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Ketamin -  Markus Berger

Ketamin (eBook)

Ein psychoaktives Arzneimittel
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
272 Seiten
Nachtschatten Verlag
978-3-03788-673-1 (ISBN)
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Kaum eine psychoaktive Substanz weist, je nach Dosis und Aufnahmeform, ein so breites pharmakologisches Spektrum auf wie Ketamin. Die psychotropen Effekte von «Special K» reichen von leichter Berauschung über schrägste dissoziative Kurzzeittrips bis hin zu psychonautischer und spiritueller Durchbrucherfahrung sowie tiefer Narkose. Das Arzneimittel unterliegt nicht den Betäubungsmittelgesetzen und wird heute unter anderem als Clubdroge, transformativer Katalysator, psycholytisches beziehungsweise psychiatrisches Hilfsmittel sowie als klinisches Anästhetikum verwendet. Markus Bergers Buch ist das erste in deutscher Sprache, das sich - in übersichtlicher Form - all diesen Aspekten einer höchst interessanten Substanz widmet, die mit ihren extravaganten psychoaktiven Wirkungen nicht von dieser Erde zu stammen scheint. Mit Beiträgen von Torsten Passie, Christian Rätsch, Roberdo Raval und anderen.

Markus Berger, Ethnobotaniker, Drogenforscher, Buchautor und Referent. Autor zahlreicher Bücher und Fachartikel zur Drogenforschung und Ethnobotanik. Chefredakteur des Magazins für psychoaktive Kultur »Lucys Rausch«, Mitarbeiter des Nachtschatten Verlags, Veranstalter von Kongressen und Veranstaltungen zur psychoaktiven Kultur und Macher der rauschkundlichen Youtubeformate DEA und Nachtschatten Television.

Vorwort


Dieses Buch bietet einen konzisen Einstieg ins umfassende Thema rund um das psychotrope Pharmakon Ketamin. Es richtet sich potenziell an alle am Sujet und an der Substanz interessierten Leser und erhellt die aktuellen wie auch historischen Anwendungen dieses interessanten Psychoaktivums in klinischer/präklinischer Medizin, Psychotherapie und Psychonautik.

Ein Werk vorlegen zu wollen, das auch nur annähernd sämtliche Forschung über Ketamin zusammenträgt, kann nur als hehres Ziel verworfen werden. Die Studienlage ist derart ausschweifend, dass es geradezu unmöglich wäre, alle Informationen zu dieser Substanz in einem Buchwerk abzubilden. Allein die Datenbank PubMed verzeichnet 24 530 Papers zu den Stichworten «Ketamine» und «Ketamin», die Datenbank ScienceDirect gibt 132 792 Ergebnisse (!) zu den Stichworten aus (Stand August 2023). Und die Forschung steht überdies nicht still – im Gegenteil. Heute wird mehr an psychoaktiven Substanzen, Organismen und Anwendungen geforscht als je zuvor – auch und gerade an Ketamin.

Die wissenschaftliche Erforschung der therapeutischen Qualitäten des Ketamins – so beispielsweise zur Verwendung als Antidepressivum – ist ebenso vielschichtig und für den Laien kaum verständlich – und zudem stetig im Begriff zu wachsen. Da geht es u.a. um Rezeptoraffinitäten, Signalwege, neurotrophe Faktoren, Stoffwechselwege und vieles mehr. Im vorliegenden Buch werden, wo nötig, diese Zusammenhänge dargestellt, und, wenn möglich, in einer Fußnote kurz erläutert. Manche Textstellen, gekennzeichnet mit dem Hinweis «Info für Spezialisten», werden dem Fachpublikum verständlich sein, dem Laien eher weniger – dies musste ich in Kauf nehmen, um ein im Groben vollständiges Bild bestimmter Sachverhalte pharmakologischer, physiologischer oder medizinischer Art zeichnen zu können.

