Ein afrikanisches Lesebuch (eBook)
320 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-37320-4 (ISBN)
Jahrgang 1948, verheiratet, von 1998 bis 2001 Aufenthalt in Namibia, lebt jetzt in Schlangenbad. Studium der deutschen Sprache und Literatur, Politologie und Soziologie an der Johann Wolfgang Goethe - Universität in Frankfurt am Main. 1982 Promotion zum Doktor der Philosophie. Lehrtätigkeit am Gymnasium in Frankfurt am Main. Wenn man einmal Lehrer war, dann kann man es mit der Literatur einfach nicht lassen. Und da man nicht mehr Rechtschreibung, Grammatik und Interpretation mit den Schülern üben muss, so verlegt man sich auf die Dinge, die am meisten Spaß machen, nämlich das Geschichtenerzählen. Zumal wenn man eine gewissen Zeit seines Lebens in Afrika verbracht hat, dann hat man so viel gesehen und erlebt, dass die Fantasie noch lange Purzelbäume schlägt. Außerdem ist das Palavern, also das lange Erzählen, dort Teil der Lebenskultur. Wenn man sich nicht die Zeit nimmt, ein wenig zu plaudern, dann kommt man nicht weit, weil jeder einen für langweilig und unhöflich hält. Johannes O. Jakobi hat bereits einige Bücher geschrieben: Der lange Tod der Hibiskusblüte Im Haus der Nachtkatze Moderation Mord (2011) Colour Undetermined- Farbe unbestimmt (2011) Stories for Africa (2012) Der E-Eater (2012) Spiel mit mir "Ich töte dich"! (2012) Die schönen Töchter der MORBID INVEST (2013) Fräulein M. Ord (2013) Kampfhähne in der 8b (2013) Als das Gras zu rosten begann (2014) G'EATA (2015) Geliebte Mumie (2015) Rheingauer Märchenstunden (2016) Rheingauer Märchenschätze (2019) Rheingauer Märchensterne (2021)
Jahrgang 1948, verheiratet, von 1998 bis 2001 Aufenthalt in Namibia, lebt jetzt in Schlangenbad. Studium der deutschen Sprache und Literatur, Politologie und Soziologie an der Johann Wolfgang Goethe - Universität in Frankfurt am Main. 1982 Promotion zum Doktor der Philosophie. Lehrtätigkeit am Gymnasium in Frankfurt am Main. Wenn man einmal Lehrer war, dann kann man es mit der Literatur einfach nicht lassen. Und da man nicht mehr Rechtschreibung, Grammatik und Interpretation mit den Schülern üben muss, so verlegt man sich auf die Dinge, die am meisten Spaß machen, nämlich das Geschichtenerzählen. Zumal wenn man eine gewissen Zeit seines Lebens in Afrika verbracht hat, dann hat man so viel gesehen und erlebt, dass die Fantasie noch lange Purzelbäume schlägt. Außerdem ist das Palavern, also das lange Erzählen, dort Teil der Lebenskultur. Wenn man sich nicht die Zeit nimmt, ein wenig zu plaudern, dann kommt man nicht weit, weil jeder einen für langweilig und unhöflich hält. Johannes O. Jakobi hat bereits einige Bücher geschrieben: Der lange Tod der Hibiskusblüte Im Haus der Nachtkatze Moderation Mord (2011) Colour Undetermined- Farbe unbestimmt (2011) Stories for Africa (2012) Der E-Eater (2012) Spiel mit mir "Ich töte dich"! (2012) Die schönen Töchter der MORBID INVEST (2013) Fräulein M. Ord (2013) Kampfhähne in der 8b (2013) Als das Gras zu rosten begann (2014) G'EATA (2015) Geliebte Mumie (2015) Rheingauer Märchenstunden (2016) Rheingauer Märchenschätze (2019) Rheingauer Märchensterne (2021)
WENN DER FAHLE MOND STEIGT
Heute war bereits der zweite Tag, an dem es in Strömen regnete. Die langen Monate der Trockenheit und Dürre schienen wie weggewischt. Oktoberregen in dieser Menge war so selten wie eine kostbare Frucht, und genau so wurde er dankbar und mit großer Freude empfangen.
Auch das Leben auf der Farm hatte sich verändert, neu ergrünt und frisch gewaschen. So sehnsüchtig der Regen jedoch erwartet worden war, so viel gab es jetzt zusätzlich zu tun. Schnell musste gehandelt werden, denn mit dem Regen kam auch sofort ein scharfer Kälteeinbruch. Wer da nicht rechtzeitig das empfindliche Vieh, und besonders die Jungtiere, in die wärmende Sicherheit des Stalles brachte, dem drohte ernsthafter Schaden durch erfrierende Tiere. Zudem musste darauf geachtet werden, dass Beester nicht ertranken, denn die Wassermassen wälzten sich in großer Geschwindigkeit durch die trockenen Riviere, dabei alles weg- und mitreißend, was nicht genügend gesichert war.
