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Mutmaßungen über Karl Ebel und die Guckelmühle in Weyer

Irrungen und Wirrungen
Buch | Softcover
2025
tredition (Verlag)
978-3-384-48258-7 (ISBN)
CHF 22,40 inkl. MwSt
  • Titel ist leider vergriffen;
    keine Neuauflage
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23.1.1939«Antreten! Abzählen! Jeder Blockälteste macht Meldung!» Das Gebrüll der SS-Banditen dröhnt in unseren Ohren. Ich sehe nur aufgescheuchte SS-Männer, die durch die Reihen rennen, mit Ochsenziemern auf alles und jeden einschlagen, was sich nur den Hauch eines Wimpernschlags bewegt. Alle zwei Stunden wechseln sie sich ab. Wir dagegen stehen weiterhin stramm. Heimlich schaue ich auf die Uhr am Jourhaus. Hoffentlich fällt es keinem von der SS auf. Die Minuten schleichen, kriechen, nehmen kein Ende, ich fröstele. Irgendwann, lange nach Mitternacht, fällt einer in meiner Reihe um. Wie Tiere stürzen sich die SS-Männer auf ihn, als hätten sie nur darauf gewartet. «Willst du aufstehen, du Lump?» Ich höre ein Krachen. Die Scheinwerfer kreisen über uns, immer und immer wieder. Ich zittere. Das ist gut und das heißt, dass ich noch nicht erfriere. Um 6.00 Uhr wird gebrüllt:«Wegtreten zum Kaffee holen! In einer Stunde steht alles wieder hier!» Ich kann meine Beine nicht bewegen, Panik macht sich breit, nur weg hier, mehr kann ich nicht denken und krabbele mit größten Schmerzen in die Baracke.«Stopf dir Papier unter die Ferse, das hilft!» Um 7.00 Uhr stehen wir wieder Gewehr bei Fuß. Ich bin todmüde, mein Körper ist wie Blei, es gelingt mir kaum noch, mich wachzuhalten. 16 Stunden stehen wir hier, 26 Stunden haben wir keinen Schlaf bekommen. Wieder fällt einer in meiner Reihe um. Die SS ignoriert das. Einer hält es nicht mehr aus, will auf den Elektrozaun rennen, stürzt, in den Beinen von Maschinengewehrsalven getroffen zu Boden. Um 12.00 Uhr können wir wegtreten. Es waren 18 Stunden, die wir stehen mussten.Es ist dies eine persönliche, empathische Suche nach dem vergessenen Leben eines von den Nationalsozialisten stigmatisierten Menschen, der auf der Guckelmühle in Weyer geboren und aufgewachsen einfach nur sein Glück in der Welt suchen wollte... Es ist die Suche nach dem kleinen Bruder meines Urgroßvaters Adam Ebel von der Guckelmühle in Weyer.

Ist tatsächlich meine Biographie erwähnens- oder gar wissenswert, wenn ich einen Text über kulturelle oder industrielle Zerstörung lese? Brauche ich als Leser die Bestätigung, dass ein mit Deutungskompetenz ausgestatteter Autor spricht? Ist etwa meine Person von Bedeutung? "Tod des Autors" – ein Schlagwort, das der französische Philosoph und Poststrukturalist Roland Barthes 1967 prägte. Aktuell ist dieses also nicht mehr, aber die Idee, den Autor nicht mehr automatisch als Subjekt in seinen Texten mitschwingen zu lassen, bleibt ein, nämlich mein wichtigstes Credo. Meine Lebens-, Bildungs-, Arbeits-, Leistungsbiographie... unwichtige Details – nicht meine Person, sondern der von mir verfasste Text sollte im Fokus stehen. Vielen Dank!

Erscheint lt. Verlag 6.1.2025
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Gewicht 204 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Makrosoziologie
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte Dachau Mauthausen • Eller Nocke • Guckelmühle • Karl Ebel • Limburg-Weilburg • Ludwig Adam Willy Ebel • Schupbach • Theodor Wittgen • Weilburger Tageblatt • Weyer
ISBN-10 3-384-48258-1 / 3384482581
ISBN-13 978-3-384-48258-7 / 9783384482587
Zustand Neuware
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