Es gibt auch zahlreiche Studien, die zwar interessant und für Experten sicher höchst spannend, jedoch für die Erläuterung gegenüber dem medizinisch unbedarften Leser schlichtweg ungeeignet sind. So, um nur ein Beispiel zu nennen, eine neue Arbeit, die sich im Tierversuch mit Makaken mit Auditory steady-state responses (ASSR) bei Schizophrenie befasst. ASSR «sind wiederkehrende neuronale Aktivitäten, die auf regelmäßige zyklische auditorische Stimulationen reagieren. ASSRs sind bei Personen mit Schizophrenie verändert und könnten mit einer Unterfunktion des N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA)-Glutamatrezeptors zusammenhängen» (NAKAMURA et al. 2023). Um es um des Exempels Willen kurz zu machen, deuten die Ergebnisse der Untersuchung darauf hin, «dass ASSR als neurophysiologischer Biomarker für die Störung von gamma-oszillatorischen neuronalen Schaltkreisen in diesem Ketamin-Modell der Schizophrenie bei intakten, wachen Makaken verwendet werden kann» (ebd.). Wie gesagt, manche wissenschaftlichen Sachverhalte sind schwierig für den Laien zu begreifen – aber häufig für das nichtwissenschaftliche Publikum ohnehin von nur geringer Relevanz.

In diesem Zusammenhang erweist es sich manchmal auch, dass selbst Wissenschaftler Verständnisschwierigkeiten haben, wenn Postulate, Theoreme etc. sich nicht direkt auf ihre eigene Disziplin beziehen, wie folgendes Beispiel belegt. In einer Schrift zur Ketanest- und Benzodiazepin-Kombination in der Anästhesie von 1982 mokierte sich der Herausgeber Langrehr in der Einführung darüber, dass finnische Kollegen «allen Ernstes vorschlagen, die mit zunächst aufgehobenem, später allmählich wiederkehrendem Bewusstsein verbundene Erholungsphase der Anästhesie unter dem Aspekt einer experimentellen Psychose zu betrachten. Wie die Beschreibung in der Anästhesiologie wohlbekannter Aufwachphänomene der Erkenntnis über Psychosen – d.h. psychologischen Krankheitsbildern, die untrennbar mit wacher Bewusstseinslage verbunden sind – nützlich sein könnte, bleibt mir schleierhaft. Alle Rückschlüsse von Phänomenen aus dem Formenkreis der Psychose auf Phänomene in der Aufwachphase bis zur wieder vollständigen bewussten Orientierung und Wiederherstellung der Psychomotorik sind sicherlich für die Anästhesiologie nutzlos» (LANGREHR 1982: 7f.).

Hier sieht man, wie Fachleute zuweilen Schwierigkeiten damit haben können, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Denn natürlich sind die angesprochenen Aspekte «sicherlich für die Anästhesiologie nutzlos», denn dies stand überhaupt nicht im Fokus der genannten finnischen Kollegen. Und dass Aufwachphänomene nach Anästhetika-Gabe keinerlei Wert für die Erforschung psychotischer Zustände bzw. psychologischer Phänomene haben, wurde inzwischen auch wiederholt widerlegt, wie im Verlauf dieses Buches ersichtlich sein wird. Immerhin muss man im Umgang mit Ketamin als wie auch immer gearteter psychologischer Katalysator auch gar nicht die Aufwachphase nach einer Narkose für entsprechende Zwecke nutzen, sondern schlichtweg Ketamin in subanästhetischer Dosierung.

Aber auch im rekreativen, psychonautischen Sinne spielt Ketamin eine zunehmend größere Rolle. Ab von den Mainstream-Journalisten, die ihre Sommerlöcher gerne mit Schreckensmeldungen füllen und Ketamin, zusammen mit den alten Verdächtigen (GHB, Flunitrazepam und anderen Benzodiazepinen, Scopolamin etc.), als «Rape Drug» (Vergewaltigungsdroge) bezeichnen (was sicher auch zuweilen beobachtet werden kann), hat sich Keta längst als Substanz etabliert, mit der man innere Reisen unternehmen und spirituelle Erfahrungen machen kann.

