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Ganz Ohr (eBook)

Alles über unser Gehör und wie es uns geistig fit hält
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
384 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-22747-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ganz Ohr -  Thomas Sünder,  Andreas Borta
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Wer besser hört, bleibt länger fit im Kopf!

DJ Thomas Su?nder legte auf mehr als 500 Hochzeiten auf - bis ein Ho?rsturz sein Ohr scha?digte und er schließlich aufgrund von Schwindelattacken seinen Beruf an den Nagel ha?ngen musste. Diese existenzielle Erfahrung nahm Sünder zum Anlass, sich zusammen mit dem Wissenschaftler Dr. Andreas Borta auf eine spannende Reise in unser Gehör zu begeben. Wussten Sie, dass Schwerhörigkeit eine der verbreitetsten Zivilisationskrankheiten ist? Bereits heute ist jeder Dritte über 50 betroffen! Aber auch junge Menschen sind durch pausenlose Beschallung gefährdet. Hörgeräte werden meist schamhaft belächelt, dabei sind sie ein unverzichtbares Hilfsmittel: Die neueste Forschung besta?tigt, dass eine Ho?rminderung ohne den Ausgleich durch ein Ho?rgera?t das Risiko, an Demenz zu erkranken, um bis zu vierhundert Prozent erho?ht! Eins ist daher klar: Nichts ist wirksamer gegen Demenz, als das Gehör zu pflegen!

Thomas Sünder, Jahrgang 1975, wuchs in einem hessischen Dorf auf und studierte in Marburg alles, was man für den Job eines professionellen Hochzeits-DJ braucht: Neuere Deutsche Literatur und Medien, Philosophie und Kunstgeschichte. Nach einem Volontariat zum PR-Berater machte er sich als Musiker, DJ und Texter selbstständig. Im Jahr 2013 veröffentlichte er mit »Wer Ja sagt, darf auch Tante Inge ausladen« einen sehr erfolgreichen Hochzeitsratgeber, der 2019 bei Blanvalet als aktualisierte Neuausgabe erscheint. Der Nachfolger »Wer hat eigentlich die Ringe?« ist der erste Ratgeber für Trauzeugen und alle Hochzeitsbegleiter. Thomas Sünder hat in zwölf Jahren über fünfhundert Hochzeiten betreut und Brautpaare inhaltlich bei der Planung unterstützt. Er selbst ist ebenfalls verheiratet und lebt mit seiner Frau Sylvia in Hamburg.

Am Anfang war die Stille: Eine akustische Reise zur Entstehung des Lebens


»Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.« So heißt es in der Bibel (Johannes 1,1). Wissenschaftler vermuten den Anfang aller Dinge im berühmten Urknall. Doch beide Varianten haben einen entscheidenden Schönheitsfehler: Weder ein Wort noch ein Knall waren bei der Entstehung des Universums hörbar. Denn es gab weder Luft, in der sie sich hätten ausbreiten können, noch irgendwelche Zuhörer. Beide sollten erst Milliarden Jahre später in der Atmosphäre des Planeten Erde entstehen. Insofern können wir sagen: Am Anfang war die Stille.

Vor rund 13,8 Milliarden Jahren geschah das Großereignis, das fälschlicherweise als Urknall bezeichnet wird: Völlig lautlos entstanden Materie, Raum und Zeit aus unendlich hoch verdichteter Energie. Seither dehnt sich unser Universum munter aus. Die ersten rund neun Milliarden Jahre können wir getrost überspringen: Für uns Erdenbewohner wird die Story erst interessant, als vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren jene heiße Kugel aus geschmolzenem Gestein entstand, auf der wir heute leben. Während unser Planet langsam abkühlte, wurde er immer wieder von gewaltigen Gesteinsbrocken bombardiert, die mit verheerender Wirkung einschlugen. Etwa 100 Millionen Jahre nach Entstehung der Erde wurde durch den Zusammenprall mit einem etwa marsgroßen Planeten so viel Materie in den Orbit geschleudert, dass daraus unser Mond entstand. Auch das erzeugte keinerlei Geräusch, da es noch immer keine Atmosphäre und damit auch keine Luft gab. Erst durch die Aktivität von Vulkanen entstand in Millionen von Jahren eine Hülle aus Gasen um unseren Planeten. Würde ein heutiger Mensch mit einer Zeitmaschine dorthin zurückreisen, könnte er mangels Sauerstoff in der heißen Luft zwar nicht atmen, würde aber zumindest etwas hören: nämlich die gewaltigen Eruptionen der Vulkane. Bloß gab es damals keine Zuhörer.

