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Lesben sind die besseren Väter -  Lisa Bendiek

Lesben sind die besseren Väter (eBook)

Regenbogenfamilien als Vorbild für gleichberechtigte Elternschaft

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
312 Seiten
Edition Nautilus (Verlag)
978-3-96054-392-3 (ISBN)
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Dies ist kein Ratgeber. Dieses Buch ist ein Plädoyer dafu?r, queere Familien nicht länger als defizitär zu betrachten, sondern anzuerkennen, dass sie es sogar besser machen als die klassische Hetero-Kleinfamilie. Es erkundet queere Elternschaft und ihre vielfältigen Realitäten, die sich noch immer gegen rechtliche und gesellschaftliche Diskriminierung behaupten und den rechten Backlash mehr als andere fu?rchten mu?ssen. Dieses Buch ist zugleich eine Analyse der Mechanismen, die in Hetero-Familien Ungleichheit zementieren, auch wenn Selbstbild und Anspruch dem längst entgegenstehen. Und nicht zuletzt ist es eine Anregung, »outside the box« zu denken und tief verankerte Grundannahmen u?ber Elternschaft und Familie hinter sich zu lassen. Lisa Bendiek nutzt ihr Wissen als queere Mutter, das ihres Umfelds und die Ergebnisse zahlreicher Studien, um ein fundiertes Bild unterschiedlicher Familienmodelle zu zeichnen. Sie zeigt, wie tradierte Geschlechterrollen und eine Logik der Alternativlosigkeit in Hetero-Familien noch immer verhindern, dass Care-Arbeit und Berufstätigkeit gleichberechtigt aufgeteilt werden. Ressentiments wie der Sorge um das Kindeswohl in Regenbogenfamilien begegnet die Autorin mit derselben »empirisch fundierten Großkotzigkeit«, mit der sie Hetero-Familien nahelegt, sich im eigenen Interesse ein Beispiel an queeren Familien zu nehmen: fu?r glu?cklichere Eltern und Kinder und fu?r eine gleichberechtigtere Gesellschaft.

Lisa Bendiek, geboren 1988 in Ru?desheim am Rhein als Tochter einer Familienernährerin und eines Hausmanns. Studium der Ethnologie und Psychologie in Hamburg, Halle (Saale) und Paris. Freiberufliche Tätigkeit u.a. als Dolmetscherin, Moderatorin und Rhetorik-Trainerin. Hauptberuflich macht Lisa Bendiek diskriminierungskritische Bildungs- und Beratungsarbeit. Zu ihren aktuellen Schwerpunkten zählen rassismuskritische Sensibilisierung fu?r Pädagog*innen in Sachsen, Argumentationstrainings gegen Rechtspopulismus und feministische Rhetorik. Sie lebt mit ihrer Partnerin und dem gemeinsamen Kind in Leipzig.

Lisa Bendiek, geboren 1988 in Rüdesheim am Rhein als Tochter einer Familienernährerin und eines Hausmanns. Studium der Ethnologie und Psychologie in Hamburg, Halle (Saale) und Paris. Freiberufliche Tätigkeit u.a. als Dolmetscherin, Moderatorin und Rhetorik-Trainerin. Hauptberuflich macht Lisa Bendiek diskriminierungskritische Bildungs- und Beratungsarbeit. Zu ihren aktuellen Schwerpunkten zählen rassismuskritische Sensibilisierung für Pädagog*innen in Sachsen, Argumentationstrainings gegen Rechtspopulismus und feministische Rhetorik. Sie lebt mit ihrer Partnerin und dem gemeinsamen Kind in Leipzig.

Ich schreibe dieses Buch aus Solidarität mit anderen Müttern. Ganz besonders mit denen, die anders als ich nicht das Glück haben, ihre Kinder in einer Regenbogenfamilie zu erziehen: die unglücklich verheirateten Heterosexuellen, an denen so oft ein Großteil der Hausarbeit hängen bleibt; die Alleinerziehenden, die um den Unterhalt für ihre Kinder kämpfen müssen; und auch diejenigen, die eigentlich ganz zufrieden sind, aber immer viel zu erschöpft.

Im Vergleich mit der Elternschaft in heterosexuellen Kleinfamilien, die v. a. Mütter unverhältnismäßig belastet, bietet die Elternschaft in queeren Konstellationen eine Menge Vorteile. Welche genau das sind, und was auch heterosexuelle Eltern daraus lernen können, ist die zentrale Frage dieses Buches. Als den größten Vorteil des Lebens in einer Regenbogenfamilie sehe ich, dass wir uns den größten Nachteil der typischen cis hetero Familie sparen: die patriarchale Rollenverteilung. Regenbogenfamilien teilen sowohl bezahlte als auch unbezahlte Arbeit gleichmäßiger auf als Hetero-Kleinfamilien.3 Außerdem sind wir mit unserer Arbeitsteilung deutlich zufriedener als Hetero-Kleinfamilien, unabhängig davon, wie diese aussieht.4 Für alle Eltern, die Gleichberechtigung wichtig finden oder zumindest interessant, können queere Eltern also Vorbilder sein.

