Meine Erlebnisse auf dem Jakobsweg (eBook)
256 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7693-6180-3 (ISBN)
Luzia Giger (1964) wuchs in der Schweiz im Kanton Luzern auf. Nach der Matura entschied sie sich für eine Laufbahn in der Informatik, bevor sie eine Ausbildung zur Therapeutin der Traditionellen Chinesischen Medizin absolvierte und eine eigene Praxis eröffnete. Sie arbeitete zudem für einige Jahre als Pflegeassistentin im Alters- und Pflegeheim. Zu ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen gehören Lesen, Kochen, Reisen und Bewegung. Zusammen mit ihrer Frau lebt sie in der Nähe von Luzern. Für die kommenden Jahre planen sie gemeinsam mehrere längere Wanderungen und Velotouren.
Warum ein Jakobsweg? Warum der Camino Francés?
Seit Jahren stand für mich fest, dass mein Frühruhestand mit einer halbjährigen Velotour beginnen sollte. Geplant war, im Frühling alleine loszuradeln und im Sommer würde meine Frau dazukommen. Doch dann änderten sich die Rahmenbedingungen: Meine Berufstätigkeit endete mehrheitlich schon einen Sommer früher und ich hatte neu die Möglichkeit, im Herbst eine Reise zu unternehmen. Der ursprünglich geplante Nordseeküstenradweg kam aufgrund des Wetters nicht in Frage und so begann ich, mir eine Alternative zu überlegen. Dass ich in den Sommerferien zuvor die Wanderung über den Neckarsteig gut geschafft hatte, ermutigte mich, über eine Weitwanderung nachzudenken. Mein Zeitfenster umfasste sieben Wochen im September und Oktober, in denen ich mit Freude wandern und die Gegend geniessen wollte. Mir war wichtig, dabei nicht alleine zu sein – also keine tagelangen Ängste vor wilden Hunden oder Wildschweinen – und wenn ich in einen Strassengraben stürzen würde, wünschte ich mir Menschen, die mir wieder heraushelfen könnten. Die Wanderung sollte nicht schwierig sein und zudem wollte ich in bestehenden Unterkünften übernachten und mich in Gasthäusern verpflegen können. So ging meine Suche los.
Die Idee dieser Reise
Mit dieser Reise wollte ich mich von den anstrengenden Jahren erholen, die hinter mir lagen. Auch wenn dies paradox klingt, weil eine Wanderung ja auch anstrengend ist, hatte ich bisher bei mehrtägigen Velotouren gut abschalten können. Durch die einfache körperliche Betätigung hatte ich einen positiven Effekt auf Körper und Geist erhalten und dasselbe erwartete ich auch vom Wandern.
Meine Idee war, mir Zeit zu lassen, um von Druck und Beanspruchungen loskommen. Unterwegs wollte ich mir möglichst wenig Stress machen und meine Reise geniessen können. Dafür plante ich, neben dem Wandern auch Städte anzuschauen und Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Es sollte eine Wanderung mit Sicherheitsnetz und Auflockerung sein, auf der ich in meinem Tempo und in meinen Rhythmus gehen würde. Anders gesagt wollte ich meinen eigenen Weg gehen.
Die Wanderetappen plante ich auf Basis meiner bisherigen Erfahrungen. Die Wander-Ruhetage in Städten würden gleichzeitig auch meine Besichtigungstage sein, ganz ähnlich, wie sonst auch in meinen Ferien. Zumindest zu Beginn wollte ich meine Unterkünfte im Voraus buchen, um mir während der Wanderung keine Gedanken über die Unterkunft am Abend machen zu müssen.
Streckenentscheid und Vorbereitung
Vor allem wegen der unzähligen Mitwandernden entschied ich mich für einen Jakobsweg. Als Alleinwanderin würde ich hier nur eine von Vielen sein. Mit dem Camino Francés suchte ich mir einen vielbegangenen Jakobsweg mit einer dichten Infrastruktur aus: zahlreiche Menschen, genügend Unterkünfte und gute Wegmarkierung. Zudem führte der Weg durch mehrere Städte, die ich noch nicht kannte und gerne näher erkunden wollte.
Einen Wanderführer1 hatten wir bereits einige Monate zuvor gekauft. Vor allem die eingezeichneten Wasserhähne hatten mich fasziniert, aber auch der Massstab der Karten und die zahlreichen Unterkunftsangaben passten mir gut. Ich las ihn durch und machte mir eine Skizze mit den Orten, die ich neben dem Weg besonders interessant fand. Mit Online-Informationen zum Camino Francés, zu UNESCO-Welterbe-Stätten und zu spanischen Tourismuszielen2 ergänzte ich meine Zeichnung. So entstand eine grobe Übersicht meiner Tour mit möglichen Orten für meine Besichtigungstage.
Parallel dazu stellte ich meine Ausrüstung zusammen. Es fehle mir noch einiges: je ein grosser und kleiner leichter Rucksack, ein Schlafsack, Wäschesäcke für die Kleider, eine Trinkblase, leichtere Sandalen und viele Kleinigkeiten. Zudem bestellte ich bei einer Schweizer Pilgerherberge einen spanischen Pilgerpass, „Credencial del Peregrino“ genannt, weil mir dessen Aussehen besonders gut gefiel.
Jakobswege
Im 9. Jahrhundert entstand der Pilgerort Santiago de Compostela, wo in der Kirche die Gebeine des Apostels Jakobus verehrt wurden. Innert kurzer Zeit gewann der Ort an Bekanntheit und entwickelte sich zu einem der bedeutendsten christlichen Wallfahrtsorte, vergleichbar mit Rom oder Jerusalem. Die Wege zu diesen Reliquien wurden Jakobswege genannt. Da Pilgernde von unterschiedlichen europäischen Orten her kamen, entstanden mit der Zeit zahlreiche unterschiedliche Jakobswege.
