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Unser Leben. Unsere Welt. Unsere Sprachen. (E-Book) (eBook)

Quality Teaching im allgemeinbildenden Unterricht ABU an Berufsfachschulen
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
328 Seiten
hep verlag
978-3-0355-0897-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unser Leben. Unsere Welt. Unsere Sprachen. (E-Book) -  Ruth Schori,  Daniel Schmuki,  Markus Erne
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Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Allgemeinbildung kompetenzorientiert und aus Sicht der Lernenden gedacht - geht das? Ja, meint das Autorenteam und zeigt, wie allgemeinbildender Unterricht (ABU) an schweizerischen Berufsfachschulen heute tickt. Ruth Schori Bondeli, Daniel Schmuki und Markus Erne erproben zukunftsweisende Ansätze für einen wirkungsvollen und lebensbezogenen ABU für Berufslernende aller Grundbildungen. Neben (fach-)didaktischen Hintergrundinformationen legt das Buch drei Unterrichtsbeispiele mit zahlreichen Übungsaufgaben und ausgewählten Lerninstrumenten vor.

2.2 Good Teaching – Wertvorstellungen, die dem ABU zugrunde liegen


Erkenntnis-, lern- und bildungstheoretische Grundlagen des RLP ABU

Der ABU wurde stärker als andere staatliche Bildungsgefässe in den 1990er-Jahren durch eine lernpsychologische Neuorientierung in den Erziehungswissenschaften beeinflusst: Zu Beginn der 1970er-Jahre kam es in der Wissenschaftssoziologie zur sogenannten konstruktivistischen Wende, wodurch das bisherige Wissenschaftsverständnis über Bord geworfen wurde. Im vorkonstruktivistischen Verständnis sah sich die Wissenschaft weitgehend als passive Vermittlerin der Natur. Die Wissenschaft bringt die Natur wie in einem Spiegel zum Vorschein und gelangt dadurch zu objektivem Wissen – so lautete das Paradigma (Hofmann&Hirschauer 2012, 87). Mit der konstruktivistischen Wende verbreitete sich neu die Sichtweise einer subjektiven Bedingtheit des Erkennens. Soziale Herkunft, subjektive Erfahrungen, Alltagstheorien und wissenschaftliche Theorien oder generell das Vorwissen bestimmen die Wahrnehmung und die Deutung der Welt. Das Handeln der Menschen und ihre eigenen, auf dieses Handeln bezogenen Interpretationen determinieren die Konstruktionen der sozialen Wirklichkeit und damit letztlich auch die soziale Wirklichkeit selbst.

Die Bugwelle der konstruktivistischen Wende erreichte bald auch den pädagogischen Diskurs und prägte ihn in den 1980er- und 1990er-Jahren. In dieser Phase wurden auch im ABU-Kontext neuere Lerntheorien, wie diejenigen von Jean Piaget und Hans Aebli, bedeutsam. Sie bauen auf einem engen Zusammenhang zwischen Handeln und Denken auf. Gleichzeitig waren aber auch reformpädagogische Anliegen, wie sie bspw. von John Dewey oder Georg Kerschensteiner vertreten wurden, in den am ABU interessierten Kreisen salonfähig geworden und man rief sich Pestalozzis Konzept der Elementarbildung als Einheit von Kopf, Herz und Hand in Erinnerung.

Seinen Ausdruck fand all dies etwa in einer Stellungnahme des Schweizerischen Verbandes für allgemeinbildenden Unterricht (SVABU) von 1988 zu einem neuen ABU-Lehrplankonzept. Der Verband vertrat darin die Ansicht, dass Lernen vor allem durch Handeln im Unterricht geschähe. Dadurch könne einerseits das passive Aufnehmen und Wiedergeben von Lernstoffen durchbrochen, andererseits das vom Stoffdruck aufgezwungene Lerntempo sowie die Überforderung der Lernenden durch die theoretische Stoffvermittlung reduziert werden (SVABU 1988, 3, zit. nach Pflüger 1991, 101). In eine ähnliche Kerbe schlug 1990 die BIGA-Lehrplankommission, die einen Unterricht forderte, der sich thematisch an Bereichen zu orientieren habe, die für das praktische Leben der jungen Berufsleute bedeutsam seien (BIGA 1990, 3). Als didaktisches Prinzip sah die Lehrplankommission keinen Fachunterricht, sondern einen themenzentrierten Unterricht vor. Ein solcher sollte die Förderung der Handlungsfähigkeit mit Lehr- und Lernformen bewirken, das autonome Lernen unterstützen (1990, 7).

In der Folge wurde ein komplett neu ausgerichteter ABU-Rahmenlehrplan erarbeitet. Mit seinem «pädagogisch-didaktischen Konzept» (BIGA 1996, 6) des handlungsorientierten Unterrichts fusste der RLP von 1996 zum einen auf der konstruktivistischen Überzeugung, dass Lernen ein aktiver, konstruktiver und situationsgebundener Prozess sei, der es verunmögliche, Wissen von Lehrpersonen direkt auf die Lernenden zu übertragen. Zum anderen versuchte er einen «traditionellen» Unterricht zu überwinden, der offenbar – in den Augen vieler Lehrpersonen – durch das hohe Lerntempo und das oft sehr abstrakte Wissen die Transferleistungen wenig unterstützte. So würde sehr viel träges Wissen produziert, lautete der Tenor.

Inhaltlich verfolgte der RLP 96 das Ziel, dass sich die Lernenden ihre Fach-, Urteils-, Kommunikations- und Handlungskompetenzen in der Auseinandersetzung mit aktuellen Schlüsselproblemen aneignen. Dabei sollten sie die Gegenwart und Zukunft «in Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität» mitgestalten (BIGA 1996, 5).

Als geistige Paten im Hintergrund wirkten neben den oben erwähnten Pädagogen auch

Wolfgang Klafki – für die Bestimmung der allgemeinen Bildungsziele und das Prinzip der Exemplarität,

Herbert Gudjons sowie Werner Jank & Hilbert Meyer – für die Konkretisierung der Unterrichtskonzeption des handlungsorientierten Unterrichts und

Georg E. Becker – für die zentralen Aufgaben einer Lehrperson (Planung, Durchführung, Auswertung des Unterrichts) in einer handlungsorientierten Didaktik (BIGA 1996, 36, und Häberli&Tresch 2003, 1 und 10f.).

Kennzeichnende Merkmale des pädagogisch-didaktischen Konzepts der Rahmenlehrpläne 1996 und 2006

Im Rahmenlehrplan (RLP) 96 (BIGA 1996, 6) wird der handlungsorientierte Unterricht als «pädagogisch-didaktisches Prinzip» vorgegeben. Der Ausdruck Themenorientierung findet sich im RLP 96 zwar noch nicht, lässt sich aber aus der Bestimmung ableiten, dass die Schulen «auf der Grundlage der verbindlichen Lernziele des Rahmenlehrplans obligatorische Unterrichtsthemen [festlegen]» (BIGA 1996, 7; Hervorhebung durch Autoren).

Der RLP 06 ist hinsichtlich beider Prinzipien explizit (BBT 2006b, 5, Hervorhebungen im Original):

«Der Rahmenlehrplan legt fest, dass der allgemeinbildende Unterricht themen- und handlungsorientiert erfolgt. Themenorientiert heisst, dass die Inhalte des Unterrichts in Form von Themen organisiert sind und nicht einer disziplinären Fachlogik folgen. Die Themen nehmen Bezug auf die persönliche, berufliche und gesellschaftliche Realität der Lernenden. Handlungsorientiert heisst, dass die Lernenden ihre Kompetenzen durch eigenes Handeln weiterentwickeln. Die Lernenden tragen im Unterricht Verantwortung für ihr Lernen, gestalten ihren Lernprozess selbstständig und erarbeiten konkrete Produkte.»

