Rosa Luxemburgs Stellung zur russischen Revolution (eBook)
274 Seiten
Manifest Verlag
978-3-7521-4183-2 (ISBN)
Sozialistin und Mitbegründerin des internationalen Frauentags
Sozialistin und Mitbegründerin des internationalen Frauentags
I. Rosa Luxemburgs Lebenswerk
Seine Bedeutung und Geschlossenheit / Seine Schändung durch die reformistischen Gegner auf Grund von Levis »Nachlassbroschüre« /
Zur Geschichte der »Nachlassbroschüre«
Weit mehr als Rosa Luxemburgs tragischer Lebensausgang allein ist der Grund dafür, dass die von einer ebenso bestialischen als feigen Offizierskamarilla Ermordete für immer »eingeschreint bleiben wird in dem großen Herzen« des befreiungssehnsüchtigen Weltproletariats von heute, der befreiten Menschheit von morgen:
Es ist der Schatz ihres Lebenswerks, den sie an den Befreiungskampf der Ausgebeuteten dahingegeben hat. Ein Schatz von seltenem Reichtum, ein Lebenswerk von seltener Einheitlichkeit, Geschlossenheit und Größe. Ein von revolutionärer Leidenschaft glühendes Herz hieß einen eisernen Willen, reiche Talente zu einer starken Kraft zusammenballen, gerichtet auf das eine titanenhafte Ziel, das der um Erkenntnis ringende junge Marx in faustischem Drang sich gesteckt: die soziale Welt zu verändern.
Im Dienste dieses Ziels war Rosa Luxemburg Zeit ihres Lebens hingebungsvolle Gläubige und seherische, vermittelnde Hohepriesterin, fragende, forschende, kühl abwägende Gelehrte und kühn wagende Kämpferin, die vorwärts stürmte, ungeschreckt durch Hindernisse, der Gefahren spottend. Ihr außergewöhnlich scharfer, starker Geist zergliederte nicht bloß mit unerbittlicher Logik die sozialen Tatsachen und Vorgänge, sondern er erfasste sie auch stets dialektisch, im Fluss ihrer Entfaltung. Aus einem gründlichen, umfassenden Wissen um die Vergangenheit und Gegenwart der Gesellschaft schöpfend, von den verschiedensten Wissensgebieten angeregt und genährt, kristallisierte er Kenntnisse zu wegweisender Erkenntnis über die Triebkräfte, die Richtung, die Bedingungen des sozialen Vergehens und Werdens unserer Tage. Marxens historischer Materialismus war Rosa Luxemburg dabei nicht etwa die fertige Formel, an der sie das geschichtliche Leben maß, wohl aber gab er ihr die sichere Methode, um das geschichtliche Leben zu verstehen in seiner auf- oder abwogenden Veränderlichkeit, seinen strengen Gesetzen, seiner bunten Ausstrahlung voller Sinn und Widersinn.
Im Mittelpunkt ihres Ringens um Durchdringung und Bändigung des riesigen und mit jedem Tag wachsenden Wissensstoffs stand, was Mittelpunkt ihrer glühenden Sehnsucht, ihrer verzehrenden Tätigkeit war: die Revolution. Die Revolution als der höchste Ausdruck gesellschaftlicher Schöpfungskraft, als der stolze, weithin sichtbare Gipfel einer steigenden und verebbenden Welle neuen geschichtlichen Lebens. Die Wahrheitssuchende wollte Wirklichkeitsgestaltende sein. In ihrer Persönlichkeit, in ihrem Leben schlossen sich Unkenntnis, Wille und Handeln zum unzerbrechlichen Ringe.
So konnte in der Vorkriegszeit Rosa Luxemburg unbeirrt durch die revolutionäre Phraseologie der deutschen Sozialdemokratie die Führerin der Opposition gegen die opportunistische Praxis dieser Partei werden, gleichzeitig aber eine der überragenden Gestalten der Zweiten Internationale, ebenso bewehrt, waffentüchtig und überlegen im Kampfe gegen den Reformismus und Revisionismus der Bernstein jeder Spielart und jeder Nationalität, wie gegen alle anarchistischen und anarchistelnden Schrullen und Kindsköpfigkeiten sich revolutionär gebärdender Kleinbürgerei. Das zähe Ringen um die Verwirklichung ihres Jugendtraums, das polnische Proletariat zu wecken und auf dem Boden zielklaren Klassenkampfs in fest gefügter Front mit den Arbeitern Russlands, Deutschlands, aller kapitalistischen Staaten zum revolutionären Sturm wider die bürgerliche Ordnung zu führen, ließ sie früh und klar das Problem der Internationalität des proletarischen Klassenschicksals in seiner ganzen beherrschenden Bedeutung würdigen. Bei der ideologischen und organisatorischen Aufbauarbeit der Sozialdemokratie Polens und Litauens stieß sie auf die verbissene Gegnerschaft des Nationalismus, des Sozialpatriotismus der PPS. In glänzenden Waffengängen setzte sie sich mit ihm auseinander, ihn als eine gefährliche Form des Opportunismus enthüllend.
So war Rosa Luxemburg wie kaum jemand berufen und auserwählt, vom ersten Tage des Weltkrieges an dessen imperialistischen Charakter aufzudecken, das schillernde Gespinst von Legenden und Geschichtsklitterungen kritisch zu zersetzen, mit dem die Scheidemänner und David der verschiedensten Nationalitäten, aber gleichen Verrats ihrer Grundsätze, ihn verhüllten; die Massen der Ausgebeuteten aufzufordern, ihre internationale Solidarität im Zeichen der Revolution zum obersten Gesetz ihres Handelns zu machen. Sie war mehr als der Mittelpunkt der anfangs winzigen, allmählich wachsenden Ideen- oder Kampfesgenossenschaft, die den Weltkrieg als Auftakt der Weltrevolution begriff und unerschrocken daran ging, das Proletariat für sie zu mobilisieren. Sie war ihr heilig glühendes Herz, ihr klar erkennendes Hirn, ihr diamantharter Wille. Ohne Zögern und Zaudern, sonder Wanken und Schwanken wurde bei ihr der Gedanke Tat. Den Blick unverrückt der Weltrevolution zugewandt, bekämpft Rosa Luxemburg in Theorie und Praxis gleich unerbittlich und wuchtig sowohl die offenen Verräter des Proletariats, die im Namen der »Vaterlandsverteidigung« und anderer Lügen die Arbeiter an die Schlachtbank des Imperialismus lieferten, wie die Hehler der Sozialpatrioten, die unter Berufung auf die Parteidisziplin und sonstige »Realitäten« feige den Massenbetrug duldeten und vor dem Kampf flohen.
Und wieder steht Rosa Luxemburg führend mitten im dichtesten Kugelregen, als greifbare Nähe ward, was geschichtliche Perspektive gewesen. Mit der Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiter und Bauern in Russland unter der entschlossenen Führung der Bolschewiki, mit der Aufrichtung der Diktatur der Schaffenden in der Räteordnung daselbst glühte die Weltrevolution auf. Es schien, dass ihre Lohe sich reibend rasch über den Erdball wälzen müsste. Flackerten nicht mehr und mehr ihrer Feuerzeichen empor? Der militärische Zusammenbruch der Zentralmächte; die sinnenfällige Zerrüttung der kapitalistischen Wirtschaft in allen Ländern; die Umwälzung in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie; der Umsturz des kaiserlichen deutschen Reiches. Nach der Höhe der ökonomischen Entwicklung Deutschlands, nach der Bedeutung, der politischen Schulung und Organisation und den Leiden seines Proletariats deuchte die Annahme nicht verwegene Phantasterei, dass hier der Umsturz zur ganzen, zur proletarischen Revolution werden, und dass diese die Arbeiter Westeuropas zum Befreiungskampf rufen müsste.
