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Der Sommer der Pinguine (eBook)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
144 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-75829-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Sommer der Pinguine -  Thomas Montasser
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Eine kleine Buchhandlung im Londoner Stadtteil Mayfair. Mrs. Annetta Robington hat sich in einem faszinierenden Buch über Pinguine festgelesen und darüber die Zeit vergessen. Beim Verlassen des Ladens macht sie plötzlich eine unglaubliche Entdeckung: Der Buchhändler ist ein Pinguin! Der alte Herr dementiert, gibt dann aber doch zu: Ja, er ist ein Pinguin - einer von vielen, die meist unerkannt unter den Menschen leben.
Ein Cellist mit buschigen Augenbrauen, ein Portier in vollendeter Haltung, ein Opernbesucher im Frack ... Nun sieht Mrs. Robington allerorten Pinguine.
Als das Geheimnis der liebenswerten Species aufzufliegen droht, ist Mrs. Robingtons große Stunde gekommen. Mit einem raffinierten Plan setzt sie alles daran, die Vögel zu retten ...

Eine herzerwärmende Geschichte mit zauberhaften Illustrationen von Isabel Pin in Geschenkbuchausstattung.



<p>Thomas Montasser<strong> </strong>arbeitete als Journalist und Universitätsdozent und war Leiter einer kleinen Theatertruppe. Er ist Vater von drei Kindern und lebt mit seiner Familie in München. Er liebt Swing, alte Bücher und Frühstück im Freien. Es gibt für ihn nichts Erholsameres, als ein gutes Buch zu lesen (außer natürlich: eines zu schreiben).</p>

Thomas Montasser arbeitete als Journalist und Universitätsdozent und war Leiter einer kleinen Theatertruppe. Er ist Vater von drei Kindern und lebt mit seiner Familie in München. Er liebt Swing, alte Bücher und Frühstück im Freien. Es gibt für ihn nichts Erholsameres, als ein gutes Buch zu lesen (außer natürlich: eines zu schreiben). Isabel Pin, geboren 1975 in Versailles, ist Kinderbuchillustratorin und -autorin. Ihr Werk wurde im In- und Ausland vielfach ausgestellt und ausgezeichnet, sie war als Dozentin für Illustration an verschiedenen Hochschulen tätig, und ihre Bücher sind in über zwanzig Ländern erschienen. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in Berlin.

2.


Antike Landkarten laden dazu ein, die Welt mit den Augen unserer Vorfahren zu sehen. Länder, Städte und Flüsse, Meere lernen wir unter fremdartig klingenden Namen kennen, Mittelpunkte, Achsen und Dimensionen erscheinen in ganz anderem Licht. Jerusalem ist vielfach der Nabel der Welt, Indien und die britischen Inseln gleichen sich in ihrer Größe und Brasilien hat die Form eines spanischen Fächers oder wahlweise die einer prallen Papaya. Stundenlang konnte Mrs. Annetta Robington sich in der Betrachtung solcher historischer Aufzeichnungen verlieren. Während ihre übrigens sehr zarten Fingerspitzen sacht über die faksimilierten Holzschnitte, Stiche und Radierungen glitten, lasen ihre Lippen lautlos die geheimnisvollen Bezeichnungen von Bergen und Tälern, Regionen, Völkern und Stämmen. Und aus einem südländischen Spätnachmittag wurde ein britischer Abend: Die Bäume des Hyde Park hatten die Sonne verschluckt und den Mond an den noch milchigen Himmel geschickt, der über den Laternen stand und fragend auf die Besucherin aus Great Missenden herabblickte. Unwillkürlich ergriff ein Schaudern unsere Heldin. Wie spät mochte es sein? Halb sieben? Sieben? Es war, wie sie beim Blick auf die Armbanduhr, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte, feststellte, halb acht. Normalerweise kein Problem mit den Chiltern Railways. Wegen der seit Wochen dauernden Streiks aber an jenem Tag zu spät für einen Zug nach Hause.

