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Sozialismus (eBook)

Die gescheiterte Idee, die niemals stirbt
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
320 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-96092-829-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sozialismus -  Kristian Niemietz
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Es gibt wohl kaum ein schillernderes Phänomen als den Sozialismus. In den letzten 100 Jahren gab es mehr als zwei Dutzend Versuche, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, von der ehemaligen Sowjetunion über Kuba und Nordkorea bis hin zu Venezuela - alle waren früher oder später zum Scheitern verurteilt. Wie kann eine Idee, die sich so oft, in so vielen unterschiedlichen Varianten und Kontexten als unrealisierbar herausgestellt hat, nach wie vor so populär sein? Der Autor zeigt an wichtigen historischen Beispielen diese Kluft zwischen dem idealen Konzept einer besseren Gesellschaft und dem real existierenden Sozialismus auf.

Dr. Kristian Niemietz ist Leiter der Abteilung Politische Ökonomie am Londoner Institut für Economic Affairs. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität von Salamanca sowie politische Ökonomie am King's College London. Zuvor arbeitete Kristian Niemietz am Institut für Freies Unternehmertum (IUL) in Berlin und lehrte Volkswirtschaftslehre am King's College London.

Dr. Kristian Niemietz ist Leiter der Abteilung Politische Ökonomie am Londoner Institut für Economic Affairs. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität von Salamanca sowie politische Ökonomie am King's College London. Zuvor arbeitete Kristian Niemietz am Institut für Freies Unternehmertum (IUL) in Berlin und lehrte Volkswirtschaftslehre am King's College London.

VORWORT
VON RAINER ZITELMANN


Im Mai 2018 jährte sich der 200. Geburtstag von Karl Marx. In allen Medien fand ein großer Trubel um diesen Tag statt. Die FAZ brachte im Feuilleton unter der großlettrigen Überschrift »Der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt« über zwei ganze Seiten Marx-Zitate, die belegen sollten, wie inspirierend und aktuell er als Denker sei. Wichtig sei es, so hieß es in dem Artikel, dass man »Marx mit dem Kopf von heute liest und in seinem Werk weniger Begründung für ein System sucht und mehr für die Anregung für neue Gedanken«. Neue Gedanken? Ja, es ist natürlich schöner und aufbauender, sich mit über 170 Jahre alten Marx-Zitaten zu beschäftigen und sich »neue Gedanken« auszudenken als damit, was seitdem im Namen der marxistischen Ideologie angerichtet wurde, der mehr als 100 Millionen Menschen zum Opfer fielen.

Warum entfalten sozialistische Ideen wieder eine so große Attraktivität, obwohl alle sozialistischen Experimente in den vergangenen 100 Jahren gescheitert sind? Dieses Buch gibt überzeugende Antworten. Kristian Niemietz nennt über zwei Dutzend sozialistische Experimente, die alle ausnahmslos zum Fehlschlag gerieten. Man könnte sogar noch mehr aufzählen, denn auch die Experimente des sogenannten »demokratischen Sozialismus« – etwa in Schweden und Großbritannien in den 1970er-Jahren – sind gescheitert.

Doch wenn man Sozialisten mit Beispielen aus der Geschichte konfrontiert, entgegen sie stets: Diese Beispiele bewiesen gar nichts, da es sich in Wahrheit nicht um sozialistische Modelle gehandelt habe. Intellektuelle sahen jedoch genau dies in der »Blütezeit«, die die meisten sozialistischen Experimente erlebten, ganz anders, wie Niemietz an vielen Beispielen belegt. Der jüngste Fall ist Venezuela. 1970 war es noch das reichste Land Lateinamerikas und eines der 20 reichsten Länder der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf war sogar höher als das von Spanien, Griechenland oder Israel und nur 13 Prozent niedriger als das von Großbritannien. Der Abschwung des südamerikanischen Landes begann in jener Dekade. Einer der Gründe für die Probleme war die starke Abhängigkeit vom Erdöl. Es kamen weitere Ursachen hinzu, insbesondere ein außergewöhnlich überregulierter Arbeitsmarkt, der seit 1974 durch immer neue Vorschriften weiter eingeschränkt wurde. In kaum einem anderen Land Lateinamerikas (und weltweit) wurde der Arbeitsmarkt mit einem so engmaschigen Netz von Regulierungen überzogen.

