Beweisverwertungsverbote im Besteuerungsverfahren (eBook)
412 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-17082-7 (ISBN)
Torben Wissuwa ist seit mehr als zehn Jahren Lehrbeauftragter für Insolvenz- und Steuerrecht an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und als Insolvenz- und Sanierungsberater sowie Insolvenzverwalter tätig. Schon seit Studientagen fasziniert ihn die Thematik um das Beschaffen und Verwerten von Beweisen.
Torben Wissuwa ist seit mehr als zehn Jahren Lehrbeauftragter für Insolvenz- und Steuerrecht an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und als Insolvenz- und Sanierungsberater sowie Insolvenzverwalter tätig. Schon seit Studientagen fasziniert ihn die Thematik um das Beschaffen und Verwerten von Beweisen.
4 Beweisverbote
Bei den Beweisverboten unterscheidet man grob zwischen Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverboten. Beweiserhebungsverbote werden vom erkennenden Gericht erlassen, wenn ein Beweis nicht auf dem Wege beschafft hätte werden dürfen auf dem er beschafft wurde. Damit soll verhindert werden, dass Ermittlungsorgane Beweise zum Beispiel durch Folter erlangen und verwerten dürfen. Das Gericht wird sich daher damit befassen müssen, inwieweit der Beweis rechtswidrig erlangt wurde und gegebenenfalls, bei Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften, ein Beweisverwertungsverbot aussprechen. Allerdings führen lediglich Beweisthemaverbote150 per se zu einem Beweisverwertungsverbot. Bei allen anderen hat eine Abwägung151 zwischen schützenswerten Rechtsgütern einerseits und derErforschung der prozessualen Wahrheit andererseits zu erfolgen.
Beweisverwertungsverbote verbieten, wie der Name schon erkennen lässt, die Verwertung von Beweisen im Verfahren, die auf rechtswidrige Art und Weise gewonnen wurden.
4.1 Beweiserhebungsverbote
Unter Beweiserhebungsverboten versteht man das Verbot einen Beweis überhaupt zu erheben. Dabei ist zwischen den generellen Beweiserhebungsverboten und den speziellen Beweiserhebungsverboten zu unterscheiden. Generelle Beweiserhebungsverbote sind das Beweisthemaverbot152, das Beweismittelverbot153 und das Beweismethodenverbot154. Sie sollen die Parteien im Zivilverfahren, den Steuerpflichtigen im Abgaben- und Finanzgerichtsverfahren und den Angeschuldigten im Strafverfahren vor rechtswidriger Beweiserhebung schützen, indem rechtswidrig erlangte Beweise einem daraus folgenden Beweisverwertungsverbot unterliegen. Neben den generellen Beweiserhebungsverboten sind noch die speziellen Beweiserhebungsverbote zu benennen, so zum Beispiel das Verbot im Urkundsprozess, ein besonderes, zivilrechtliches Verfahren, bei dem Beweis lediglich durch Urkunden geführt werden darf, Beweis durch zum Beispiel Parteivernehmung zu führen. Da der Urkundsprozess aber nur im Vorverfahren, also nicht im eigentlichen Prozess, geführt wird sind im darauf folgenden Haupt- oder Nachverfahren wieder alle Beweisarten zulässig. Weitaus weiter reichende Folgen als spezielle Beweiserhebungsverbote sind daher den generellen Beweiserhebungsverboten zuzurechnen, da Verstöße gegen diese in folgenden Verfahrensabschnitten gegebenenfalls nicht geheilt werden können und sie auf diesem Wege eine Art Fernwirkung entfalten können.
4.1.1 Beweisthemaverbot
Eines der Beweiserhebungsverbote ist das so genannte Beweisthemaverbot. Das bedeutet, dass Beweis über ein bestimmtes Thema im Verfahren nicht erhoben werden darf, weil dieses entweder irrelevant für die Fallentscheidung ist und dies von vorne herein abgesehen werden konnte oder aber Beweis über eine Tatsache erhoben werden soll, die nicht bewiesen werden kann, so zum Beispiel das Wetter an einem bestimmten Tag.
In der Praxis von weitaus höherer Relevanz aber ist die Aussage eines Beamten, beispielsweise eines Finanzbeamten.
Grundsätzlich haben Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren,155 das heißt, sie dürfen nicht unbefugt Verhältnisse eines anderen, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind, offenbaren oder verwerten. Allerdings ist eine Offenbarung zulässig, soweit dies für Verwaltungs-, Rechnungsprüfungs-, oder gerichtliche Steuerverfahren, sowie für Straf- oder Bußgeldverfahren notwendig, dies gesetzlich zugelassen ist, der Betroffene zustimmt oder zum Beispiel ein Strafverfahren außerhalb von Steuerangelegenheiten geführt werden soll, in dem diese Informationen benötigt werden. Darüber hinaus dürfen oben genannte Informationen offenbart werden, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, wie zum Beispiel bei der Verfolgung von Kapitalverbrechen oder schwersten Wirtschaftsstraftaten, oder aber wenn die Offenbarung notwendig ist, um Falsche, in der Öffentlichkeit verbreitete Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern, richtig zu stellen.156
Trotz allem darf ein Finanzbeamter nicht einfach zu Themen aussagen, wenn er danach gefragt wird, vielmehr bedarf es einer Aussagegenehmigung durch seinen Vorgesetzten. Im Strafverfahren, und damit auch in Steuerstrafverfahren, auf die die Vorschriften der allgemeinen Strafgesetze grundsätzlich anwendbar157 sind, stützt sich diese Vorschrift auf § 54 StPO.158 Durch diese Regelung wird die Verschwiegenheitspflicht, die sich für Finanzbeamte, wie oben beschrieben aus § 30 Abs. I AO ergibt, änderungsfrei auf das Strafverfahrensrecht übertragen. Allerdings schütze, Meyer-Goßner zu Folge, diese Vorschrift lediglich öffentliche Geheimhaltungsinteressen, nicht amtlich bekannt gewordene Privatgeheimnisse,159 das Steuergeheimnis sei daher nicht davon betroffen. Eine Pflicht, das Steuergeheimnis zu wahren ergebe sich vielmehr direkt aus § 30 AO.160 Dies sei allerdings umstritten, daher ist, zumindest begrenzt, auch § 54 StPO Bedeutung zuzumessen.
Aus oben genannten Vorschriften ergibt sich allerdings, in Verbindung mit § 161 StPO, ein Beweiserhebungsverbot.161162
Demnach sei schon aufgrund des Bundes-163 oder Landesrechts164 die Verschwiegenheitspflicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die Verfassungsrang165 genießen, zu zählen.166 Angestellte des öffentlichen Dienstes sind dagegen gemäß § 9 BAT oder aber § 30 Abs. III AO ebenfalls zur Verschwiegenheit verpflichtet.167
Von dieser Verschwiegenheitspflicht muss der potentielle Zeuge durch Aussagegenehmigung entbunden werden, dafür zuständig ist der jeweilige Dienstvorgesetzte.168 Die Einholung der Aussagegenehmigung darf allerdings nicht dem zu Vernehmenden aufgetragen werden, vielmehr ist dafür die vernehmende Stelle zuständig, die dies in der Regel schriftlich beantragt.169
Eine Versagung der Genehmigung ist zwar nur zum Wohle von Bund und Ländern170171 zulässig, allerdings darf der Beamte auch nicht weiter aussagen, als die Aussagegenehmigung reicht. Die Folge einer Genehmigungsversagung ist, dass der Beamte als zulässiges Beweismittel ausscheidet.172
Eine Vernehmung als Zeuge, obwohl keine Aussagegenehmigung erteilt wurde, oder aber über die Aussagegenehmigung hinaus, zieht regelmäßig, als Beweiserhebungsverbot, ein Beweisverwertungsverbot für die aus der Aussage gezogenen Erkenntnisse nach sich.
4.1.2 Beweismittelverbot
Ein weiteres Beweiserhebungsverbot ist das so genannte Beweismittelverbot. Dabei ist ein bestimmtes Beweismittel, beispielsweise die Zeugenaussage im Urkundsprozess, kein zulässiges Beweismittel und unterliegt insoweit einem, hier speziellen, Beweiserhebungsverbot, während aus anderen Quellen, also der Urkunde, Beweis gezogen werden darf.
Ein anderes Beweismittelverbot ist die Vernehmung von Parteien als Zeugen im Zivilprozess, allerdings hat dies eher theoretische Bedeutung, da zwar aus der Parteivernehmung als Zeugen ein Beweisverwertungsverbot folgt, aber die Partei immer noch als Partei vernommen werden kann.173
Relevant für das Steuerstrafrecht ist aber vor allem der so genannte Lauschangriff. Als Lauschangriff wird das Abhören von Wohnungen (großer Lauschangriff wegen des hohen Eingriffsgehalts in ein Grundrecht) und das Abhören von öffentlichen Plätzen und Anlagen (kleiner Lauschangriff) bezeichnet.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts174 ist es zwar zulässig, bei besonders schweren Straftaten Wohnungen von mutmaßlichen Tätern mittels technischer Hilfsmittel abzuhören, obwohl dies eine Verletzung der Menschenwürde wäre, allerdings haben die Richter eine Reihe von Vorschriften zur Durchführung eben dieses großen Lauschangriffes als verfassungswidrig und unzulässig erklärt.
Auswirkungen auf das Steuerrecht hat insbesondere die Tatsache, dass die Höchststrafe für eine der oben genannten, besonders schweren Straftaten, mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe betragen muss, damit ein derartiger Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Menschenwürde, wie bei einer akustischen Wohnraumüberwachung, zulässig ist.
Da einfache Steuerhinterziehung, oder die gewerbs- oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens175 aber in der Höchststrafe mit fünf Jahren176 bestraft wird, entfaltet sich hierbei ein Beweismittelverbot, was den so genannten großen Lauschangriff angeht, der auch hierbei ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.
Davon ausgenommen sind freilich die Spezialtatbestände der besonders schweren177 oder aber der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung178, die in den Höchststrafen bei jeweils zehn Jahren Freiheitsstrafe liegen.
4.1.3 Beweismethodenverbot
Unter einem Beweismethodenverbot versteht man das illegale Beschaffen von Beweisen aufgrund einer verbotenen Methode, wie zum Beispiel Folter. Als Klassiker des Beweismethodenverbotes gilt die so genannte „custodial interrogation“, also die Befragung eines Festgenommenen direkt nach...
| Erscheint lt. Verlag | 23.10.2020 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Technik |
| Schlagworte | Besteuerungsverfahren • Beweisbeschaffung • Beweisverwertung |
| ISBN-10 | 3-347-17082-2 / 3347170822 |
| ISBN-13 | 978-3-347-17082-7 / 9783347170827 |
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