Sonne für den Klimaschutz (eBook)
183 Seiten
Zytglogge (Verlag)
978-3-7296-2268-5 (ISBN)
Roger Nordmann, geb. 1973 in Lausanne, Fraktionspräsident der Sozialdemokratischen Partei der Bundesversammlung, Mitglied der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie UREK; Studium der Politologie und Volkswirtschaft. Er gilt als anerkannter Experte für Energie- und Klimafragen, setzt sich für eine wirksame Klimapolitik auf nationaler und internationaler Ebene ein und ist Präsident von Swissolar, dem Schweizerischen Fachverband für Sonnenenergie.
Roger Nordmann, geb. 1973 in Lausanne, Fraktionspräsident der Sozialdemokratischen Partei der Bundesversammlung, Mitglied der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie UREK; Studium der Politologie und Volkswirtschaft. Er gilt als anerkannter Experte für Energie- und Klimafragen, setzt sich für eine wirksame Klimapolitik auf nationaler und internationaler Ebene ein und ist Präsident von Swissolar, dem Schweizerischen Fachverband für Sonnenenergie.
1DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
Die weltweite Klimakrise ist hauptsächlich ein Energieproblem, denn der Einsatz fossiler Brennstoffe verursacht rund zwei Drittel des Treibhausgasausstosses1, vor allem durch Kohle, Erdöl und Erdgas.
Zur Bekämpfung der globalen Erwärmung müssen Gesellschaft und Wirtschaft deshalb auf ein klimaneutrales Energieversorgungsmodell umsteigen. Dafür braucht es nicht nur die Zusammenarbeit aller Staaten, sondern auch ein entschlossenes innenpolitisches Handeln jedes einzelnen Landes. Der Umstieg muss für alle ohne Einbussen beim Komfort geschehen beziehungsweise einen angemessenen Lebensstandard für jene schaffen, die ihn noch nicht haben. Ohne den Wandel kann der Wohlstand nämlich nicht dauerhaft sichergestellt werden. Im Gegenteil: Die Zerstörung der Umwelt – Grundlage allen menschlichen Lebens – führt unaufhaltsam zu einer Verarmung der Menschheit insgesamt.
Die UNO-Konvention zum Klimawandel und die Folgevereinbarungen, etwa das Ende 2015 unterzeichnete Pariser Klimaabkommen, bilden das international geltende Regelwerk zur Eindämmung der globalen Erwärmung. Das weltweite Ziel besteht in der Beschränkung der Erderwärmung auf höchstens 1.5 °C bis 2 °C. Für die Umsetzung muss jeder Staat seinen eigenen Beitrag leisten. Gemäss dem neusten Bericht des IPCC2 müssen bis 2050 alle menschlichen Aktivitäten klimaneutral sein, damit die globale Erwärmung auf 1.5 °C beschränkt werden kann. Das heisst, die CO2-Emissionen müssten netto bis Mitte des 21. Jahrhunderts auf null reduziert werden.
Die Schweiz ist jedoch von diesem Ziel noch weit entfernt. Zwischen 1990 – dem Bezugsjahr für die weltweite Klimapolitik – und 2016 ging der Treibhausgasausstoss lediglich um 10.1% zurück. In dieser mittelmässigen Leistung ist der neuste Anstieg der Emissionen durch die Luftfahrt nicht einmal berücksichtigt. Deshalb steht die Schweiz beim Klimaschutz noch längst nicht dort, wo sie sein sollte.
