Wir machen das jetzt! (eBook)
237 Seiten
Quadriga (Verlag)
978-3-7517-7437-6 (ISBN)
Raus aus dem Krisenmodus
Ob Wirtschaftskrise, Klimawandel, steigende Kriminalitätsraten, Wohnungsnot oder die Angst vor sozialem Abstieg: Wir stehen vor einer bedrückend großen Zahl an Problemen. Durch ihre jahrzehntelange Arbeit haben Lisa Federle und Boris Palmer gezeigt, dass pragmatisches Handeln Erfolge schafft und Wahlen gewinnt.
In diesem Buch beschreiben die Bestsellerautoren die konkreten Herausforderungen beim Klimaschutz, bei Zuwanderung, Digitalisierung, Infrastruktur und auch im Wohnungsbau. Anhand von Fakten und eigenen praktischen Erfahrungen liefern sie Handlungsansätze jenseits von Ideologie und parteipolitischem Kalkül.
Gemeinsam gegen den Absturz: Kämpfen wir für lebendige Demokratie, pragmatische Lösungen und eine bessere Zukunft!
<p><strong>Dr. Lisa Federle</strong> arbeitet seit zwanzig Jahren als leitende Notärztin. 2015 entwickelte sie eine »rollende Arztpraxis«, damit Geflüchtete und Obdachlose medizinisch versorgt werden können. Ihre Bücher <i><b>AUF KRUMMEN WEGEN GERADEAUS</b></i> und <i><b>VOM GLÜCK DES ZUHÖRENS</b></i> waren<i><b> SPIEGEL</b></i>-Bestseller. 2022 wurde Lisa Federle mit dem <b>BARBARA-KÜNKELIN-PREIS</b> ausgezeichnet, einem Preis für mutige Frauen.</p>
Vorwort
Wie steht es um uns?
Boris Palmer
Unsere Welt scheint aus den Fugen zu geraten. Während Donald Trump und Elon Musk den Anschein erwecken, keine Grenzen und Regeln mehr zu kennen, führt Putin Krieg im Osten Europas, und China wird mehr und mehr zur Konkurrenz für die deutsche Industrie. Die Weltlage schlägt vielen Menschen aufs Gemüt. In einer Umfrage des SPIEGEL sagten 77 Prozent der Befragten, Deutschland stehe jetzt schlechter da als vor einem Jahr, nur zwölf Prozent fanden, dem Land gehe es besser. Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat einen Begriff geprägt, der das erklären könnte. Er meint, dass wir in einer globalen »Omnikrise« stecken. Corona, Klimawandel, Migrationsströme, Krieg in Europa, Terror gegen Israel und der Krieg im Gazastreifen. Da kann man schon verzweifeln an der Welt.
Doch stimmt das auch? Der schwedische Arzt Hans Rosling beginnt sein im Jahr 2018 erschienenes Buch Factfulness, das sogar eine Leseempfehlung von Barack Obama erhielt, mit einem Dutzend Testfragen zur Lage der Welt. Ich (Boris Palmer) zitiere hier drei Beispiele jeweils mit Roslings Antwortoptionen:
- Wie viele der Kinder im Alter von einem Jahr weltweit haben mindestens eine Impfung erhalten?
- A: 20 Prozent. B: 50 Prozent. C: 80 Prozent.
- Welcher Anteil der Menschen weltweit hat Zugang zu Elektrizität?
- A: 20 Prozent. B: 50 Prozent. C: 80 Prozent.
- Wie hoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit?
A: 50 Jahre. B: 60 Jahre. C: 70 Jahre.
Auf diese Weise fragt Rosling einige der wichtigsten Fakten zur globalen Entwicklung der Menschheit ab. Weil es sich um einen Multiple-Choice-Test handelt, würde man statistisch gesehen durch rein zufälliges Ankreuzen bereits ein Drittel der Fragen richtig beantworten. Tatsächlich ist der Anteil der korrekten Antworten, die Rosling über viele Jahre dokumentierte, aber deutlich geringer. Einige der Fragen konnte nicht einmal jeder Zehnte richtig beantworten. Und mit höherem Bildungsgrad der Befragten wurde das Ergebnis eher schlechter.
