Die Präsidenten-Show (eBook)
475 Seiten
epubli (Verlag)
9783819728341 (ISBN)
Übersetzer und Autor
Übersetzer und Autor
Um das etwas auszuführen
Man dürfe Donald Trump, so sein Biograf Michael Wolff,6 nicht als Politiker sehen. Man sehe in ihm besser einen Showman oder, noch besser, einen Schauspieler mit einem untrüglichen Gespür für ein Publikum, das es zu bedienen gilt. Vergessen wir nicht, dass Trump 14 Jahre lang Star von The Apprentice, einer immens erfolgreichen Reality-Show im Fernsehen war – eine Ausbildung, von der Politiker nur träumen können. Trump, so Wolff, sei im selben Maße Schwachkopf wie Genie. Grund für Ersteres sei nicht nur sein Mangel an Wissen, sondern darüber hinaus eine anhaltende Informationsresistenz, die Unfähigkeit sich von irgendjemandem etwas sagen zu lassen. Trump habe irgendwann seine Lernunfähigkeit konstatiert und wehre sich nun zeitlebens gegen jede Art von Information; seine unüberlegten Äußerungen funktionierten als eine Art verbales Sperrfeuer, er sei immer auf Sendung, nie intellektuell auf Empfang. Gleichzeitig jedoch habe er ein feines Gespür dafür, wie man auf ihn reagiert; die Fühler stets in Richtung Publikum gerichtet, sondiere er dieses nach einem verbindenden Punkt. Darin, so Wolff, bestehe sein Genie, gerade für jemanden, der in einem Medienzeitalter wie dem unseren operiert.
Eine Agenda, wie wir sie von einem Politiker oder Gesetzgeber erwarten, habe Donald Trump jedoch nicht. Politik an sich interessiere ihn nicht. Und so habe er sich auch all die Jahre über nicht verändert. Der Donald Trump von 2016 sei der Donald Trump von The Apprentice gewesen; der Donald Trump aus Mar-a-Lago unterscheide sich nicht von dem jetzigen Donald Trump im Weißen Haus. Ereignisse, so Wolff, könnten Trump nicht verändern, noch nicht einmal eine Präsidentschaft. Trump, so Wolff, plane grundsätzlich nicht, er spiele nur seine Rolle und improvisiere dabei. Für so etwas habe er ein Gespür.
Wolff kann die Bedeutung von Trumps Zeit bei einer Reality-Show nicht genug betonen. Reality-Shows bauten alle auf ein und dasselbe Prinzip, den Konflikt. Ohne diesen hält man das Publikum nicht bei der Stange, und wenn es keine Konflikte gibt, muss man eben welche erfinden.
Trumps Blick, so Wolff, sei nie nach außen gerichtet; er beschäftige sich letztlich nur mit sich selbst. Was den Rest der Welt angehe, verfüge Trump bestenfalls über kindliches Postkartenwissen. Das Vereinigte Königreich, um ein Beispiel zu nennen, hat einen König; da gab's mal eine Königin, und jetzt gibt es da einen König.
Trump sei hoffnungslos überfordert. Er regiere mittels Schlagzeilen, nicht Politik, die ihn nicht die Bohne interessiere; ihm gehe es nur darum, Tag für Tag Schlagzeilen zu machen. Aber der Konflikt, den er ständig suche, dürfte ihm früher oder später ein Bein stellen. Noch genieße er eine gewisse positive Aufmerksamkeit, aber Wähler seien nun mal notorisch launisch, und was er da Tag für Tag inszeniere, werde die Amerikaner eine Menge Geld kosten, wodurch die positive Aufmerksamkeit unweigerlich in eine negative umschlagen würde.
Wie wird man Donald J. Trump?
Donald John Trump, für die eine Hälfte der amerikanischen Wähler der gottgesandte Erlöser, die Rettung Amerikas, für die andere das Ende der Welt, wie wir sie kennen, kam am 14. Juni 1946 in New York zur Welt. Sein psychopathischer Vater hatte deutsche, seine kränkelnde Mutter schottische Wurzeln. Mary Trump war auf Aufmerksamkeit und sozialen Status und so sehr auf Geld bedacht, dass sie persönlich die Waschmaschinen und Trockner in den Kellern Trumpscher Mietskasernen leerte, auf dass ja kein Groschen verloren ging.7
Fred Trump und meine Großmutter hatten fünf Kinder, und man könnte wohl jedes einzelne von ihnen als kaputten Menschen bezeichnen. Wir sehen das an Donald, der das Produkt einer Kindheit in einer Familie ist, in der es keine Liebe, keine echte Zuneigung gab, das Produkt einer Familie, in der – offen gesagt – Geld die einzige Währung war.
— Mary L. Trump8
Donalds Vater war extrem streng, eitel und unnachgiebig in seinen Forderungen gegenüber seinen Söhnen. Seine Enkelin, die Psychologin Mary L. Trump, bezeichnet ihn als Soziopathen, und zwar durchaus im klinischen Sinne.9 Außerdem war er ein Betrüger, der die Regeln bis zum Zerreißen dehnte, um aus den staatlichen Zuschüssen für seine Wohnungen für Veteranen und Mittelschichtamerikaner den größtmöglichen Profit zu schlagen. Besonders kreativ war er beim Aufbau undurchschaubarer Firmengebilde, die verbergen sollten, was er mit den staatlichen Zuschüssen machte. Zur Rechenschaft gezogen, stand er zu seiner Gier. Sein unziemliches Verhalten rechtfertigte er mit dem Hinweis auf das System: Solange es nicht direkt illegal war, konnte es auch nicht unmoralisch sein, den Geist vom Steuerzahler bezuschusster Wohnungen kreativ zu umgehen.10 Nicht zu vergessen, dass ihm der Staat den Prozess machte, weil er seine Wohnungen nicht an Afro-Amerikaner vermieten wollte.