Nahezu unsere gesamte Wirtschaft müsste dekarbonisiert werden. Der Verbrauch an fossilen Energieträgern muss drastisch gesenkt werden, um eine Verringerung des CO2-Ausstosses als wichtigsten Verursacher von Treibhausgasen zu erreichen. Der grösste Handlungsbedarf besteht im Gebäudebereich und im Verkehr, wie Grafik 1 zeigt. Vier Fünftel des Treibhausgasausstosses stammen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe (in Grau und Schwarz). In Orange sind die Emissionen aus den übrigen Bereichen dargestellt. Folgerichtig leitet sich daraus das erste energie- und klimapolitische Ziel für die Schweiz ab: eine möglichst vollständige Dekarbonisierung unserer Energiewirtschaft.3
Grafik 1: Treibhausgasemissionen 2017 in der Schweiz (ausgenommen graue Energie durch Importe)
Die vorliegende Arbeit will aufzeigen, wie Solarstrom – also die Photovoltaik – entscheidend zur Dekarbonisierung, zum konsequenten Abbau der Kohlenstoffintensität der Schweizer Energiewirtschaft beitragen kann. Mit einem Solarplan soll die Grundlage einer auf Sonnenenergie basierenden Elektrifizierungsstrategie geschaffen werden.
Die Plausibilität dieser Strategie wird hauptsächlich auf Grundlage des heutigen Stands der Technik und der aktuellen Kosten nachgewiesen, ohne fortlaufende Entwicklungen zu berücksichtigen. Am Einsatz der Wasserkraft wird mit Absicht wenig verändert. In Anbetracht der absehbaren Fortschritte etwa bei Energieeffizienz und Ökobilanz der Speicherlösungen sind die Hypothesen tendenziell vorsichtig formuliert. Sie haben dafür den Vorteil, dass sie für spätere Diskussionen eine einfache, gut verständliche Basis bilden.
1.1Eine langfristige Klimaschutzpolitik
Damit die Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energieträgern gelingt, müssen die Herausforderungen mit einem langfristigen Zeithorizont angegangen werden.
Erstens, weil sich die Auswirkungen unseres Energieverbrauchs auf die Umwelt, insbesondere auf das Klima, erst über längere Zeit zeigen. Die Wahl der momentan kostengünstigsten Lösung kann langfristig sehr teuer zu stehen kommen.
Des Weiteren hängen Energieversorgung und -nutzung von riesigen technischen und baulichen Infrastrukturen ab, deren Einsatz und Finanzierung sich über Jahrzehnte erstrecken. Deshalb werden kurzfristige Lösungsansätze dem Anliegen nicht gerecht. Symbolisches Handeln und persönliches Engagement mögen ihre Bedeutung haben, doch sie reichen längst nicht aus, um die Energiewirtschaft nachhaltig umzustrukturieren.
Auch aus geostrategischer Sicht muss eine langfristig nachhaltige Strategie greifen. Um die Ressource Energie werden auf der ganzen Welt zahlreiche Konflikte ausgetragen.
Folglich lässt sich die globale Erwärmung nur mit einer auf Jahrzehnte hinaus anwendbaren Energiepolitik in Schranken halten. Ausnahmslos jeder Staat muss jetzt handeln. Das Laissez-faire-Prinzip ist kein gangbarer Weg (siehe Kapitel 9 und 10).
Die Situation der Schweiz ist natürlich das Ergebnis früherer und aktueller politischer Weichenstellungen. Historisch gesehen zeichnet sich der heutige Stand der Schweiz durch vier Hauptmerkmale aus:
•eine enorme Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen Erdöl und Erdgas, die vollumfänglich importiert werden müssen;
•erste erfolgreiche Massnahmen im Bereich Energieeffizienz zur Senkung des Verbrauchs, vor allem bei fossilen Brennstoffen und Strom;
•erste bescheidene Effizienzgewinne im Transportbereich, die aber durch den starken Verkehrszuwachs wieder zunichtegemacht wurden;
•eine Stromproduktion, die im jährlichen Mittel den Bedarf noch knapp deckt, deren Kraftwerke jedoch in die Jahre gekommen sind. Die Schweiz hängt insbesondere von Anlagen ab, die zwischen 1950 und 1984 erbaut wurden. Deren Tragpfeiler sind unter anderem die Atomkraftwerke, doch diese erreichen in den nächsten 20 Jahren das Ende ihrer Betriebsdauer.