Schwerstarbeit hatte der Farmer verrichten müssen, sich keine Pause gönnen dürfen, war selbst mitunter in Gefahr, weggeschwemmt zu werden, wenn er versucht hatte, die Rinder vom reißenden Fluss wegzuhalten und in sicher gelegene Abzäunungen zu treiben. Zwar witterte das Vieh sehr wohl die Gefahr, aber der Geruch des frischen, fallenden Wassers war zu verlockend.
Lange schon war die Dunkelheit hereingebrochen, und die Nacht war rabenschwarz mit Strömen von Regen im wolkenverhangenen Himmel. Aber nun hatte er endlich alles geschafft, und so müde er auch war, so glücklich fühlte er sich. Drinnen im Haus hatte der Farmer seine Petroleumlampe angezündet, sich ein karges Abendbrot bereitet und es mit einem wahren Wolfshunger heruntergeschlungen. Satt und zufrieden zündete er sich die erste Zigarette des Tages an, denn zum Rauchen hatte heute die Zeit einfach nicht gereicht. Und danach würde er sofort schlafen gehen, denn er würde noch früher als sonst aus den Federn müssen, um das Kleinvieh in den Ställen zu versorgen, nach den Kälbern zu sehen, die Milchkühe zu melken und sich zu vergewissern, dass die Rinder draußen auf dem Farmland sich nicht aus Dummheit in Schwierigkeiten gebracht hatten. Die überschüssige Milch, die die Kälber nicht brauchten, würde er erst nach dem Regen verbuttern können.
Während er noch so saß und rauchte, vermeinte er, eine Art Klopfen an der Tür vernommen zu haben. Erst glaubte er an eine Sinnestäuschung. Vielleicht war es auch nur der ewig wehende, jetzt heftig peitschende Wind, der am Schloss gerüttelt hatte, oder das Strömen des Regens, der auf das Dach des Hauses trommelte und schlug. Aber das Geräusch an der Tür wiederholte sich, doch war es weniger ein Klopfen, vielmehr schien es, als zögen scharfe Nägelkrallen über das nasse Holz. Seltsamerweise hatte keiner seiner Hunde angeschlagen, was äußerst ungewöhnlich war, denn allesamt waren es wilde Burschen, die eher Händel suchten, als einem guten Kampf auszuweichen. Sicher hatten sie sich vor den fallenden Wassermassen irgendwohin verkrochen. Vorsichtshalber machte er sein Gewehr schussbereit, denn hier draußen war das Leben nicht ungefährlich, und speziell des Nachts konnte man nie sicher sein, ob sich nicht vier- oder gar zweibeiniges Raubgesindel herumtrieb. Nur der Schnellere, Klügere, Kaltblütigere hatte in diesem harten Land eine Überlebenschance.
Als sich an der Tür erneut dieses krallenartige Klopfgeräusch vernehmen ließ, schob er ganz behutsam mit dem Lauf des Gewehrs den schweren Eisenriegel beiseite, tat sogleich einen langen Schritt zurück, bereit zu schießen, auf wen oder was auch immer, das sich dort draußen bemerkbar gemacht hatte.
Langsam öffnete sich die Tür, als wisse derjenige, der draußen wartete, dass ein zu schnelles Eindringen tödlich enden konnte. Als endlich die Tür weit genug geöffnet war, sah er gegen die dunkle Nässe nur einen sich schwach abhebenden roten Fleck, der zögerte, ob er auch hereinkommen dürfe. Der Farmer trat einen weiteren Schritt zurück, bevor er kurz nickte. Als der Fleck in den Lichtkegel der Petroleumlampe kam und sich erhellte, überraschte es ihn doch, dass es sich um eine Frau handelte. Sie war völlig durchnässt und fror ganz offensichtlich und sie war schwarz. Deshalb hatte er sie gegen die Dunkelheit der Nacht nicht erkennen können.
Sie war jung, jedenfalls wesentlich jünger als er, vielleicht Anfang zwanzig, mit ebenmäßigen Gesichtszügen, ihre Haut glatt und schimmernd von Nässe wie fein bearbeitetes Holz. Der rote Fleck entpuppte sich als ein mehrfach um ihren Körper gewundenes Tuch aus dunkelrotem, jetzt fast schwärzlichem Stoff. Ihre Handflächen wiesen nach oben als Zeichen, dass sie nichts Böses im Sinn hatte und vor allem keine Waffen trug.
Schweigend ging er um sie herum, spähte kurz hinaus, ohne dass sich einer seiner Hunde zeigte. Dann schloss er die Tür, umrundete sie von der anderen Seite, dabei Abstand haltend und das Gewehr noch immer im Anschlag an seiner Hüfte. Er deutete auf einen Stuhl, der am besten von der Lampe ausgeleuchtet war, und sie setzte sich stumm wie auf einen Befehl.
Er stand nur so da, sein Gewehr in der Hand und wusste nicht, was er tun sollte. So blieb er einfach stehen, ohne reden zu wollen, ohne reden zu können, und starrte sie an. Ihr Blick traf den seinigen, und er las daraus den Wunsch, die Bitte, hierbleiben zu dürfen. Etwas in ihm sträubte sich dagegen, er brach den Blickkontakt ab, aber bei diesem Wetter konnte er sie nicht wieder fortschicken, sie würde in der Kälte sterben wie ein unachtsames Kalb. Außerdem war er einfach zu müde, sie noch irgendwohin zu fahren. Und wohin denn auch? Aber wo sollte sie schlafen? Sein Haus reichte gerade für ihn, außerdem war da nur seine eigene Schlafkammer. Also wo? Als er wieder zu ihr hinblickte, war sie im Stuhl zusammengesunken vor Erschöpfung und Kälte. Ja, Kälte. Sie musste doch frieren in ihrem tropfnassen Wickeltuch; sie brauchte dringend Wärme. Und erst jetzt bemerkte er, dass er noch immer sein Gewehr auf sie gerichtet hielt. Halb ärgerlich auf sich selbst, stellte er es weg und bedeutete ihr, die nassen Sachen auszuziehen.
Sie stand auf und wickelte sich aus ihrem Tuch, ohne falsche Scham und ohne aufdringliche Koketterie: Sie war nackt! Erst später wusste er, dass sie niemals etwas unter ihrem Tuch trug. Schweigend und sehr ernsthaft sah sie ihn an. Erst später wusste er, dass sie niemals sprach. Ohne jedes Wort trat sie zu ihm, legte ihre Arme um ihn und löschte die Petroleumlampe. Erst später, viel zu spät, wusste er mit aller Gewissheit, dass sie nur für ihn gekommen war.
Mitten in der Nacht erwachte er. Die düsteren Regenwolken waren vom Wind aufgerissen worden. Es hatte zu regnen aufgehört, und der Himmel klarte auf. Wie eine schmale silberne Sichel stand der Mond und schickte sein schwaches Licht durch das Fenster in die Schlafkammer.
Seinen Oberkörper auf den Arm gestützt und halb aufgerichtet, betrachtete er sie, wie sie neben ihm lag, genau so, wie sie in vielen zukünftigen Nächten neben ihm liegen würde: auf dem Bauch mit angewinkelten Schenkeln in der unschuldigen Haltung eines Kindes, ihre kleinen Fäuste fest unter ihr Kinn gepresst, als wollte sie etwas greifen und nie wieder loslassen. Als das spärliche Licht des Mondes über ihren nackten Rücken wanderte, vermeinte er, eine ganze Reihe fahler, gelblicher Flecke auf der Ebenholzschwärze zu erkennen. Er war sich aber keineswegs sicher und hielt es für ein Gaukelspiel von Licht und Schatten. Sanft strich er mit seinen harten, derben Händen über ihre warme Glätte. Ganz behutsam fuhr er mit seinen Fingerspitzen über diese Farbspielflecke, spürte eine etwas andere Wärme, vor der seine Fingerspitzen unmerklich zurückzuckten. Sie stöhnte im Schlaf, erbebte leicht unter der Kühle seiner Fingerkuppen, schwebte aus dem Tiefschlaf in eine Art Halbschlaf empor, drehte leicht ihren Körper zu ihm hin, öffnete die kleinen, geballten Schlafhände und ließ ihre ungewöhnlich sehnigen Finger einzeln hervortreten wie eine Katze, die vor Wonne ihre Krallen spreizt.
Mit ihrer Ankunft veränderte sich das Leben auf der Farm und für den Farmer. Überall war ihre unaufdringliche Fraulichkeit zu spüren, und sie war sich nicht zu schade, noch früher als er aufzustehen und ihm das Frühstück zu bereiten. In allem, was sie tat, strahlte sie eine ganz eigentümliche Dynamik aus, allein mit Tieren konnte sie nicht umgehen, und sie machte auch keinen Versuch, sich ihnen zu nähern. Die wilden, raubeinigen Hunde hielten einen scheuen Abstand zu ihr, was ihr nur recht zu sein schien. In den folgenden Nächten lernte er sie immer besser kennen, wenngleich mit zunehmendem Mond eine ihm unerklärliche Unruhe in ihr erwachte. In der Nacht, bevor der Mond seine volle Rundung zeigte, war sie verschwunden.
Erst nach Tagen war sie wieder da, völlig...
| Erscheint lt. Verlag | 10.8.2021 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur |
| Sonstiges ► Geschenkbücher | |
| Schlagworte | Abenteuer • Afrika • Anthologie • Apartheid • Ethnien • Lesebuch • Liebesgeschichten • mehrsprachige Texte • Namibia • Reiselektüre • Südafrika |
| ISBN-10 | 3-347-37320-0 / 3347373200 |
| ISBN-13 | 978-3-347-37320-4 / 9783347373204 |
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