Die Jakobswege wurden als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt, zunächst mit dem Camino Francés in Spanien (1993) und später auch mit den vier ursprünglichsten Routen durch Nordspanien (Camino Primitivo, Camino del Norte, Camino del Interior Vasco-Riojano, und Camino Lebaniego, 2015).3 Damit wurde ein Netz christlicher Pilgerrouten von beinahe 1‘500 km Länge zusammen mit historisch bedeutenden Baudenkmälern wie Kathedralen, Kirchen, Krankenhäusern, Pilgerherbergen oder für Pilgernde gebaute Brücken in die Liste aufgenommen.
Der Camino Francés löste im 11. Jahrhundert die ursprünglichen Nordrouten ab und wurde zum wichtigsten Jakobsweg über die Iberische Halbinsel. Eine Beschreibung dieses Caminos aus dem 12. Jahrhundert ist im sogenannten Jakobsbuch, auch Liber Sancti Jacobi oder Codex Calixtinus genannt, enthalten.4 Im fünften Buch dieser mittelalterlichen Urkundensammlung über die Wallfahrten zu Ehren des Heiligen Jakobus werden die Pilgerrouten von Frankreich und Spanien beschrieben, die zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert entstandenen waren.
Auch heute gilt der Camino Francés manchmal noch als „der Jakobsweg“. Wie sein Name sagt, kommt er von Frankreich her und als Startort wird üblicherweise Saint-Jean-Pied-de-Port angesehen, der letzte französische Ort vor den Pyrenäen. Von dort bis nach Santiago de Compostela misst die Strecke gemäss meinem Pilgerpass 775 km.
Übrigens wurden auch die durch Frankreich verlaufenden vier Jakobswege Via Lemovicensis, Via Podiensis, Via Tolosana und Via Turonensis von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt (1998).5
Mein Camino Francés
Nachdem der Entscheid für den Camino Francés gefallen war, ging ich an die detaillierte Planung der Wanderstrecke. Ich verwendete die Angaben des Wanderführers und informierte mich online auf Pilger-Webseiten und bei Streckenbeschreibungen. Zudem machte ich Hochrechnungen:
- 7 Wochen = 51 Reisetage
- minus 3 Tage Anreise + Besichtigung Pamplona = 48 Reisetage
- minus 2 Tag Abreise + Besichtigung Santiago = 46 Reisetage
- alle 4 Wandertage ein Ruhetag = 37 Wandertage / 9 Ruhetage
- 775 km / 37 = 21 km pro Wandertag.
Zwei Monate zuvor hatten wir auf dem Neckarsteig einen Ruhetag pro 1.5 Wandertage eingelegt und waren über 10 Tage hinweg durchschnittlich 14.5 km gewandert. Das konnte ich als Basis nehmen. Ausserdem ging ich davon aus, dass ich zunehmend längere Strecken würde wandern können. Bisher legte ich jedoch kaum je 20 Tageskilometer zurück oder gönnte mir anschliessend einen Ruhetag. Welche Strecke würde ich also täglich mit Freude wandern können und wie viele Ruhetage würde ich benötigen?
Die üblicherweise erste Etappe des Camino Francés führte von Saint- Jean-Pied-de-Port über die Pyrenäen nach Spanien: rund 25 km Länge mit 1340 Höhenmetern Aufstieg und 580 Höhenmetern Abstieg. Auf dieser Strecke entdeckte ich nur eine einzige kleine Herberge nach etwa 7 km und ich befürchtete, dass sie bereits voll belegt sein könnte. Das schien mir ein beschwerlicher Einstieg in meine Weitwanderung und machte den Eindruck einer starken Beanspruchung der Knie. Online wurde die Etappe als „Schwere Wanderung. Sehr gute Kondition erforderlich.“6 beschrieben, eine Einordnung, die ich nicht einschätzen konnte. Zudem wusste ich noch nicht, wie sich der unüblich schwere Rucksack auf meine Kondition auswirken würde. Deshalb beschloss ich, in Pamplona zu starten und die Pyrenäen für das nächste Mal aufzusparen. Diese Entscheidung gab mir ein gutes Gefühl für den noch ziemlich ungewissen Start der Wanderung. Vom neuen Startort aus konnte ich meine Etappen passender planen, denn es standen mehr Unterkünfte in kürzerer Distanz zur Verfügung.
Meine neue Hochrechnung hiess also folgendermassen:
- Pamplona – Santiago de Compostela: 708 km
- 708 km / 37 = 19 km pro Wandertag
- anders gesagt: 708 km / 7 = 101 km pro Woche.
Ich rechnete damit, regelmässig von der Route abzukommen und wegen dieser Umwege Zusatzkilometer gehen zu müssen. Deshalb sollte meine Hochrechnung nicht an der obersten Grenze liegen. Die 19 Tageskilometer empfand ich jedoch bereits als zu viel. Zudem lag eine Wanderstrecke von 708 km ausserhalb meines Vorstellungsvermögens. Deshalb überlegte ich mir, allenfalls einen Abschnitt mit dem Bus zurückzulegen. Auf der Wanderkarte schien mir ein Teil in der Mitte dafür am besten geeignet: Die Strecke führte dort geradeaus entlang der Strasse, an der sich nur wenige Ortschaften befanden. Ich wollte etwa in der Hälfte...
| Erscheint lt. Verlag | 9.5.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport |
| ISBN-10 | 3-7693-6180-6 / 3769361806 |
| ISBN-13 | 978-3-7693-6180-3 / 9783769361803 |
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Größe: 13,6 MB
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