Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Kirchen erkunden - Kirchen erschließen (eBook)

eBook Download: EPUB
2013
Anaconda Verlag
978-3-7306-9035-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kirchen erkunden - Kirchen erschließen - Margarete Luise Goecke-Seischab, Jörg Ohlemacher
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
(CHF 4,85)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Kirchenbauten sind beeindruckende Zeugnisse des Glaubens- und Weltverständnisses einer Epoche. Gleichzeitig sind sie Ausdruck der architektonischen und bautechnischen Möglichkeiten und des künstlerischen Vermögens ihrer Entstehungszeit. Dieses Handbuch vermittelt die Kenntnisse, die notwendig sind, um diese Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Neben einer Einführung in die Kirchenpädagogik bieten Textbausteine und Vorschläge zum kreativen Erkunden von Kirchenräumen eine Fülle von Material für viele spannende Entdeckungsreisen.

geb. 1938, war Lehrbeauftragte für Bildnerisches Gestalten und Kunst an der Augustana-Hochschule, Abteilung München. Die bekannte Autorin engagiert sich seit Jahren in der Ausbildung von Kirchenpädagogen und Kirchenführern.

Die Kirche – Architektur Gottes auf Erden


„Die sichtbare Kirche ist ein Symbol für die unsichtbare Kirche.“ Dieser Satz aus dem Mittelalter gilt für jeden christlichen Kirchenbau. Er bedeutet, dass das von Menschenhand errichtete Kirchengebäude das geistige Gebäude des Glaubens sichtbar macht.

Entsprechend sieht der Kunsthistoriker Franzsepp Würtenberger religiöse und kultische Bauwerke als Versuche gläubiger Menschen, den Abstand von Himmel und Erde, von irdischer Menschenwelt und überirdischem Gottesbereich zu überbrücken, indem sie ihren „nur gedanklich fassbaren Göttern symbolhaft eine würdige Wohnung bereiten“ („Die Architektur der Lebewesen“, Karlsruhe 1989).

Das griechische Wort „kyriakon“, von dem wir unseren Begriff „Kirche“ ableiten, meint in eben diesem Sinn „dem Herrn gehörig“. Die Kirche also als symbolischer Wohnort Gottes auf Erden, als Stätte, an der Menschen Gott nahe sein, ihm begegnen können, in der sie seine Größe feiern, von ihm und seinen Taten sprechen und durch das Gebet gestärkt werden.

Die Kirche – Gottes Haus im Schnittpunkt zwischen Himmel und Erde


„Denn wer von den Gläubigen möchte zweifeln, dass gerade in dieser Opferstunde… die Himmel sich auftun und bei diesem Mysterium die Chöre der Engel zugegen sind. Oben und Unten verbinden sich, Himmel und Erde, Sichtbares und Unsichtbares werden eins“ (Papst Gregor der Große).

Schon von vorchristlichen Hochkulturen ist die Vorstellung überliefert, Gott von einer irdischen Anhöhe aus besonders nahe zu sein. Treppen oder hoch auf Bergen angelegte Opferstätten und Heiligtümer versinnbildlichen diesen Weg vom irdischen Dunkel zum himmlischen Licht. So führten beispielsweise drei Stufen zu antiken Tempeln und bis zu 80 m hohe Stufenpyramiden zu den „zwischen Himmel und Erde“ errichteten Heiligtümern und Opferstätten der Inkas in Mexiko und Peru. Für den Gedanken räumlicher Gottnähe gibt es auch in der Bibel genügend Vorbilder, erzählt doch schon das Alte Testament, wie Mose und andere biblische Gestalten auf Bergen und Anhöhen im Gebet oder bei einem Opfer Gottes Nähe suchten. Hoch oben auf dem Berg Sinai empfing Mose nach der Überlieferung die zwei Gesetzestafeln von Gott.

Auf frühen Darstellungen der Himmelfahrt Christi (Abb. a, S. 17) eilt Jesus entweder geradewegs einen Hügel empor zu Gott, der ihm hilfreich die Hand aus den Wolken entgegenstreckt, oder er erhebt sich von einem kleinen Felsen, der ihn schon im Diesseits über die Schar seiner Jünger stellte (Abb. b). Engel als Boten Gottes begleiten ihn zu himmlischen Höhen.

a) Himmelfahrt Christi (Reidersche Tafel, Bayrisches Nationalmuseum, München, um 400)

b) Himmelfahrt Christi (Heilsbronner Altar, Münster Heilsbronn, um 1350)

Mit diesen Darstellungsweisen folgten Maler im Mittelalter der Vorstellung, dass, wer höchste irdische Erhebungen ersteigt, zugleich größtmögliche Gottesnähe erlangt. Demzufolge ist das christliche Kirchengebäude nicht nur als der Ort zu denken, an dem sich irdische und himmlische Welt begegnen. Es ist auch als ein „erhabener“ Ort zu verstehen, sozusagen als „Himmelspforte“, durch die die Gläubigen Eingang in die Welt Gottes finden.

Die Kirche – Sinnbild der ewigen Himmelsstadt


Nach der überlieferten Symbolik gilt die Kirche als Typus und Sinnbild der ewigen Himmelsstadt, in die Jesus als König und Hoherpriester einzog. Sie gilt zugleich als Symbol für das Reich Gottes, aber auch als Wegstrecke, die der Gläubige äußerlich wie innerlich zurücklegen musste, bis er sich mit Christus am Altar verbinden konnte. Die Kirche war zu allen Zeiten aber auch der Ort, an dem Christen dieses geistige Reich im Kult mitgestalten.

So verwundert es nicht, dass viele kirchliche Bauwerke in herausgehobener Lage, sei es auf einer Anhöhe oder zumindest mehrere Stufen über dem normalen Niveau, errichtet wurden. Sie überragten zur Zeit ihrer Entstehung um ein Vielfaches die damals üblichen niedrigen Wohnhütten aus Holz, Lehm und Flechtwerk, die sich in gehörigem Abstand um sie scharten, und wurden mit aller nur erdenklichen Pracht ausgestattet. Selbst heute, an der Wende zum 21. Jahrhundert, können wir uns der beeindruckenden Wirkung dieser Gotteshäuser kaum entziehen.

Die Kirche – Ort höchster irdischer Prachtentfaltung


In seinem bereits zitiertenWerk „Die Architektur der Lebewesen“ merkt Franzsepp Würtenberger dazu an: „Mit irdischen Mitteln wurde jeweils versucht, himmlische Pracht und überirdische Stimmung zu erzeugen. Kein Aufwand an Kraft, Mühe und Erfindungsgeist wurde gescheut. An kostbarsten Materialien, an haltbaren Steinen, Edelmetallen, wie Gold und Silber und Edelsteinen aller Art, wurde nicht gespart. Entgegen aller sonstigen Architektur… war hier jedoch der Mensch befreit von irdischen, rationalen, nahe gezielten Zwecken und den materiellen, existenzfördernden Nützlichkeiten. Hier ging es um höhere Seinskategorien“ (S. 233).

Die praktische Auswirkung dieser vor allem im späten Mittelalter weit verbreiteten Baugesinnung zeigte sich in den nahezu unmenschlichen Anstrengungen und Entbehrungen, die Reiche wie Arme auf sich nahmen, um würdige Kirchenbauten zu Gottes Ehre zu errichten. So berichtete Robert von Mont-Saint-Michel 1144 über den Bau der Kathedrale von Chartres: „In diesem Jahre zum ersten Mal sah man zu Chartres die Gläubigen sich vor Karren spannen, die mit Steinen, Holz, Getreide und wessen man sonst bei den Arbeiten an einer Kathedrale bedurfte, beladen waren. Wie durch Zaubermacht wuchsen Türme in die Höhe. So geschah es nicht nur hier, sondern fast allenthalben in Francien und der Normandie und andernorts. Überall demütigten sich die Menschen, überall taten sie Buße, überall vergaben sie ihren Feinden. Männer und Frauen sah man schwere Lasten mitten durch Sümpfe schleppen und unter Gesängen die Wunder Gottes preisen, die er vor ihren Augen verrichtete“ (Jantzen, H.: „Kunst der Gotik“, Hamburg 1957).