Nachdem die Erde ausreichend abgekühlt war, wurde die Geräuschkulisse deutlich beruhigender. Für Schlechtwettermuffel wie mich vielleicht etwas zu beruhigend, um nicht zu sagen, deprimierend – es regnete nämlich nonstop. Und zwar nicht nur einen trüben Nachmittag lang: Das weltweite Prasseln von Regentropfen dauerte über vierzigtausend Jahre!

Diese – im kosmischen Maßstab betrachtet, kleine – Regenperiode reichte aus, um Ozeane auf unserem Planeten zu bilden. Doch auch das Rauschen der Meere blieb anfangs ungehört, da noch keine Lebewesen mit Ohren existierten. In den Ozeanen entwickelten sich Einzeller und schließlich Blaualgen. Für die nächsten knapp drei Milliarden Jahre waren die stummen Wasserbewohner damit beschäftigt, durch Photosynthese Sauerstoff zu erzeugen. Dieser wurde schließlich in die Atmosphäre freigesetzt, und eine schützende Ozonschicht entwickelte sich rund um den Planeten.

Unter diesen Umweltbedingungen sollte vor rund 540 Millionen Jahren ein weiteres Großereignis mit einem explosiven Namen erfolgen, das unser Leben bis heute bestimmt: die sogenannte kambrische Explosion. Diesmal explodierte nicht wirklich etwas, dieser Begriff bezeichnet vielmehr einen gigantischen Evolutionsschub. Binnen weniger Millionen Jahre entwickelten sich Vertreter fast aller heutigen Tierstämme – also auch unsere entfernten Vorfahren. Die Gründe für diesen plötzlichen Sprung in der Evolution sind unter Wissenschaftlern umstritten. Fakt ist: Nach über dreizehn Milliarden Jahren seit Entstehung des Universums, in denen kein einziger Klang gehört wurde, bevölkerten plötzlich die ersten Lebewesen unseren Planeten, die Schall wahrnehmen konnten. Doch wie kam es zur Entwicklung des Gehörs?

Voraus ging die Entstehung eines anderen lebenswichtigen Wahrnehmungsapparates, der sich heute ebenfalls in unseren Ohren befindet, und über den ich mir bis zum Ausbruch meiner schwindelerregenden Krankheit nie wirklich Gedanken gemacht hatte: das Gleichgewichtsorgan.

Oben und unten im Urzeitmeer und wie Flusskrebse den Kopfstand lernen


Bereits Millionen von Jahren vor der kambrischen Explosion schwammen Hohltiere im archaischen Ozean. Zwar besaßen diese Urzeitquallen weder Knochen, Augen oder Ohren, aber sie hatten dennoch etwas Wichtiges mit uns Menschen gemeinsam: Sie konnten zwischen oben und unten unterscheiden. Die Hohltiere besaßen ein primitives Gleichgewichtsorgan, wie es in ähnlicher Form auch heute noch bei Quallen und Krebsen vorkommt. Es handelte sich um eine kleine, flüssigkeitsgefüllte Blase. Darin befand sich ein winziges Steinchen aus Kalk. Das Kalksteinchen war schwerer als die umgebende Flüssigkeit und folgte daher stets der Erdanziehungskraft, sank also grundsätzlich nach unten. An der Unterseite des Bläschens waren feine Sinneshärchen angeordnet. Wenn der Kalkstein auf diese Härchen traf, wurden sie abgeknickt, ähnlich wie Kippschalter. Sie erzeugten dann einen elektrischen Reiz, der an das Nervensystem weitergegeben wurde. Dieses primitive Netz aus Nervenbahnen war im ganzen Körper der Hohltiere verzweigt und funktionierte so gut, dass sie kein Gehirn benötigten und folglich keines besaßen. Da das Steinchen je nach Lage des Hohltiers auf unterschiedliche Sinneshärchen traf, konnte sich das Wesen räumlich orientieren. Über den konkreten Nutzen dieser Wahrnehmung lässt sich nur spekulieren. Wahrscheinlich verhinderte sie, dass die Hohltiere zu tief tauchten, wo der zunehmende Druck der Wassermassen sie zerquetscht hätte.

Bei heutigen Quallen und anderen wirbellosen Tieren ist die gesamte Innenwand der Gleichgewichtsbläschen rundum mit Sinneshärchen besetzt. Stellen Sie sich das vor wie einen Ball, in dessen Innerem sich überall kleine Kippschalter befinden. Eingeschlossen in diesen Ball ist zudem eine kleine, schwere Kugel. Wenn Sie den Ball über den Boden rollen, anheben oder schütteln, aktiviert die Kugel mit ihrem Gewicht immer wieder unterschiedliche Schalter. Bewegt sich die Kugel von einem Schalter weg, springt dieser zurück in seine Ausgangsposition.

