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Gefahr (eBook)

Die amerikanische Demokratie in der Krise
eBook Download: EPUB
2022
560 Seiten
Carl Hanser Verlag München
978-3-446-27490-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gefahr - Bob Woodward, Robert Costa
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Von Trump zu Biden: Wie geht es weiter in den USA? Watergate-Aufdecker Bob Woodward liefert erschütternde Blicke hinter die Kulissen. Das bleibende Buch über eine große Demokratie in der Krise.
Es war einer der gefährlichsten Momente der US-amerikanischen Geschichte: der Übergang von Präsident Trump zu Präsident Biden. Die Bilder vom Sturm auf das Kapitol gingen um die Welt – sie sind das Symbol einer Demokratie in der Krise. Bob Woodward und Robert Costa erläutern ihre Hintergründe so klar wie nie zuvor. Sie haben Interviews geführt, Tagebücher, E-Mails, vertrauliche Telefonate und geheime Regierungsdokumente ausgewertet. Ihr Fazit: Was die USA bis heute durchmachen, ist mehr als eine nationale Unruhe. ,Gefahr‘ ist die erschütternde Reportage über das Ende einer Präsidentschaft und den Beginn einer neuen – das bleibende Buch über die großen Herausforderungen eines Landes, die auch den Rest der Welt noch lange in Atem halten werden.

Bob Woodward, 1943 in Geneva, Illinois, geboren, ist Leitender Redakteur der Washington Post, für die er seit knapp 50 Jahren berichtet. Der Journalist wurde mit zwei Pulitzer-Preisen ausgezeichnet, 1973 zusammen mit Carl Bernstein für die Berichterstattung über die Watergate-Affäre, die zur Abdankung Richard Nixons führte, und 2003 als Chefreporter der Washington Post für die journalistische Arbeit über die Anschläge von 9/11.

Robert Costa studierte an den Universitäten Notre Dame und Cambridge. Seit 2014 arbeitet er als Reporter für die Washington Post, zuvor war er als Moderator der politischen Sendung Washington Week und als Analyst für NBC News und MSNBC tätig.

Karsten Petersen, Jahrgang 1957, Übersetzer von Philip G. Zimbardo, Michael Argyle, Mike Smith, Adrian Furnham.

Hans-Peter Remmler, Jahrgang 1957, hat Übersetzen und Dolmetschen (Englisch und Spanisch) in Germersheim studiert und lebt als freier Übersetzer in der Nähe von Tübingen.

Heike Schlatterer, Jahrgang 1970, studierte Neuere Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Amerikanistik in Tübingen und Oxford. Sie übersetzt seit über zwanzig Jahren im Bereich erzählendes Sachbuch, aktuelles Zeitgeschehen, Wirtschaft und Krimi aus dem Englischen. Zu den von ihr übersetzten Autoren gehören A.V. Banerjee, Britta Bolt, Ronan Farrow, Dan Jones, Ibram X. Kendi, Naomi Klein, Christina Lamb, Robin Lane Fox, Jaron Lanier, Kathy Reichs, Paul Theroux und Bob Woodward.

Sigrid Schmid, Jahrgang 1975, hat Anglistik, Linguistik und Informatik studiert und übersetzt Sachbücher aus dem Englischen, u. a. „Homers letzter Satz“ von Simon Singh und „Unsterblich sein“ von Mark O‘Connell.

Dr. Thomas Stauder, Jahrgang 1960, studierte Germanistik, Anglistik und Romanistik in Erlangen, Canterbury und Siena. Er übersetzt aus dem Englischen, Französischen, Italienischen und Spanischen. Zu den von ihm übersetzten Autoren gehören u.a. Huguette de Broqueville, Umberto Eco, Ryan Holiday, Carol Leonnig und Francisco Javier Rodríguez Pequeño.

Eins


Fast vier Jahre zuvor, am Wochenende des 12. August 2017, war Joe Biden in seinem Strandhaus in Rehoboth, Delaware, beschäftigt und bekam dabei Szenen von Präsident Trump im Fernsehen mit. Der Präsident insistierte, dass die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen marschierenden White Supremacists und Gegendemonstranten in Charlottesville, Virginia, die Schuld beider Seiten seien.

Trump sprach vor vier US-Fahnen in seinem Golfclub in New Jersey und verkündete, es habe »auf vielen Seiten Hass, Selbstgerechtigkeit und Gewalt gegeben, auf vielen Seiten«.1

Erbost griff Biden zum Telefon und rief »Mike D.« an, Mike Donilon, seinen engsten politischen Vertrauten, der mit seinen 59 Jahren aussah und auftrat wie ein Pfarrer aus der Nachbarschaft — graues Haar, buschige Augenbrauen, Brille und gedämpfte Stimme.2

Wie Biden war Donilon in einer irisch-katholischen Familie aufgewachsen. Seine Mutter war eine lokale Gewerkschaftsfunktionärin in South Providence, Rhode Island, sein Vater war der Chef der dortigen Schulbehörde.3 Im Laufe von vier Jahrzehnten war Donilon zu Bidens engstem Vertrauten geworden, zu einer Mischung aus den beiden wichtigsten Beratern John F. Kennedys: dessen strategisch denkendem jüngeren Bruder Robert F. Kennedy sowie seinem Redenschreiber Theodore Sorensen.

Donilon ging hinaus auf die Veranda hinter seinem Haus in Alexandria, Virginia, weil sein Mobiltelefon im Haus selbst einen schlechten Empfang hatte.

In den TV-Nachrichten wurden laufend verstörende Szenen von weißen Nationalisten gezeigt. Viele von ihnen trugen brennende Fackeln und skandierten »Juden werden uns nicht ersetzen« sowie die Nazi-Parole »Blut und Boden«. Am Abend der »Unite the Right«-Protestdemonstration marschierten sie streitlustig auf den Campus der University of Virginia und protestierten gegen die Entfernung einer überlebensgroßen Statue von Robert E. Lee, einem General der Südstaaten-Armee im Sezessionskrieg.

Als am 12. August die Zusammenstöße weitergingen, wurde Heather Heyer, eine 32-jährige Gegendemonstrantin, getötet. Ein selbst erklärter Antisemit in der Innenstadt hatte seinen Dodge Challenger in einen Demonstrationszug gesteuert, dessen Teilnehmer Plakate mit Aufschriften wie »Love«, »Solidarity« und »Black Lives Matter« hochhielten.4

»Dazu muss ich etwas sagen«, sagte Biden zu Donilon. »Das hier ist etwas anderes. Es ist dunkler. Es ist gefährlicher. Das hier ist eine wirklich fundamentale Bedrohung für unser Land.«

Donilon konnte an Bidens Stimme hören, wie beunruhigt er war. Biden war häufig emotional berührt und wurde dann weitschweifig, aber zu den Ereignissen in Charlottesville redete er endlos weiter, sogar noch länger als sonst.

»Dieser historische Moment ist deswegen von einer neuen Qualität, weil die Amerikaner aufstehen und die Werte des Landes und die Verfassung verteidigen müssen, da sie keinen Präsidenten haben, der das tun wird.«

Biden hatte in seinem ganzen Leben noch nie so etwas erlebt wie Trumps Reaktion auf Charlottesville. Der Präsident der Vereinigten Staaten hatte Menschen, die sich Hassparolen entgegenstellten, moralisch auf die gleiche Stufe gestellt wie jene, die Hass verbreiteten — ein sicherer Hafen für White Supremacists und Nazis, die bereit waren, öffentlich aufzutreten.

»Beispiellos«, sagte Biden, eines seiner Lieblingswörter. »Trump haucht den finstersten und niedrigsten Instinkten des Landes neues Leben ein.«

»Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, ihre Gesichter zu maskieren!«, rief Biden. »Und zwar, weil sie glaubten, sie hätten den Präsidenten der Vereinigten Staaten auf ihrer Seite.«

Er werde nicht tatenlos zusehen. Er fragte Donilon, ob er ihm helfen könne, etwas zu entwerfen — einen Artikel, einen Gastkommentar, eine Rede?

Zu diesem Zeitpunkt war Biden — 74 Jahre alt und 1,83 Meter groß — seit sieben Monaten aus dem Amt geschieden, nachdem er acht Jahre lang als Vizepräsident gedient hatte. Im Laufe der Jahre war sein Haar schlohweiß geworden, seine Gesichtshaut gegerbt. Biden hatte versucht, sich an die traditionelle Regel für ein Mitglied der Vorgängerregierung zu halten: jeden öffentlichen Kommentar zum Verhalten des neuen Präsidenten zu unterlassen, bis er fest im Sattel saß. Doch jetzt, so sagte er zu Donilon, galt diese Regel nicht mehr.

»Ich muss mich dazu äußern«, so Biden. »Ich muss mich klipp und klar äußern.« Er meinte, wenn die Menschen dazu schweigen würden, könne sich das gesellschaftliche Gewebe der Nation auflösen, was zu noch mehr Straßenterror führen würde. Trump attackierte systematisch die Gerichte, die Presse und den Kongress — altbekannte Manöver eines Autokraten, um die Institutionen, die seine Macht einschränken, außer Gefecht zu setzen.

»Okay«, sagte Donilon, »ich muss anfangen zu schreiben.« Der alte Biden zeigte sich wieder so engagiert, als sei er noch im Amt.

Während Donilon sich an die Arbeit machte, setzte Biden an jenem Samstag um 18:18 Uhr einen Tweet ab: »Es gibt nur eine Seite.«5

Der Tweet war typisch für Biden — proklamierend und rechtschaffen. Er entfaltete eine gewisse Wirkung in den sozialen Medien, war aber schwerlich eine Sensation. Ein ehemaliger Vizepräsident war eine verblassende Marke.

Aber Trump ließ nicht locker.6 Auf einer Pressekonferenz im Trump Tower in New York am 15. August sagte er abermals, »beide Seiten haben Schuld« und dass es »auf beiden Seiten hervorragende Leute« gebe.

Biden und Donilon schickten Entwürfe hin und her.

Donilon grübelte, wie er rüberbringen konnte, wie wichtig Biden die Sache war. Wie sollten sie das zum Ausdruck bringen? Sie waren sich darüber einig, dass Biden Alarm schlagen sollte, ohne hysterisch zu klingen. Wie konnte er am besten — um es mit einem Ausdruck zu sagen, den Biden bekanntlich nach der Verabschiedung des Affordable Care Act im Jahr 2010 geflüstert hatte — mit diesem »big fucking deal«, diesem verstörenden amerikanischen Moment umgehen?7

Sie waren auf der Suche nach einem übergeordneten Thema, vielleicht sogar einem Rahmen, der sich auf Bidens katholischen Glauben und seine Spiritualität bezog. Etwas Intuitives mit einem moralischen Element; etwas, das Bidens Optimismus und den Geist der Nation einfing — aber was?

Donilon kam das Wort »Seele« in den Sinn — ein Wort, das niemand mit Trump identifizieren würde. Biden gefiel das Wort sehr gut. Er fand es goldrichtig.

Zwei Wochen später erschien ein Stück von 816 Worten im Atlantic, unter der Überschrift »Wir erleben eine Schlacht um die Seele dieser Nation«.8

»Die verrückten, wütenden Gesichter werden von Fackeln beleuchtet; ihre Sprechchöre reflektieren genau die antisemitische Aggression, die in den 1930er-Jahren in ganz Europa zu beobachten war«, schrieb Biden. »Die Neonazis, Ku-Klux-Klan-Männer und White Supremacists kommen hervor aus ihren dunklen Kammern, von ihren abgelegenen Feldern, aus der Anonymität des Internet und treten ins helle Tageslicht.«

Nach dem Protestmarsch, schrieb er, »begann Amerikas moralisches Gewissen sich zu regen«.

Nachdem der Essay erschienen war, zeigte sich eine neue, wachsende Intensität in Bidens nicht öffentlichen Reden.

»Wer von Ihnen glaubt, dass Demokratie eine Selbstverständlichkeit ist?«, fragte Biden ein Publikum von Konzernmanagern bei einer geschlossenen Veranstaltung am 19. September 2017. »Wenn Sie das tun, sollten Sie noch einmal darüber nachdenken.«

Donilon, auch bekannt als »Mr. Silent«, war ein ungewöhnlich guter Zuhörer. Berater von Biden vergaßen oft, dass Donilon an einer Telefonkonferenz teilnahm, bis Biden fragte: »Mike D., sind Sie da?«

Ja, pflegte Donilon dann zu sagen, ich nehme alles auf und...

Erscheint lt. Verlag 24.1.2022
Übersetzer Karsten Petersen, Hans-Peter Remmler, Heike Schlatterer, Sigrid Schmid, Thomas Stauder
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Peril
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 11. September • 1776 • 2020 • 21. Jahrhundert • 77 Tage • 9/11 • Abraham Lincoln • Amerika am Abgrund • Amerikanische Verfassung • Atlantik • Atomwaffen • Black lives matter • Botschaft Jerusalem • Bürgerkrieg • Carl Bernstein Demokratie • China • Corona • Covid • Designated Survivor • Donald Trump • Feuer und Zorn • fire and fury • Handelskrieg • House of Cards • Impfung • Inauguration • insurrection • Internationale Politik • Investigativer Journalismus • Iran • Israel • Ivanka Trump • jared kushner • Joe Biden • Kapitol • Kongress • Krise • Make America Great Again • Mark Milley • Michael Wolff • Mike Pence • Militär • Nancy Pelosi • Pentagon • Populismus • Pulitzer Preis • Putsch • Qanon • Rechtspopulismus • Richard Nixon • Senat • Sicherheitspolitik • Sturm Kapitol • Südchinesisches Meer • Tagebücher • Terrorismus • Transition • Twitter • Übergang • Verfassungskrise • Wahlkampf • Washington • Washington Post • Watergate • Weißes Haus • white supremacy • wie demokratien sterben • Wirtschaftskrise
ISBN-10 3-446-27490-1 / 3446274901
ISBN-13 978-3-446-27490-7 / 9783446274907
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