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Die Kunst des achtsamen Miteinanders (eBook)

Was wir von buddhistischen Mönchen über Gemeinschaft lernen können
eBook Download: EPUB
2025
176 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-32263-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kunst des achtsamen Miteinanders - Shoukei Matsumoto
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Der studierte Wirtschaftswissenschaftler Shoukei Matsumoto kehrt in diesem Buch zurück zu seinen Wurzeln und zeigt, wie sich buddhistische Philosophie und moderne Arbeitswelt verbinden lassen. Er spricht sich gegen den gegenwärtigen Ellenbogen-Kapitalismus aus und entwickelt Strategien, wie gemeinschafliches, bewusstes Arbeiten und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können. Als vielleicht einziger Mönch, der auch im Forbes Business Magazine zitiert wird, liegt ihm daran, die Menschlichkeit in der Unternehmenswelt nicht abhanden kommen zu lassen und so ein friedvolles Miteinander zu schaffen.

Shoukei Matsumoto ist Mönch im buddhistischen Komyoji-Tempel in Kyoto. Er studierte Philosophie und Wirtschaftswissenschaften und ist Mitglied des Renge-Ji Institute for Buddhist Research. Früher bekannt unter dem Namen Keisuke Matsumoto, hat er sich in Shoukei Matsumoto umbenannt.

Hallo!


Auch nach der Rückkehr in meinen geschäftigen Arbeitsalltag war die Erinnerung an den Bergtempel noch immer präsent. Ich spürte, dass es da vielleicht etwas gab, das mir bei der Suche nach Klarheit helfen könnte – ein Hinweis, der mich durch meine innere Unsicherheit führen würde. Ich verspürte den starken Wunsch, mehr von diesem Tempelpriester zu erfahren.

Bald darauf erhielt ich einen schlichten weißen Umschlag vom Tempel. Darin befand sich ein einfacher schwarz gedruckter Zeitplan für die kommenden Aktivitäten. Ein Eintrag fiel mir besonders ins Auge: »Morgendliches Treffen im Tempel«. Darin stand: »Wir werden einen Einblick in das Tempelleben geben: Sutras rezitieren, putzen, Tee trinken und uns austauschen. Alle sind willkommen.«

Wenn ich unsicher bin, entscheide ich mich stets fürs Mitmachen. Das ist meine persönliche Devise.

Am Tag des Treffens war die Morgenluft klar und erfrischend. Es begann mit der herzlichen Begrüßung des Priesters: »Guten Morgen!« Etwa zehn Personen waren anwesend – einige schienen aus der Gegend zu kommen, andere sahen wie Durchreisende aus. Sie unterschieden sich stark in Alter, Herkunft und Persönlichkeitstyp. Nachdem wir in der Haupthalle Sutras gesungen hatten, schauten wir uns auf dem Tempelgelände um und räumten auf. Dann machten wir eine Teepause und plauderten einfach. Es war kurz, entspannt und für jeden offen.

Als alle gegangen waren, sah ich, wie der Priester die Kissen in der leeren Halle wegräumte. Ich ging auf ihn zu und fragte: »Könnten wir uns kurz unterhalten?«

»Danke, dass Sie heute gekommen sind«, sagte er. Wir setzten uns auf eine Bank an der Veranda der Haupthalle. Da ich in meiner Arbeit immer den Schwerpunkt auf Zielgruppen und Effizienz lege, war es mal eine willkommene Abwechslung, an einer so andersartigen und zwanglosen Zusammenkunft teilzunehmen.

»Das ist keine Veranstaltung im üblichen Sinne«, sprach der Priester. »Für mich ist das eine einfache Möglichkeit, einen Teil meines täglichen Lebens als Priester mit anderen zu teilen. Hinter dem Singen, dem Putzen oder dem Teetrinken steht kein besonderer Zweck. Ich will den Buddhismus auch nicht direkt lehren. Jeder findet seinen Sinn darin hierherzukommen. Ich schaffe nur einen Ort, an dem jeder, der sich angezogen fühlt, mitmachen und den Morgen in der Gemeinschaft verbringen kann.«

Eine Zusammenkunft ohne bestimmten Zweck. Auf dem Programm standen nur drei Wörter: »Tempel« und »morgendliches Treffen«, dazu eine kurze Beschreibung dessen, was da geschehen könnte. Solange es einen Ort und eine Zeit gibt, können die Menschen zusammenkommen.

»Es ist schön, den Tag mit einem lebhaften aisatsu oder ›Hallo‹ zu beginnen«, fuhr der Priester fort. »Das japanische Wort aisatsu hat seinen Ursprung im Zen und beschreibt, wie Meister und Schüler des Zen ihr gegenseitiges Verständnis ›testen‹. Die Schriftzeichen ai [] und satsu [] bedeuten beide ›sich nähern‹ oder ›vorwärtsdrängen‹. Bei einer Begrüßung geht es also darum, sich gegenseitig in Herz und Geist anzunähern.«

Ich hätte nie gedacht, dass eine einfache Begrüßung eine so tiefe Bedeutung haben könnte. Aber es stimmt – Begrüßungen haben etwas Geheimnisvolles.

»Hallo« – seit jeher begrüßen sich die Menschen täglich mit Wörtern, die eigentlich keinerlei neue Information enthalten. Selbst in unserer auf Effizienz ausgerichteten Zeit schlägt niemand vor, auf Begrüßungen als etwas Unnötiges zu verzichten.

Es muss ein ursprüngliches, instinktives Bedürfnis geben, das die weit verbreitete Sitte des Grüßens unter lebenden Wesen motiviert. Die Tatsache, dass sie über Zeit und Raum hinweg fortbestehen, lässt darauf schließen, dass sie eine gemeinsame Weisheit transportieren, die im Leben selbst verwurzelt ist.

»Grüße tauchen überall auf, in allen Kulturen – über Sprache und Herkunft hinaus. Sie nehmen viele Formen an: Worte, Verbeugungen, Händeschütteln, Umarmungen, Blickkontakt. Sogar Tiere begrüßen sich auf ihre Weise, indem sie sich vielleicht mit dem Schwanz berühren oder bestimmte Bewegungen ausführen. Mit einer Begrüßung bestätigen wir den Beginn unserer gemeinsamen Zeit.«

Wenn wir jemanden begrüßen, erkennen wir uns gegenseitig an und stimmen uns aufeinander ein. Durch den Klang der Stimme, den Gesichtsausdruck oder eine Geste spüren wir, dass wir in diesem Moment einander wahrnehmen, und da verblassen Bedeutungen oder Umstände.

»Wenn wir uns jeden Tag mit einem ›Guten Morgen‹ begrüßen, können wir allmählich kleine Veränderungen an uns wahrnehmen. So wie wir den morgendlichen Himmel anschauen, um das Wetter einzuschätzen, können wir durch einen Gruß ein Gefühl für die Stimmung und das Befinden des anderen entwickeln. Alle Lebewesen, wann immer sie sich treffen oder trennen, sind sich des Hier und Jetzt bewusst, spüren den Gemütszustand des anderen und zeigen die in diesem Moment erforderliche Aufmerksamkeit.«

Die Wahre Person


Alles, was existiert, ist in Schwingung. Max Planck zum Beispiel sagte, Materie entstehe durch eine Kraft, die Atomteilchen in Schwingung bringt und zusammenhält. In diesem Sinne sind wir alle Resonanzwellen. Auch wenn unsere Ohren nicht jeden Ton wahrnehmen können, reagieren wir auf Frequenzen, von denen viele außerhalb des normalen Hörbereichs liegen.

»Nicht nur die Menschen begrüßen sich gegenseitig. Im Buddhismus sprechen wir oft von ›fühlenden Wesen‹, um uns auf alle Lebensformen zu beziehen. Stellen Sie sich vor, wie wunderbar es wäre, wenn wir alle Wesen, denen wir begegnen, erkennen und begrüßen würden.

Wir waren Tiere, bevor wir zu Menschen wurden: In den evolutionären Anfängen, lange bevor wir eine Sprache hatten, kommunizierten wir ähnlich wie andere Lebewesen – eher durch Laute beziehungsweise Töne als durch explizit formulierte Worte. Auch heute noch drücken wir unsere Emotionen und Gefühle oft durch Lautwellen aus, transportieren reine Energie – Gefühle, die jenseits der Sprache durch Atem und Klang vermittelt werden.«

Mit der Entwicklung der Sprache gewannen die Menschen die Fähigkeit, auf komplexe Weise zu denken und zu kommunizieren. Die Zivilisation blühte auf, doch da wir unseren Fokus auch darauf verlagerten, Gedanken durch Worte auszudrücken, ignorierten wir dabei häufig die Grundschwingungen des Lebens. Heute versuchen wir, alles als »Information« zu behandeln, und laufen Gefahr, die Bedeutung der Stimme als direkten Ausdruck unseres Wesens zu vergessen.

Der Priester nahm ein Buch aus einem Regal in der Nähe. »Der Zen-Lehrer Yamada Mumon schrieb dazu etwas Wichtiges: ›In jedem vibrierenden Körper ist eine Wahre Person. Unsere Körper aus Fleisch und Blut mögen fehlerhaft und fragil sein, doch jeder trägt eine Wahre Person ohne Rang in sich. Das bedeutet, dass es keinen Status, kein Urteil, keine Bezeichnung gibt – nur die reine, menschliche Essenz, die Buddhanatur. Jeder trägt diese Wahre Person in sich, jenseits von Titeln wie General oder Soldat, Geschäftsführer oder Angestellter. Die Wahre Person wird nicht durch Geschlecht, Alter, Reichtum oder Armut definiert. Es gibt keine Skala von wichtig bis unwichtig. In jedem Menschen existiert ein echter Geist, seine ursprüngliche Natur.‹

Unser Alltag lenkt uns oft ab, sodass wir nur selten diese inneren Schwingungen bemerken, die in jedem Menschen vibrieren. Diese Wellen reichen von gewaltigen Energiestößen bis hin zum leisen Drang, laut aufzuschreien. Sie sind manchmal so lange verborgen, dass wir ihre Existenz fast vergessen. Doch diese unausgesprochenen Wellen bilden den Kern unserer wahren Person.

Wir verbringen unser Leben damit, alles, was wir sehen, einzuteilen und zu sortieren und die Welt in feste Formen zu bringen. Dabei übersehen wir, wie sich alles ständig verändert. Wenn sich unser geistiges Rauschen beruhigt, können wir eine wahre Person entdecken, die sich ständig wandelt und in jedem Moment lebendig ist.«

Im Grunde ist eine Begrüßung der Austausch von Stimmen.

»Die Stimme eines Menschen ist oft ein Spiegel seiner Energie, finden Sie nicht? Aber diese Energie verändert sich mit der Umgebung. Wenn wir zu sehr auf der Grundlage einer einzigen Begrüßung urteilen, laufen wir Gefahr, wichtige Nuancen zu übersehen. Der Buddhismus lehrt, dass ›alle Dinge unbeständig sind‹, und das bedeutet, alles verändert sich ständig und nichts bleibt für immer so, wie es ist.«

Deshalb habe ich ein ungutes Gefühl bei festen Kennzahlen in Personalumfragen von Unternehmen. Der Versuch, die Natur dynamischer, sich ständig verändernder Menschen mit statistischen Werten zu erfassen, scheint mir zu eng gefasst.

»Die beiden Schriftzeichen im Namen ›Kannon‹ [観音], des Bodhisattvas des Mitgefühls, bedeuten so viel wie ›Klang beobachten‹. Dem Glauben an Kannon zufolge sendet jedes Wesen eine Art Ton oder Schwingung aus. Kannon hört diese Hilferufe und streckt eine helfende Hand entgegen. Die tausend Arme Kannons symbolisieren die unzähligen Taten des Mitgefühls für Menschen in Not.«

Dabei dachte ich auch an Ärzte, die mit ihrem Stethoskop aufmerksam auf die Geräusche in unserem Körper hören, oder an geschickte Techniker, die auf Unregelmäßigkeiten bei den Maschinengeräuschen achten. Eine Veränderung des Geräuschpegels deutet auf einen Wechsel im System hin – sei es...

Erscheint lt. Verlag 20.8.2025
Übersetzer Wolfgang Höhn
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Achtsamkeit • Buddhismus • Buddhistische Lebensphilosophie • Buddhistischer Mönch • das think like a monk prinzip • die kunst des achtsamen putzens • eBooks • Einklang • ein ruhiger geist • Gemeinschaft • Jay Shetty • Persönlichkeitsentwicklung • Philosophie • Ratgeber • Shunryu Suzuki • Thich Nhat Hanh • Weisheit
ISBN-10 3-641-32263-4 / 3641322634
ISBN-13 978-3-641-32263-2 / 9783641322632
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