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Die Zeit der Vernunft (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
448 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-09260-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Zeit der Vernunft -  Bernd Waß
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Die Zeit der Vernunft ist ohne Zweifel eine der faszinierendsten Epochen philosophischer Weltdeutung. Was sich hier über eine Zeitspanne von rund 200 Jahren artikuliert, ist die ungeheuerliche Idee, den christlich-dogmatischen Antworten auf die fundamentalen Fragen zu Gott, Welt und Mensch eine nicht-dogmatische, allein auf Vernunfttätigkeit beruhende, kritisch begründete und erkenntnislogisch hinreichende Vorstellung des Wirklichen gegenüberzustellen. Das vorliegende Buch soll Philosophieinteressierten dazu dienen, sich diese unglaublich spannende philosophische Zeit zu erschließen, und zwar entlang der Beiträge ihrer Protagonisten. Dementsprechend liefert es den Grundriss der Überwindungsphilosophie Descartes', der Freiheitsphilosophie Spinozas, der Versöhnungsphilosophie Leibnizens und der Desillusionierungsphilosophie Kants.

Bernd Wass studierte am Institut für Philosophie der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg Analytische Philosophie. Zum Doktor der Philosophie promovierte er mit einer Dissertationsschrift zur Philosophie des Geistes. Er ist Philosoph, Gründungsdirektor der School of Philosophy und Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte finden sich in der Metaphysik, insbesondere der Philosophie des Geistes, sowie der Erkenntnistheorie, insbesondere der Phänomenwelt-Realwelt-Problematik.

Bernd Wass studierte am Institut für Philosophie der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg Analytische Philosophie. Zum Doktor der Philosophie promovierte er mit einer Dissertationsschrift zur Philosophie des Geistes. Er ist Philosoph, Gründungsdirektor der School of Philosophy und Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte finden sich in der Metaphysik, insbesondere der Philosophie des Geistes, sowie der Erkenntnistheorie, insbesondere der Phänomenwelt-Realwelt-Problematik.

Die hier abgebildete Darstellung der sieben freien Künste und der über ihnen thronenden Philosophie stammt aus der im ausgehenden 12. Jh. verfassten Enzyklopädie ›Hortus Deliciarum‹ (Garten der Köstlichkeiten) der Äbtissin des Klosters Hohenburg, Herrad von Landsberg.

 

KAPITEL 1

Hintergrund
ÜBERLEGUNGEN

 

 

„PHILOSOPHIE IST EIN GRÜNDLICHES, SYSTEMATISCHES NACHDENKEN ÜBER LETZTE FRAGEN – FRAGEN, AUF DEREN NICHTAUFWERFEN DIE STABILITÄT UNSERER ALLGEMEINEN LEBENSPRAXIS BERUHT.“

– ROBERT SPAEMANN –

 

Wir haben im Prolog davon gesprochen, dass es sich sehr wahrscheinlich nicht um einen Spaziergang handelt, den wir hier zu unternehmen trachten, um den Fantastischen Rationalismus der Neuzeit zu durchdringen, sondern wohl eher um eine Gipfeltour. Dementsprechend müssen wir uns vorbereiten. Dazu gehört es einerseits, über einen gemeinsamen Philosophiebegriff nachzudenken und andererseits zu klären, auf welchem philosophischen, sprich disziplinären Terrain wir uns befinden. Dabei wird uns im Zusammenhang mit den Denkgebäuden von Descartes, Leibniz und Kant sowohl die Erkenntnistheorie als auch die Metaphysik begegnen und bei Spinoza darüber hinaus die Ethik.1

1.1 Zum Philosophiebegriff

Es gibt viele Fragen in dieser Welt und unter ihnen solche, die für unser intellektuelles Leben von profundem Interesse sind. Fragen über das Dasein des Menschen, das Wesen des Seins, die Existenz der Wirklichkeit, die Möglichkeit von Erkenntnis. Aber auch schlichte Fragen von der Art: Woran soll ich glauben? Und: Wie kann ein gutes Leben gelingen? Auf den ersten Blick scheinen diese Fragen nicht besonders schwierig zu sein, „aber in Wirklichkeit handelt es sich um […] [die] schwierigsten, die es gibt“2.

