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Plötzlich hochbegabt (eBook)

Erst spät erkannte Hochbegabte erzählen ihre Geschichte - Unterstützt von Mensa in Deutschland e.V., dem Netzwerk für Menschen mit Hochbegabung
eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
288 Seiten
Goldmann Verlag
9783641328696 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Plötzlich hochbegabt -
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Erzählungen aus dem Leben spät erkannter Hochbegabter

Rund um das Thema Hochbegabung existieren viele Klischees, nicht zuletzt befeuert durch die mediale Berichterstattung: Betroffene wären übermenschliche Superhirne, ausgestattet mit einer Vielzahl an verrückten Talenten, beruflich wie privat auf der Überholspur. Oder aber verschrobene, ewig missverstandene Eigenbrötler. »Plötzlich hochbegabt« vereint die Geschichten von Betroffenen, die erst im Erwachsenenalter von ihrer Hochbegabung erfuhren. Eine Erkenntnis, die viele Aspekte ihres bisherigen Lebens erklärte, aber nicht so, wie man denken möchte: Manche von ihnen treiben voller Tatendrang ein Projekt nach dem anderen voran, andere bringen selten eins zu Ende. Einige der Hochbegabten sind sehr starke Charaktere, andere wiederum sehr unsicher, die einen sozial engagiert, die anderen überaus freiheitsliebend, es sind Künstler dabei sowie Bodenständige.

Sie alle eint die Erfahrung, dass eine Hochbegabung nicht nur das Denken eines Menschen formt, sondern seine ganze Persönlichkeit. Und während sonst meist Psychologen zu Wort kommen, Lehrkräfte und Eltern, zeichnen die Protagonisten in »Plötzlich hochbegabt« ein bunteres Bild. Sie erzählen vom Wendepunkt ihres Lebens und liefern Antworten auf die nach einem positiven Mensa-Test aufkommenden Fragen. Aber vor allem wollen sie diejenigen, die einen solchen Test noch nicht in Erwägung gezogen haben, dazu ermutigen, genauer hinzuschauen: Denn du musst kein Genie sein, um hochbegabt zu sein.

Entfesselt und selbst-bewusst leben

Heike, geb. 1970

Ja, Sie haben eine intellektuelle Hochbegabung!

Das, was ich seit über einem Jahr im Kopf mit mir herumtrug, mich nicht traute, überprüfen zu lassen, war nun Realität geworden. Mehrmals hatte ich die Terminliste von Mensa vor Augen, zögerte, mich zum Test anzumelden. Letztendlich suchte ich eine Spezialistin auf und vereinbarte einen Termin zur Einzeltestung. Ich wollte ganz sicher sein, dass das aus mir rausgeholt wird, was wirklich da ist. Es deutete viel darauf hin, aber glauben wollte ich es nicht. Ausgerechnet ich? Ja, ich wollte endlich Gewissheit haben und nicht mehr hadern, ob Ja oder Nein. Der Gehirnspuk sollte ein Ende haben!

Exakt vier Monate vor meinem 51. Geburtstag bekamen die Wechseljahre für mich somit eine ganz neue Bedeutung. Irgendwie tickte ich ja anders als viele andere, eckte immer mal wieder an und ging oft außergewöhnliche Wege, abseits der Norm. Jetzt hatte ich die Erklärung – und es tat gut! Nun wusste ich, dass ich richtig ticke – nur eben ein wenig anders als 98 Prozent der Bevölkerung. Und dass ich so ticken darf, wie ich ticke. Aber bis zu dieser Erkenntnis dauerte es noch.

Es war im Dezember 2019, als mir eine Bekannte erneut den Hinweis gab, dass sie glaubte, bei mir würde eine Hochbegabung vorliegen. Sie hatte es einige Monate vorher schon einmal erwähnt, damals wischte ich es lachend beiseite: Ich mit meiner Abi-Note von 2,8? Ne, ganz sicher nicht! Ich war gefangen in dem klassischen Klischee, dass Hochbegabte Leuchten in der Schule sind. Mich sah ich eher in Gesellschaft der dunkelsten Kerzen auf der Torte. Nach diesem erneuten Hinweis konnte ich es nicht mehr ignorieren, denn die Bekannte nannte mir Merkmale, die mich stutzig machten, wie zum Beispiel das Anecken in Teams – genau das beschäftigte mich zu dieser Zeit sehr. In meinem Weihnachtsurlaub hatte ich die Muße, mich in das Thema einzulesen. Schnell war aus dem Schmierzettel, auf dem ich mir meine Auffälligkeiten notierte, eine Datei im Laptop geworden, die immer länger wurde. Ich las im Internet alles, was ich fand, hörte mir bei der Hausarbeit Podcasts über Hochbegabung an, las in den folgenden Tagen zwei Bücher. Meine Datei füllte sich, es entstanden Unterkategorien – Kindheit, Jugend, Familie, Beruf usw. Mir fiel unendlich viel ein, aber ich fand auch immer Gegenargumente.

