Mädchen und Gewalt (eBook)
320 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-91853-2 (ISBN)
Die Autorin erläutert die unterschiedlichen Motive und subjektiven Gewinne von physischer Gewalt für weibliche Jugendliche und verdeutlicht deren Sinnhaftigkeit im Rahmen familiär gelernter Interaktionslogiken.
Rahel Heeg ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz.
Rahel Heeg ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz.
Inhaltsverzeichnis 5
Dank 8
Einleitung 9
1 Theoretische Überlegungen zu Geschlecht und Gewalt 11
1.1 Theoretische Perspektiven auf Geschlecht 11
1.2 Theoretische Annäherung an Gewalt 14
1.3 Gewaltdefinitionen 16
2 Mädchen und Gewalt: empirische Ergebnisse 20
2.1 Wie viele Mädchen schlagen zu? Oder: Statistiken und ihre Grenzen 20
2.2 Zahlen zu Mädchengewalt in der Schweiz und Deutschland 23
2.3 Jugendgewalt gleich Jungengewalt 26
2.4 Lebenswelten gewalttätiger weiblicher Jugendlicher 31
2.4.1 Zur Perspektive Gesellschaft 33
2.4.2 Zur Perspektive Sozialisationsfaktoren: Beziehungen in Familie und Peergroup und deren wechselseitige Einflüsse aufeinander 40
2.4.3 Zur Perspektive Persönlichkeit 49
2.5 Kumulation von Risikofaktoren 51
3 Methodologische Grundlagen 54
3.1 Erkenntnistheoretische Positionen qualitativer Forschung 55
3.2 Grundprinzipien qualitativer Forschung 56
3.2.1 Offenheit 56
3.2.2 Kommunikation 57
3.2.3 Prozesshaftigkeit 60
4 Durchführung der Studie 61
4.1 Einbettung der Studie 61
4.2 Fragestellung 62
4.3 Methodische Überlegungen zur Zusammensetzung einer Stichprobe 63
4.4 Stichprobenzusammensetzung in der Studie 65
4.5 Aufbau und Themen des Interviews 67
4.6 Transkriptionsregeln und Zitationsweise 70
4.7 Zur Auswertung nach der Grounded Theory Methode ( GTM) 71
4.7.1 Zentrale Elemente der Grounded Theory Methode 72
4.7.2 Zum Umgang mit Vorwissen und Literatur 74
4.7.3 Zum Analyseprozess 75
4.7.4 Kritikpunkte an der GTM und methodische Weiterentwicklungen 77
4.8 Gütekriterien für GTM-Studien 79
5 Empirischer Teil: Einstieg 81
5.1 Ausgangspunkt meiner Reise 82
5.2 Mein Umgang mit der Systemebene 86
6 Dimension Selbstwahrnehmung in der Gewaltinteraktion 90
6.1 Bedeutung von Gewalt für eine positive Selbstwahrnehmung: Lakisha und Ariana 93
6.1.1 Lakisha 94
6.1.2 Ariana 101
6.1.3 Gewaltphänomene und Interaktion mit Gleichaltrigen im Lichte familiärer Sozialisation 113
6.1.4 Gewalt als Mittel zur positiven Selbstwahrnehmung als familiär erlerntes Verhaltensmuster: Zwischenfazit und Verknüpfung mit theoretischen Ansätzen 125
6.2 Gewalt als Quelle ambivalenter Selbstwahrnehmung: Lara, Carole, Saliha, Arzu 135
6.2.1 Lara 135
6.2.2 Carole 143
6.2.3 Saliha 145
6.2.4 Arzu 152
6.3 Kürzestzusammenfassung: ambivalente Selbstwahrnehmung durch Gewalt 162
6.4 Selbstwahrnehmung als Opfer 162
6.5 Gewalt als Quelle negativer Selbstwahrnehmung durch Verlust der Selbstkontrolle 167
6.6 Zusammenfassung: beeinflussende Faktoren auf Selbstwahrnehmung im Gewalthandeln 171
7 Dimension Gruppe 176
7.1 Zugehörigkeit schaffen durch Abgrenzung 179
7.2 Gewaltausübung als Mittel, eine einflussreiche Position in der Gruppe zu erlangen 189
7.3 Verwebung der Dimensionen Gruppe und Selbstwahrnehmung 195
7.4 Zusammenfassung 206
8 Dimension familiäre Desintegration 208
8.1 Joanna 212
8.2 Melanie 218
8.3 Einblick in weitere Fallbeispiele familiärer Desintegration 223
8.4 Zusammenfassung und theoretische Einordnung familiärer Desintegration 233
8.5 ‚Lightversion’ familiärer Desintegration 240
8.5.1 Alissa 241
8.5.2 Latoya 252
8.5.3 Natascha 265
8.6 Charakterisierung der ‚Lightversion’ und Abgrenzung zu familiäre Desintegration 271
9 Zusammenfassung 274
9.1 Überblick über verschiedene Ebenen von Gewalt und theoretische Erörterungen 276
9.2 Gewalt bei Mädchen, welche in ihre Familien integriert sind 285
9.3 Gewalt durch familiär desintegrierte Mädchen 289
9.4 Gewaltausübung weiblicher Jugendlicher im gesellschaftlichen Kontext 294
9.5 Schlussfolgerungen für pädagogische und therapeutische Arbeit 299
9.5.1 Pädagogisch/therapeutisches Handeln im Kontext Gesellschaft 302
9.5.2 Pädagogisch/therapeutisches Handeln im Kontext Familie 304
9.5.3 Pädagogisch/therapeutisches Handeln im Kontext Identitätsarbeit 306
9.5.4 Pädagogisch/therapeutisches Handeln im Kontext Gruppe 308
Literaturverzeichnis 309
1 Theoretische Überlegungen zu Geschlecht und Gewalt (S. 11)
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den grundlagentheoretischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit. Kapitel 1.1 fragt nach der Bedeutung des sozialen Geschlechts für die vorliegende Arbeit. Im Kapitel 1.2 beleuchte ich das Thema Gewalt unter verschiedenen theoretischen Aspekten. In Kapitel 1.3 stelle ich verschiedene Gewaltdefinitionen vor und leite daraus ab, in welcher Form ich selber den Gewaltbegriff nutze.