Wenn uns klar geworden ist, welche Hindernisse einer direkten und zuversichtlichen Antwort im Wege stehen, haben wir es in der Philosophie schon ein Stück weit gebracht. Die Philosophie ist nämlich nichts anderes als der Versuch, solche fundamentalen Fragen zu beantworten, und zwar nicht gedankenlos und dogmatisch zu beantworten, wie wir das im Alltag und selbst in der Wissenschaft oft tun, sondern kritisch, nachdem wir untersucht haben, was solche Fragen rätselhaft macht, und nachdem wir die ganze Verworrenheit und Verschwommenheit unserer normalen Vorstellungen erkannt haben.3

Diese auf Bertrand Russell zurückgehende Charakterisierung der Philosophie ist eine von vielen möglichen, wenngleich eine sehr treffende, wie ich finde. Eine andere, ebenso treffende Charakterisierung stammt von Robert Spaemann: Philosophie, so Spaemann, ist ein gründliches, systematisches Nachdenken über letzte Fragen – Fragen, auf deren Nichtaufwerfen die Stabilität unserer allgemeinen Lebenspraxis beruht. Deutlich wissenschaftlicher geht es vergleichsweise beim berühmten Aristoteles zu. In seiner Metaphysik ist zu lesen, die Philosophie sei die Lehre von den allgemeinsten Wahrheiten und den letzten Gründen.4 Was die allgemeinsten Wahrheiten betrifft, so lassen sich die diesbezüglichen philosophischen Bemühungen am besten dadurch charakterisieren, dass man sie in ein Verhältnis zu den Einzelwissenschaften setzt:

Wenn man nämlich in einer Spezialwissenschaft irgendeine Erkenntnis gewonnen hat, und wenn nun der forschende Geist noch weiter fragt nach den Gründen dieser Gründe, also nach den allgemeineren Wahrheiten, aus denen jene Erkenntnis abgeleitet werden kann, so gelangt er bald an einen Punkt, wo er mit den Mitteln seiner Einzelwissenschaft nicht mehr weiter kommt, sondern von einer allgemeineren umfassenderen Disziplin Aufklärung erhoffen muß. Es bilden nämlich die Wissenschaften gleichsam ein ineinander geschachteltes System, in welchem die allgemeinere immer die speziellere umschließt und begründet. So behandelt die Chemie nur einen begrenzten Teil der Naturerscheinungen, die Physik aber umfaßt sie alle; an sie also muß sich der Chemiker wenden, wenn er seine fundamentalsten Gesetzmäßigkeiten, etwa die des periodischen Systems der Elemente, der Valenz usw. zu begründen unternimmt. Und das letzte, allgemeinste Gebiet, in welches alle immer weiter vordringenden Erklärungsprozesse schließlich münden müssen, ist das Reich der Philosophie […]. Denn die letzten Grundbegriffe der allgemeinsten Wissenschaften – man denke etwa an den Begriff des Bewusstseins in der Psychologie, an den des Axioms und der Zahl in der Mathematik, an Raum und Zeit in der Physik – gestatten zuletzt nur noch eine philosophische […] Aufklärung.5

Was wiederum die letzten Gründe betrifft, so könnte man sagen, dass die Philosophie diejenige Disziplin ist, die einen Erkenntnisabschluss zu gewinnen sucht, und zwar durch die Angabe eben letzter Gründe. Ein letzter Grund ist dabei einer, der selbst keiner Begründung mehr bedarf. Der Erkenntnisprozess soll so auf ein letztgültiges Erkenntnisfundament zurückgeführt werden.