 

Im Hinblick auf die Verbindung der Lernbereiche GES und S+K sprach bereits der RLP 96 von einer «situationsbezogenen Sprachschulung» (BIGA 1996, 10). Die sprachlichen Kompetenzen sollten also anhand konkreter Sprachhandlungen aufgebaut werden, die idealerweise aus Lebenssituationen[1] stammen. Sie sollten auch für den Aufbau von Kompetenzen verwendet werden, die dem Lernbereich GES zugerechnet werden. Deshalb galt: «Der Lernbereich ‹Sprache und Kommunikation› ist durchgehend in die neuen Aspekte des Lernbereichs ‹Gesellschaft› integriert» (1996, 15). Mit dem RLP 06 blieb der Integrationsgedanke mit der thematischen Klammer bestehen, die Gewichte haben sich jedoch zugunsten des Lernbereichs S+K verschoben (BBT 2006b, 6). Sprache soll nicht mehr länger primär als Werkzeug dem übergeordneten Lernbereich GES zudienen, sondern in Form expliziter Sprachförderung gleichwertig mithelfen, problemhaltige Lebenssituationen zu bewältigen.

2.2.1 Handlungsorientierter Unterricht


Prinzip des handlungsorientierten Unterrichts

Gemäss Gudjons (1997a, 8) ist der handlungsorientierte Unterricht ein Unterrichtskonzept, das den Lernenden einen handelnden Umgang mit Lerngegenständen ermöglichen soll – und zwar mit dem Ziel, für die Lernenden «Erfahrungs- und Handlungsräume zu schaffen und dadurch die Trennung von Schule und Leben ein Stück weit aufzuheben.» Nach Jank&Meyer (2011, 315) wiederum ist handlungsorientierter Unterricht «ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Gestaltung des Unterrichtsprozesses leiten, sodass Kopf- und Handarbeit der SchülerInnen in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können.»

Folgende Merkmale zeichnen den handlungsorientierten Unterricht in den Augen von Gudjons (1997b, 115ff.) und Jank&Meyer (2011, 316ff.) aus:

Lebensbezug (Gudjons): Bezugspunkt des Lernens ist die Lebenswelt der Lernenden und damit auch andere Lernorte als die Schule. Aufgrund dieses lebensweltlichen Bezugspunkts ist der handlungsorientierte Unterricht fächerübergreifend angelegt.

Interessenorientierung (Jank&Meyer) und geteilte Verantwortung: Interessen der Lernenden bilden den Ausgangspunkt der Unterrichtsarbeit und die Unterrichtsthemen bieten ihrerseits die Gelegenheit, sich der eigenen Interessen überhaupt bewusst zu werden. Ziele werden gemeinsam vereinbart, Abläufe gemeinsam organisiert.

Selbstverantwortung und methodische Kompetenz der Lernenden (Gudjons) resp. Selbsttätigkeit und Führung (Jank&Meyer): Das Interesse, die Motivation entsteht regelmässig durch «eine Dissonanz, d.h. eine echte Fragestellung, ein Auseinanderklaffen von aktueller und gewünschter Kompetenz» (Gudjons 1997a, 9). Der Wunsch diese Dissonanz zu beheben, ein Problem zu lösen, setzt Lernprozesse in Gang und ist Voraussetzung für die Übernahme von Verantwortung für das eigene Lernen (1997a, 9). Dazu dient eine gezielte Selbsttätigkeit der Lernenden (erkunden, erproben, entdecken, erörtern, planen, verwerfen) in dem Sinne, dass sie auf die Selbstständigkeit und Mündigkeit der Lernenden...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2017
Verlagsort Bern
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
Schlagworte ABU • ABU Unterricht • allgemeinbildenden Unterricht • Allgemeinbildung • Quality teaching
ISBN-10 3-0355-0897-6 / 3035508976
ISBN-13 978-3-0355-0897-0 / 9783035508970
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