Heute noch stehen wir – wie schon Generationen von Pilgern und Gläubigen vor uns – staunend und voller Bewunderung vor diesen hoch in den Himmel aufragenden, genial konstruierten Steinbauten aus längst vergangenen Zeiten. Welche nie erlahmende, übermenschliche Glaubenskraft, welche Energie muss damals die Baumeister, Steinmetzen und alle am Bau beteiligten Handwerker, das einfache Volk ebenso wie Adlige und bürgerliche Geldgeber zu immer größeren Leistungen angespornt und bis zur letzten Vollendung der Kathedralen oft über Generationen hinweg geeint haben! Wie viele Millionen Tonnen Stein wurden im 12. und 13. Jahrhundert allein in Frankreich für den Bau der etwa 80 Kathedralen, über 500 großen Kirchen und mehr als 10 000 kleineren Pfarrkirchen aus dem Fels geschlagen, behauen und mit Menschenkraft an ihren Platz gebracht!

Die Kirche – Symbol für den Weg zu Gott


Für den Menschen im Mittelalter galt die Welt als ein Kunstwerk Gottes. Sie war nach seinem göttlichen Plan erdacht, war seine nach Maß, Zahl und Gewicht geordnete Schöpfung. In allem Sichtbaren erkannten die Menschen damals das Unsichtbare, den göttlichen Sinn. Alles, was sie selbst zur Ehre Gottes erdachten und erbauten, konnte nur ein schwacher irdischer und damit vergänglicher Abglanz seines ewigen Reiches sein. Mit Gott war das Licht auf die Welt gekommen, der Weg zu ihm führte ins Licht. Diesem Gott wollten die Menschen nahe sein, zu ihm beten und ihm Gotteshäuser errichten.

Das Durchschreiten der Kirche vom Eingang zum Licht des Altars symbolisierte von Anfang an für Christen diesen Weg zu Gott. Viele auf Wände und Glasfenster gemalte, aus Holz geschnitzte und aus Stein gehauene Bilder und Sinnzeichen begleiteten diesen Weg.

Christliche Wegkirche

Dieser abschreitbare Weg, der zum Vollzug der gottesdienstlichen Handlungen gut geeignet war, ließ den basilikalen Langhausbau, die Basilika, im Mittelalter für lange Zeit zur vorherrschenden Kirchenform gegenüber dem Zentralbau werden.

Die Kirche – Sinn- und Denkbild


Im Gegensatz zu vorangegangenen antiken Religionen lebt das Christentum vom Glauben an die Auferstehung, an ein Leben im Reich Gottes nach dem Tode. Dementsprechend liegt das Ziel christlicher Kunst nicht in der realistischen Darstellung von Vollendung und höchster Erfüllung auf Erden, sondern sie will in „Denkbildern“ an die Errettung der Seele im Jenseits erinnern.

Christliche Kunst dient nicht kultischen, sondern symbolischen und didaktischen Zwecken. Gleiches gilt auch für christliche Architektur. In ihrer Gesamtform und in mancher Einzelform sehen wir, entsprechend dem mittelalterlichen Welt- und Gottesbild, unter anderem folgende Gedanken verwirklicht:

– Die Kirche ist ein Abbild des „himmlischen Jerusalem“.

– Sie führt die Gläubigen zum göttlichen Licht.

– Ihr Bau symbolisiert die ewige Harmonie der Zahlen im Kosmos.

– Das Kreuz Christi als Erinnerung an Passion und Auferstehung ist in ihr gegenwärtig.

Mit den Kirchenbauten...

Erscheint lt. Verlag 22.8.2013
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Kunstgeschichte / Kunststile
Geisteswissenschaften Geschichte
Technik Architektur
Schlagworte Altar • Architektur • Bildprogramm • Christentum • Christliche Kunst • eBooks • Farben • Glaube • Gott • Kanzel • Kirchen • Kirchenarchitektur • Kirchen; Architektur; Kunst; christliche Kunst • Kirchenbaukunst • Kirchenkunst • Kirchenpädagogik • Kreuz • Kunst • Licht • Raum • Religion • Symbol • Zahlen
ISBN-10 3-7306-9035-3 / 3730690353
ISBN-13 978-3-7306-9035-2 / 9783730690352
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich