Das Geheimnis der Wolken. Handbuch zum Lesen des Himmels (eBook)
288 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0710-6 (ISBN)
»Ein Gewitter kommt selten allein.« Was Wolken übers Wetter verraten.
Ist uns eigentlich bewusst, dass wir den größten Teil unseres Lebens unter einer Wolkendecke verbringen?
Vincenzo Levizzani, Wolkenphysiker und Atmosphärenforscher, nimmt uns mit in seine Welt: Er erklärt nicht nur, wie (und woraus) Wolken entstehen, sondern auch warum sie so viel übers Wetter und Klima verraten. Was sind Hydrometeore? Was passiert bei einem Superzellengewitter? Wie entsteht der in Gruselfilmen beliebte Strahlungsnebel? Warum hagelt es? Und wieso bloß impft man Wolken?
Sein Buch ist eine Grand Tour durchs Wolkenuniversum, die uns eindrücklich vor Augen führt, wie komplex und fragil, aber auch wunderschön die Naturgesetze unserer Erde sind.
»Ich möchte versuchen, den Kontakt zu unserem Wolkenuniversum wiederherzustellen, der uns in der Hektik des Alltags verloren gegangen ist. Die erste Frage, die wir uns dabei stellen sollten, ist vorhersehbar und für uns zugleich am interessantesten, da sie das Leben der Menschen seit Urzeiten und bis heute beeinflusst: Liefern uns die Wolken - ihre Formen und Farben, ihre Anordnung am Himmel, ihre Dichte und Höhe, ihre Struktur oder Größe - unmittelbare Informationen darüber, wie das Wetter kurz- oder mittelfristig sein wird? Eine Antwort darauf zu geben ist kompliziert, aber nicht unmöglich.«
»Aus Sicht der Klimatologie sind die Wolken der gordische Knoten unseres Klimaproblems, da sie das Klima einerseits beeinflussen und andererseits vom Klima beeinflusst werden.«
»Ein Buch, das Ihren Blick in den Himmel auf ewig verändern wird. Genial.«
Denis Scheck, druckfrisch
<p><span>VINCENZO LEVIZZANI, geboren 1957 in Formigine, ist ein italienischer Wolkenphysiker und war Forschungsleiter am Institut für Atmosphärenwissenschaften und Klima des Consiglio Nazionale delle Ricerche, CNR, in Bologna (dt.: Nationaler Forschungsrat). Als Wolkenphysiker, so sagt er von sich selbst, steht er mit beiden Beinen auf dem Boden. Levizzani lebt in Levizzano.</span></p>
Der Mensch und die Wolken
Einführung
Der Mensch und die Wolken
Klar und verlassen gehen die Morgen hin
an den Ufern des Flusses, der sich früh umnebelt
und, die Sonne erwartend, in dunkleres Grün fällt.
[…] Die Wolken haben reifes Fleisch.
Cesare Pavese, Grappa im September,
in: Arbeiten macht müde (1943) 4
Ist uns eigentlich bewusst, dass wir den größten Teil unseres Lebens unter einer Wolkendecke verbringen? Manchmal achten wir auf den Himmel, manchmal auch nicht. Meist lenken uns derart viele Dinge ab, dass unsere Aufmerksamkeit nur selten dem Regen oder Schnee gilt, der auf unsere Köpfe fällt, oder den Formen und Farben eines Gewitterhimmels – außer natürlich, das Wetter wirkt sich negativ auf unsere Pläne aus, was hin und wieder vorkommt. Die Wolken jedoch sind immer irgendwie da, auch wenn wir uns ihrer nicht bewusst sind, denn wirklich wolkenlos ist der Himmel so gut wie nie. Wer auf einem Hügel oder Berg wohnt, weiß dies aus seiner privilegierten Perspektive nur zu gut, ebenso wie diejenigen, die in der Landwirtschaft arbeiten und Wolken als lebenslange Begleiter betrachten. Vielleicht achtet der moderne Mensch auch so selten auf den Himmel und seine Wolken, weil der Horizont meist von riesigen Gebäuden verstellt ist oder weil unser Blick durch das ständige Klingeln des Smartphones unweigerlich nach unten wandert. Die Wolken jedoch sind immer da. Und sie bieten ein Schauspiel, das meist interessanter ist als die banalen Ereignisse, die in unserem hyperkommunikativen Zeitalter ständig über die Bildschirme flimmern.
Wolken sind zu jeder Jahreszeit Bestandteil des Himmels und zugleich viel mehr als nur ein dekoratives Element. In ihren vielen Erscheinungsformen haben sie großen Einfluss auf unser Leben, weswegen wir sie mit Fug und Recht als ständige Reisebegleiter betrachten können. So kündigt ein bleigrauer Himmel Regen an, während weiße Wattebällchen schönes Wetter garantieren und damit signalisieren, dass wir uns ruhig aufs Fahrrad schwingen können. Das heißt, Wolken haben viel zu tun mit unserem Alltag, weil sie Informationen über kurz Bevorstehendes liefern.