Unbedingt anzuführen ist hier die Tatsache, dass Ketamin in mancher Hinsicht gewissermaßen unser Lehrer ist. Immer wieder wird nämlich von Personen die Frage in den Raum gestellt oder diskutiert, inwieweit natürliche Substanzen den synthetischen vorzuziehen sind. Ich antworte auf diese Frage stets, dass es im Grundsatz keinen Unterschied macht, ob ein Stoff natürlich oder im Labor entstanden ist. (Dabei beharren manche gern darauf, dass sie «niemals Chemie nehmen würden», ohne zu bemerken, dass es sich auch bei natürlichen Substanzen um Chemie handelt.) Ketamin lehrt uns – so wie andere Moleküle zuvor1 –, dass der Übergang zwischen synthetischen und natürlichen Stoffen fließend ist. Denn 2020 wurde, und das ist wahrhaftig sensationell, Ketamin in einem Pilz entdeckt! Ketamin ist also ein Naturstoff! Hatte die Substanz bisher als Synthetikum par excellence gegolten, müssen nun die ethnobotanischen Standardwerke entsprechend umgeschrieben werden. In der Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen Band 2, die ich zusammen mit Christian Rätsch geschrieben habe (RÄTSCH und BERGER 2022), hat der Ketaminpilz Pochonia chlamydosporia natürlich eine eigene Monographie spendiert bekommen.

Zum Schluss noch ein Wort zur gesetzlichen Regulation von Ketamin. Es ist – und das kann ich als jemand, der sich seit früher Jugend mit psychoaktiven Drogen beschäftigt, mit Fug und Recht anführen – ein einziger schlechter Witz, dass die Drogenpolitik hier mal wieder ihre Willkür und Inkompetenz zum Ausdruck bringt. Und zwar in Reinkultur. Während Stoffe wie z.B. Cannabis (eventuell nicht mehr lange) und Methylphenidat (Medikinet, Ritalin) in Deutschland strengstens reglementiert und in den Anhängen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) aufgeführt sind, unterliegt Ketamin lediglich dem Arzneimittelgesetz (AMG) und eben nicht dem BtMG. (Im Gegensatz zu so manchem Ketamin-Analogon wie Methoxetamin (MXE), das durchaus per BtMG illegalisiert ist.) Das muss man sich mal vorstellen! Jeder, der schon einmal Ketamin in psychoaktiven subänesthetischen Dosierungen probiert hat, wird verstehen, was ich meine.

Um z.B. Methylphenidat zu erhalten, muss der Patient zunächst zum Psychiater, der feststellen soll, ob das Arzneimittel verordnet werden kann. Dann erhält der Patient in der Folge vom Hausarzt ein Betäubungsmittel-Rezept, das innerhalb von acht Tagen eingelöst werden muss. Bis April 2023 galt sogar noch eine monatliche Obergrenze für BtM-Medikamente, dies wurde glücklicherweise geändert. Für Ketamin benötigt der Patient lediglich ein normales Rezept2– meist ein Privatrezept, da Ketamin nur sehr selten von den Krankenkassen finanziert und noch seltener zur Direktaushändigung an Patienten abgegeben wird. Der Unterschied in der psychoaktiven Wirkung ist ein gewaltiger. Während Methylphenidat ein Psychostimulans ist, das recht ähnlich wie Kokain wirkt, haben wir es bei Ketamin mit einem Psychoaktivum zu tun, das eine enorme therapeutische und pharmakologische Bandbreite aufweist – in psychoaktiven, also psychonautischen Dosierungen von Midi-Dosing bis K-Hole (Durchbrucherfahrung) kann Ketamin eine unfassbar schräge und abenteuerliche Substanz sein, mit der man umzugehen lernen muss. Selbst hartgesottene Psychonauten kamen mit Ketamin schon an ihre Grenzen, meist, wenn es geschnupft wurde.

Daher soll dieses Handbuch den Gebrauch von Ketamin sicherer machen und dem User eine Entscheidungshilfe für risikominimierten Gebrauch an die Hand geben....

Erscheint lt. Verlag 6.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-03788-673-0 / 3037886730
ISBN-13 978-3-03788-673-1 / 9783037886731
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