So sieht die Ausgangslage der Schweiz aus. Den Wandel muss unser Land durch die laufende Dekarbonisierung seiner Energiewirtschaft herbeiführen.
1.2Den Strombedarf berücksichtigen
Es stellt sich immer deutlicher heraus, dass die Elektrifizierung entscheidend zur Dekarbonisierung beitragen wird. Elektrizität ist nämlich fast vier Mal effizienter im Betrieb als die fossilen Energieträger. Elektromotoren und Wärmepumpen arbeiten von Natur aus effizienter als Diesel- bzw. Benzinmotoren und Ölheizungen. Oftmals beträgt der Verbrauch fossiler Energie bei gleicher Leistung 4 Kilowattstunden und bei Elektrizität nur 1 Kilowattstunde. Deshalb ist Elektrizität eine der wertvollsten Energieformen. Wahrscheinlich kommt es in Zukunft zur sogenannten ‹Sektorenkopplung› zwischen dem Stromsektor, der Mobilität und der Gebäudetechnik. Diese wird den Energieverbrauch insgesamt reduzieren, dafür aber zu einem beachtlichen Zuwachs beim Elektrizitätsverbrauch führen.
Bei den Gebäuden hat die Dekarbonisierung bereits begonnen, muss jedoch noch beschleunigt werden. Durch Effizienzgewinne lässt sich ein grosser Teil des CO2-Ausstosses reduzieren. Hier gilt es, bewährte bestehende Massnahmen zu verstärken und die Standards für Sanierungen zu verschärfen (Wärmedämmung und Wechsel auf erneuerbare Energien). Doch für die energetische Gebäudesanierung braucht es nicht nur mehr erneuerbar gewonnene Wärme, sondern auch mehr Strom. Man sollte dabei nicht den Fehler machen, Wärmepumpen in Gebäude einzubauen, die schlecht isoliert sind und deshalb im Winter einen höheren Stromverbrauch aufweisen. Der Handlungsbedarf in diesem Bereich wird unter Punkt 3.2 erörtert.
Unter 3.3 folgt die Analyse des Strombedarfs zur Sanierung der Mobilität, ohne jedoch detailliert auf Pro und Kontra eines elektrifizierten Individualverkehrs einzugehen. Im Zentrum steht die Versorgung mit Strom ohne kohlenstoffhaltige Ressourcen.
Für die Dekarbonisierung von Verkehr und Gebäuden dürfte der Strombedarf um etwa 20 bis 25 Terawattstunden (TWh) ansteigen. Dazu kommt der Zusatzbedarf von rund 20 TWh, der sich aus der Abschaltung der Atomkraftwerke ergeben wird. Insgesamt muss die Schweiz also rund 45 TWh mehr Strom generieren.
1.3Jederzeit genügend Strom
Damit die Dekarbonisierung gelingt, braucht es jederzeit genügend sauberen Strom. Daraus folgt das zweite energie- und klimapolitische Ziel für die Schweiz: die Deckung des gesamten Strombedarfs im mehrjährigen Mittel durch eigene Stromproduktion – mit einem möglichst hohen Einsatz an erneuerbaren Energieträgern und unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Winter.
Diesem Ziel muss sich die Schweiz verpflichten – nicht nur, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sondern auch, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Zum einen ist unsicher, ob die EU langfristig genug Strom produziert, dass wir unseren Bedarf durch Importe decken...
| Erscheint lt. Verlag | 13.8.2019 |
|---|---|
| Zusatzinfo | 46 Grafiken 8 Tabellen 2 Abbildungen |
| Verlagsort | Basel |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik |
| Technik | |
| Schlagworte | Energien • Energiewende • Erneuerbare • Erneuerbare Energien • Klimaschutz • Schweiz • Solarenergie • Sonnenenergie |
| ISBN-10 | 3-7296-2268-4 / 3729622684 |
| ISBN-13 | 978-3-7296-2268-5 / 9783729622685 |
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