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Seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelte sich in den kapitalistischen Industrieländern die Neue Frauenbewegung. Diese war seit Beginn überproportional in akademischen Milieus verankert. Hier hat sie auch ihre größten Erfolge zu verzeichnen, welche - obgleich zäh erkämpft - zugleich relativ und politisch nicht unwiderruflich sind. So gibt es etwa heute in Deutschland und Österreich die am besten ausgebildete Frauengeneration in der Geschichte beider Länder, Frauen haben im Durchschnitt die besseren Schulabschlüsse und nehmen mittlerweile in größerer Zahl als Männer ein Studium auf. Dennoch bleibt die Wissenschaft eine Männerdomäne, auch oder gerade was personale Förderpraktiken und Entscheidungsstrukturen betrifft. So sind in Deutschland erst knapp über 18 Prozent aller Professuren von Frauen besetzt.

Erfolge kamen häufig erst spät. Nachdem die Demokratisierung der Hochschulen längst politisch abgewürgt und ihre Finanzierung eingefroren war, entstanden in den 1980er Jahren hochschulrechtliche Gleichstellungsvorschriften und institutionelle Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte mit eigenen Ressourcen. Zeitgleich etablierten sich in einzelnen Bereichen der Hochschulen feministische Forschungsthemen. Das Thema ›Gleichstellung‹ wurde zumindest in der offiziellen Politik anerkannt. Was freilich mit Versuchen politischer Entschärfung verbunden war. Aus Frauenpolitik wurde Geschlechterpolitik und schließlich kamen Gender Mainstreaming und Diversity-Konzepte hinzu. Mit diesen Umbenennungen "ging die Frage nach Herrschaft verloren." (Frigga Haug) Neuerdings taucht Gleichstellung sogar als obligatorisches Erfolgskriterium in wettbewerbs- und elitepolitisch ausgerichteten Hochschulsonderprogrammen wie der deutschen ›Exzellenzinitiative‹ auf. Mit der berechtigten Kritik an solchen politischen Eingemeindungen ist freilich die Frage nicht beantwortet, inwieweit sich auf derartigen politischen Klaviaturen möglicherweise ›gegen den Strich‹ spielen lässt, um gegenhegemoniale Denk- und Praxisansätze zu fördern.

Es gibt also einen erheblichen Diskussionsbedarf. Mit dem vorliegenden Studienheft wollen die HerausgeberInnen versuchen, die verschiedenen politischen und akademischen Handlungsansätze des Gleichstellungsthemas in eine gemeinsame Perspektive zu rücken und zwischen ihnen eine Diskussion zu ermöglichen.

Torsten Bultmann (BdWi)
Janine Wulz (ÖH)
Erik Marquardt, Salome Adam (fzs)
Andreas Keller, Anne Jenter (GEW)
Cindy Salzwedel, Mike Niederstraßer (StuRa FSU Jena)

Redaktion: Vorwort

Theorie und Geschichte

Jana Schultheiss: Warum überhaupt Gleichstellung?.und welcher Feminismus?

Gisela Notz: "Mit scharrenden Füßen und Pfiffen begrüßt" 100 Jahre Frauenstudium in Deutschland

Ursula Kneer: Die neue Logik des Reformierens. Institutionalisierung von Frauenförderpolitik in den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland

Ingrid Miethe: Frauen im Bildungssystem der DDR. Ansprüche und Wirklichkeit

Heike Raab: Queer Theory und Intersektionalitätsforschung. Zur Aktualität einer Debatte

Rollenzuschreibungen durch Bildung

Inka Greusing: Ingenieurwissenschaften. Inkorporiertes Differenzwissen und Gleichheitsnorm

Thomas Viola Rieske: Jungenbenachteiligung an Schulen? Neues Ungleichheitsphänomen oder oberflächliche Diagnose?

Rahmenbedingungen und Instrumente

Ruth Becker: Geschlechtergerechtigkeit an Hochschulen. Manches ist erreicht, vieles ist noch zu tun

Jennifer Jäckel: Die Leaky Pipeline neu denken. Intersektionale Perspektiven auf Ausschlussmechanismen an Hochschulen

Klemens Himpele / Anne Knauf: Gender-Aspekte beim Übergang vom Bachelor zum Master

Romy Hilbrich: Lehre, Forschung und Geschlecht im Spannungsfeld von Differenz und Hierarchie

Katharina Mader: Gleichstellungsinstrumente. Der Einsatz von Gender Mainstreaming, Gender Budgeting und Diversity Management an österreichischen Universitäten

Sahra Damus: Mehr Gleichstellung durch mehr Wettbewerb? Effekte neuer Hochschulsteuerungsmodelle

Inhalte von Wissenschaft und Forschung

Heike Kahlert: Hat Wissenschaft ein Geschlecht? Androzentrismus und Androzentrismuskritik

Stefanie Wöhl: Die Kategorie "Geschlecht" in der politikwissenschaftlichen Staatsforschung

Alexandra Weiss: Disziplinierter Feminismus? Feministische Forschung zwischen Institutionalisierung, Transformation und Anpassung

Melanie Fröhlich / Florian Kaiser: Studierendenschaften in Europa. Ein Ort der Gleichberechtigung?

Judith Goetz: ›Good will‹, Kavaliersdelikte und zahnlose Maßnahmen. Hindernisse der Gleichstellung an österreichischen Hochschulen

Mitarbeit Anpassung von: Torsten Bultmann, Dominik Düber, Klemens Himpele, Anne Knauf, Gisela Notz, Jana Schultheiss
Zusammenstellung: Vera Klier, Werner Zentner
Vorwort Salome Adam, Torsten Bultmann, Anne Jenter, Andreas Keller, Erik Marquardt, Mike Niederstraßer, Cindy Salzwedel, Janine Wulz, Torsten Bultmann, Dominik Düber, Frauke Gützkow, Klemens Himpele, Anne Knauf, Katharina Mader, Gisela Notz, Jana Schultheiss
Verlagsort Marburg
Sprache deutsch
Maße 210 x 297 mm
Gewicht 168 g
Einbandart geheftet
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Erwachsenenbildung
Sozialwissenschaften Soziologie
Schlagworte Feminismus • Frauen • Gender • Sozialwissenschaft • Wissenschaft
ISBN-10 3-939864-14-5 / 3939864145
ISBN-13 978-3-939864-14-1 / 9783939864141
Zustand Neuware
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