Mir geht es hier nicht darum zu belegen, dass Regenbogenfamilien trotz aller Widrigkeiten existieren können. Dass wir existieren, ist ziemlich offensichtlich, für mich jedenfalls. Ich will auch nicht um Mitleid buhlen oder um »Toleranz« für meine Familienform werben. Und ich habe null Interesse daran, der Welt zu beweisen, dass ich trotz allem eine gute deutsche Mutter bin. (Das ist eine von vielen politischen Positionen, die mich von Alice Weidel unterscheiden.5) Dies ist kein Buch der Verteidigung, sondern ein Buch des Angriffs – des Angriffs auf das Patriarchat.6

Nichts, was ich hier schreibe, ist wirklich originell. Nichts davon basiert auf bahnbrechenden, neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sogar die Ideen, die ich selbst hatte und auf die ich im Moment meiner Erkenntnis sehr stolz war, habe ich später in dreißig Jahre alten Büchern gefunden. Tatsächlich sind die Phänomene und Zusammenhänge, die ich erläutere, spätestens seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts mehr oder weniger umfassend erforscht worden. Viele kluge Menschen – Sozialwissenschaftler*innen, Journalist*innen, Therapeut*innen und Aktivist*innen (darunter einige cis Männer) – haben Artikel und Bücher darüber geschrieben. Die meisten dieser Texte bemühen sich sehr um einen sachlichen Ton. Sie wollen Ängste abbauen, Verständnis wecken, bloß keine Emotionen hochkochen lassen. Ich habe großen Respekt vor dieser Strategie, doch sie ist nicht meine. Wer ein sachliches Buch lesen will, das sich anstrengt, keinem auf die Füße zu treten, kann von hier aus direkt zu meinem Literaturverzeichnis blättern. Was Leser*innen dabei entgeht, sind zeitsparende Zusammenfassungen, meine persönlichen Anekdoten und eine große Portion feministische Polemik.

Ich weiß, dass der polemische Titel »Lesben sind die besseren Väter« bei einigen lesbischen Müttern Augenrollen hervorruft. Die Frage »Wer von euch ist denn der Vater?« haben viele Frauenpaare mit gemeinsamen Kindern schon viel zu oft gehört. Fast so oft wie die Frage: »Wer von euch ist denn die Mutter?« (Steigerungsform: »Wer von euch ist denn die echte Mutter?«) Wiederholt haben queere Mütter mich darauf hingewiesen, dass die Verwendung des Begriffs »Lesbe« im Titel die Lebensrealitäten von schwulen Vätern sowie von trans und nicht-binären Elternteilen unsichtbar macht. Sie haben Recht; natürlich ist der Titel unvollständig. Ich hätte dieses Buch auch nennen können: »Lesben sind die besseren Väter (auch wenn die meisten von ihnen keine Väter sind), Schwule sind die noch besseren Väter, und über trans und nicht-binäre Eltern wissen wir noch zu wenig, um dazu verlässliche Aussagen zu treffen – der aktuelle Forschungsstand legt allerdings nahe, dass sie ihren Kindern zumindest weniger Schaden zufügen als viele cis hetero Väter« – aber der Platz auf dem Cover war eben begrenzt. Diese Differenzierung, auf die ich im Titel verzichtet habe, versuche ich im Verlauf des Buches vorzunehmen. Trotzdem bleibt der Fakt, dass sich ein Großteil der wissenschaftlichen Quellen auf den Vergleich zwischen lesbischen Müttern und Hetero-Kleinfamilien beschränkt. Das ärgert mich, aber ich kann es nicht ändern. Ich schreibe dieses Buch in einem bestimmten historischen Moment und von einem bestimmten Standpunkt aus; meine Erfahrung unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der eines schwulen Vaters oder eines trans Elternteils. Wie jede Position ist auch meine nicht universell.

Die meisten lesbischen Mütter verstehen sich nicht als Väter; aber manche schon. Überhaupt hat der Begriff »Lesbe« eine komplexe Geschichte; er bezieht sich (anders, als die meisten Heteros und auch viele jungen Queers heutzutage denken!)7durchaus nicht nur auf die sexuelle Orientierung, sondern kann auch eine Geschlechtsidentität sein – oder ein politischer Kampfbegriff. Die französische Autorin und Aktivistin Monique Wittig wurde in den 1970er Jahren berühmt mit der Feststellung, dass Lesben keine Frauen sind.8 Die US-amerikanischen Entwicklungspsychologinnen Suzanne Johnson und Elizabeth O’Connor argumentierten im Jahr 2001, lesbische Mütter könnten ihren Kindern gegenüber als männliche Rollenmodelle fungieren.9 Und natürlich ist eine Lesbe nicht zwangsläufig eine cis Frau. Es gibt lesbische Mütter mit Penis; es gibt Lesben, die ihre Kinder selbst gezeugt haben.10 Es gibt Lesben, die sich erst als trans outen konnten, als ihre Kinder schon (fast) erwachsen waren, und es gibt sogar Ratgeber für diese erwachsenen Kinder.11

»Lesben sind die besseren Väter«, das ist auch eine Einladung an alle Väter, die Wert darauf legen, gute Väter zu sein. Eine Einladung an cis hetero Männer, sich mit der Lebensrealität lesbischer Mütter zu befassen – weil sie von Lesben lernen können, noch bessere Väter zu werden.

