Witches, Bitches, It-Girls (eBook)
464 Seiten
Rowohlt E-Book (Verlag)
978-3-644-01560-9 (ISBN)
Witches, Bitches, It-Girls ist eine anekdotische Spurensuche, die durch die lange Menschheitsgeschichte führt. Rebekka Endler blickt dabei in den Maschinenraum des Patriarchats, beschäftigt sich mit der Kanonisierung in der Kunst, mit der Epoche der Romantik, mit der sogenannten Normalität und mit feministischen Wellen, mit Cancel-Culture und Transfeindlichkeit - und fragt: Was bringt so viele Frauen heute noch dazu, von einem rettenden Märchenprinzen zu träumen? Warum werben sogenannte Tradwives für ein Leben als Hausfrau und Mutter? Was steckt hinter der Mommy-Blogger-Welle, und welche Funktion haben Frauenbilder wie Witches, Bitches und It-Girls? Humorvoll, schlagfertig und kämpferisch zeigt Rebekka Endler, wie wir alle das Patriarchat Tag für Tag am Laufen halten - und wie wir es dennoch verändern können, wenn wir das System dahinter verstehen und angreifen.
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Rebekka Endler arbeitet als freie Autorin, Journalistin und Podcasterin. 2021 erschien ihr erstes Buch, Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt.
»Rebekka Endler erzählt [...] mit Ironie und Humor von den unhinterfragten Ungerechtigkeiten im Alltag zwischen Frau und Mann.« – NDR KULTUR über Das Patriarchat der Dinge
Selbsterfüllende Spaltung
Aber, und das ist an dieser Stelle kein kleines, sondern ein großes ABER, über das ich in den vergangenen Jahren viel nachgedacht habe: Meine Einschätzung rund um das Thema TERFs soll zur Vorsicht mahnen und nicht spalten. Das ist ein Drahtseilakt, der mir zugegebenermaßen in letzter Zeit immer schwerer fällt. Im Herbst 2023, während der Arbeit an diesem Kapitel, habe ich einen offenen Brief gegen einen Auftritt von Alice Schwarzer und ihrem Verleger Helge Malchow beim Leipziger Literaturfestival «Literarischer Herbst» in Leipzig unterzeichnet, da im Rahmen eines Literaturfestivals keine Bühne für Hetzer*innen geboten werden sollte. Ob ein offener Brief nun ein Mahnen oder ein Spalten ist, kann ich nicht beurteilen, aber ich bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass Schwarzer in den letzten Jahren alles darangesetzt hat, ihr großes feministisches Lebenswerk zu untergraben, indem sie den Fokus ständig weg von ihren Errungenschaften – oder den realen feministischen Problemen unserer Zeit – und hin zu Hetze gegen Muslim*innen, trans Menschen und andere marginalisierte Gruppen lenkt und dazu populistische Aussagen publiziert. Aus diesem Grund ist es meiner Meinung nach gerechtfertigt, Kritik an solchen Veranstaltungen zu äußern.
Schwerer fällt mir die Kritik an Personen des nichtöffentlichen Lebens, die durch eine solche Positionierung weder Macht noch Einfluss oder Geld gewinnen, sondern populistischer Propaganda auf den Leim gegangen sind. So wie die Frau mit dem bunten Halstuch gab es einige Personen, meist etwas älter als ich, die mich nach Veranstaltungen in Gespräche über ihre Vorbehalte gegenüber etwa dem Selbstbestimmungsgesetz verwickelt haben. Die Sache ist aber die: Es ist nicht wirklich kompliziert, auch wenn Akteur*innen mit ihrer rechten Agenda gegen Transrechte uns das weismachen wollen.
«Sollbruchstellen der öffentlichen Debatte» nennt der Soziologe Steffen Mau diese Themenbereiche, die von rechten Akteur*innen emotional derart überladen werden, dass Stellung bezogen werden muss. «Die greifen ein Unbehagen gegenüber bestimmten Veränderungen der Gesellschaft auf und stellen es so zentral, dass die Menschen ihre ganze politische Position daran ausrichten. Das ist eine große Gefahr», sagte Mau 2024 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.[41] Seine Forschungen haben ergeben, dass es in den vergangenen 30 bis 40 Jahren nicht mehr Menschen mit rechten Einstellungen gegeben hat, sondern die Positionen an den rechten Rändern an Reichweite bis hin zur Mitte hinzugewonnen haben. Und diese Mitte sei wiederum beweglicher geworden, da sie nicht mehr, wie in den 1980er- und 1990er-Jahren, ideologisch an eine Partei gebunden ist – was dazu führt, dass große politische Akteure, wie beispielsweise Parteivorsitzende von CDU/CSU und SPD, dem öffentlichen Diskurs hinterherlaufen und bei dem Versuch, relevante Positionen zu beziehen, nicht selten wie provokante Edgelords[*] rüberkommen.