Abermals erlebt Rosa Luxemburg, dass die proletarischen Massen Deutschlands an Reife der Erkenntnis, des Willens, der Opferfreudigkeit der revolutionären Situation nicht gewachsen, nicht ebenbürtig sind. Sie lassen sich aufs Neue von Führern narren, die gewöhnt sind, geschichtlich nur mit den messingnen Spielpfennigen bürgerlicher Reformlerei zu rechnen, und deren Furcht vor der Macht der Bourgeoisie größer ist, als ihr Vertrauen auf die revolutionär zu entfesselnden Kräfte des Proletariats. Die Ebert-Scheidemann verraten offen das Proletariat, das sie von den Kampffeldern der Revolution zurücktreiben in den »Frieden« der kapitalistischen Ausbeutung. Die Haase-Dittmann bauen den Schutzwall solchen schmählichen Tuns, indem sie vor dem Kampf für die Weiterführung der Revolution zurückschrecken. Ein Schwindel hat dabei den andern abgelöst. Statt der »Pflicht zur Landesverteidigung« wird den Massen die Hoffnung auf die »Demokratie« gepredigt. Auf die Demokratie des bürgerlichen Staats, die sich ihnen schon am 6. Dezember 1918 als blutige Klassendiktatur der Bourgeoisie enthüllte, als Wels, der sozialdemokratische Stadtkommandant von Berlin, auf wehrlose demonstrierende Kriegskrüppel und Arbeitslose schießen ließ.
Durch die Revolution aus der Schutzhaft befreit, nimmt Rosa Luxemburg sofort den Kampf gegen Verrat, Unklarheit, Schwäche, Halbheit auf. Sie ringt um die Seelen der Proletarier, um ihr revolutionäres Erwachen und Handeln mit allen Mächten der bürgerlichen Welt, mit allen Einflüssen der sozialdemokratischen Parteien, die revolutionsfeindlich oder revolutionsängstlich sind. Mit geschärftem Blick für die Bedürfnisse und Bedingungen der deutschen Revolution — als des nun wichtigsten weiteren Schrittes der Weltrevolution — verfolgt sie die unrevolutionären und gegenrevolutionären Irrwege und Seitensprünge des Ebert-Haase-»Rats der Volksbeauftragten« und später die brutalen Lakaiendienste, die die von den Unabhängigen gereinigte mehrheitssozialdemokratische Regierung der Bourgeoisie leistet. Schonungslos löst Rosa Luxemburg alle klingenden Schlagworte, alle gleißenden Begriffsfälschungen in ihr Nichts auf, mit denen der revolutionäre Tatwille der Arbeiter entmannt wird. Ihre leidenschaftliche Überzeugung pulsiert in dem fieberhaften Kampf von Tag zu Tag, ihre glänzenden, vielseitigen Talente und ihr gründliches Wissen sind in ihm lebendig. Und wie ihr allzeit die Revolutionen der Vergangenheit Fundgruben der Erkenntnis waren, so wird ihr geschichtliches, politisches Verstehen und Handeln nun angeregt, wegsicher und befeuert durch das Weben und Wirken der proletarischen Revolution in Sowjetrussland.
Auf der Höhe ihres Kampfes für das Weitertreiben der Revolution fällt Rosa Luxemburg, das Opfer monarchistisch-militaristischer Mordbuben und ihrer moralisch, politisch Mitschuldigen: der Ebert-Scheidemann-Regierung. Sie fällt, umlauert und umheult von dem Hass und der Furcht, von den Verleumdungen und Beschimpfungen der um ihre Kassenschränke und Herrschaftsgewalt zitternden Bourgeoisie, aber auch jener Führenden der Arbeiterbewegung, die...
| Erscheint lt. Verlag | 17.4.2021 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
| Schlagworte | Oktoberrevolution • Rosa Luxemburg • Sowjetunion • Sozialismus |
| ISBN-10 | 3-7521-4183-2 / 3752141832 |
| ISBN-13 | 978-3-7521-4183-2 / 9783752141832 |
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