Die Idee für dieses Buch entstand in einer kollektiven Krise. Als im März 2020 die erste Covid-19-Welle über Westeuropa rollte, war mein Kind noch keine zwei Jahre alt. Ich hatte einen herausfordernden Job bei einer antifaschistischen NGO in Sachsen, von dessen Gehalt meine ganze Regenbogenfamilien-WG lebte. (Also: Meine Partnerin Janne, unser Kind, ich selbst, und unsere Mitbewohnerin vorübergehend, immer dann, wenn das Jobcenter mal wieder ihre Anträge zu langsam bearbeitete.) Ich hatte den Ehrgeiz, Elternschaft, Lohnarbeit und politisches Engagement zu verbinden, ohne dabei auszubrennen. Dieser Balanceakt war mir in den ersten zwei Lebensjahren meines Kindes meistens halbwegs gelungen, und darauf war ich wahnsinnig stolz.

Dann änderte sich alles. Auf Grund von Covid-19 musste Lunas Kita, wie Kitas und Schulen in vielen Ländern der Welt, von einem Tag auf den anderen schließen. Nur vorübergehend, hieß es zunächst, für zwei Wochen, vier Wochen, sechs Wochen. Letztendlich blieb Lunas Kita für zweieinhalb Monate geschlossen. Zweieinhalb Monate, die den Auftakt zu einer Reihe von Lockdowns bildeten. Es war eine Zeit, in der hunderttausende Menschen ihr Leben und Millionen ihre Lebensgrundlage auf Grund der globalen Pandemie verloren. Eine Zeit, in der Betroffene häuslicher Gewalt mit den Täter*innen zusammen eingesperrt waren, in der Rentner*innen, Student*innen, Alleinlebende an der Einsamkeit verzweifelten. Es war eine Zeit, in der ich täglich ins Büro ging, um in Online-Konferenzen meinen Arbeitsalltag komplett neu zu organisieren. In der ich jeden Abend erschöpft nach Hause kam, wo mich eine erschöpfte Partnerin, ein gelangweiltes Kleinkind und eine frustrierte Mitbewohnerin erwarteten. Es war eine Zeit, in der ich ständig Schmerzen hatte, in der ich manchmal in der Mittagspause vor Erschöpfung einschlief, und in der ich keine Energie mehr fand für die Online-Proben meiner feministischen Theatergruppe.

Mein Alltag brachte mich zur Verzweiflung. Genauso schlimm wie die ständige Erschöpfung war das Gefühl, als Feministin zu versagen. Zum ersten Mal scheiterte ich an meinem Anspruch, Elternschaft mit Lohnarbeit und Aktivismus zu verbinden. Ich versuchte wochenlang, weiterzumachen wie bisher, und ich scheiterte. Dieses Scheitern tat so weh, dass ich Monate brauchte, um es mir einzugestehen.

Seit meiner Jugend beschäftige ich mich intensiv mit Feminismus. Ich hatte zum Thema unzählige Bücher gelesen, Texte geschrieben, Workshops gegeben. Ich dachte wirklich, ich hätte das Patriarchat verstanden. Aber während auf den Intensivstationen die Beatmungsgeräte knapp wurden und mein Kind sich das Nuckeln wieder angewöhnte, wurde mir klar: Ich habe mich geirrt. Alles ist viel schlimmer, als ich dachte.

Während der pandemiebedingten Schließung von Kitas, Schulen, Horten und Jugendzentren wurde von Müttern12 erwartet, ihren normalen Alltag weiterzuführen – lohnarbeiten, studieren, den Haushalt führen – und gleichzeitig nebenbei in häuslicher Isolation ihre Kinder zu betreuen und zu unterrichten. Dabei gab es zunächst nicht einmal grundlegende politische Regelungen wie beispielsweise einen Rechtsanspruch auf Home Office oder einen Kündigungsschutz für Eltern, die auf Grund der wegfallenden Kinderbetreuung nicht zur Arbeit gehen konnten. Mir erschien es auf den ersten Blick offensichtlich, dass das nicht funktionieren...

Erscheint lt. Verlag 3.3.2025
Reihe/Serie Nautilus Flugschrift
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Abstammungsrecht • Care-Arbeit • Diskriminierung • Elternschaft • Erziehung • Feminismus • Gender care gap • Gender Pay Gap • Geschlechterrollen • Gleichberechtigung • Haupt-Lesemotiv • Homosexualität • Kleinfamilie • Lesben • LGBT • LGBTQIA • Männlichkeit • neue Väter • Queere Familie • Queerness • Rechtsruck • Regenbogenfamilien • Reproduktion • Stiefkindadoption • Ungleichheit
ISBN-10 3-96054-392-1 / 3960543921
ISBN-13 978-3-96054-392-3 / 9783960543923
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