Mrs. Robington gehörte nicht zu den Menschen, die sich über Dinge grämten, die sie nicht ändern konnten. Im Altertum wäre sie vermutlich Stoikerin geworden. So hatte sie sich dafür entschieden, jungen Menschen ein Bild von der Welt beizubringen, was letztlich auf das Gleiche hinauslief. Da nun also Great Missenden an diesem Abend nicht mehr zu erreichen sein würde, musste sie wohl oder übel die Nacht in London verbringen. Sie klappte die Karte des Achämenidischen Imperiums zusammen, um sich auf die Suche nach einer Herberge zu machen, als ihr wieder der Buchhändler in den Sinn kam, ja mehr noch: Sie sah ihn geradezu vor ihrem inneren Auge, so deutlich, als stünde er vor ihr in seinem Anzug von Alfred Twickenham und mit seinem Haarschnitt von Jenson’s. Doch vermochte solcherlei Ausstattung einen Menschen zum Ebenbild eines Pinguins zu machen? Wäre nicht dieser besorgte Blick gewesen, den er ihr hinterhergeschickt hatte, vielleicht hätte Mrs. Annetta Robington es für eine Laune ihres allzu angeregten Geistes gehalten, zwischen all den Büchern, im Duft des Ladens an diesem warmen Spätsommerabend, an dem sie vielleicht etwas zu viel gelaufen war und etwas zu wenig gegessen hatte. Doch die Besorgnis hatte nicht ihr gegolten, nein, es war eine andere Art von Kummer gewesen, etwas wie: Angst?

Während ihr all dies durch den Kopf ging, fand sie sich – wenig überraschend – unvermittelt vor dem Buchladen wieder, in dem der alte Mann gerade im Begriff war, sein Tagwerk zu beschließen. Und während er mit einem geradezu antik wirkenden Schlüsselbund zur Tür gewatschelt kam, tauchte die Geographielehrerin aus der Provinz vor ebenderselben auf und beeilte sich, noch rasch hineinzuschlüpfen.

»Ma’am, es war ein langer Tag«, sagte er verdrießlich. »Es tut mir überaus leid, aber wir müssen nun schließen.«

»Natürlich, Sir«, erwiderte Mrs. Robington. »Ich werde auch gleich wieder weg sein. Nur eine Frage noch.«

Der alte Buchhändler blieb an der Tür stehen, den Schlüsselbund überdeutlich in seiner Flügelspitze präsentierend.

»Es gibt sie noch anderswo, richtig?«, sagte Mrs. Robington.

»Pardon?«

»Pinguine. Nicht nur am Südpol.« Ihre Augen blitzten ihn an, durchleuchteten ihn förmlich. Wenn einmal etwas Mrs. Robingtons Neugier geweckt hatte, so ruhte sie erst, wenn sie das Geheimnis ergründet hatte.

Der alte Buchhändler sog scharf die Luft ein, blickte vorsichtig durch die Tür nach draußen und zog dann die lästige Besucherin weiter in den Laden, nicht ohne die Tür hinter sich abzusperren. »Setzen Sie sich«, seufzte er und deutete auf einen Hocker neben der Theke.

»Also habe ich recht?«, fragte Mrs. Robington wenige Augenblicke später, als sie dem faszinierenden Wesen gegenübersaß. »Sie sind ein Pinguin.«

»Vergessen Sie es, Ma’am«, entgegnete der Buchhändler. »Es ist besser, wenn Sie nicht weiter darüber nachdenken. Tun Sie einfach, als wäre es Ihnen gar nicht in den Sinn gekommen.«

»Aber warum? Ich meine … Wie kann es sein?«

Der alte Mann zuckte mit den Schultern oder vielmehr: dem Teil seines Körpers, wo Schultern gewesen wären. »Nun, sie leben überall. Pinguine. Sie haben sich nur gut angepasst. Aber heute finden Sie Pinguine in Marrakesch ebenso wie in Basel, Melbourne oder Toronto.«

»Aber … Ich meine: in einem Buchladen?«

»Gut, sicher nicht in dem Sinne überall, dass Sie nun im Fußballstadion auf Pinguine treffen würden. Oder unter Handwerkern. Überhaupt, wir sind handwerklich eher weniger begabt«, erklärte der alte Buchhändler und wackelte entschuldigend mit den Flügelspitzen. »Spheniscidae, müssen Sie wissen, sind – wie im Grunde alle Raubtiere – von hoher Intelligenz …«

»Raubtiere?« Mrs. Robingtons betroffene Miene ließ den Buchhändler trotz aller Sorge schmunzeln.

»Gewiss«, erklärte er. »Haben Sie noch nie gesehen, wie sich Pinguine pfeilschnell unter Wasser bewegen? Sie sind jedem Fisch an Eleganz, Körperkraft und Schnelligkeit weit überlegen. Nun gut, fast jedem Fisch. Natürlich sind Pinguine Raubtiere. Und als solche raffinierte Strategen und Taktiker. Nicht umsonst wurde das Schachspiel von einem meiner Vorfahren im Jahre … aber das führt zu weit. Jedenfalls hat das zur Folge, dass sich die Spheniscidae vor allem in den intellektuellen Disziplinen, in Kultur und Politik besonders verbreitet haben. Sie finden heute kaum noch einen Atomphysiker, der nicht schon unter den Füßen seines Vaters hochkomplexe Gleichungen gelöst oder entworfen hat. Haben Sie sich noch nie gefragt, warum Napoleon so klein war? Oder warum man Mozarts Grab nie gefunden hat?«

»Sie meinen, die beiden …«

Der alte Buchhändler nickte bedeutungsvoll. »Die Mona Lisa – Leonardo hat es meisterlich verstanden, die wahre Identität der Gioconda zu verschleiern. Der zarte Schleier ist natürlich ein Symbol. Das geheimnisvolle Lächeln …«

»Die Mona Lisa war eine Sphenisci …?«, hauchte Mrs. Robington. »Und Leonardo am Ende auch?«

»Nein.« Der Buchhändler winkte ab. »Er war nur ein Mensch. Wenn auch ein ganz besonderer, da sind sich Menschen und Pinguine ausnahmsweise einig.«

»Entschuldigen Sie, wenn ich so aufdringlich bin«, sagte Mrs. Robington und blickte verlegen zu Boden. »Aber das alles verblüfft mich über die Maßen. Und ehrlich gesagt …«

Die Brauen des alten Buchhändlers hoben sich belustigt. »Ehrlich gesagt was? Ehrlich gesagt, können Sie es nicht so recht glauben?«

Die Lehrerin vom Lande zögerte. »Ich finde nur … nun ja, Pinguine, die gibt es doch eigentlich vor allem …«

»Im Zoo?«

Sie nickte.

Auch der alte Buchhändler nickte. »Verstehe«, sagte er. »Und Sie denken, wenn Pinguine sprechen könnten, würden sie nicht im Zoo landen.«

»Ist es nicht so?«

»Nun, es ist eine zutiefst menschliche Betrachtungsweise. Sehen Sie es doch einmal umgekehrt: Wenn Sie sich an den Südpol entführt fänden, könnten Sie dann mit den dort lebenden Arten kommunizieren?«

»Äh, nein, ich nehme an, das könnte ich nicht.«

»Eben. Die Pinguine, die Sie in den menschlichen Zoos finden, stammen alle aus ihrem natürlichen Habitat oder sind – von der menschlichen Gesellschaft abgeschottet – in Gefangenschaft unter ihresgleichen aufgewachsen. Man hat sie verschleppt und isoliert gehalten. Einige wenige haben es dennoch geschafft, eine menschliche Sprache zu lernen. Doch das hört und versteht natürlich nur der jeweilige sogenannte Tierpfleger. Wenn er sich dann mit den Tieren unterhält, als sei es das Normalste von der Welt, dann hält man ihn für ein Genie. In Wirklichkeit sind es die gefangenen Pinguine, die durch ihr Sprachtalent eine schier unüberwindbare Mauer...

Erscheint lt. Verlag 11.6.2018
Illustrationen Isabel Pin
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Sonstiges Geschenkbücher
Schlagworte Bücher • Buchhändler • Buchhandlung • England • Geschenkbuch • illustriert • insel taschenbuch 4646 • IT 4646 • IT4646 • Lehrerin • Liebe • London • Märchen • mit Illustrationen • Tierliebe
ISBN-10 3-458-75829-1 / 3458758291
ISBN-13 978-3-458-75829-7 / 9783458758297
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