Warum ist das so? Weil wir ein negativ überformtes Bild der Wirklichkeit haben. Menschen, die in der westlichen Wohlstandswelt aufgewachsen sind, schätzen die Lage der Menschen in den für sie weithin unbekannten ärmeren Teilen der Welt viel schlechter ein, als sie tatsächlich ist. Entsprechend halten sie häufig eine Antwortoption auf Roslings Fragen für richtig, die negativ von der tatsächlichen Lage abweicht. Roslings Erklärung für diese kollektive Wahrnehmungsverzerrung ist einleuchtend:
In den westlichen Gesellschaften herrscht ein grob falsches und viel zu negatives Bild vom Zustand der Erde, weil wir nicht wahrnehmen, wie groß die Fortschritte in den Entwicklungsländern sind. Um das Jahr 1970 war die Welt tatsächlich in Arm und Reich zweigeteilt, wie die meisten von uns das noch immer im Kopf haben. Seither wurden immense Erfolge bei der Bekämpfung von Kindersterblichkeit, Krieg und Hunger sowie dem Ausbau von Gesundheits- und Bildungssystemen erzielt. Wir haben davon kaum Notiz genommen, und die Fokussierung von Nachrichten aus fernen Ländern auf Katastrophen, Kriege und Hungersnöte hat den falschen Eindruck noch verstärkt.
Wie haben Sie die drei Testfragen beantwortet? Richtig ist jeweils C. Auch wenn Sie es vielleicht kaum glauben können, sind 80 Prozent der Kleinkinder weltweit geimpft, 80 Prozent der Menschen haben Zugang zu Elektrizität, und der Abstand der globalen durchschnittlichen Lebenserwartung von der in Deutschland liegt nur noch bei zehn Jahren.
Ist also der ganze Pessimismus hierzulande völlig übertrieben, weil wir nur auf unsere Probleme blicken?
Hans Rosling starb kurz nach der Veröffentlichung seines Buches. Die von ihm aufbereiteten Datenreihen enden um das Jahr 2015. Ich habe daher den Versuch gemacht, einige seiner Zeitreihen durch Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen möglichst bis in die Gegenwart fortzusetzen:
- Die Zahl der Toten in kriegerischen Konflikten ist seit dem Zweiten Weltkrieg von Jahrzehnt zu Jahrzehnt kleiner geworden. Die Trendumkehr fand vor rund zehn Jahren mit dem Krieg in Syrien statt: In den Jahren 2022 und 2023 sind mehr Menschen in Kämpfen getötet worden als in jedem Jahr seit 1994, dem Jahr des Völkermords in Ruanda, der 800.000 Menschen das Leben kostete. Der Grund sind, Sie ahnen es richtig, der Krieg in der Ukraine und nun auch der Krieg zwischen Hamas und Israel.
- Von 1970 bis 2015 wurden große Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers erzielt. Der Anteil der unterernährten Menschen weltweit sank von 28 auf elf Prozent. Dann stagnierte die Entwicklung. Und in den letzten Jahren stieg die Zahl der hungernden Menschen weltweit von 572 auf 735 Millionen an. Die wichtigsten Ursachen sind der Krieg in der Ukraine und der daraus folgende Anstieg der Getreidepreise, aber auch die Maßnahmen zur Pandemieabwehr, die Lieferketten und Märkte massiv beeinträchtigt haben. Die Ärmsten der Armen werden daran noch lange leiden.
Das hatte ich übrigens im Jahr 2020 zu Beginn der Pandemie als Argument gegen allzu strikte Beschränkungen der Wirtschaft in die Debatte eingebracht und mir damit wenig Freunde gemacht. Der Hinweis, die Lockdownstrategie der entwickelten Länder könnte global betrachtet mehr schaden als nutzen, weil ein möglicher Gewinn weniger Lebensmonate hochaltriger Menschen mit dem Verlust vieler Lebensjahre junger Menschen in den ärmsten Ländern der Welt bezahlt werden müsse, wurde als moralisch unzulässig diskreditiert.
- Der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, sank seit 1970 von 50 auf acht Prozent im Jahr 2017. Erstmals in unserem Jahrhundert gab es seither wieder einen Anstieg auf nunmehr neun Prozent. Das sind 80 Millionen Menschen mehr, die unter der Schwelle eines Einkommens von zwei Dollar am Tag leben müssen. Der Grund für den Anstieg sind ebenfalls die Pandemiemaßnahmen und der Ukrainekrieg.
Für drei der wichtigsten Indikatoren, die Rosling zur Beschreibung der Lage der Welt benutzt, gilt also: Nach Jahrzehnten des Fortschritts haben wir eine fatale Trendumkehr erlebt. Der Menschheit geht es wieder schlechter. Das trifft auch auf weitere Zeitreihen zu. Die liberale Demokratie als Staats- und Gesellschaftsform hat sich seit 1850 immer weiter ausgebreitet. Im Jahr 2000 war die Welt zur Hälfte in Demokratien und autoritäre Staatsformen aufgeteilt, doch seither sind Erstere wieder auf dem Rückzug, und eine Reihe von Staaten schränkt Bürgerrechte ein. Die CO₂-Emissionen steigen weltweit ohnehin seit vielen Jahrzehnten. Aber der größte Ölproduzent der Welt, die USA, hatte seine Förderung von 1970 bis 2010 bereits halbiert. Dann kam die Trendwende. Dank des Frackingverfahrens haben die Vereinigten Staaten in den letzten 13 Jahren die Ölproduktion fast wieder verdreifacht und im Jahr 2023 sogar einen Allzeit-Produktionsrekord erreicht.
