Train the Trainer (eBook)
254 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-3702-7 (ISBN)
Thomas Kalkus-Promitzer wurde 1971 in Wien geboren. Inzwischen lebt und arbeitet er hauptsächlich in Graz. Er berät, begleitet, unterrichtet, schreibt und wirkt als psychosozialer Berater, Systemischer Coach, Erwachsenenbildner, Traumapädagoge, Traumazentrierter Fachberater und Supervisor. Für seine Arbeit wurde er mehrmals ausgezeichnet.
Motivation und Lernhemmnisse
Wenn Erwachsene lernen, tun sie dies in der Regel aus einem bestimmten Grund. Anders als Kinder, die meist durch äußere Strukturen zum Lernen angehalten werden, entscheiden sich Erwachsene bewusst dafür, neues Wissen zu erwerben oder sich weiterzuentwickeln. Diese Entscheidung ist jedoch nicht immer frei von inneren oder äußeren Konflikten. Einerseits steht oft eine hohe Motivation am Anfang, etwa der Wunsch, beruflich voranzukommen, persönliche Kompetenzen zu erweitern oder neue Herausforderungen zu meistern. Andererseits begegnen Erwachsene auf ihrem Lernweg zahlreichen Hürden, die diesen Prozess erschweren oder blockieren können. Für Trainer:innen in der Erwachsenenbildung ist es daher wesentlich, sich mit den Bedingungen von Motivation ebenso auseinanderzusetzen wie mit typischen Lernhemmnissen, um förderliche Lernumgebungen zu schaffen.
Motivation lässt sich auf unterschiedliche Weise verstehen und erklären. Eine grundlegende Unterscheidung besteht zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Intrinsisch motiviert ist ein Mensch dann, wenn er aus eigenem Antrieb lernt, weil er Freude an der Tätigkeit hat, Interesse am Thema verspürt oder sich innerlich herausgefordert fühlt. Extrinsische Motivation dagegen entsteht durch äußere Anreize, etwa ein Zertifikat, bessere Jobchancen, eine Beförderung oder die Erwartung anderer. Beide Formen können im Lernkontext eine Rolle spielen. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass intrinsisch motivierte Lernprozesse häufig nachhaltiger und befriedigender sind. Trainer:innen können diese Form der Motivation fördern, indem sie Neugier wecken, Wahlmöglichkeiten anbieten, Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen und die Bedeutung des Lernstoffs für die Lebenswelt der Teilnehmenden deutlich machen.
Ein zentrales Konzept in diesem Zusammenhang ist die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan. Diese Theorie geht davon aus, dass drei grundlegende psychologische Bedürfnisse erfüllt sein müssen, damit Menschen motiviert und engagiert lernen: das Bedürfnis nach Autonomie, nach sozialer Eingebundenheit und nach Kompetenzerleben. Wenn Menschen das Gefühl haben, selbst entscheiden zu können, in Beziehung mit anderen zu stehen und erfolgreich zu sein, steigt ihre Motivation erheblich. Seminare, die diese Bedürfnisse berücksichtigen, erzeugen ein hohes Maß an innerem Antrieb und Begeisterung. Autonomie kann durch Mitgestaltungsmöglichkeiten, offene Aufgabenstellungen und individuelle Lernziele gestärkt werden. Eingebundenheit entsteht durch wertschätzende Gruppenprozesse, durch gemeinsame Lernaktivitäten und durch eine unterstützende Trainer:innenhaltung. Kompetenzerleben wiederum braucht herausfordernde, aber bewältigbare Aufgaben, positives Feedback und Raum für Erfolge.
Motivation ist allerdings kein statischer Zustand. Sie verändert sich im Verlauf eines Lernprozesses, unterliegt äußeren Einflüssen und inneren Bewertungen. Was anfangs mit Begeisterung begonnen wird, kann durch Überforderung, Langeweile oder mangelnde Rückmeldung an Energie verlieren. Daher ist es hilfreich, Motivation nicht als gegeben vorauszusetzen, sondern als etwas, das gepflegt und bewusst gefördert werden muss. Ein regelmäßiger Wechsel der Methoden, der Einsatz aktivierender Elemente und die Anpassung des Tempos können helfen, die Motivation aufrechtzuerhalten. Ebenso bedeutsam ist es, die Teilnehmenden in ihrer Selbstverantwortung zu stärken und ihnen zu zeigen, wie sie ihr eigenes Lernverhalten reflektieren und steuern können.
Neben der Motivation treten in der Erwachsenenbildung auch zahlreiche Lernhemmnisse auf, die das Lernen erschweren oder blockieren. Diese können kognitiver, emotionaler, sozialer oder organisatorischer Natur sein. Ein häufiges kognitives Hemmnis ist beispielsweise die Überforderung mit der Stoffmenge oder der Komplexität der Inhalte. Erwachsene Lernende zweifeln in solchen Momenten oft an ihren Fähigkeiten, vergleichen sich mit anderen oder ziehen sich innerlich zurück. Hier ist es hilfreich, Inhalte klar zu strukturieren, mit Beispielen zu veranschaulichen und die Lernschritte in gut verdauliche Portionen zu gliedern. Auch das Angebot, Verständnisfragen jederzeit stellen zu dürfen, kann die Hemmschwelle senken und Unsicherheiten abbauen.