Nach über einem Jahr wollte ich Gewissheit. Grund war auch die fortschreitende Demenz meiner Mutter. Ich wollte ihr ihre Wahrnehmung, dass ich so anders sei als meine beiden Schwestern, bestätigen und begründen können, bevor sie es nicht mehr realisieren konnte. Genau genommen war das für mich der größte Antrieb. Dich müssen sie in der Klinik vertauscht haben, du bist so anders als deine Schwestern. Mit ihrer Bemerkung in meiner Kindheit gab sie mir die notwendige Entscheidungskraft. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar.

Im März 2021 hatte ich die Diagnose eine Woche nach dem Test schwarz auf weiß im Briefkasten. Realisiert hatte ich es immer noch nicht und anstatt mich zu freuen, fiel ich erst mal in eine Art Schockstarre. Nur mein Partner und meine engste Freundin erfuhren das Ergebnis. Das waren auch die Einzigen, die von dem Test wussten.

In den folgenden Wochen fuhren meine Gefühle mit mir Achterbahn: Ich war wütend, weil es nicht schon in der Kindheit erkannt wurde, war traurig über mögliche verpasste Chancen, war glücklich, dass ich nun wusste, warum ich mich doch immer mal irgendwie anders, nicht dazugehörig, fühlte. Eigentlich fand ich mich ganz normal – sollte ich wirklich hochbegabt sein? Vielleicht war es ein Irrtum! Ich begann, in meinen Erinnerungen und meiner Datei im Laptop zu suchen. Was war anders, was war typisch hochbegabt? Ich fing wieder von vorne an. Jetzt, wo ich es wusste, musste ich es erst noch begreifen.

Ich kramte in meinen Erinnerungen: Als mittlere von drei Schwestern lief ich immer so mit, das typische Sandwich-Kind eben. Aber ich machte mir nie etwas daraus, ich fand viele Sachen interessanter, als die erste Geige zu spielen. Ich hatte immer irgendwas zu tun, Langeweile kannte ich nicht. Meine Mutter sagte einige Monate vor dem Test auf meine Frage, was mich von meinen Schwestern unterschied: Du warst ein braves Baby, die anderen haben viel mehr geschrien. Und du hast dich bei Spaziergängen für alles am Wegesrand interessiert, bist immer hinter uns hergelaufen, weil du so viel geguckt hast. Alles wolltest du ganz genau ergründen. Und so bin ich auch heute noch – alles muss ich tief erforschen. Die detaillierte Wahrnehmung und Tiefenergründung, die Hochbegabte unter anderem kennzeichnet, kann ich nicht leugnen, sie begegnet mir immer wieder.

Meine Schulzeit war klassisch normal. Da ich ein Kann-Kind war, musste ich einen Reifetest machen. Den bestand ich und durfte mit gerade sechs in die Schule. Als ich lesen konnte, verschlang ich ein Buch nach dem anderen. Ansonsten habe ich gerne sehr kreativ gebastelt, was meinen Vater, der Ingenieur ist, faszinierte. Aus allem habe ich immer irgendwas zusammengeklebt oder gebaut – mein kreativer Kopf gab meinen Händen stets was zu tun. Ich sah leidenschaftlich gerne Filme über Entwicklungshilfe und bewunderte die Kinder für ihr kreatives Spielen mit einfachen Dingen.

In den ersten zwei Jahren in der weiterführenden Ganztagsschule verbrachte ich die Mittagspausen in der Bibliothek und nicht bei den anderen Klassenkameraden. Heike integriert sich nicht in die Klassengemeinschaft, stand mal in einem Zeugnis. Ich fand das aber okay, lieber las ich Abenteuerromane, als mit den anderen Schülern zusammen zu sein. Nach der Schule ging ich oft in die Stadtbücherei. Bücher lesen, war mein Haupthobby. Mit zehn Jahren las ich Arztromane für Frauen, da mich Medizin interessierte. Zu meinem 13. Geburtstag wünschte ich mir einen Medizinatlas, den ich von meinen Eltern auch bekam und nicht mehr aus der Hand legte.

Mit acht Jahren fing ich mit der Fotografie an, arbeitete mich von Polaroid über Pocket zur Kleinbildkamera meines verstorbenen Opas vor, was mich riesig stolz machte, diese mit elf Jahren nutzen und besitzen zu dürfen. Unsere Heimtiere waren für mich ebenfalls wichtig – den Wellensittich meiner älteren Schwester versorgte ich mit acht Jahren alleine, da sie oft andere Interessen hatte. Freundinnen hatte ich auch, mit denen ich spielte oder etwas unternahm. In der Schule war ich Durchschnittsschülerin, in der Grundschule waren meine beiden Schwestern besser als ich. Ich war ein Träumerchen, das gerne zur Schule ging und brav Hausaufgaben machte – lernen war mir aber ein Fremdwort. Es funktionierte ja auch ohne, um durchzukommen. Erst in der 8. Klasse kapierte ich, dass ich etwas tun musste. Ab da las ich mir vor Klassenarbeiten den Stoff abends nochmal durch – mehr wollte ich nicht machen. So kam ich weiterhin durch, wenn auch nicht mit Glanzleistungen. Aber auf die legte ich ja gar keinen Wert. Da ich in der 10. Klasse noch nicht wusste, welchen Beruf ich lernen wollte, beschloss ich, einfach weiter in die Schule zu gehen. Weil ich aber Gesamtschulschülerin war, musste ich einen Eignungstest für die Oberstufe machen. Das Ergebnis entsetzte mich: Meine Stärken sollten in Mathe, Physik und Chemie liegen. Mein Vater bekam Sternchen in den Augen, ich war geschockt. Vor Chemie drückte ich mich, wo ich konnte, weil ich es nicht verstand, Physik wollte ich nach der 11. Klasse abwählen, da es mich nicht interessierte. Mathe fand ich ganz okay und hätte es auch beinahe als Leistungsfach genommen, entschied mich dann aber für Deutsch, Bio und Kunst, mit denen ich das Abi mit einem Schnitt von 2,8 erreichte.

Während der Oberstufenzeit beschäftigte ich mich intensiv mit Lerntechniken, da ich so wenig wie möglich für ein gutes Ergebnis investieren wollte. Ich hatte viel zu viele andere Interessen, als dass ich Zeit mit dem Lernen von Stoff verbringen wollte, der mich nicht interessierte. In dieser Zeit machte ich auch mal zwei IQ-Tests, die ich mir als Buch besorgte – einmal kam ein IQ von 137 raus, einmal einer von 146. Ich beschloss, dass das ein Irrtum sein müsse, schmiss die Bücher weg und vergaß den Quatsch über drei Jahrzehnte lang.

Da ich immer noch keine Ahnung hatte, wohin mich mein beruflicher Weg führen sollte, und ich erst mal vom Lernen und von Prüfungen genug hatte, machte ich nach dem Abi ein Jahrespraktikum in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Ich wurde dort sehr herzlich aufgenommen und bekam viel Selbstbestätigung. Die Arbeit mit den beeinträchtigten Menschen machte mir großen Spaß und ich wollte alles darüber wissen. Vom Fachdienstleiter lieh ich mir Fachzeitschriften aus, zusätzlich kaufte ich mir zwei Fachbücher. Für mich war das völlig normal – in meiner beruflichen Laufbahn begegnete mir selbst allerdings nie eine solch wissbegierige Praktikantin!

Leider war mein Abi-Schnitt für ein Psychologiestudium, das mich nun interessierte, nicht ausreichend und so studierte ich Sozialwesen. Ich fand es klasse, fast nur Fächer zu haben, die mich fesselten. Ja, ich musste lernen, aber es machte mir Spaß und ich hatte Lieblingsfächer, bei denen ich mir den Stoff sofort merkte. Die Klausuren bestand ich alle, auch wenn ich mein Versagen ständig vor Augen hatte. Überhaupt hatte ich immer Angst zu scheitern. Mit meiner Diplomarbeit begann ich zwei Monate vor dem Start – sicher ist sicher. Das...

Erscheint lt. Verlag 2.4.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
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ISBN-13 9783641328696 / 9783641328696
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