Ich finde es erstaunlich, wie wenig Interesse der moderne Mensch noch der Beobachtung des Himmels entgegenbringt. Eigentlich würde es genügen, einen Moment lang den Blick zu heben, doch wie wolkig unser Planet ist, fällt uns immer nur dann auf, wenn wir die Aufnahmen betrachten, die uns von Satelliten oder Raumstationen erreichen. Seltsam, nicht wahr?
Auf den folgenden Seiten möchte ich versuchen, den Kontakt zu unserem Wolkenuniversum wiederherzustellen, der uns in der Hektik des Alltags verloren gegangen ist. Die erste Frage, die wir uns dabei stellen sollten, ist vorhersehbar und für uns zugleich am interessantesten, da sie das Leben der Menschen seit Urzeiten und bis heute beeinflusst: Liefern uns die Wolken – ihre Formen und Farben, ihre Anordnung am Himmel, ihre Dichte und Höhe, ihre Struktur oder Größe – unmittelbare Informationen darüber, wie das Wetter kurz- oder mittelfristig sein wird? Eine Antwort darauf zu geben, ist kompliziert, aber nicht unmöglich. Die volkstümlichen Wetterregeln gründen auf Erfahrungen, die die Menschen über viele Jahrhunderte gesammelt haben, indem sie ihre Nasen nach oben reckten und vom Anblick des Himmels und der Wolken eine Wettervorhersage abzuleiten versuchten. Nicht immer sind diese Regeln zutreffend, manchmal ein wenig naiv, ein andermal zu sehr von lokalen Gegebenheiten oder von Aberglauben bestimmt. Und doch wussten unsere Eltern und Großeltern meist, wovon sie sprachen, wenn sie in den Himmel schauten.
Abb. 1 Blick von einem Wettersatelliten auf die Erde. Siebzig Prozent der Erdoberfläche sind ständig von Wolken bedeckt (NASA).
Die meisten von uns können nur sehr selten einen völlig wolkenlosen Himmel bewundern. Im Detail hängt das natürlich von unserem Wohnort, der Jahreszeit und auch unserem Standpunkt ab. Doch seit es Satelliten gibt, die unsere Erde aus dem Weltall rund um die Uhr im Blick haben, wissen wir, dass der Globus immer zu gut siebzig Prozent von Wolkenformationen umgeben ist. Die Erde, die gemeinhin »blauer Planet« genannt wird, weil ein großer Teil ihrer Oberfläche von Ozeanen bedeckt ist, müsste man treffender als »wolkigen Planeten« bezeichnen. Auch andere Planeten unseres Sonnensystems könnte man als »wolkig« definieren, doch die Wolken des Jupiters beispielsweise bestehen aus molekularem Wasserstoff und Helium mit Spuren von Methan, Ammoniak, Schwefelsäure und weiteren Elementen – eine Mischung, die einem Leben, wie wir es auf der Erde kennen, alles andere als förderlich ist. Unsere Wolken dagegen sind Teil des weltweiten Wasserkreislaufs, somit unabdingbar für das Leben auf der Erde und nach heutigem Wissensstand auch einzig in ihrer Art.
Die Wissenschaft hat die Wolken und ihre Strukturen im Lauf der Zeit immer genauer untersucht. Die Wolkenphysik ist integraler Bestandteil der Physik der Atmosphäre und insbesondere der Meteorologie. Wer Wolken professionell unter die Lupe nimmt, betrachtet sie nicht zur Zerstreuung und schreibt auch keine Gedichte über sie, sondern beobachtet aufmerksam auch kleinste Veränderungen ihres Aussehens, um Aussagen über das Wetter zu treffen und die Gründe für schnelle oder auch längerfristige Wetterveränderungen zu verstehen. Wer sich ein Leben lang beruflich mit ihnen beschäftigt, empfindet beim Blick in die Wolken nichts Esoterisches. Als Wolkenphysiker stehe ich vielmehr mit beiden Beinen auf der Erde und versuche mit größtmöglicher Präzision zu analysieren, was ich sehe. Die Geheimnisse der Wolken zu entschlüsseln, erfordert Kenntnisse in Physik, Chemie und manchmal auch Biologie, denn Wolken sind unglaublich komplizierte Gebilde aus vielen Bestandteilen, die sich in Laboren nur schwer nachbauen lassen, also im Wesentlichen flüchtig und schwer zu fassen sind, selbst für die Wissenschaft. Sie, die Leserinnen und Leser dieses Buchs, müssen sich diese Kenntnisse natürlich nicht über Nacht aneignen, ich möchte Ihnen vielmehr Schritt für Schritt alle Basisinformationen zur Verfügung stellen, die es Ihnen am Ende der Lektüre ermöglichen, täglich den Himmel zu lesen – oder es zumindest zu versuchen. Glauben Sie mir, es lohnt sich!
Ich habe mein ganzes Leben der Wolkenbeobachtung gewidmet. Das klingt seltsam, und ich glaube nicht, dass meine Eltern bei meiner Geburt auch nur im Entferntesten daran gedacht haben, dass ich mich später einmal ganz der Verfolgung dieser flüchtigen, ätherischen Boten der Launen des Himmels hingeben würde. Schwer zu erklären, was im Kopf eines Menschen vorgeht, der Wolken zu seiner wissenschaftlichen und persönlichen Mission gemacht hat. Wenn ich noch hinzufüge, dass der ausschlaggebende Grund mein Wunsch war, etwas »Handfestes« zu studieren, klingt es vollends widersinnig. Und doch ist es das nicht. Ich hatte mich am Ende meines Physikstudiums für die Astrophysik entschieden, weil mich die Unendlichkeit und die Physik und Mathematik des Kosmos faszinierten. Dann aber waren es die Worte Franco Prodis, der mein Lehrer wurde, die mich trafen wie ein Donnerschlag: »Ein Leben für die Wolken.« Im letzten Studienjahr nahm ich aus reiner Neugier an einem Vortrag teil, in dem Professor Prodi die Physik der Atmosphäre erläuterte. Er lud mich ein, sein Labor im nationalen Forschungszentrum in Bologna zu besuchen. Dort begriff ich, dass mein Drang, die Unendlichkeit und die physikalischen Gesetze der Natur zu erforschen, mich den Tiefen des Weltalls deutlich näherbrachte, woraus der Wunsch entstand, die unvorstellbar kleinen Strukturen eines Hydrometeors (dazu später mehr) in einer flüchtigen Wolke in der Luft erklären zu können. Ich ging dann nach Kalifornien, wo ich die Ehre hatte, mit Hans R. Pruppacher zusammenzuarbeiten, dem weltweit renommiertesten Experten zu dem Thema, ein Lehrmeister der Wissenschaft und des Lebens. In der Regel stehen hinter Forschenden immer Mentorinnen oder Mentoren, die sie dazu bringen, ihre Möglichkeiten zu erkennen und auf bestmögliche Art auszuschöpfen. Das ist in der Wolkenphysik nicht anders als in anderen Wissenschaftszweigen. So wurde ich zu einem Forscher, der in den bewölkten Himmel blickt, und schließlich selbst Professor, der seine Leidenschaft an Studierende weitergibt, die eine Arbeit fortsetzen, die nie fertig wird. Nicht umsonst legt Platon in der Apologie des Sokrates seinem Lehrer, dem großen athenischen Philosophen, die Worte »Ich weiß, dass ich nichts weiß« in den Mund – denn zumindest weiß man nie alles, was man wissen will oder wissen müsste. Was wiederum die Basis jeder Forschung ist, die nie endet.
Blicken wir also nach oben und betrachten wir die Wolken als Teil unseres Lebens und nicht nur als Verzierungen des Himmels. Lernen wir diese Gebilde näher kennen, um ihre Hinweise auf eine sich immerfort wandelnde Atmosphäre zu verstehen, und begreifen wir sie als wertvolle Botschaften des wechselnden Wetters, das unser Leben beeinflusst. Lassen Sie sich beim Blättern in diesem Buch erklären, wie Wolken am blauen Himmel entstehen und wie viele unterschiedliche Arten es gibt – denn keine gleicht der anderen. Wir bewegen uns zwischen Tröpfchen, Kristallen, Graupeln und Hagelkörnern und dringen tief ins Innere der Wolken ein, um ihnen ihre Geheimnisse zu entlocken. Wir beschäftigen uns mit der Rolle der Wolken in der Meteorologie und Wettervorhersage und mit der Frage, ob der aktuelle Klimawandel auch die Wolken verändert. Wir...
| Erscheint lt. Verlag | 28.1.2025 |
|---|---|
| Übersetzer | Andrea Kunstmann |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | Il libro delle nuvole |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Allgemeines / Lexika |
| Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Erkenntnistheorie / Wissenschaftstheorie | |
| Naturwissenschaften ► Physik / Astronomie ► Astronomie / Astrophysik | |
| Technik | |
| Schlagworte | Geschenkbuch • Geschenk Wetterfrosch • Himmelskunde • Italien • Klima • Klimakrise • Klimawandel • Meteorologie • Natur • Naturkunde • Wetterbeobachtung • Wetter Buch • Wetterextreme • Wetter verstehen • Wettervorhersage • Wolken • wolken bestimmen • wolken bestimmung • Wolkenbilder • Wolken Buch • Wolken lesen • wolkenphysiker |
| ISBN-10 | 3-7499-0710-2 / 3749907102 |
| ISBN-13 | 978-3-7499-0710-6 / 9783749907106 |
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