ozean ist eine riesige, zusammenhängende und praktisch grenzenlose Welt. Durch das Medium Wasser ist alles mit allem verbunden, im Außen wie im Innern. Der Ozean ist unendlich weit, selbst die größten und schnellsten Wale brauchen viele Tagesreisen, um ihn von einem Ende zum anderen zu durchqueren. Unsere Wanderungen dauern mitunter Monate. An vielen Stellen ist der Ozean auch unendlich tief. Viele weitab der Küsten lebende Delfine und Wale sehen ihr gesamtes Leben kaum je Grund unter sich. Für sie gibt es nur das unendlich erscheinende Blau der lichten Zonen. Und das Schwarz – da unten, wo kein Sonnenstrahl hinfällt.

Das Meer sieht aus Eurem Blickwinkel wahrscheinlich recht einförmig aus. Es mag Euch sogar so vorkommen, als wäre es in der scheinbaren Endlosigkeit schwierig, sich zurechtzufinden. Aber Euch bleiben die Strömungen und Wirbel, die Fronten und Schichtungen verborgen, die für uns sichtbar beziehungsweise hörbar sind.

Unsere Bewegungen im Raum sind nicht nur stetig, sondern auch gerichtet. Ständig navigieren wir, kleinräumig wie großräumig. Wer schwimmt schon ziellos durch die Gegend. Der wichtigste Bezugspunkt unseres Lebensraumes ist dabei immer die Meeresoberfläche – das Portal zum Atem, der uns am Leben hält. Die Bewegungen sind letztlich immer ein Streben hin zur Luft. Wir müssen zu jedem Zeitpunkt wissen, wo sich die Oberfläche befindet. Dabei hilft auch der Druck, der auf unseren Körpern lastet. Beim Abtauchen nimmt er innerhalb der ersten Körperlängen stark zu. Wenn wir nach oben streben, nimmt er wieder ab. Deswegen ist es nahe der Oberfläche ein Leichtes, sich mithilfe des Drucks zu orientieren. Tauchen wir allerdings tiefer, wird der Anstieg des Druckes immer kleiner. In großer Tiefe ist er keine verlässliche Größe mehr, da benötigen wir andere Orientierungshilfen.[4]

Eine davon ist die Temperatur, die wir mit unserer Haut, der Zunge oder an unseren empfindlichen Blaslöchern erspüren. Jedes Lebewesen im Meer toleriert nur einen bestimmten Temperaturbereich, der seinen Lebensraum definiert und seine Wanderungen bestimmt. Grundsätzlich gilt: Warmes Wasser legt sich über kälteres. Dadurch können wir erkennen, in welcher Richtung es zur Oberfläche geht: Wärmer bedeutet oben, kälter unten. In manchen Gegenden des Meeres ist der Übergang von kalt zu warm oder andersherum nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft. Schichtungen, Einströme und Übergänge bilden genauso Unterwasserlandschaften wie der Meeresgrund selbst. Aus der Temperatur des Wassers lässt sich also einiges darüber folgern, wo wir uns gerade befinden, ob wir auf dem richtigen Weg sind oder in welcher Richtung es weitergeht.

Tags hilft uns bei der Orientierung überdies die Sonne, ihr Licht dringt in klaren Gewässern auch bis in größere Tiefen vor. Die Trübung des Meeres gibt uns zudem Hinweise auf dessen Lebendigkeit. Klares Wasser ist zwar schön anzusehen, aber meist nicht besonders nahrungsreich. Im trüben Wasser lässt sich oft besser fischen! Des Nachts können wir uns außerdem am Licht des Mondes orientieren (sofern er denn hell genug scheint).

Nicht zuletzt erkennen wir die Richtung an den...

Erscheint lt. Verlag 14.5.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik
Technik
Schlagworte artenschutzabkommen • attenborough ozeane • azoren wale • biodiversität meere • Biologie • Blauwal • Boris Herrmann • Buckelwal • Delfine • Dirk Steffens • eBooks • Ed Yong • Fischfang • fischfang wale • Greenpeace • Grindwal • Grönlandwal • IWC • kanaren wale • kommunikation wale • Meeresforschung • Meeressäuger • Meeresschutz • neuseeland wale • oceano reisen • Orca • Schweinswal • sexualität delfine • sexualität wale • sinneswahrnehmung tiere • sozialleben tiere • sozialleben wale • sozialverhalten wale • sprache wale • Tümmler • Walbeobachtung • wale fortpflanzung • Walfang • Walgesang • WDC • whale and dolphin conservation • Whale watching • WWF
ISBN-10 3-641-30338-9 / 3641303389
ISBN-13 978-3-641-30338-9 / 9783641303389
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