Tatsächlich ist die Frage nach dem Wesen der Philosophie so alt wie die Philosophie selbst und die Diskussionen ob der richtigen Antwort sind nach wie vor lebendig. Das liegt sehr wahrscheinlich daran, dass die Philosophie im Unterschied zu den zahlreichen einzelwissenschaftlichen Disziplinen keinen streng abgegrenzten Gegenstandsbereich hat. Der Grund dafür: In bestimmter Hinsicht kann alles Gegenstand philosophischer Betrachtung sein. Nicht nur Seiendes, sondern auch Nichtseiendes, nicht nur bestehende Sachverhalte, sondern auch bloß mögliche Sachverhalte und sogar Unmögliches, also unmögliche Sachverhalte, etwa widersprüchliche Gegenstände wie z. B. runde Vierecke. Manche Philosophinnen und Philosophen halten es daher für unmöglich, eine Definition von Philosophie nach dem Muster ›Philosophie ist die Lehre von …‹ geben zu wollen, denn die Antwort auf die Frage, was Philosophie ist und sein kann, variiert schließlich auch noch mit den philosophischen Schulen und Standpunkten. Es gibt, kurz gesagt, beinahe so viele Antworten auf diese Frage, wie es philosophische Schulen und Standpunkte gibt. Endlich ist sogar umstritten, ob die Philosophie überhaupt eine Lehre ist oder nicht vielmehr eine Art wissenschaftlicher Tätigkeit, etwa die Tätigkeit der Analyse von Sätzen und Satzsystemen. Zielführender könnte es daher sein, die Philosophie nach ihrem genuinen Problemfeld zu bestimmen. Denn trotz des unklaren Gegenstandsbereichs sowie der unterschiedlichen Schulen und Standpunkte gibt es ein Feld von Fragen und Problemen, mit denen sich Philosophinnen und Philosophen seit der Antike beschäftigen und wodurch darüber hinaus auch eine zumindest teilweise Abgrenzung von den Einzelwissenschaften möglich wird. Es handelt sich um Fragen und Probleme von ganz grundlegender Art, die normalerweise von keiner Einzelwissenschaft behandelt werden und die über den Bereich dessen, was die Einzelwissenschaften untersuchen, hinausgehen. Während man z. B. in den Einzelwissenschaften nach bestimmten Erkenntnissen oder allgemein gesagt nach Wahrheit sucht, wollen Philosophinnen und Philosophen wissen, ob und wenn ja wie Erkenntnis überhaupt möglich ist, welche Arten von Erkenntnissen es gibt und wie die Ausdrücke ›Erkenntnis‹ und ›Wahrheit‹ exakt zu definieren sind. Ein Mathematiker will das Verhältnis der Zahlen untereinander erforschen, doch ein Philosoph wird fragen: Was ist eine Zahl? Einen Psychologen interessiert die Tatsache, dass unsere psychische Verfassung unsere körperliche Verfassung beeinflusst und umgekehrt, doch dem Philosophen stellt sich die Frage, wie es überhaupt eine Beziehung zwischen körperlicher und geistiger Verfassung geben und wie man eine solche Beziehung erklären kann. Ein Physiker will wissen, woraus das Körperliche besteht „und was für die Schwerkraft verantwortlich ist, doch ein Philosoph wird fragen, woher wir wissen können, dass es außerhalb unseres eigenen Bewusstseins etwas gibt“6. Und endlich mag ein Historiker fragen, „was in einem bestimmten Zeitraum der Vergangenheit geschah, doch ein Philosoph wird fragen: Was ist die Zeit?“7 Das Hauptanliegen der Philosophie besteht demnach darin, sehr allgemeine Auffassungen über die Wirklichkeit, einzelne Aspekte derselben oder die Wirklichkeit insgesamt betreffend zu thematisieren, zu durchdringen, zu verstehen, zu begründen oder gegebenenfalls zu widerlegen.

Ein Verstehen allerdings, das man durch bloßes Nachdenken zu erlangen sucht, denn anders als die meisten Wissenschaften geht die Philosophie nicht empirisch vor. Wie hat es Arthur Schopenhauer einst treffend auf den Punkt gebracht: „Das ganze Wesen der Welt abstrakt, allgemein und deutlich in Begriffen zu wiederholen und es so als reflektiertes Abbild […] der Vernunft niederzulegen: Dieses und nichts anderes ist Philosophie.“8 Das Abbild, von dem hier die Rede ist, ist Theorie. Eine logisch organisierte, mithin nach Grund und Folge geordnete, rationale Weltanschauung. Ein widerspruchsfreies...

Erscheint lt. Verlag 22.4.2024
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Erkenntnistheorie / Wissenschaftstheorie
Geisteswissenschaften Philosophie Logik
Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Technik
Schlagworte Aufklärung • Erkenntnis • Ethik • Freiheit • Gott • Logik • Mensch • Neubeginn • Seele • Vernunft • Welt
ISBN-10 3-384-09260-0 / 3384092600
ISBN-13 978-3-384-09260-1 / 9783384092601
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