So zum Beispiel Friedrich Merz, der behauptete, Geflüchtete würden sich auf Kosten der Bundesrepublik Deutschland hier bloß die Zähne erneuern lassen.[42] «Unter ihm, der mit rechten Äußerungen polarisiert und die CDU als ‹Alternative mit Substanz› darstellt, erodiert in der CDU die Abgrenzung nach rechts außen. Davon profitiert Rechtsaußen in der Normalisierung ihres Neofaschismus (der rechtsextreme Vordenker Götz Kubitschek spricht auf rechten Plattformen von ‹Normalisierungspatriotismus›)», schreibt der Soziologe Matthias Quent im Schweizer Magazin Republik.[43] Oder auch Julia Klöckner, ebenfalls CDU, die Unwahrheiten über Migranten und Zahnarztkosten oder auch Covid in den Äther ballert, wohl wissend, dass dies Nährboden für rechte Hetze ist.[44] Und Thüringens CDU-Chef Mario Voigt spricht über Robert Habecks Pläne für ein Heizungsgesetz im Herbst 2023 von «Heizungs-Stasi», eine Formulierung, die ihn ebenfalls prominent in den Medien platziert hat und vom rechten Rand mit Beifall belohnt wurde.
Auf diese Weise ist man jedoch nicht nur der Aufhänger rassistischer Kampagnen von rechten Medien und Steigbügelhalter für Faschos, sondern auch auf verlorenem Posten, wenn es darum geht, möglicherweise eigene Inhalte in der Gesellschaft zu platzieren. Gleichzeitig wird über bestimmte Themen, wie eben Migration oder die Rechte von trans Menschen, Mobilisierungspotenzial in der Wähler*innenschaft frei, die in Bezug auf diese Themen von ihren Gefühlen geleitet werden, auch wenn sie ansonsten kein rechtsnationales Weltbild haben. «Die Mitte ist akustisch abgedimmt, und die Ränder, vor allem der rechte, sind lauter geworden», so Mau in der Süddeutschen Zeitung.[45] Was wahrscheinlich die Erklärung dafür ist, dass ich in den letzten Jahren einen rasanten Anstieg an transfeindlichen Akteur*innen in feministischen Kreisen wahrgenommen habe. Gleichzeitig warnt Mau auch vor der Gefahr, aus diesen Beobachtungen etwas Grundsätzliches für die eigene Positionierung abzuleiten. Denn was wir gerade erleben, sei eine gefühlte Spaltung der Gesellschaft, die der tatsächlichen Spaltung vorausgeht und sie erst möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich macht. Anders gesagt, wenn wir davon ausgehen, gespalten zu sein, verhalten wir uns gespalten und werden gespalten – die selbsterfüllende Prophezeiung.