Es verdichtet sich für mich eine überraschende Erkenntnis. Vor nur zehn Jahren war die Welt nachweisbar auf einem guten Weg. Die Indikatoren zur Entwicklung der menschlichen Lebensbedingungen zeigten alle in die richtige Richtung. Weniger Hunger, weniger Armut, weniger Krieg, mehr Bildung, mehr medizinische Versorgung, eine steigende Lebenserwartung. Heute müssen wir feststellen, dass der über fünf Jahrzehnte stabile globale Fortschritt zum Stillstand gekommen ist und die Welt teilweise sogar Rückschritte macht. Zur Erderwärmung und dem Artensterben kommt nun also auch noch eine globale Krise der menschlichen Lebensbedingungen hinzu. »Omnikrise« trifft das wohl doch ganz gut.
Lisa Federle
Tatsächlich war es noch nie so schwierig und komplex wie jetzt, Politik zu machen. Europa vollführt einen merklichen Rechtsruck, die USA befinden sich aktuell in einem Zustand, der womöglich in einer Autokratie oder einem Duo Infernale mit Trump und Musk, landen wird, China wird autoritär bis totalitär regiert und arbeitet sich stetig durch seine Exportstrategie zur Bedrohung unserer Märkte voran. Hinzu machen neue Technologien, allen voran die KI, die Welt immer schneller und komplexer. Und was Deutschland angeht, scheint sich unsere Gesellschaft weiter zu spalten, der Ton wird rauer. Deshalb ist es auch so kompliziert, die Vielfalt der Themen und Probleme allen Wählern zu erklären. Schlagworte und markige Sprüche sind leicht verständlich, prägen sich schnell ein und kommen bei einigen gut an. Doch damit lassen sich keine Konflikte lösen. Es fördert höchstens die Polarisation der Gesellschaft und erschwert die politische Arbeit. Gleichzeitig zwingen andere Positionen und Oppositionen zur Bewegung und Beschreitung von neuen Wegen. Ein »Weiter so« scheint zwar auf den ersten Blick bequemer, ist aber nicht länger verantwortbar oder möglich.
Menschen, die zu mir in die Sprechstunde kommen, machen sich vermehrt Sorgen: um den Mangel an Pflegepersonal, wenn sie selbst krank werden oder Angehörige in die Pflege geben müssen, um ihren Arbeitsplatz, die Wohnungsnot, das Klima, um die Inflation und drohende Altersarmut. Alte und Hochbetagte fühlen sich durch die Technisierung abgehängt, Menschen, die mitten im Berufsleben stehen, geht die Digitalisierung viel zu langsam voran, und die Jüngere stehen durch hohen Medienkonsum unter dem Einfluss von Social Media, haben vermehrt mit Hassbotschaften und irrealen...
| Erscheint lt. Verlag | 25.4.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
| Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
| Schlagworte | AfD • Analyse • Arbeit • Arbeitslosigkeit • Armut • Ärztin • Atomare Bedrohung • Bildungssystem • Bundesregierung • Bürger • Bürgergeld • CDU • Corona • Demografie • DeutscheBahn • Digitalisierung • Energie • Energiewende • Erderwärmung • Europa • Existenz • Fachkräftemangel • Fakten • Finanzen • Finanzierung • Gesundheitssystem • Grünen • Habeck • Heizungsgesetz • Hoffnung • Hunger • Illusion • Industrie • Infrastruktur • KI • Kinderarmut • Klarheit • Klimaschutz • Klingbeil • Kommunen • Krieg • Laschet • Linke • Lösungen • Medizin • Merz • Mietpreisbremse • Migration • Musk • Opposition • Optimismus • Pflegepersonal • Politik • Politiker • Putin • Rechtsruck • Rentenerhöhung • Rentensystem • Resilienz • Schuldenbremse • Seuchen • Solaranlagen • Sorgen • SPD • Strom • Technologien • Trump • Tübinger Weg • unzufrieden • USA • Wahlen • Wähler • Wahlversprechen • Wirtschaft • Wohlstand • Wohnungsnot • Ziele • Zukunftsangst |
| ISBN-10 | 3-7517-7437-8 / 3751774378 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-7437-6 / 9783751774376 |
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