All das bläute er beizeiten Fred Junior und dem Donald ein, auf dass sie den Killerinstinkt entwickelten, der sie zu Königen machen sollte. Donalds älterer Bruder zerbrach daran; Donald wurde beides, »Killer« und »King«. Es überrascht denn auch nicht, dass er schon als kleiner Junge ein streitsüchtiger, körperlich übergriffiger Bully war. Womit er sich praktisch bis heute nicht geändert hat. Etwas, dessen er sich durchaus bewusst zu sein scheint: »Wenn ich mich in der ersten Klasse sehe und mit heute vergleiche, dann bin ich im Grunde derselbe. An meinem Temperament hat sich nichts geändert.«11
Man könnte das natürlich auch so sehen, dass er nie erwachsen wurde. Was so einigen in seiner Umgebung auffiel.12 »Das Kind wuchs heran zum Kind«, wie John W. Dean schreibt.13 Wie viele Bullys hatte auch Trump schon früh eine überzogen hohe Meinung von sich selbst, und, wie bei diesem Typus üblich, steckte dahinter eine unterschwellige Angst, letztlich doch nicht auf dem Niveau der anderen zu sein. Und nicht selten schneiden sie in der Schule schlecht ab.14 Was Trump besonders fuchste, weil seine ältere Schwester Maryanne die Einser-Schülerin war. Die Beurteilungen seiner Lehrer fielen entsprechend aus. Ein Marketing-Professor an der Wharton School of Business bezeichnete Trump als den »dümmsten Studenten, den ich je hatte«.15 An der Grundschule rebellierte er, tyrannisierte seine Lehrer. »Er war so eigensinnig wie stur. Er saß mit verschränkten Armen da, so einen Ausdruck auf dem Gesicht – mürrisch, würde ich mal sagen – und forderte einen geradezu heraus, irgendwas zu sagen, was ihm nicht passte.«16
Tony Schwartz gegenüber, dem Ghostwriter von Trumps Bestseller The Art of the Deal, behauptete er, einmal einem Musiklehrer ein blaues Auge verpasst zu haben.17 Was einem Siebenjährigen eher schwergefallen sein dürfte. Wie auch immer, sein Vater verlangte von ihm, der Beste zu sein, also war er das auch – seiner Ansicht nach. »Kinder mit einer überzogenen, unrealistischen Vorstellung von der eigenen Klugheit reagieren auf enttäuschende Noten oft damit, den Lehrer für dumm zu erklären.«18 Was denn auch für den politischen Gegner gilt. Man fühlt sich unweigerlich an einige seiner zunehmend aggressiven Wahlkampfreden von 2024 erinnert. Noch vierzehn Tage vor dem Stichtag bezeichnet er seine Gegnerin Kamala Harris als »absolut inkompetent«.19
Als den Erwachsenen seine Mätzchen zu bunt wurden, schickte man ihn an die New Yorker Militärakademie, wo es so spartanisch wie brutal zuging; es herrschte physische wie psychische Brutalität. Was Trump jedoch guttat und seine Weltsicht bestätigte: Wettbewerb und Siegen ist alles, der Bully setzt sich durch. Laut einem seiner Mentoren dort musste Trump in allem der erste sein, selbst beim Essenfassen in der Kantine.20
Während seiner Collegezeit absolvierte Trump ein Praktikum bei seinem Vater, lernte von diesem, wie man Connections knüpft und bei Politikern mit Geldgeschenken nachhilft. Und während viele junge Männer aus ärmeren Bevölkerungsgruppen oder Minderheiten nach Vietnam eingezogen wurden und womöglich dort starben, ging er all dem mit einem vom Vater gedeichselten ärztlichen Attest aus dem Weg.21
Nach dem College suhlte er sich im Sumpf des New Yorker Prominentenlebens und lernte aus erster Hand alles über die Korruptheit der New Yorker Lokalpolitik. Sein Mentor dabei war der Mob-Anwalt und politische Fixer Roy Cohn, unter dessen Anleitung Trump unter anderem lernte, wie man durch Manipulation der Presse ein falsches Image von Erfolg projiziert. Den Medien ist jede gute Story recht und Trump machte sich nicht schlecht auf Fotos.22 Unterm Strich lernte der junge Donald, dass man am besten fuhr, wenn man gegen »altmodische Vorstellungen von Anstand« verstieß. »In seinem New York der 1970er-Jahre tauschten Zeitungskolumnisten Aufmerksamkeit gegen Aufmerksamkeiten, Gangster erfreuten sich der Prominenz von Sportstars und Werte wie Treue und Aufrichtigkeit gehörten der Vergangenheit an.23
Je mehr Trump herauskehrte, was in ihm steckte, mit anderen Worten Eigennutz und ungebrochene Gier, desto mehr schien er zu gefallen. Mit Tony Schwartz heuerte er einen Autor an, der ihm ein Buch schrieb, mit dessen Urheberschaft Trump sich ungeniert brüstete. Es wurde ein Bestseller. »Er betrog öffentlich seine erste Frau und setzte mit dem folgenden Skandal seine Kinder dem höhnischen Gespött ihrer Umwelt aus. Seine Firmen führte er in vier massive Pleiten; eine ganze Reihe anderer geschäftlicher Unterfangen scheiterten. Und dann die zahllosen Prozesse. Artikeln und...
| Erscheint lt. Verlag | 7.6.2025 |
|---|---|
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
| Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
| Schlagworte | Donald Trump • Korruption • Politik • Präsidentschaft • Rechtsextremismus • USA • Zeitgeschichte |
| ISBN-13 | 9783819728341 / 9783819728341 |
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