Und noch etwas anderes ist in diesem Zusammenhang wichtig: Die «Polarisierung» sowie das Lamentieren über eine angeblich auseinanderdriftende Gesellschaft mit einer sich auflösenden Mitte wird gerade von rechten Akteur*innen und Instanzen als Nebelkerze gezündet, um von der Tatsache abzulenken, dass es sie und ihre extremistischen Ideen sind, die diese Risse absichtlich provozieren. Der Politikwissenschaftler und USA-Experte Thomas Zimmer beschreibt, wie auf diese Weise die Verantwortung für die Spaltung auf andere, also Linke verlagert werden soll und so getan wird, als würde man selbst die Spaltung beunruhigend und bedauerlich finden – der Konflikt der Spaltung ist nicht nur ein Problem, sondern auch das Instrument[46], indem er als Thema gesetzt und ins Zentrum gerückt wird. So finanziert beispielsweise Multimilliardär Charles Koch, der letzte Vertreter der Koch-Brüder[47], das «Polarization Research Lab», ein Thinktank, der laut eigener Aussage «Amerikas toxisches Auseinanderdriften» lösen möchte, ideologisch jedoch rechtslibertäre bis rechtsextreme Positionen mainstreamfähig machen will.[48]
Das Gleiche in Grün, eher gesagt in Antigrün, sehen wir auch in Deutschland: «Das wichtigste Instrument sozialer Gerechtigkeit bleibt die Steuerpolitik. Doch von der Politik der AfD profitieren nicht die Mittel- und Unterschichten, deren Sorgen die Rechten radikalisieren, sondern die Reichsten. Die Klassenposition der Vermögenden wird von Kulturkampf- und Verschwörungserzählungen verschleiert und geschützt. Denn das ist die tragische Ironie: Antigrüne und antiökologische Narrative sind weit über das Milieu der von Armut betroffenen Menschen zustimmungsfähig, weil sie letztlich Ungleichheiten, Gewohnheiten und Privilegien als ‹Normalität› gegen ‹übergriffige grüne Ideologie› verteidigen», so noch mal Quent.[49] Da haben wir es: Eines der bestgehüteten Geheimnisse von Macht besteht in der Deutungshoheit über die «Normalität»!
Der Glaube an ein Auseinanderdriften ist also selbst zum Werkzeug ebendieses Auseinanderdriftens geworden, aber das heißt im Umkehrschluss natürlich (leider!) nicht, dass der Rechtsruck Einbildung ist. Im Gegenteil, der Rechtsruck in Deutschland ist eine Tatsache. Seit 2023 haben wir zum ersten Mal einen AfD-Bürgermeister und einen AfD-Landrat. Die so oft heraufbeschworene Brandmauer gegen rechts hat sich als Wohlfühlmärchen entpuppt, denn in der Realität kooperieren CDU/CSU und FDP auf Landesebene sehr wohl mit Stimmen der AfD, wenn es darum geht, Mehrheiten bei Gesetzen gegen linke Landesregierungen durchzusetzen. «Die Empörung über dieses Vorgehen blieb überschaubar – die Normalisierung ist fortgeschritten», schreibt Quent.[50] Gerade dort, wo die rechtsextremistischsten Köpfe der Partei regieren, fährt die AfD die besten Ergebnisse ein. Das macht unmissverständlich klar, dass es nicht Protestwähler sind, sondern Menschen, die rechtsextreme Ansichten teilen und von diesen auch regiert werden wollen.
Was mich zu einem Dilemma bringt, für das ich keine Lösung habe. Ich frage mich häufig, inwiefern mein Gefühl einer auseinanderdriftenden Gesellschaft meine Arbeit beeinflusst und ich so Einstellungen produziere, die selbst spalten. Denn eine rigorose Sprache, wie zum Beispiel die klare Benennung faschistischer Einstellungen, ist für mich eine Form des Widerstands und des Aktivismus. Grauzonen sind, was universelle Menschenrechte angeht, nicht angebracht. Dass dies in seiner Radikalität aber einige Menschen abschreckt, die auf der Schwelle stehen – unsicher, ob sie gedanklich bis zum Schluss mitgehen wollen –, ist mir durch zahlreiches Feedback klar geworden. Und auch wenn ich es eine Zeit lang versucht habe, kann ich nicht mit jeder Person, die eine Lesung besucht oder mir in den sozialen Medien schreibt, eine Diskussion über den Ursprung ihrer transfeindlichen Einstellungen führen und versuchen, sie zu...
| Erscheint lt. Verlag | 13.5.2025 |
|---|---|
| Verlagsort | Hamburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
| Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
| Schlagworte | Alice Schwarzer • Backlash • cancel culture • Das Patriarchat der Dinge • Die Büchse der Pandora • Donald Trump • Faschismus • Feminismus • Feministische Wellen • Feminist Shelf Control • Geschlechtergerechtigkeit • Geschlechterverständnis • Hexen • Hexenhammer • Hexenprozesse • Kunstkanon • LGBTQ+ • Margarete Stokowski • Misogyne Mythen • Misogynie • mommy blogger • Nationalismus • Normalität • Patriarchat • Romantik • Sexismus • Tradwife • USA |
| ISBN-10 | 3-644-01560-0 / 3644015600 |
| ISBN-13 | 978-3-644-01560-9 / 9783644015609 |
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