Viele Menschen in Venezuela hofften, der 1999 an die Regierung gelangte charismatische Sozialist Hugo Chávez würde die Probleme des Landes – Korruption, Armut, wirtschaftlicher Niedergang – lösen. Chávez war indes nicht nur Hoffnungsträger für viele arme Menschen in Venezuela, sondern er entfesselte die Utopie-Sehnsüchte der Linken in Europa und Nordamerika mit der Parole vom »Sozialismus des 21. Jahrhunderts«.

Nachdem Ende der 1980er-Jahre der Sozialismus in der Sowjetunion und den Ostblockstaaten zusammengebrochen war und sich die Chinesen auf den Weg vom Sozialismus zum Kapitalismus begeben hatten, fehlte der Linken das Utopia, von dem sie träumen konnte. Nordkorea und Kuba als einzig verbliebene kommunistische Staaten eigneten sich dafür nicht so recht. Hugo Chávez füllte die Lücke. Der europapolitische Sprecher der Linkspartei im Deutschen Bundestag schwärmte: »Was Chávez macht, ist auch der Weg, in Deutschland die ökonomischen Probleme zu lösen«, und Sahra Wagenknecht pries ihn als »großen Präsidenten«, der mit seinem ganzen Leben für den »Kampf um Gerechtigkeit und Würde« stand. Chávez habe bewiesen, dass »ein anderes Wirtschaftsmodell möglich sei«. Heute, wo die Menschen in Venezuela hungern und die Inflation so hoch ist wie in keinem anderen Land, erklären uns die Sozialisten, Venezuela sei ja niemals ein sozialistisches Land gewesen.

Niemietz zeigt, dass sogar Massenmörder wie Josef Stalin in gleicher Weise von führenden Intellektuellen ihrer Zeit begeistert gefeiert wurden. Es handelte sich nicht um Außenseiter, sondern um renommierte Schriftsteller und Wissenschaftler. Selbst die Konzentrationslager in der Sowjetunion, die Gulags, wurden verharmlost und manchmal sogar bewundert. Ja, es gab auch kritische Stimmen unter sozialistischen Intellektuellen zur Sowjetunion. Aber bei vielen von ihnen war der Grund für ihre Distanz, dass sie als Maßstab der Beurteilung weltfremde Utopien anlegten, vor denen kein System auf der Welt Bestand gehabt hätte.

Viele westliche Intellektuelle begeisterten sich in den 1970er-Jahren für Mao Zedong und die von ihm initiierte Kulturrevolution, obwohl allein während des größten sozialistischen Experimentes – dem »Großen Sprung nach vorn« Ende der 1950er-Jahre – 45 Millionen Menschen starben. Ich war damals Teenager und teilte die Begeisterung.

Nach Maos Tod, als infolge der Reformpolitik von Deng Xiaoping Hunderte Millionen Chinesen aus bitterer Armut befreit wurden, begeisterten sich diese Intellektuellen nicht mehr für China, wie sie das zu Maos Zeiten getan hatten. Dabei zeigt gerade das Beispiel des »Reichs der Mitte«, wie segensreich der Kapitalismus ist. 1980 lebten 88 Prozent der Chinesen in extremer Armut, heute ist ihr Anteil auf unter 1 Prozent gesunken.

Im Westen herrscht ein großes Missverständnis über die Ursachen von Chinas ökonomischem Erfolg. Viele Menschen glauben, das Land habe wirtschaftlich einen genialen »Dritten Weg« zwischen Sozialismus und Kapitalismus entdeckt, und der große Einfluss des Staates sei der Grund für den Erfolg. Ich traf 2018 den renommierten chinesischen Ökonomen Zhang Weiying in Peking, der maßgeblich an den Wirtschaftsreformen beteiligt war. Er widersprach dieser Interpretation: Die Tatsache, dass der Staat heute noch eine wichtige Rolle in China spiele, komme einfach daher, weil man ursprünglich von einem Zustand einer fast 100-prozentigen Staatswirtschaft komme. Der Erfolg Chinas basiere darauf, dass die Rolle des Staates sukzessive zurückgedrängt worden sei, das Privateigentum eingeführt und dem Markt mehr Raum gegeben wurde. »Chinas wirtschaftlicher Aufstieg erfolgte nicht wegen des Staates, sondern trotz des Staates«, betonte Zhang Weiying in dem Gespräch immer wieder. Heute ist die Privatwirtschaft Hauptmotor des chinesischen Wirtschaftswachstums. Sie trägt 60 Prozent zum chinesischen BIP bei, ist für 70 Prozent der Innovation, 80 Prozent der städtischen Beschäftigung und 90 Prozent der neuen Arbeitsplätze verantwortlich. Darüber hinaus ist der private Sektor für 70 Prozent der Investitionen und 90 Prozent der Exporte verantwortlich.

Das Beispiel Chinas belegt einmal mehr, dass Marktwirtschaft und Privateigentum der sozialistischen Wirtschaftsweise überlegen sind. In seiner historischen Analyse zeigt Niemietz, dass bislang jedes sozialistische Experiment drei Phasen durchlief: In einer ersten Phase sind Intellektuelle weltweit begeistert und preisen das System in den höchsten Tönen. Auf die Phase des Enthusiasmus folgt stets eine zweite Phase der Ernüchterung: Das System und seine »Errungenschaften« werden zwar noch verteidigt, aber nicht mehr unkritisch unterstützt. Mängel werden zugegeben, aber gerne als Wirken von kapitalistischen Saboteuren, ausländischen Kräften oder als Ergebnis des Boykotts durch den US-Imperialismus dargestellt. Schließlich folgt die dritte Phase, in der bestritten wird, dass es sich überhaupt um eine Form des Sozialismus gehandelt habe. Nun heißt es, das betreffende Land – beispielsweise die Sowjetunion, China oder Venezuela – sei in Wahrheit niemals sozialistisch gewesen. Diese Argumentation, so Niemietz, wird jedoch selten in der ersten Phase nach Beginn eines neuen sozialistischen Experimentes vorgetragen, sondern wird zur herrschenden Sicht erst nach dem Scheitern des sozialistischen Experimentes.

Dem real existierenden Kapitalismus wird heute von Sozialisten in westlichen Ländern kein irgendwann in der Geschichte real existierender Sozialismus entgegengesetzt, sondern eine vage Utopie einer »gerechten« Gesellschaft.

Die Sozialisten, die sich heute kritisch zum »Stalinismus« und zu anderen Formen des historisch real existierenden Sozialismus äußern, versäumen es jedoch stets, die ökonomischen Gründe für das Scheitern dieser Systeme zu analysieren. In ihren Analysen werden fehlende demokratische Rechte und fehlende Freiheiten in diesen Systemen kritisiert, aber die Alternative, die dazu formuliert wird, ist eine vage Vision von allumfassender »Demokratisierung der Wirtschaft« oder »Arbeiterkontrolle«. Doch dies sind genau jene Postulate, unter denen auch die später gescheiterten sozialistischen Systeme in der Sowjetunion und anderen Ländern ursprünglich einmal angetreten sind.

Dieses Buch sollte eigentlich Pflichtlektüre an...

Erscheint lt. Verlag 21.2.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte China • DDR • Demokratie • Diktatur • FBV • Freiheit • Geschichte • Gesellschaft • Kambodscha • Kapitalismus • Kapitalismuskritik • Kuba • Kulturrevolution • Marx • Marxismus • niemiez • Niemitz • niemiz • nimietz • Nordkorea • Politik • politische Idee • Politisches System • real existierender Sozialismus • Regierung • Revolution • Sowjetunion • Sozialismus • Venezuela • Weltanschauung
ISBN-10 3-96092-829-7 / 3960928297
ISBN-13 978-3-96092-829-4 / 9783960928294
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