1.1 Theoretische Perspektiven auf Geschlecht
Die vorliegende Studie thematisiert Mädchen als Untersuchungsgruppe. Implizit ist damit unterstellt, dass es sinnvoll ist, auf die Kategorie Geschlecht Bezug zu nehmen. Im Folgenden möchte ich diese Selbstverständlichkeit problematisieren. Die überwiegende Mehrzahl aller Menschen weltweit sind biologisch eindeutig in eine der zwei Geschlechterkategorien Mann und Frau einteilbar und haben eine diesem biologischen Geschlecht entsprechende Geschlechtsidentität.
Die inhaltliche Ausformung der zwei Kategorien Mann und Frau unterscheidet sich jedoch von Kultur zu Kultur, insbesondere in ihren Rollenzuschreibungen in Bezug auf Gewalt (Mead 1983, 1961). Der soziale Unterschied zwischen den Geschlechtern ist immer grösser als der biologische (Kersten 1997b: 106).
Der soziale Unterschied in Bezug auf Geschlecht ist augenfällig: Physische Gewaltausübung gilt gesellschaftlich als Ausweis von Männlichkeit (Kersten 1997a, 1999). Das vorherrschende Weiblichkeitsbild in unserer Kultur definiert Frauen als nett, nicht aggressiv, empathisch, um andere bemüht und auf andere bezogen. Frauen, welche nicht aus Verzweiflung und zur Verteidigung Gewalt anwenden, verstoßen nicht nur gegen die Rechts- sondern auch gegen die Geschlechterordnung (Meuser 2003: 49).
Aggressive Mädchen im Alter von 1 bis 2 Jahren werden dementsprechend ignoriert, aggressive Jungen im gleichen Alter bekommen Aufmerksamkeit durch Erzieherinnen und Erzieher (Campbell 1995: 60). Mädchen lernen deshalb, Gewalterfahrungen passiv auszuhalten und eigene aggressive Empfindungen zu unterdrücken (Chodorow 1985, Hagemann-White 1984).
Junge, statusniedere Männer markieren durch Risikobereitschaft, eine aggressive Grundhaltung und die Zurschaustellung von Luxusgütern, dass sie den Nachwuchs, den sie potentiell zu zeugen fähig sind, beschützen und versorgen können (Kersten 1997b: 107). Auch wenn solche risikobehafteten und gewaltförmigen Entwürfe von Männlichkeit offiziell geächtet sind, sind sie doch im Prinzip legitimations- und konsensfähig (Kersten 1997b: 110).
Eine gewaltorientierte Konstruktion von Weiblichkeit wird hingegen sanktioniert, da sie nicht dem kulturell verbindlichen Gegenstück zur hegemonialen Männlichkeit, der betonten Weiblichkeit, entspricht (Kersten 1997b). Trotzdem oder gerade deswegen ist die öffentliche Form des ‚bösen Mädchens’ eine Ressource, sie bietet die Möglichkeit, Status und Identität zu erhalten (Laidler & Hunt 2001).
So scheint es folgerichtig, das soziale Geschlecht als bestimmende Erklärungsdimension anzusehen. Zweierlei muss allerdings beachtet werden: Erstens besteht die Gefahr, Unterschiede innerhalb einer Kategorie zu nivellieren und Unterschiede zwischen den Kategorien zu betonen. Beispielsweise machen Schriften, welche die Benachteiligung von Frauen sichtbar machen wollen, generelle Aussagen wie „Frauen sind…“ oder „Mädchen lernen…“.
Damit werden Frauen genau jene stereotypen Eigenschaften zugeschrieben, deren Entstehung erklärt werden sollte (Hagemann-White 2004: 149). Durch die Darstellung von Geschlechtsunterschieden werden diese neu hergestellt und betont. Zum Zweiten besteht die Gefahr, die Geschlechtszugehörigkeit zur ungeprüften Hauptkategorie zu nehmen.
Das Handeln und Sein von Frauen und Männern scheint sich durch ihr Frau-Sein und Mann-Sein selbsttätig zu erklären. Ist aber (das biologische oder soziale) Geschlecht die entscheidende Kategorie? Nach Meinung einer wachsenden Zahl von Forschenden genügt der Genderaspekt bei weitem nicht, um die Lebenssituation von Menschen zu verstehen und deren Handlungen nachzuvollziehen. Die Lebenslage und daraus hervorgehend die Handlungen von Menschen lassen sich nicht auf ihr Geschlecht reduzieren.
| Erscheint lt. Verlag | 13.10.2009 |
|---|---|
| Zusatzinfo | 320 S. 9 Abb. |
| Verlagsort | Wiesbaden |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
| Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Spezielle Soziologien | |
| Schlagworte | Aggression • Emotionen • Geschlecht • Geschlechtersozialisation • Gewalt • Gewaltinteraktion • Selbstwahrnehmung • Umwelt |
| ISBN-10 | 3-531-91853-2 / 3531918532 |
| ISBN-13 | 978-3-531-91853-2 / 9783531918532 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seitenlayout eignet sich die PDF besonders für Fachbücher mit Spalten, Tabellen und Abbildungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten angezeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smartphone, eReader) nur eingeschränkt geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich