Highway to Empowerment (eBook)
221 Seiten
Wiley-VCH (Verlag)
978-3-527-84995-6 (ISBN)
Anhand ihrer eigenen Geschichte sowie mit vielen treffenden Alltagsbeobachtungen zeigt die Autorin, wie sich Hindernisse überwinden lassen und Female Empowerment praktisch möglich wird. Dabei blendet sie nicht aus, was sich gesellschaftlich noch ändern darf und wo wir uns aktuell in Deutschland möglicherweise in eine ungute Richtung bewegen. Ein Buch, das Mut macht, einzusteigen und loszufahren!
Das Buch ist eine Mischung aus Karrierebuch, Gender-Buch und Buch zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Seinen besonderen Reiz bezieht es durch pointierte Storys aus der Welt der Fahrschule und des Fahrens - durch die Brille einer Frau, die schon so ziemlich alles gesehen hat, was einem auf und am Rande unserer Straßen begegnen kann.
Bianka Nilges ist Fahrlehrerin für alle Klassen (Pkw, Motorrad, Lkw, Bus) und Inhaberin der FahrAkademie Nilges in Krefeld mit rund einem Dutzend Beschäftigten. In ihrem Podcast 'Mission Führerschein' sowie auf YouTube, Instagram und TikTok trifft die Unternehmerin und Powerfrau den richtigen Ton, um auch eine sehr junge Zielgruppe zu begeistern.
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Ampel auf Grün Wie das Elternhaus prägt
»Ich will aber den Schraubenzieher«, quengelte ich bei meinem Papa. Wir waren auf der Kirmes vor dem Wedaustadion in Duisburg – mein Vater, meine Mutter, meine dreieinhalb Jahre ältere Schwester und ich. An einer Schießbude hatte mein Papa gerade das Luftgewehr angelegt, um mir, seiner jüngeren Tochter, ein Bärchen zu schießen. Das waren damals noch nicht solche Pandabären in XXL aus China, wie sie die Jugendlichen heute auf ihren Schultern von den Kirmesplätzen tragen. Sondern knuddelige Teddybären in der passenden Größe, damit ein Kind sie beim Einschlafen in den Arm nehmen konnte. Eines dieser Bärchen wäre genau das Richtige für die kleine Bianka mit den engelsblonden Haaren, den blauen Augen und dem unschuldig strahlenden Gesichtchen gewesen. Das dachte zumindest mein Papa. Ich wollte aber lieber einen Schraubenzieher! Die konnte man an der Bude nämlich auch schießen und das hatte ich längst gesehen. Ich nölte richtig rum deswegen. Obwohl ich zu der Zeit noch sehr klein war, erinnere ich mich lebhaft an diese Szene.
Und was machte mein Vater? Ohne zu diskutieren, schoss er mir den Schraubenzieher. Er überreichte ihn mir stolz, und ich weiß noch ganz genau, wie toll sich dieses Werkzeug in meinen kleinen Händen anfühlte. Es war nicht etwa Trotz gewesen, lieber den Schraubenzieher als das Bärchen haben zu wollen. Nein, ich wollte wirklich genau so ein Schrauber-Ding haben. In der darauffolgenden Nacht schraubte ich damit mein Kinderbettchen komplett auseinander. Und mit komplett meine ich komplett! Meine Eltern fanden mich am nächsten Morgen mit Schnuller im Mund – es dauerte komischerweise sehr lange, bis man mir den Nuckel abgewöhnen konnte – und Schraubenzieher in der Hand neben den Einzelteilen meines Bettchens. Die Schrauben tauchten übrigens nie mehr auf. Ich habe bis heute keine Ahnung, was ich mit ihnen gemacht oder wo ich sie versteckt habe.
Am besten Kinder einfach machen lassen, was sie möchten
Ich kann mir gut vorstellen, dass es Eltern gibt, die ihrem Kind den Schraubenzieher erst mal wieder weggenommen hätten – nachdem sie sich von ihrem Schrecken über das zerlegte Bett erholt und ihrem Ärger Luft gemacht hätten. Meine Eltern blieben in solchen Situationen jedoch immer gelassen. Sie waren darauf bedacht, mich nicht zu entmutigen, damit ich weiter unbeschwert Dinge ausprobieren würde. Besonders mein Vater erlaubte mir als Kind immer, die Erfahrungen zu machen, die ich machen wollte. Dabei durfte ich auch mal nah ans Limit gehen. Meine Mutter war da etwas ängstlicher und sah mehr die Gefahren, wenn ich zum Beispiel mal wieder an einem Brückengeländer außen entlangging. Trotzdem war sie genauso wohlwollend. Streit über die Erziehung erlebte ich bei meinen Eltern nie. Es war jedoch mein Vater, der mir mehr erlaubte und mir stärkeren Rückhalt gab. Heute bin ich mir bewusst, wie ich dadurch innere Stärke entwickeln und an psychischer Stabilität gewinnen konnte. Klar wurden mir als Kind auch Grenzen aufgezeigt. Daran kommt in der Erziehung keiner vorbei und das ist auch richtig so. Doch die Maxime meiner Eltern lautete: »Kinder sollen so sein dürfen, wie sie wollen.« Das prägte mich und stellte für mein späteres Leben die Ampel auf Grün.
Dabei war mein Elternhaus nur zum Teil typisch für die Achtziger im Ruhrgebiet. Ja, wir waren eine klassische Arbeiterfamilie aus Duisburg. Wenn du hier spontan kein Bild hast, dann denk einfach an all die alten Ruhrpott-Klischees, die dir so einfallen: gigantische rostbraune Hochöfen, rauchende Schlote, rußschwarze Häuserfassaden und tuckernde Binnenschiffe. Kennst du die kultigen Tatort-Folgen mit Götz George als Kommissar Schimanski? Wie Duisburg in diesen Krimis aus den Achtzigern gezeigt wird, so ungefähr sah es auch bei uns in der Umgebung aus. Trotzdem war mein Vater nicht der wortkarge »Malocher« – um es auf Ruhrdeutsch auszudrücken –, der nach der Schicht erst mal in der Trinkhalle ein paar Biere zischte, bevor er zu Hause seine »Olle« fragte, wann es Abendessen gibt. Er war ein ehemaliger Hippie, der die Bundeswehr verweigert hatte, was zu seiner Jugendzeit noch sehr polarisierte. Erst später, in den Achtzigern, wurde es normal, »Zivi« statt Rekrut zu sein. Meine Eltern gingen sehr liebevoll sowohl miteinander und auch mit anderen Menschen um. Sie waren beide fortschrittlich und sozial eingestellt, stets sensibel dafür, was in der Familie und in ihrem Umfeld geschah.
Wenn du mich heute fragst, was Kinder und vor allem Mädchen von ihren Eltern brauchen, dann sage ich: genau das, was meine Eltern mir vorgelebt haben. Die Kinder einfach mal machen lassen. Ihnen viel Freiheit gewähren, ihnen vertrauen. Ihnen aber auch Grenzen setzen. Dabei eine klare Haltung vertreten, an der man sich als Kind und später als Jugendliche orientieren kann. In solch einem Elternhaus können Mädchen und junge Frauen durch Ausprobieren entdecken, was sie im Leben wollen. Sie lernen gleichzeitig, dass man sich immer an einem bestimmten Punkt für etwas entscheiden und dann für seine Entscheidungen auch eintreten muss.
Heute treffe ich in meiner Fahrschule 17-Jährige, bei denen ich sofort merke, wie anders sie großgezogen wurden. Das fängt oft schon damit an, dass sie nicht selbst auf uns zukommen, sondern ihre Eltern sie zur Fahrausbildung anmelden. Wenn ich eine Jugendliche dann direkt frage »Wozu möchtest du den Führerschein haben?«, bekomme ich Antworten wie »Weiß nicht« oder »Meine Eltern sagen, ich brauche den«. Ich überlege manchmal, ob dies die Auswirkungen einer Erziehung durch »Helikopter-« und »Rasenmäher-Eltern« sind. Wenn Eltern immer wie mit dem Heli über den Kindern kreisen, als eine Art private Security mit der Mission, sämtliche Gefahren und Herausforderungen zu erkennen und sofort auszuschalten, oder gar wie mit einem Rasenmäher noch den zartesten Grashalm wegmähen, der dem Kind im Weg stehen könnte – vielleicht kommt dann am Ende heraus, dass Kinder gar nicht mehr wissen, was sie wollen oder können?
Das Ergebnis dieser Erziehung erlebe ich dann auch oft in der ersten Fahrstunde. Es ist ja okay, sich nicht auf den Fahrersitz zu werfen, die Fäuste geballt in die Höhe zu strecken und zu schreien: »Yeah, endlich Autofahren!« Auch meine eigene Tochter hat ein distanziertes Verhältnis zu Autos und zum Fahren, sodass die Fahrausbildung für sie eher Pflichtprogramm war. Aber was ich heute bei Fahrschülerinnen teilweise an Ängstlichkeit und Selbstzweifeln erlebe, lässt für mich auf Helikopter-Eltern schließen. Eine junge Frau wagte es kaum, den Blinkerhebel zu bewegen, aus Angst, er könnte abbrechen. Und eine andere fragte sich, ob sie es je schaffen würde, dieses Riesenungetüm von Auto – einen kompakten VW T-Roc – um eine enge Kurve zu wuchten. Diese jungen Frauen musste ich erst einmal aufbauen, damit sie sich überhaupt zutrauten, Fahren zu lernen. Wenn du selbst Kinder hast oder noch welche haben möchtest: Welche Vorbereitung aufs Leben wünschst du dir für sie? Ich kann dir nur raten: Lass deine Kinder so früh wie möglich das machen, was sie wollen, und sich mit dem beschäftigen, was ihnen gefällt. Dann trauen sie sich später im Leben auch etwas zu.
Mädchen wie Jungen und Jungen wie Mädchen – warum nicht?
Bei mir war der Schraubenzieher übrigens erst der Anfang. Meine Eltern zogen aber auch später immer mit, wenn ich lieber Spielzeug für Jungs wollte. Ich muss so sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, da wünschte ich mir nichts sehnlicher als eine Carrera-Bahn. Im Kinderzimmer Autorennen zu fahren, stellte ich mir als das Allergrößte vor. Ich konnte es auch kaum abwarten, gegen die Jungs in meinem Alter zu gewinnen. Mit den Mädchen spielte ich sowieso seltener, da mich deren Barbie-Häuser wirklich nicht interessierten. An Weihnachten, kurz vor der Bescherung, kam mein Onkel mit einem großen Paket durch die Tür und zwinkerte mir vielsagend zu. Da war für mich klar: Es ist so weit! Endlich bekomme ich die Carrera-Bahn! Ich hätte platzen können vor Vorfreude. Umso größer war meine Enttäuschung, als ich kurze Zeit später das Geschenk auspackte: In dem großen Paket war eine fast ebenso große Puppe. Die war sehr hochwertig und teuer. Aber was sollte ich denn damit? Ich heulte und mein Onkel verstand die Welt nicht mehr. »Tja«, klärte mein Papa meinen Onkel auf, »Puppen sind nicht so Biankas Ding.« Nach Weihnachten ging mein Onkel dann direkt ins Spielwarengeschäft und tauschte die Puppe gegen eine Carrera-Bahn ein. Ich war überglücklich und meine Weihnachtsferien waren gerettet.
Eigentlich hätte meinem Onkel vorher schon auffallen können, dass ich gerne mit Autos spielte, Fußball liebte und an Karneval als Cowboy oder Zorro ging, statt wie meine ältere Schwester als Haremsdame. Auch war es kein Geheimnis, dass meine Freunde fast nur Jungs waren. Ich war lieber mit ihnen statt mit Mädchen befreundet, denn die Jungs hatten die »richtigen« Spielsachen. Wer das...
| Erscheint lt. Verlag | 19.2.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
| Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management | |
| Schlagworte | Erfolg • Fahrschule • female empowerment • Frauen • Frauenpower • Freiheit • Genderdebatte • Gleichberechtigung • Karriere • Personalwesen • Ratgeber • Ratgeber Motivation • Ratgeber Wirtschaft • Selbstbestimmt • Wirtschaft u. Management |
| ISBN-10 | 3-527-84995-5 / 3527849955 |
| ISBN-13 | 978-3-527-84995-6 / 9783527849956 |
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