Dieses System gerät übrigens gründlich durcheinander, wenn man die Erdanziehungskraft überlistet. Das gelang Forschern bei einem Experiment mit Flusskrebsen.

Um wachsen zu können, müssen die Tiere ihren Panzer abwerfen. Zwar bilden sie danach einen neuen Panzer, allerdings keine Kalksteinchen mehr. Stattdessen schließen sie in ihre Gleichgewichtsbläschen Sandkörner aus der Umgebung ein. Diese ersetzte man durch Metallkörnchen, die von den Tieren für Sand gehalten und ahnungslos einverleibt wurden. Hielt man nun einen Magneten über einen solchen Krebs, schwamm er mit dem Bauch nach oben – weil das Metallkörnchen in diese Richtung gezogen wurde und das Tier nun glaubte, dort sei unten. So verwirrt diese Krebse beim unfreiwilligen Rückenschwimmen auch gewesen sein mochten, über Eisenmangel konnten sie jedenfalls bestimmt nicht klagen …

Halten wir hier abschließend fest, dass der Gleichgewichtssinn einer unserer evolutionär ältesten Sinne ist – lange bevor Ohren das Hören oder Augen das Sehen ermöglichten. Das ist insofern logisch, als die Notwendigkeit für weitere Sinne erst bei einem Organismus besteht, der sich bewegen kann. Denn was nützt die Bewegung, wenn man keine Ahnung hat, wohin sie führt? Zur Orientierung ist die Wahrnehmung der eigenen Körperhaltung und Bewegungsrichtung unumgänglich. Und damit kommen wir zum nächsten Schritt in der Evolution des Ohrs.

Das Haar in der Suppe und wie Bewegung zu Information wird


Die ersten Lebewesen, die hören konnten, waren Fische. Wir müssen uns also zunächst eine Welt unter Wasser vorstellen, in der Geräusche wahrgenommen wurden. Doch was heißt eigentlich »Wahrnehmung«? Der Ursprung aller Wahrnehmung ist bei jedem Lebewesen die Verwandlung äußerer Reize in elektrische Signale, die dann im Nervensystem weiterverarbeitet werden. Ohne Strom nix los, könnte man als übereinstimmendes Gesetz von Biologie und Technologie festhalten.

Doch was genau wird beim Hören in eine elektrische Mahlzeit für informationshungrige Nervenzellen verwandelt? Die Antwort lautet: Bewegung. Wir haben bereits bei den Hohltieren und Krebsen gesehen, wie ein kleines Kalkkörnchen durch Berührung Sinneshärchen zur Erzeugung von elektrischen Impulsen anregt. Diese sitzen auf der Oberfläche von Zellen, die ihnen ihren Namen verdanken: den Haarzellen. Dank der sensiblen Härchen sind sie in der Lage, feinste Bewegungen in elektrische Impulse zu verwandeln und an das Nervensystem weiterzugeben.

Das gibt den Tieren allerdings lediglich Aufschluss über die Lage des eigenen Körpers und teilt ihnen überhaupt nichts von der äußeren Umgebung mit. Für das Hören ist damit die Bewegung der gesamten Umgebung entscheidend – egal ob diese flüssig ist, wie das Wasser des Urzeitmeeres, oder gasförmig, wie die Luft um uns herum.

Der erste Schritt in der Entstehung des Hörens musste zwangsläufig die Entstehung einer Sinneszelle sein, die Bewegung übersetzen konnte in elektrische Signale, also ein Vorläufer der Haarzellen. Man geht davon aus, dass die erste dieser Zellen lange vor der kambrischen Explosion als zufällige Mutation in der Haut eines unbekannten Lebewesens entstand. Sie hatte zunächst keinen konkreten Nutzen, schadete dem Träger aber auch nicht. So wurde sie über Generationen hinweg weitergegeben und weiter vermehrt. Durch zusätzliche Mutationen und Umweltanpassungen fand sie einen Platz als Haarzelle in den Hohltieren. Von diesen überlebten schließlich nur noch diejenigen, die dank ihrer Gleichgewichtsbläschen nicht in den Tiefen des Meeres zerdrückt wurden. Haarzellen erwiesen sich somit als nützlich für den Erhalt der Art und wurden weitergegeben. Erst sehr viel später fanden sie...

Erscheint lt. Verlag 18.2.2019
Illustrationen Amely zur Brügge
Zusatzinfo mit s/w-Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Alzheimer • Darm mit Charme • Demenz • eBooks • Forschung • Gehör • Gemeinschaft • Gesundheit • Hörsturz • Isolation • Krise • Medizin • Quarantäne • Resilienz • Schwerhörigkeit • Tinnitus • Verbindung
ISBN-10 3-641-22747-X / 364122747X
ISBN-13 978-3-641-22747-0 / 9783641227470
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