Emotionale Hemmnisse sind nicht minder bedeutsam. Viele Erwachsene bringen negative Lernerfahrungen mit, die ihre Haltung zum Lernen unbewusst beeinflussen. Sätze wie „Ich war noch nie gut in sowas“, „Ich bin einfach kein Lerntyp“ oder „Das ist alles zu schwer für mich“ zeugen von inneren Überzeugungen, die das Lernverhalten blockieren. Solche Glaubenssätze lassen sich nicht durch gute Inhalte allein auflösen. Sie brauchen eine sensible, unterstützende Begleitung, die neue Erfahrungen ermöglicht und das Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit stärkt. Lob, Ermutigung, ein sicherer Rahmen und eine wertschätzende Atmosphäre sind zentrale Elemente, um diese Barrieren zu überwinden.
Soziale Hemmnisse treten auf, wenn Teilnehmende sich in der Gruppe unwohl fühlen, sich nicht trauen, Fragen zu stellen oder Angst haben, sich zu blamieren. In solchen Fällen sind Beziehungsarbeit und Gruppenpädagogik gefragt. Trainer:innen sollten von Anfang an eine Kultur des Respekts, der Offenheit und des Miteinanders fördern. Regeln wie „Jede Frage ist erlaubt“ oder „Fehler gehören zum Lernen dazu“ müssen nicht nur ausgesprochen, sondern auch gelebt werden. Der Aufbau von Vertrauen und die Förderung der sozialen Eingebundenheit tragen maßgeblich dazu bei, dass Lernhemmnisse abgebaut werden und sich die Lernenden auf neue Inhalte einlassen können.
Auch organisatorische Lernhindernisse dürfen nicht unterschätzt werden. Erwachsene haben oft mit vollen Terminkalendern, beruflichen Verpflichtungen, familiären Aufgaben oder gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen. Ein Abendkurs nach einem langen Arbeitstag erfordert andere didaktische Entscheidungen als ein Wochenendseminar in einem Bildungshaus. Trainer:innen tun gut daran, die Lebensrealitäten ihrer Zielgruppen zu kennen und bei der Planung zu berücksichtigen. Flexible Zeitmodelle, Pausen, die Integration digitaler Anteile oder eine klare Struktur können helfen, Barrieren abzubauen und die Bereitschaft zum Lernen zu stärken.
Lernhemmnisse können auch durch unklare Zielsetzungen entstehen. Wenn nicht klar ist, wozu ein Thema gut ist oder wie es in den Alltag integriert werden kann, schwindet die Motivation. Hier ist es Aufgabe der Trainer:innen, den Nutzen der Inhalte immer wieder transparent zu machen, Bezüge zur Lebenswirklichkeit herzustellen und Raum für individuelle Bedeutungszuschreibungen zu schaffen. Teilnehmende lernen besser, wenn sie verstehen, warum sie etwas lernen und wie sie es anwenden können. Je konkreter, desto besser. Je erfahrungsnäher, desto nachhaltiger.
Ein weiterer Aspekt, der Lernprozesse hemmen oder fördern kann, ist die persönliche Haltung zum Lernen. Wer Lernen als Wachstumschance begreift, ist eher bereit, sich Herausforderungen zu stellen und auch bei Rückschlägen dranzubleiben. Wer dagegen glaubt, dass Fähigkeiten angeboren und kaum veränderbar sind, wird schneller aufgeben oder sich gar nicht erst auf den Lernprozess einlassen. Carol Dweck hat dies in ihrer Forschung zum „Mindset“ eindrucksvoll beschrieben. Menschen mit einem „Growth Mindset“ sehen Anstrengung als Teil des Lernens, während Menschen mit einem „Fixed Mindset“ bei Schwierigkeiten eher Rückzugstendenzen zeigen. Trainer:innen können einen offenen Umgang mit Fehlern fördern, Entwicklungswege sichtbar machen und persönliche Fortschritte würdigen, um ein wachstumsorientiertes Lernklima zu etablieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Motivation und Lernhemmnisse zwei Seiten derselben Medaille sind. Wer Lernprozesse professionell begleiten will, muss beide Aspekte gleichermaßen im Blick behalten. Motivation entsteht nicht zufällig, sondern lässt sich durch eine lernförderliche Umgebung, durch wertschätzende Kommunikation, durch relevante Inhalte und durch die Stärkung der Selbstwirksamkeit gezielt unterstützen. Lernhemmnisse lassen sich nicht immer vermeiden, aber erkennen und bearbeiten. Sie sind kein Scheitern, sondern Hinweise auf notwendige Anpassungen. Erwachsene lernen, wenn sie wollen, wenn sie können und wenn sie dürfen. Trainer:innen haben die Aufgabe, dafür die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen.
Reflexionsfragen:
- Welche Faktoren haben dich persönlich in der Vergangenheit motiviert, Neues zu lernen?
- Wie gehst du in deinen Seminaren mit extrinsischer und intrinsischer Motivation um?
- Welche Strategien nutzt du, um Lernhemmnisse frühzeitig zu erkennen?
- Wie schaffst du es, eine unterstützende Lernumgebung für unterschiedliche Bedürfnisse herzustellen?
- Welche Erfahrungen hast du mit negativen Glaubenssätzen von Teilnehmenden gemacht und wie hast du reagiert?
- Inwiefern berücksichtigst du die Lebensrealität deiner Zielgruppen in der Seminarplanung?
- Wie förderst du ein...
| Erscheint lt. Verlag | 14.5.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Pädagogik ► Erwachsenenbildung |
| ISBN-10 | 3-8192-3702-X / 381923702X |
| ISBN-13 | 978-3-8192-3702-7 / 9783819237027 |
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